TE UVS Wien 1995/12/13 03/P/20/5087/95

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Veröffentlicht am 13.12.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Schopf über die Berufung des Herrn Heinrich R gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 13.9.1995, Zl S 230591/VA/94, wegen Übertretung des § 19 Abs 1+3 Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen BO iVm § 14 Abs 1 Ziffer 6 GelVerkG entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Zif 2 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Mit Straferkenntnis vom 13.9.1995, Zl S-230591/VA/94, wurde dem Beschuldigten, Herrn Heinrich R, zur Last gelegt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer des Taxiunternehmens R-GesmbH, etabliert in Wien, H-Lände, zu verantworten, daß W Franz das Taxi W-83 am 6.12.1994 um 19.10 Uhr in Wien, W-zeile Kreuzung S-allee Richtung stadtauswärts im Fahrdienst zur Verfügung hatte, obwohl dieser (richtig: dieses) nicht mit einem ordnungsgemäßen, dem Muster der Anlage zu § 19 entsprechenden, am Dach des Fahrzeuges angebrachten Schild mit der Aufschrift "TAXI" gekennzeichnet war, da sich auf dem Schild außer der Aufschrift "TAXI" weitere Aufschriften - nämlich "Wiener" Taxi; "Frei" und "Besetzt" - befanden.

Wegen Übertretung des § 19 Abs 1 und 3 Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagenbetriebsordnung iVm § 14 Abs 1 Ziffer 6 GelVerkG idgF wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von S 800,--, Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden verhängt und wurde ein erstinstanzlicher Strafkostenbeitrag in der Höhe von S 80,-- vorgeschrieben.

Innerhalb offener Frist erhob der Beschuldigte gegen dieses Straferkenntnis eine Berufung, mit welcher das gegenständliche Straferkenntnis wegen formeller und inhaltlicher Rechtswidrigkeit zur Gänze angefochten wurde und im weiteren beantragt wurde, dieses ersatzlos aufzuheben oder dahin abzuändern, daß jedenfalls das Strafverfahren eingestellt werde.

§ 19 der Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagenbetriebsordnung (in der Folge kurz: TBO) lautet:

"§ 19. (1) Taxikraftfahrzeuge müssen durch ein von innen beleuchtbares, gut sichtbares Schild (mindestens 230x90 mm) mit der von vorne als auch von hinten wahrnehmbaren Aufschrift "TAXI" gekennzeichnet sein. Die Beleuchtung darf nicht blenden. Das Schild ist auf der vorderen Hälfte des Daches senkrecht zur Längsmittelebene des Fahrzeuges symmetrisch zu dieser anzubringen. Bei Vorhandensein eines Schiebedaches kann dieses Taxischild unmittelbar nach dem Schiebedach angebracht sein. Die Aufschrift "TAXI" hat in gelber Schrift auf schwarzem Grund zu erfolgen. Die Buchstabenhöhe hat mindestens 60 mm und die Buchstabenbalkendicke mindestens 17 mm gemäß dem Muster der Anlage zu betragen.

(2) Die Verwendung von mehr als einem Taxischild gleichzeitig oder anderen zusätzlich angebrachten Schildern oder Zeichen am Wagendach im Fahrbetrieb ist nicht zulässig.

(3) Auf der Vorder- und Hinterseite des Taxischildes darf nur die Aufschrift "TAXI" angebracht werden. Andere Bezeichnungen, Namen sowie Zahlenkombinationen sind nicht zulässig.

(4) Aufschriften auf Taxikraftfahrzeugen, die die guten Sitten oder das Ansehen des Taxi-Gewerbes beeinträchtigen können, sind nicht zulässig."

Mit Berufungsbescheid vom 24.7.1995, UVS-03/P/07/01073/95, wurde ein Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 30.1.1995, Zl III-Pst 1209/VA/94, bestätigt, mit welchem dem Berufungswerber (mit unwesentlichen Ausnahmen) gleichlautend wie in dem vorliegenden Straferkenntnis zur Last gelegt wurde. Weitere gleichlautende Straferkenntnisse gegen den Berufungswerber vom 30.1.1995 ergingen unter anderem zu den Zahlen III-Pst 1208/VA/94, III-Pst 1295/VA/94, III-Pst 1176-VA/94. Zur Zahl III-Pst 1206/VA/94 erging ein gleichlautendes Straferkenntnis vom 31.10.1994. Die Straferkenntnisse differieren nur hinsichtlich des Zeitpunktes und des Ortes wann bzw wo der im Spruch genannte Taxilenker das Taxi zur Verfügung hatte sowie hinsichtlich der Person des Taxilenkers und hinsichtlich des Taxifahrzeuges. Die Berufung erweist sich aus folgenden Gründen als gerechtfertigt:

Gemäß § 22 VStG gilt im Verwaltungsstrafverfahren das sogenannte Kumulationsprinzip. Das bedeutet, daß für jedes Delikt eine eigene Strafe, bei einer Mehrheit von Delikten somit nebeneinander mehrere Strafen zu verhängen sind.

Eine Ausnahme von diesem Prinzip besteht (ua) bei einem fortgesetzten Delikt (VwSlg 6932 A/1966).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH verst Sen vom 19.5.1980, Slg 10138/A sowie Erkenntnisse vom 22.2.1985, 85/18/0028, vom 16.4.1986, 84/11/0270 und vom 10.7.1987, 86/17/0017) ist unter einem fortgesetzten Delikt eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen zu verstehen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Ein fortgesetztes Delikt wird nicht etwa in jedem Augenblick neu begangen, vielmehr handelt es sich dabei um ein Delikt, weshalb tatbestandsmäßige Einzelhandlungen bis zur Erlassung eines Straferkenntnisses nur als eine Verwaltungsübertretung anzusehen und dementsprechend auch nur mit einer Strafe zu bedenken sind, solange der Täter nicht nach außen hin erkennbar seine deliktische Tätigkeit aufgegeben hat (VwGH 3.11.1981, 1211, 1725, 3523/80).

Zweifellos handelt es sich in den zitierten Fällen um eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen (siehe dazu die Ausführungen im vorzitierten Berufungsbescheid vom 24.7.1995).

Das Gesamtkonzept des Berufungswerbers ergibt sich nicht nur aus den Ausführungen in der Berufung, sondern wird bereits im Einspruch vom 29.12.1994 vorgebracht, die Vorrichtung an den Taxifahrzeugen diene dem Kunden und damit der Verfolgung der wirtschaftlichen Interessen des Berufungswerbers. Es handle sich hier um einen Idealfall der Interessensübereinstimmung, welcher von der Verwaltung gefördert werden sollte, anstatt ihn zu verhindern. Bei richtiger Interpretation läge in keinem der verfahrensgegenständlichen Verfahren ein Verstoß gegen § 19 (Abs 1 oder) Abs 3 TBO vor. Würde diese Norm tatsächlich die gegebenen "FREI" - und "BESETZT" - Anzeigen verbieten, wäre sie gesetz- und verfassungswidrig. Dies umso mehr, als sie in einen Zustand eingreife, der bis zu ihrem Inkrafttreten jedenfalls rechtmäßig gewesen sei und weil sie zu einer verschlechternden Änderung zwingen würde, welche für den gesamten Fahrzeugpark mit Kosten von mehreren hunderttausend Schilling verbunden wäre. Mit dem Zusatz werde ein wirtschaftlicher Zweck verfolgt, dem Kunden werde eine Identifikationsmöglichkeit so gekennzeichneter Taxis in Bezug auf einen damit verbundenen Standard des Dienstes am Kunden ermöglicht. Dafür werde ein erheblicher Aufwand getätigt, der selbstverständlich mit der Erwartung der entsprechenden Auswirkung auf den unternehmerischen Erfolg verbunden sei.

Am Vorliegen eines einheitlichen Willensentschlusses, der nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung verschiedener selbständiger Taten von den Fällen, wo nur eine einzige Tat vorliegt herangezogen wird (siehe unter anderem Erkenntnis vom 10.7.1987, 86/17/0017 und die dort angeführte weitere Rechtsprechung), kann sohin nicht gezweifelt werden, stellt doch der Berufungswerber nach seinen Ausführungen in Bezug auf die in Rede stehende Ausrüstung (des gesamten Fuhrparks) seiner Taxis sein eigenes wirtschaftliches Interesse, den Schutz der Kunden und den Sicherheitseffekt der gesamten Vorrichtung in den Vordergrund. In den gegenständlichen Normen sieht der Berufungswerber nur die Statuierung eines Mindeststandards, wo es individueller unternehmerischer Leistung vorbehalten bleibe, darüberhinausgehende Qualität zu schaffen. Für den einheitlichen Willensentschluß spricht weiters auch das Bestreben, dem Kunden eine Identifikationsmöglichkeit der so gekennzeichneten Taxis zu ermöglichen, ist dafür doch eine einheitliche Kennzeichnung unbedingte Voraussetzung.

Ein noch erkennbarer zeitlicher Zusammenhang liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn die einzelnen Handlungen nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen sind; Der Zusammenhang muß sich demnach äußerlich durch zeitliche Verbundenheit objektivieren lassen (vergl dazu VwGH 27.1.1981, Slg 10352/A und 5.7.1982, 3593/80). Im gegenständlichen Fall wurde die Tat am 6.12.1994 begangen. Nach dem Berufungsbescheid vom 24.7.1995 wurde die dort gegenständliche Tat am 20.8.1994, nach weiteren Straferkenntnissen wurden weitere Taten unter anderem am 10.8.1994, 19.8.1994, am 21.9.1994, am 12.10.1994, am 14. und am 16.10.1994 und am 29.11.1994 begangen. Der enge zeitliche Zusammenhang ergibt sich somit schon daraus, daß die deliktischen Handlungen im Zeitraum zwischen dem 10.8.1994 und dem 6.12.1994 begangen wurden, somit innerhalb einer Zeitspanne von etwas mehr als drei Monaten. Dem gegenständlichem Verfahren zugrunde liegendem Tatzeitpunkt vom 6.12.1994 ging eine Einzeltathandlung am 29.11.1994 voraus.

Feste Regeln für die zur Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs noch hinreichende Zeitspanne zwischen den einzelnen Handlungen lassen sich nicht aufstellen; entscheidend ist in jedem Fall das Wesen der Umstände, die den Vorwurf begründen (VwGH 20.9.1984, 84/16/0052 bis 0056). Diese Umstände lassen sich im gegenständlichen Fall in der Tatsache, daß der Berufungswerber seinen gesamten Fahrzeugpark entsprechend ausgerüstet hat und die Taxifahrzeuge kontinuierlich mit dieser Ausrüstung verwendete, erkennen.

Im Falle eines fortgesetzten Deliktes sind durch die Bescheiderlassung alle bis dahin erfolgten Einzelakte abgegolten, mögen sie auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gewesen sein. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses durch die Behörde erster Instanz. Setzt der Täter nach diesem Zeitpunkt die verpönte Tätigkeit fort, so darf die neuerliche Bestrafung nur die nach der letzten Bestrafung gesetzte Tathandlung umfassen (VwGH 10.6.1987, 86/04/0004). Eine neuerliche Bestrafung wegen Tathandlungen, die in den von der ersten Bestrafung umfaßten Tatzeitraum fallen, verstößt gegen das Verbot der Doppelbestrafung (VwGH 30.6.1987, 87/04/0018 sowie das bereits oben zitierte Erkenntnis VwGH vom 17.12.1993). Durch die Erlassung des Straferkenntnis vom 30.1.1995, Zl III-Pst 1209/VA/94 (im weiteren bestätigt mit Berufungsbescheid vom 24.7.1995, Zl UVS-03/P/07/01073/95), am 3.2.1995 waren alle bis dahin erfolgten Einzelakten abgegolten. Eine neuerliche Bestrafung wegen Tathandlungen, die in den vor der ersten Bestrafung umfaßten Tatzeitraum fielen, verstieße gegen das Verbot der Doppelbestrafung, weshalb das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das angefochtene Verfahren spruchgemäß einzustellen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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