TE Vfgh Beschluss 1998/11/30 G465/97

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Veröffentlicht am 30.11.1998
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Index

16 Medienrecht
16/01 Medien, Presseförderung

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
MedienG §41 Abs1
MedienG §8a

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags einer Medieninhaberin auf Aufhebung einer Bestimmung des Medienrechts über die Anwendbarkeit von Bestimmungen der Strafprozeßordnung in bestimmten medienrechtlichen Verfahren; keine Legitimation aufgrund bereits anhängiger Gerichtsverfahren

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit ihrem auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Individualantrag vom 17. Oktober 1997 begehrt die Antragstellerin,

a) den §8a Abs1 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 1981 über die Presse und andere publizistische Medien (Mediengesetz), BGBl. 314/1981 idF BGBl. 20/1993, (im folgenden: MedienG), in seinem gesamten Wortlaut als verfassungswidrig aufzuheben;

b) die Wortfolge "und das selbständige Verfahren" in §41 Abs1 MedienG kostenpflichtig als verfassungswidrig aufzuheben.

2. §8a Abs1 und §41 Abs1 MedienG, BGBl. 314/1981 idF BGBl. 20/1993, (die angefochtenen Bestimmungen bzw. Teile sind hervorgehoben) lauten:

"§8a. (1) Für das Verfahren über einen selbständigen Antrag gelten, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, die Bestimmungen für das strafgerichtliche Verfahren aufgrund einer Privatanklage dem Sinne nach.

...

...

...

§41. (1) Für das Strafverfahren und das selbständige Verfahren wegen eines Medieninhaltdeliktes gelten, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, die Bestimmungen der Strafprozeßordnung 1975."

3. Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führt die Antragstellerin aus, daß gegen sie als Medieninhaberin der "OZ" beim Landesgericht Eisenstadt ein Verfahren anhängig sei. Durch die Anwendung der angefochtenen Bestimmungen im anhängigen Verfahren werde die Antragstellerin in ihrem Recht, daß privatrechtliche Ansprüche nach zivilrechtlichen Verfahrensbestimmungen (ZPO) zu verhandeln seien und nicht die Strafprozeßordnung zugrunde gelegt werden dürfe, verletzt. Das Anlaßverfahren vor dem LG Eisenstadt befinde sich im Stadium des Beweisverfahrens, in dem bereits die Unterschiede zwischen Strafprozeßordnung und Zivilprozeßordnung bemerkbar wären, ohne daß es bisher zur Fällung einer gerichtlichen Entscheidung gekommen sei. Schon in diesem Stadium seien die angefochtenen Bestimmungen daher direkt wirksam.

4. Mit Schriftsatz vom 26. November 1998 gab die Antragstellerin bekannt, das gerichtliche Verfahren sei infolge Zurückziehung der zugrundeliegenden Anträge durch die Gegnerin im gerichtlichen Verfahren mit Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 22.12.1997 eingestellt worden.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1, letzter Satz, B-VG ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Anfechtungsberechtigt ist also von vornherein nur ein Rechtsträger, an oder gegen den sich das anzufechtende Gesetz wendet, der diesem gegenüber Normadressat ist (VfSlg. 8.009/1977, 12571/1990).

Nicht jedem Normadressat aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11480/1987, 14752/1997).

Ein solcher zumutbarer Weg ist nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ua. dann gegeben, wenn bereits ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anhängig ist, das den Betroffenen Gelegenheit gibt, die Stellung eines Antrages auf Gesetzesprüfung nach Art140 B-VG anzuregen (VfSlg. 13871/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur, 14752/1997). Gemäß Art89 Abs2, zweiter Satz, B-VG wären die betreffenden Gerichte (nämlich der Oberste Gerichtshof oder ein zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständiges Gericht) zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofes verpflichtet, sofern sie - gleich dem Antragsteller - gegen die Anwendung des Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken haben sollten (VfSlg. 11480/1987, 14752/1997). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anhängig war, in dem der Antragsteller die Möglichkeit hatte, eine amtswegige Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof anzuregen (VfSlg. 8890/1980, 12810/1991, 14752/1997).

2. Ein Individualantrag wäre in solchen Fällen nur bei Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände zulässig (VfSlg. 13871/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur, ferner VfSlg. 14752/1997). Man gelangte andernfalls zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Grundprinzip des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (vgl. VfSlg. 8890/1980, 11823/1988, 13659/1993, 14752/1997).

3. Jedermann, somit auch die Antragstellerin kann durch die angefochtenen Bestimmungen nur in einem anhängigen Gerichtsverfahren aktuell betroffen werden. Diesfalls steht (stand) der Antragstellerin jedoch die Möglichkeit offen, gegebenenfalls ein Rechtsmittel einzubringen und alle Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen vorzutragen.

4. Der Antrag erweist sich sohin schon aus diesem Grunde als nicht zulässig und war zurückzuweisen, sodaß nicht zu prüfen war, ob allenfalls weitere Zurückweisungsgründe vorliegen.

III. Dies konnte gemäß §19 Abs3

Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Medienrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:G465.1997

Dokumentnummer

JFT_10018870_97G00465_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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