TE UVS Steiermark 1995/11/22 303.12-11/95

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Veröffentlicht am 22.11.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Erwin Ganglbauer, Dr. Wigbert Hütter und Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn J.P., vertreten durch Dr. Wolfgang Reinisch, Rechtsanwalt, 8490 Bad Radkersburg, Langgasse 40, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 7.3.1995, GZ.: 15.1 1995/390, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Die belangte Behörde (die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz als Behörde der ersten Instanz) warf dem Beschuldigten vor, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der J. u. B. GesmbH. in S. 19 nachstehende Verwaltungsübertretung begangen zu

haben: Mit Schreiben des Arbeitsinspektorates vom 12.12.1994 sei (von ihm) verlangt worden, die Durchschriften der persönlichen Fahrtenbücher bzw. die Durchschriften der Wochenberichtsblätter samt den diesen Zeitraum betreffenden Diagrammscheiben (Schaublätter), sowie die pers. Wochenberichte (Zeitraum 1. September 1994 bis 30. September 1994) der Lenker - es folgt eine namentliche Anführung von 24 Personen - bis 27. Dezember 1994 zu übermitteln. Er habe dieses Schreiben laut Rückschein am 14. Dezember 1994 übernommen. Bis 9. Jänner 1994 seien beim Arbeitsinspektorat Graz keine Unterlagen eingelangt. Dadurch sei § 8 Abs 3 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 i.V.m. § 24 Abs 1 Z 1 lit. d leg. cit. verletzt worden. Nach der zuletzt genannten Bestimmung wurde eine Geldstrafe von S 40.000,-- (Ersatzarreststrafe 14 Tage) verhängt.

Der Beschuldigte focht das Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes in seiner Gesamtheit mit Berufung an und brachte vor, er habe das ihm zur Last gelegte Delikt nicht begangen. Mit Schreiben vom 12.12.1994 habe das Arbeitsinspektorat Graz von ihm - unter Verwendung einer seiner Meinung nach an Ungenauigkeit wohl kaum noch zu übertreffenden Formulierung - Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden, sowie gewährten Ruhepausen

hinsichtlich Dauer und zeitlicher Lagerung, sodaß eine Überwachung der im Arbeitszeitgesetz geregelten Angelegenheit möglich ist ......... verlangt. In dieser Aufzeichnung sei keine Unterlage präzise bezeichnet, sondern die gewünschten Unterlagen nur in der dargestellten Form allgemein umschrieben worden. In der Strafanzeige vom 9.1.1995 an die belangte Behörde habe das Arbeitsinspektorat wahrheitswidrig behauptet, daß es die J. B. GesmbH. zur Übermittlung von Durchschriften der persönlichen Fahrtenbücher bzw. Durchschriften der Wochenberichtsblätter samt den den Zeitraum betreffenden Diagrammscheiben sowie der persönlichen Wochenberichte aufgefordert habe.

Ohne Überprüfung des Anzeigeninhaltes, dessen Unrichtigkeit aufgrund des ihr beigeschlossenen Aufforderungsschreibens an die J.B.GesmbH. leicht festzustellen gewesen wäre, habe die belangte Behörde, der unrichtigen Anzeige folgend, das bekämpfte Straferkenntnis erlassen.

Die Aufforderung des Arbeitsinspektorates sei nebulos, da sie nicht erkennen lasse, welche konkreten Unterlagen dem Arbeitsinspektorat vorgelegt werden sollten. Dem Arbeitgeber könnten keine Mutmaßungen

über den Wunsch des Arbeitsinspektorates zugemutet werden.

Unklar sei, ob das Arbeitsinspektorat ausschließlich Diagrammscheiben, oder andere Unterlagen oder beides zusammen verlangt habe. Die Strafbarkeit nach § 8 Abs 3 i. V.m. § 24 ArbIG setze voraus, daß über Art und Menge der geforderten Unterlagen keine Zweifel bestünden. In seiner Anzeige vom 9.1.1995 habe das Arbeitsinspektorat bewiesen, daß es auch einer wesentlich präziseren Formulierung fähig sei. Es werde daher beantragt, das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Strafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark als Berufungsbehörde nach § 51 Abs 1 VStG gelangt aufgrund der Aktenlage - da bereits daraus ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, ist die Durchführung einer Verhandlung nicht erforderlich (§ 51 e Abs 1 VStG) - zu folgenden Feststellungen:

Nach Abs 3 des § 8 ArbIG 1993 (Unterlagen) haben Arbeitgeber/innen dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen die in Abs 1 genannten Unterlagen oder Ablichtungen, Abschriften sowie Auszüge dieser Unterlagen zu übermitteln. Für die Ablichtung und Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

Nach Abs 1 dieser Bestimmung sind Arbeitgeber/innen und die gemäß § 4 Abs 5 und 7 beauftragten Personen verpflichtet, den Arbeitsinspektionsorganen auf Verlangen alle Unterlagen zur Einsicht vorzulegen, die mit dem Arbeitnehmerschutz im Zusammenhang stehen.

Es folgt eine beispielsweise Aufzeichnung von Unterlagen.

Mit Schreiben vom 12.12.1994, vom Beschuldigten von ihm übernommen am 14.12.1994, forderte ihn das Arbeitsinspektorat Graz gemäß § 8 Abs 3 ArbIG 1993

auf, binnen zwei Wochen folgende Unterlagen zu übermitteln: Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden, sowie gewährten Ruhepausen

hinsichtlich Dauer und zeitlicher Lagerung, sodaß eine Überwachung der im Arbeitszeitgesetz geregelten Angelegenheiten möglich ist. Bei Lenkern von Kraftfahrzeugen müssen diese Aufzeichnungen zusätzlich auch die Dauer und zeitliche Lagerung der Lenkzeiten, sonstige Arbeitszeiten, Bereitschaftszeiten, Arbeitsunterbrechungen und Lenkpausen enthalten,

sodaß eine Überwachung der Sonderbestimmungen für Lenker von Kraftfahrzeugen gemäß dem Arbeitszeitgesetz, i.V.m. den EWG-Verordnungen

möglich ist. Es folgt die Angabe des verlangten Zeitraumes sowie die namentliche Anführung von 24 Arbeitnehmern.

In seiner Strafanzeige vom 9.1.1995, der das Aufforderungsschreiben vom 12.12.1994 in Fotokopie beigeschlossen war, teilte das Arbeitsinspektorat Graz der belangten Behörde allerdings mit, es habe mit dem bezeichneten Schreiben die Übermittlung folgender Unterlagen verlangt: Durchschriften der persönlichen Fahrtenbücher bzw. die Durchschriften der Wochenberichtsblätter samt den diesen Zeitraum betreffenden Diagrammscheiben (Schaublätter), sowie die pers. Wochenberichte (Zeitraum 1. September 1994 bis 30. September 1994) der Lenker ............... bis 27. Dezember 1994. Da bis dato (9.1.1995) keine Unterlagen eingetroffen seien, werde die Bestrafung aller verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen beantragt. Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erließ die belangte Behörde gegen den Beschuldigten den Ladungsbescheid vom 20.1.1995 sowie das Straferkenntnis vom 7.3.1995 und warf in beiden behördlichen Äußerungen dem Beschuldigten vor, er

habe die mit Schreiben des Arbeitsinspektorates vom 12.12.1994 geforderten Unterlagen bis 9. Jänner 1994 diesem nicht übermittelt und nannte als geforderte Unterlagen - in Übereinstimmung mit der Strafanzeige vom 9.1.1995 - Durchschriften der persönlichen Fahrtenbücher bzw. die Durchschriften der Wochenberichtsblätter samt den diesen Zeitraum betreffenden Diagrammscheiben (Schaublätter), sowie die pers. Wochenberichte (Zeitraum 1. September 1994 bis 30. September 1994) der Lenker ....... .

Entgegen der Meinung des Berufungswerbers, das Aufforderungsschreiben des Arbeitsinspektorates vom 12.12.1994 sei nebulos formuliert gewesen, weswegen es dem Beschuldigten nicht zumutbar gewesen sei, Mutmaßungen darüber anzustellen, welche konkreten Unterlagen nunmehr begehrt würden, waren die geforderten Unterlagen mit Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden, sowie gewährten

Ruhepausen so klar bezeichnet, daß der Beschuldigte dadurch in die Lage versetzt war, dieser Aufforderung nachzukommen, liegt es doch an ihm, die Auswahl aus den bei ihm vorhandenen Unterlagen im Sinne des Aufforderungsschreibens zu treffen. Darin liegt somit kein Grund für die Aufhebung des Bescheides.

Jedoch hat die belangte Behörde in Anlehnung an den Text der Strafanzeige und unter Außerachtlassung des Textes des Aufforderungsschreibens vom 12. Dezember 1994 dem Beschuldigten im Ladungsbescheid vom 20.1.1995 und im bekämpften Straferkenntnis vorgeworfen, er habe die Durchschriften der persönlichen Fahrtenbücher bzw. die Durchschriften der Wochenberichtsblätter samt den diesen Zeitraum betreffenden Diagrammscheiben (Schaublätter), sowie die pers. Wochenberichte (Zeitraum 1. September 1994 bis 30. September 1994) nicht übermittelt und warf ihm damit vor, genau bezeichnete Unterlagen nicht übermittelt zu haben, zu deren Vorlage er jedoch, wie sich dies aus dem Text des Aufforderungsschreibens ergibt, vom Arbeitsinspektorat nicht aufgefordert wurde, ist doch dort nur von Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden, sowie gewährten Ruhepausen und somit von einer Umschreibung der geforderten Unterlagen in nur ganz allgemeiner Form die Rede.

Daraus folgt, daß der Beschuldigte die ihm von der belangten Behörde vorgeworfene Tat nicht begangen hat. Das Straferkenntnis war somit zu beheben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Arbeitszeitaufzeichnungen Fahrtenbuch Wochenberichtsblätter Schaublätter Auswechslung der Tat Tatbestandsmerkmal Übermittlungspflicht Arbeitsinspektorat
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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