TE UVS Steiermark 1995/12/18 30.8-74/95

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Veröffentlicht am 18.12.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Helmut Pollak über die Berufung des Herrn J.L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 14.03.1995, GZ.: 15.1 1994/5489, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 04.12.1995, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung keine Folge gegeben.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG werden die Kosten des Verfahrens der zweiten Instanz mit S 140,-- festgesetzt und bestimmt, daß der Beschuldigte die Strafe, die Kosten des Verfahrens der ersten und zweiten Instanz binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu entrichten hat.

Text

Über Anzeige der Bundespolizeidirektion Graz, Wachzimmer Schmiedgasse, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, daß dieser an einem genau angegebenen Tatzeitpunkt und Tatort ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug mit vier Rädern auf dem Gehsteig abgestellt und diesen somit vorschriftswidrig benützt hat.

Mit Strafverfügung vom 05.10.1994 erließ die Behörde erster Instanz eine alle Tatbestandselemente umfassende, taugliche Verfolgungshandlung und präzisierte das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten dadurch, als daß die Behörde erster Instanz dem Berufungswerber vorwarf, dieser habe einen Gehsteig befahren, obwohl dies verboten ist.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und Einvernahme der Meldungslegerin der Bundespolizeidirektion Graz, fällte die Behörde erster Instanz das bekämpfte Straferkenntnis, in welchem sie über den Berufungswerber eine Geldstrafe von S 700,-- verhängte.

Innerhalb offener Frist erhob der Beschuldigte das Rechtsmittel der Berufung und führte aus, daß der Lastkraftwagen für das Grazer Stadtfest benötigt worden wäre und stand dieser im Zeitraum von 06.00 Uhr bis 19.00 Uhr an der gleichen Stelle zwischen zwei Bäumen. Der Gehsteig ist an dieser Stelle mehr als 4 m breit und befand sich zum Tatzeitpunkt der Stromanschluß für den Kühlwagen dort. In weiterer Folge habe der Beschuldigte den am Fahrzeug angebrachten Verständigungszettel den anwesenden Exekutivbeamten gezeigt und mit diesem

den Sachverhalt geklärt. Weiters erfolgte der Hinweis, daß es sich um einen Irrtum handle, da die näheren Umstände nicht bekannt waren.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

Der Beschuldigte stellte am 15.05.1994 das Kraftfahrzeug LKW der Type VW LT 40 mit dem behördlichen Kennzeichen St.. am Gehsteig vor dem Hause Am Eisernen Tor Nr. 1 ab. Das höchstzulässige Gesamtgewicht des Fahrzeuges beträgt 3,5 t. Zum Zeitpunkt der Beanstandung durch Frau Insp. W. um

10.25 Uhr bzw. 10.30 Uhr befand sich keinerlei Ausnahmegenehmigung im Sinne des § 45 StVO im bzw. am Fahrzeug.

Rechtlich ist zu erläutern:

Gemäß § 8 Abs 4 StVO ist die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und von Radfahranlagen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern verboten.

Der Gesetzgeber stellt bei der Beurteilung der Frage, ob ein Gehsteig vorliegt, nicht darauf ab, ob bzw. in welchem Ausmaß der von den Fußgängern tatsächlich benötigt wird. Es ist nicht ausgeschlossen, daß dem Teil der Straße, der ursprünglich der alleinige Gehsteig auf dieser Straßenseite war, neben dem neuen Gehsteig weiterhin die Qualifikation eines Gehsteiges zukommt und es muß davon ausgegangen werden, daß diese Qualifikation so lange aufrecht bleibt, bis nicht aufgrund äußerer Merkmale deutlich erkennbar ist, daß es sich bei dem alten Gehsteig nunmehr um einen für den Fahrzeugverkehr bestimmten Teil der Straße handelt (Erk. VwGH vom 14.02.1985, Zl. 84/02/0245).

Der Umstand, daß im Bereich des Gehsteiges Bäume gepflanzt und Bänke aufgestellt sind, nimmt dieser Verkehrsfläche nicht die Qualifikation des Gehsteiges (Erk. VwGH vom 03.10.1985, Zl. 85/02/0078).

Im hier vorliegenden Fall handelt es sich eindeutig um einen Gehsteig, was auch anhand des vom Berufungswerbers beigefügten Lichtbildes eindeutig erkennbar ist. Jede Verwendung eines Gehsteiges zu anderen Zwecken als jene des Fußgängerverkehres ist den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung nach folgend verboten. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß es sich im hier vorliegenden Fall um das Stadtfest, welches privat veranstaltet wird, handelte, kann den Angaben des Berufungswerbers in seiner Berufung keine schuldbefreiende Wirkung zugemessen werden, da auch eine Weitergabe des Fahrzeuges an die Fa. D. nicht die Aufstellung durch den Beschuldigten selbst auf dem Gehsteig rechtfertigen kann.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Schutzzweck der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 ist es im allgemeinen, den in Österreich auf öffentlichen Straßen fließenden Verkehr in geordneten Bahnen zu lenken und hiebei die Sicherheit und die Flüssigkeit des Verkehrs aufrecht zu erhalten. Auf Grund der Gefahren beim Lenken eines Fahrzeuges ist es notwendig, mit gesetzlichen Bestimmungen Gefahren weitestgehendst auszuschließen und auch damit verbunden, die Folgen von Unfällen soweit als möglich zu reduzieren, sofern es nicht möglich ist, Unfälle von Haus aus zu vermeiden. Auf Grund der vom Beschuldigten begangenen Übertretung ist evident, daß dieser diesen Schutzzweck auf das Gröblichste verletzt hat. Der Berufungswerber stellte ein Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 3.500 kg auf einem Gehsteig ab, was so, die erläuternden Bemerkungen auch zu § 23 Abs 2, zu einer überdurchschnittlichen Belastung des nicht für den Kraftfahrzeugverkehr in gleichem Ausmaß geeigneten Unterbau des Gehsteiges führt.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß

anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Erschwerend war die lange Dauer der illegalen Aufstellung des Fahrzeuges zu werten, mildernd konnte die Unbescholtenheit gewertet werden, sodaß anhand der vom Beschuldigten in der öffentlich, mündlichen Verhandlung bekanntgegebenen Einkommens-,

Vermögens- und Familienverhältnisse die verhängte Strafe dem Ausmaß des Verschuldens angepaßt und gerechtfertigt ist, weiters in jener Höhe bemessen wurde, um den Berufungswerber eindringlich und nachhaltig von weiteren Übertretungen der Straßenverkehrsordnung abzuhalten.

Der Ausspruch über den Ersatz der Verfahrenskosten war eine Folge der Bestrafung und stützt sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.

Es war wie im Spruch angeführt zu verfahren.

Schlagworte
Gehsteig Fußgänger
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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