TE UVS Wien 1995/11/02 02/11/64/95

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Veröffentlicht am 02.11.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Leitner über die Beschwerde des Herrn Tamas L, vertreten durch Rechtsanwälte, gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 und Z 2 und § 67c ff AVG, iZm mit der "am 8.8.1994 erfolgten amtlichen Abmeldung durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien" entschieden:

Die Beschwerde wird gemäß § 67c Abs 3 AVG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

1. Mit seiner an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gerichteten Beschwerde, eingelangt bei der Behörde am 20.10.1995, beantragt der Beschwerdeführer, seine (amtliche) Abmeldung von seinem Hauptwohnsitz in Wien, S-gasse, Tür N, für rechtswidrig zu erklären und ihm die gemäß § 79a AVG zustehenden Kosten zuzusprechen.

Begründend bringt der Beschwerdeführer vor, er sei ungarischer Staatsbürger und vom Beruf selbständiger Handelsvertreter. Er habe eine Wohnung in Wien, S-gasse/Tür N, gemietet. Der Mietvertrag sei nach wie vor aufrecht und habe das Mietverhältnis am 1.4.1993 begonnen. In dieser Wohnung wohnen nicht nur er sondern auch seine Lebensgefährtin Frau Dr K. Er sei seit Februar 1986 in Österreich aufhältig. Die genannte Wohnung sei die einzige Wohnung, die er in Österreich gemietet habe und halte er sich auch regelmäßig dort auf. Als er im September 1995 seine Aufenthaltsbewilligung bzw Ausländerbeschäftigungsbewilligung verlängern wollte, wäre ihm mitgeteilt worden, daß er seit Sommer 1994 nicht mehr an seiner Adresse gemeldet ist. Konkret wäre ihm ein Meldevermerk vom 8.8.1994 der Bundespolizeidirektion Wien mitgeteilt worden, welchem zufolge er amtlich abgemeldet worden war. Dies habe er am 14.9.1995 erfahren.

Dies obwohl er regelmäßig in dieser Wohnung sich aufgehalten habe, und auch immer hinterlegte Poststücke behoben habe. Er erachtet sich durch die vorgenommene amtliche Abmeldung in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt, sich bei rechtmäßigen Aufenthalt im Hocheitsgebiet eines Staates frei zu bewegen und seinen Wohnsitz frei wählen zu dürfen und in seinem einfach gesetzten gewährleisteten Recht, ordnungsgemäß nach Erfüllung der Meldepflicht in einer Wohnung gemeldet zu sein. Es wird der Antrag gestellt, die vorgenommene amtliche Abmeldung für rechtswidrig zu erklären.

2. Auf Anfrage des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 15.11.1995 teilte die Bundespolizeidirektion Wien, Zentralmeldeamt, mit, daß der Beschwerdeführer an besagter Adresse seit 20.9.1995 (wieder) behördlich gemeldet ist. Die amtliche Abmeldung wurde nicht erwähnt.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien legt der gegenständlichen Entscheidung das Vorbringen des Beschwerdeführers zugrunde, wobei die erkennende Behörde im Hinblick auf den Tag der amtlichen Abmeldung von den unbedenklichen, unwidersprochen gebliebenen Angaben des Bw, also einer am 8.8.1994 erfolgten amtlichen Abmeldung, ausgeht.

4. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Behördenhandelns ist demnach die am 8.8.1994 geltende Rechtslage maßgeblich, i e das Meldegesetz 1991, BGBl 9/1992 v 1.3.1992, idF BGBl 520/1993 u 505/1994.

§ 14 dieser Bestimmung lautet (auszugsweise):

(1) Die Meldebehörden haben die Meldedaten aller bei ihnen angemeldeten Menschen einschließlich der zugehörigen Abmeldungen evident zu halten; sie sind ermächtigt, mit den Daten eines angemeldeten Menschen Hinweise auf Verwaltungsverfahren (Behörde, Aktenzeichen, Datum der Speicherung) zu verarbeiten, wenn diese für den Grund zur Annahme maßgeblich sind, daß der Betroffene die Unterkunft aufgegeben habe.

§ 15 dieser Bestimung lautet:

(1) Erhält die Meldebehörde vom Tod eines angemeldeten Menschen oder davon Kenntnis, daß eine Meldung entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorgenommen oder unterlassen wurde, so hat sie die An-, Ab- oder Ummeldung von Amts wegen vorzunehmen, im übrigen hat sie das Melderegister, soweit es unrichtige oder unvollständige Meldedaten enthält, zu berichtigen.

(2) Betrifft die beabsichtigte Maßnahme nach Abs 1 eine nach den §§ 3, 4 oder 11 meldepflichtige Tatsache, so hat die Meldebehörde den Meldepflichtigen hievon zu verständigen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Erhebt der Meldepflichtige gegen eine solche Maßnahme Einwendungen, so ist die An-, Ab- oder Ummeldung, falls die Einwendungen nicht berücksichtigt werden, mit Bescheid vorzunehmen.

(3) Im Falle der Ab- oder Ummeldung von Amts wegen hat der Meldepflichtige die bei der Anmeldung ausgefolgten Meldezettel der Meldebehörde unverzüglich vorzulegen; diese hat gemäß § 4 Abs 4 vorzugehen.

(4) Die Meldebehörde, die eine Um- oder Anmeldung von Amts wegen vornimmt, hat dem Meldepflichtigen zwei von ihr ausgefertigte und mit dem Anmeldevermerk versehene Meldezettel auszufolgen. Erfolgte die amtliche Anmeldung deshalb, weil sich der Unterkunftgeber zu Unrecht weigert, die Meldezettel zu unterschreiben (§ 8 Abs 1), so hat die Meldebehörde das Beziehen der Unterkunft auf dem Meldezettel zu bestätigen.

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm § 67c AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Darunter ist nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts eine solche Amtshandlung zu verstehen, die ein behördliches Handeln im Rahmen der der Behörde zustehenden Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, der in irgendeiner Form eine rechtsfeststellende oder rechtserzeugende Wirkung beigemessen werden kann und bei der es sich um einen gegen eine individuell bestimmte Person gerichteten Verwaltungsakt und somit um eine Amtshandlung individuellen normativen Inhaltes handelt (vgl etwa VfSlg 7346). Darüber hinaus muß es sich um einen verwaltungsbehördlichen Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch an den Beschwerdeführer handeln, der erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durchgesetzt worden wäre (VfSlg 8327; vgl auch zB VwSlg 9439 A oder Beschluß des VwGH vom 30.9.1986, Zlen 86/04/0144-0149).

Mit der rechtlichen Qualifikation einer amtswegigen Berichtigung des Melderegisters im Sinne des (vormaligen) § 11 Meldegesetz 1972 (nunmehr § 14, 15 MeldeG 1991) hat sich der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Beschluß VfSlg 10.094/1984 auseinandergesetzt und ausgeführt, daß die Berichtigung des Melderegisters von Amts wegen weder als Bescheid im Sinne des ersten Satzes des Art 144 Abs 1 B-VG noch als Verwaltungsakt im Sinne des (damals in Geltung stehenden) zweiten Satzes dieser Verfassungsbestimmung zu qualifizieren sei. Durch die faktische Durchführung der Berichtigung des Melderegisters werde nämlich weder der Form noch dem Inhalt nach in einer der Rechtskraft fähigen Weise rechtsfeststellend oder rechtsbegründend über eine Verwaltungsangelegenheit abgesprochen; es sei daher gegenüber dem (dortigen) Beschwerdeführer keine unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt worden. Auch der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 12.908/1991 gibt keinerlei Anlaß für die Annahme, daß diese Rechtsfrage nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nach Erlassung der Meldegesetznovelle 1985, BGBl Nr 427/1985, anders zu beurteilen wäre.

Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer - insbesondere auch nach der in diesem Verfahren geltenden Rechtslage (in Übereinstimmung mit der zit Rechtssprechung des VfGH) aufgrund des Meldegesetzes 1991, BGBl Nr 9/1992, nämlich nach dem letzten Satz des § 15 Abs 3 leg cit - die Möglichkeit hätte, einen Bescheid zu erwirken, der nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges beim Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof bekämpfbar wäre.

Demnach war und ist auch nach der in diesem Verfahren geltenden Rechtslage die Berichtigung des Melderegisters Gegenstand eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens und in diesem auszutragen. Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes können aber Angelegenheiten, die in einem Verwaltungsverfahren abzuhandeln sind, nicht mit sofortiger Beschwerde gegen Akte der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bekämpft werden (siehe unter vielen anderen VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 8991/19980; VwGH 16.9.1992, 92/01/0713). Im Lichte dieser - auf den Beschwerdefall übertragbaren - Rechtsprechung erweist sich die vorliegende Beschwerde daher als unzulässig, weswegen sie - ohne Anberaumung einer öffentlich mündlichen Verhandlung (§ 67d AVG) - zurückzuweisen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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