TE UVS Steiermark 1995/11/21 30.11-38/95

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Veröffentlicht am 21.11.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Gerhard Wittmann über die Berufung des Herrn Dr. F.J., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mag. Harald F.J., Mariahilfer Straße 75, 1060 Wien, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 30.1.1995, GZ.: 15.1- 1993/2428, wegen des Verdachtes einer Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) nach einer am 21.11.1995 durchgeführten öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung, wie folgt entschieden:

Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 120,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird insoferne berichtigt, als die Geschwindigkeitsübertretung im Ortsgebiet von Wildbad Einöd auf der B 83 in Fahrtrichtung Neumarkt bei Strkm. 18,361 begangen wurde.

Im übrigen bleibt der Spruch unberührt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 30.1.1995, GZ: 15.1 1993/2428 wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 12.6.1993 um

11.20 Uhr in Wildbad Einöd auf der B 83 bei StrKm 11,20 als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen W... die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 22 km/h überschritten. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs 2 StVO

begangen und wurde über ihn von der belangten Behörde eine Geldstrafe von S 600,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzarrest) verhängt.

In der fristgerecht eingebrachten Berufung rügte der Berufungswerber zunächst, daß wegen ein und

desselben Deliktes zwei Strafverfügungen gegen ihn erlassen worden wären und dies dem Grundsatz ne bis in idem widerspreche. Die Anzeige sei darüberhinaus widersprüchlich, da einmal von 22 und dann von 25 km/h Geschwindigkeitsüberschreitung die Rede sei. Zu Unrecht sei seine Verantwortung als Schutzbehauptung abqualifiziert worden. Die erstinstanzliche Behörde habe auch seinen Beweisantrag auf Anfertigung einer maßstabsgetreuen Skizze nicht entsprochen und habe damit eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens bewirkt. Er habe sich zum angeblichen Tatzeitpunkt in einer fahrenden Kolonne befunden, wobei alle Fahrzeuge dieser Kolonne im wesentlichen die gleiche Geschwindigkeit eingehalten hätten. Es sei kein weiteres Fahrzeug aus dieser Kolonne beanstandet worden. Das Beweisverfahren habe keinerlei Hinweise darauf ergeben, daß es sich um ein geeichtes Radargerät gehandelt habe und daß dieses Gerät ordnungsgemäß bedient worden wäre. Abschließend stellte der Berufungswerber die Beweisanträge auf Anfertigung einer maßstabsgetreuen Skizze des Tatortes, die ergänzende Einvernahme der beiden Gendarmeriebeamten mit detaillierter Befragung der Umstände des Vorfalles sowie Erhebungen darüber, welche Einschulung, Kenntnisse und Erfahrungen die Gendarmeriebeamten hinsichtlich des Radargerätes zum angeblichen Tatzeitpunkt aufgewiesen haben. Weiters wurde die Beischaffung einer Gerätebeschreibung des gegenständlichen Radargerätes zur Ermöglichung der Überprüfung der Ordnungsgemäßheit der von dem Meldungsleger behaupteten Bedienung, die Beischaffung der letzten Eichbefunde und sonstigen Überprüfungsbefunde dieses Gerätes sowie die Beischaffung des Befundes über die erstmalige Eichung bzw. Überprüfung des gegenständlich verwendeten Radargerätes nach dem angeblichen Tatzeitpunkt begehrt. Abschließend stellte der Berufungswerber den Antrag der Unabhängige Verwaltungssenat möge in Stattgebung der Berufung die angebotenen Beweise aufnehmen, das angefochtene Straferkenntnis beheben und das gegen ihn anhängige Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

Am 21.11.1995 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung statt, in deren Verlauf die beiden Gendarmeriebeamten Inspektor P.A. und Inspektor E.R. als Zeugen einvernommen wurden. Der Berufungswerber und sein Vertreter erschienen zur Berufungsverhandlung nicht. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Am 12.6.1993 führten Inspektor P.A. und Inspektor E.R. mit Hilfe eines Lasergerätes der Bauart LTI 20.20 TS/KM mit der Fertigungsnummer 4292

Geschwindigkeitsmessungen im Ortsgebiet von Wildbad Einöd durch. Der Standort der Gendarmeriebeamten war bei Km 18,227 auf der B 83. Gemessen wurden die Fahrzeuge, die aus Richtung Friesach kommend in Richtung Neumarkt die B 83 befuhren. Um ca. 11.20 Uhr näherte sich dem Standpunkt der Beamten eine kleine Kolonne von 2-3 Fahrzeugen. In einem größeren Abstand zu diesen Fahrzeugen befand sich dahinter ein gelber Audi, der - wie sich später herausstellte - vom Berufungswerber gelenkt wurde. Der Berufungswerber war gerade dabei auf die vor ihm fahrenden Fahrzeuge aufzuschließen, als die Geschwindigkeit des Fahrzeuges des Berufungswerbers von Inspektor P.A. mit Hilfe des Lasermeßgerätes gemessen wurde. Am Display des Lasergerätes erschien eine Geschwindigkeit von 75 km/h. Durch ein Umschalten am Gerät konnten die Beamten feststellen, daß die Messung des Fahrzeuges des Berufungswerbers in einer Entfernung von 134 m von ihrem Standpunkt weg durchgeführt wurde. Inspektor E.R. führte dann die Anhaltung des Berufungswerbers durch. Die Vorhaltung, er sei zu schnell gefahren, glaubte der Berufungswerber nicht und meinte nur, daß er nicht zu schnell gefahren sei. Inspektor E.R. erstattete dann Anzeige bei der belangten Behörde.

Das von Inspektor P.A. am 12.6.1993 verwendete Lasergerät wurde am 12.5.1992 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht. Die gesetzliche Nacheichfrist war zunächst laut Eichschein vom 18.5.1992 mit 31.12.1995 befristet. Am 26.7.1995 fand eine neuerliche Eichung des Lasergerätes statt und läuft die gesetzliche Nacheichfrist laut Eichschein vom 26.7.1995 bis 31.12.1998. Im Jahre 1992 kam das gegenständliche Lasergerät zum Gendarmerieposten Neumarkt. Inspektor P.A. wurde von einem Kollegen hinsichtlich der Bedienung des Lasergerätes eingeschult. Außerdem gab es einen Befehl des Landesgendarmeriekommandos für die Steiermark in

dem nochmals die ordnungsgemäße Handhabung des Gerätes zusammengefaßt war. Außerdem befand sich

beim Gerät selbst eine Bedienungsanleitung für das Lasergerät LTI 20.20 TS/KM. In insgesamt 6 Abschnitten ist dabei die Handhabung und Instandhaltung des Lasergerätes genauestens beschrieben. Inspektor P.A. und Inspektor E.R. gehören zur Bezirksverkehrsgruppe und verwendeten das Gerät laufend seit es dem Gendarmerieposten zugeteilt wurde.

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Aussagen der beiden Gendarmeriebeamten Inspektor P.A. und Inspektor E.R.. Diese machten bei ihrer Einvernahme einen sehr glaubwürdigen und sicheren Eindruck.

Inspektor P.A. legte hinsichtlich des Lasergerätes einen Eichschein vom 18.5.1992 sowie 16.7.1995 vor. Weiters wies er die Bedienungsanleitung für das gegenständliche Lasergerät vor, wobei die Bedienungsanleitung in Kopie zum Akt genommen wurde. Schließlich legte Inspektor P.A. noch eine Skizze im Maßstab 1 : 200 vor, wobei er im gegenständlichen Streckenbereich der B 83 im Ortsgebiet von Wildbach - Einöd sowohl den Standort der Gendarmeriebeamten als auch den Ort einzeichnete, an dem das Fahrzeug des Berufungswerbers gemessen

wurde. Die getroffenen Feststellungen über das Lasergerät sowie die Tatörtlichkeiten beziehen sich auf die von Inspektor P.A. vorgelegten Unterlagen.

Der Berufungswerber hat im gesamten Verwaltungsstrafverfahren die ihm angelastete Verwaltungsübertretung bestritten. Sein Einwand, er sei zum Tatzeitpunkt in einer Kolonne gefahren und habe diese im wesentlichen die gleiche Geschwindigkeit eingehalten, wurde durch die für glaubwürdig gewerteten Aussagen der beiden Gendarmeriebeamten entkräftet, die angaben, es hätten sich zwar einige Fahrzeuge vor dem Berufungswerber befunden, dieser habe aber mit höherer Geschwindigkeit auf diese Fahrzeuge aufgeschlossen. Daraus ergibt sich auch logisch nachvollziehbar, daß nur der Berufungswerber wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten wurde. Da sich der Berufungswerber auch nicht in einer Kolonne fahrend fortbewegte, geht auch der Einwand eine verläßliche Geschwindigkeitsmessung sei technisch überhaupt nicht möglich gewesen, ins Leere. Es besteht nach dem festgestellten Sachverhalt kein Zweifel, daß ein direkter Sichtkontakt zum Fahrzeug des Berufungswerbers gegeben war und das Fahrzeug von Inspektor P.A. einwandfrei mit Hilfe des Lasergerätes anvisiert werden konnte. Wenn der Berufungswerber rügt, in der Anzeige sei einmal von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 22 km/h und einmal von 25 km/h die Rede, so wurde dies von Inspektor P.A. glaubwürdig damit entkräftet, daß es die Weisung gäbe bei Geschwindigkeitsmessungen mit dem Lasergerät bei Geschwindigkeiten bis zu 100 km/h 3 km/h als Toleranzgrenze abzuziehen und bei Geschwindigkeiten von mehr als 100 km/h einen Wert von 3 Prozent der gemessenen Geschwindigkeit.

Wie bereits erwähnt erschienen der Berufungswerber und sein Vertreter nicht zur mündlichen Berufungsverhandlung am 21.11.1995. Einen Tag vor der mündlichen Berufungsverhandlung teilte der Vertreter des Berufungswerbers mittels Telefax mit, daß sein Mandat auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichte und die Übersendung des Verwaltungsstrafaktes nach Durchführung sämtlicher Beweisaufnahmen im Rechtshilfeweg an die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Mariahilf, beantrage. Diese möge dann seinen Rechtsfreund vom Einlangen des Aktes verständigen und ihm Akteneinsicht gewähren, dies alles vor Fällung der Berufungsentscheidung.

Gemäß § 51 e Abs 1 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder wenn nicht bereits aus der Aktenlage oder auf Grund ergänzender Erhebungen ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die anderen zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen

und Sachverständigen, zu laden.

Gemäß § 51 e Abs 3 VStG kann von der Verhandlung abgesehen werden, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der Verhandlung erfolgen. Wenn die Verhandlung wegen einer noch ausstehenden Beweiserhebung vertagt wird, dann kann der Verzicht bis zum Beginn der fortgesetzten Verhandlung erklärt werden. Dem Beschuldigten ist vor der Fällung des Straferkenntnisses Gelegenheit zu geben, sich zum Ergebnis der vorgenommenen Erhebungen zu äußern. Trotz des Verzichtes der Parteien kann der Unabhängige Verwaltungssenat die Verhandlung durchführen, wenn er es für erforderlich erachtet.

Bereits die Textierung des § 51 e Abs 3 VStG bringt eindeutig zum Ausdruck, daß der Unabhängige Verwaltungssenat bei einem Verzicht des Berufungswerbers auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung die Möglichkeit hat eine solche auch abzuberaumen. Sollte der Unabhängige Verwaltungssenat aber der Meinung sein, daß eine mündliche Berufungsverhandlung zur Klärung des Sachverhaltes unbedingt erforderlich ist, so bleibt es ihm unbenommen eine derartige Verhandlung durchzuführen. Da der Berufungswerber im konkreten Verfahren den Tatbestand bestritten hat, etliche Beweisanträge stellte und die Einvernahme der beiden Gendarmeriebeamten unbedingt zur Klärung des Sachverhaltes erforderlich war, wurde trotz des Verzichtes des Berufungswerbers eine mündliche Berufungsverhandlung am 21.11.1995 durchgeführt.

Gemäß § 51 i VStG ist, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51 e Abs 3 dritter Satz entfallen ist.

Diese Bestimmung regelt den Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens. Insbesondere soll es nicht zuletzt dem Berufungswerber möglich sein, sein Vorbringen unmittelbar vor dem erkennenden Einzelmitglied (oder der zuständigen Kammer) des Unabhängigen Verwaltungssenates abzugeben und an allfällig geladene Zeugen selbst Fragen zu stellen. Die mündliche Verhandlung dient in komprimierter Form dazu, den Sachverhalt aufzunehmen und sofort im Anschluß daran eine Entscheidung zu treffen. Die vom Berufungswerber beantragte Vorgangsweise widerspricht eindeutig dem für das Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten geltenden Unmittelbarkeitsprinzip. Somit war auf das Begehren des Berufungswerbers nicht weiter einzugehen.

Gemäß § 51 f Abs 2 VStG hindert der Umstand, daß eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses. Der Berufungswerber wurde zuhanden seines Rechtsvertreters ordnungsgemäß zur Berufungsverhandlung geladen. Außer dem Verzicht auf die mündliche Berufungsverhandlung gab der Berufungswerber bzw. sein Vertreter keine Gründe bekannt, die es ihnen unmöglich machen würden, an der mündlichen Berufungsverhandlung teilzunehmen. Somit war einerseits die mündliche Berufungsverhandlung am 21.11.1995 durchzuführen und andererseits im unmittelbaren Anschluß daran die Entscheidung mündlich zu verkünden.

Gemäß § 20 Abs 2 StVO 1960 darf, sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt (§ 43 Abs 1) oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt (§ 43 Abs 4), der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

Inspektor P.A. maß am 12.6.1993 um 11.20 Uhr die Geschwindigkeit des Fahrzeuges des Berufungswerbers im Ortsgebiet von Wildbad Einöd mit 75 km/h. Abzüglich des Toleranzwertes von 3 km/h ergibt dies eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet von 72 km/h. Im gesamten Verwaltungsstrafverfahren ergaben sich keine berechtigten Hinweise darauf, daß das Lasergerät nicht ordnungsgemäß funktioniert hätte oder daß Inspektor P.A. das Lasergerät nicht ordnungsgemäß bedient hätte.

Offenkundig unrichtig war aber der dem Berufungswerber im Straferkenntnis vorgeworfene Tatort, der mit Km 11,20 auf der B 83 angegeben wurde. In der Anzeige ist eine derartige Kilometerangabe nicht enthalten und liegt der Schluß nahe, daß die belangten Behörde irrtümlicherweise die Uhrzeit von 11.20 Uhr ebenso als Kilometeranzeige genommen hat. Mit Hilfe der einvernommenen Gendarmeriebeamten konnte rekonstruiert werden, daß sich der Km 11,20 auf der B 83 ungefähr im Ortsgebiet von Neumarkt befinden dürfte. In der Anzeige von Inspektor E.R. ist der Tatort aber genau bezeichnet, da der Standort der Beamten bei Km 18,227 angegeben wurde und die Entfernung zum gemessenen Fahrzeug des Berufungswerbers mit 134 m angegeben wurde.

Am 11.10.1993 wurde an den Berufungswerber eine Aufforderung zur Rechtfertigung gerichtet, wobei auf ein vorangegangenes Ersuchen des Berufungswerbers hin diesem eine Kopie der Anzeige übermittelt wurde. Dieses Schreiben samt einer Kopie der Anzeige (mit dem darin richtig angeführten Tatort) wurde vom Berufungswerber am 12.10.1993 und somit noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist von sechs Monaten übernommen, sodaß es bei der nunmehrigen Berufungsentscheidung zulässig war, den im Straferkenntnis der belangten Behörde falsch angegebenen Tatort richtig zu stellen.

Zum Einwand die belangte Behörde habe zwei Strafverfügungen in ein- und demselben Verfahren wegen ein- und desselben Deliktes erlassen, ist auszuführen, daß die erste Strafverfügung mit 20.7.1993 datiert war. In diesem Straferkenntnis wurde das Kennzeichen mit W 2.. statt W... angeführt. Gegen diese Strafverfügung erhob der Berufungswerber fristgerecht Einspruch, sodaß das ordentliche Verfahren eingeleitet wurde. Richtig ist, daß im ordentlichen Verfahren die belangte Behörde neuerlich ein Strafverfügung und zwar nunmehr mit dem richtiggestellten Kennzeichen erließ. Die Vorgangsweise der belangten Behörde ist zwar als rechtswidrig anzusehen, da im bereits eingeleiteten ordentlichen Verfahren nicht nochmals eine Strafverfügung erlassen werden darf, eine derartige zweite, rechtswidrig erlassene Strafverfügung hat aber keinerlei Auswirkungen auf das bereits eingeleitete ordentliche Verfahren und das schließlich erlassene Straferkenntnis.

Nach rechtlicher Würdigung des ermittelten Sachverhaltes ist die dem Berufungswerber vorgeworfene Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die übertretene Norm zielt wie nahezu alle Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung darauf ab, die mit dem Straßenverkehr naturgemäß verbundenen Gefahren und Gefährdungsmomente auf ein Mindestmaß

zu reduzieren. Wer gegen diese Vorschrift verstößt, trägt zur Erhöhung der Gefahren des Straßenverkehrs bei und gefährdet die Verkehrssicherheit. Dies trifft insbesondere auf Geschwindigkeitsüberschreitungen im Ortsgebiet zu, da die absolute Begrenzung der leichteren und sicheren Meisterung gefährlicher Verkehrslagen, wie sie sich im Ortsgebiet regelmäßig aus der größeren Verkehrsdichte und geringeren Übersichtlichkeit der Verkehrslage und dabei nicht zuletzt auch durch das unachtsame Verhalten von Fußgängern beim Überschreiten der Straße in Ortschaften immer wieder ergeben kann, dient. Dadurch, daß der Berufungswerber im Ortsgebiet von Wildbad Einöd die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 22 km/h überschritten hat, hat er eindeutig gegen diesen Schutzzweck verstoßen.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß

anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als mildernd konnte die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers berücksichtigt werden, Erschwerungsgründe liegen nicht vor.

Daß die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen, noch aufgrund besonderer Tatumstände anzunehmen und kann daher

das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.

Der Strafrahmen für die dem Berufungswerber vorgeworfene Verwaltungsübertretung beträgt gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO bis zu S 10.000,--.

Der Berufungswerber erschien zur mündlichen Berufungsverhandlung am 21.11.1995 nicht, sodaß auch die Erhebung seiner persönlichen und finanziellen Verhältnisse nicht möglich war. Die belangte Behörde ging bei ihrer Entscheidung davon aus, daß der Berufungswerber über monatlich netto S 20.000,-- verfügt, kein Vermögen besitzt und Sorgepflichten für zwei Personen hat. Diese Verhältnisse werden auch der nunmehrigen Entscheidung zugrundegelegt, zumal der Berufungswerber diesen Annahmen in seiner Berufung nicht entgegentrat.

Aufgrund des Unrechtsgehaltes der Verwaltungsübertretung, des Verschuldens, des Strafrahmens und der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers ist die über ihn von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe trotz seiner bisherigen Unbescholtenheit als angemessen und gerechtfertigt anzusehen. Auch aus spezialpräventiven Erwägungen ist eine Geldstrafe in einer derartigen Höhe erforderlich um den Berufungswerber in Zukunft dazu zu veranlassen, Geschwindigkeitsbeschränkungen genau einzuhalten.

Gemäß § 64 Abs 1 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 64 Abs 2 VStG ist dieser Beitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10 Prozent der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 Prozent der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit je S 20,-- zu bemessen.

Darauf gründet sich der im Spruch vorgenommene Kostenausspruch.

Schlagworte
Tatort Kilometerbezeichnung Straßenkilometer Berichtigung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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