TE UVS Burgenland 1996/01/22 19/05/95006

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Veröffentlicht am 22.01.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch den Kammervorsitzenden Mag Grauszer und die Mitglieder Mag Waniek-Kain

und Mag Dorner über die Berufung der Frau           , geboren am

, wohnhaft in             , vertreten durch Rechtsanwalt       , vom

22 01 1995, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Güssing vom 02 01 1995, Zl 300-1650-1994, wegen Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit

der Maßgabe bestätigt, daß wegen der unberechtigten Beschäftigung von

drei namentlich genannten Ausländern gemäß § 28 Abs 1 Z 1 erster Strafsatz AuslBG jeweils eine Geldstrafe von S 5 000,-- (Ersatzfreiheitstrafe 3 Tage) verhängt wird.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind jeweils S 1000,--, insgesamt S 3000,--, zu leisten.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin wegen der am 26 06 1994 in

erfolgten unerlaubten Beschäftigung von drei namentlich genannten ausländischen Staatsangehörigen einer Übertretung nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a) iVm § 3 Abs 1 AuslBG schuldig erkannt und zu einer (Gesamt)Geldstrafe von S 15000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 9 Tage) verurteilt. Der Verurteilung liegt die Gendarmerieanzeige vom 27 07 1994 zugrunde, wonach die drei Ausländer im Hause der Berufungswerberin in deren Auftrag Gipskartonplatten für den Innenausbau verlegten.

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung. Darin wird behauptet, die drei Ausländer hätten keine Innenausbauarbeiten, sondern Reinigungsarbeiten verrichtet, wofür auch ein Zeuge namhaft gemacht werde. Der Rechtsmittelwerberin müsse auch ein entschuldbarer

Rechtsirrtum zugute gehalten werden, weil die genaue Kenntnis der Strafbestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes als reines Nebenstrafrecht dem Durchschnittsbürger nicht zugemutet werden könne;

zumindest sei ihr Verschulden gering. Deshalb werde die Aufhebung

des

angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

 

Der UVS Burgenland hat darüber erwogen:

 

Ein Arbeitgeber darf § 3 Abs 1 AuslBG zur Folge einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. Als  Beschäftigung gilt gemäß § 2 Abs 2 unter anderem die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis (lit a) oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (lit b).

Zuwiderhandeln  stellt nach § 28 Abs 1 lit a AuslBG eine Verwaltungsübertretung dar und ist gemäß § 28 Abs 1 Z 1 1 Strafsatz bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 5000,-- bis zu S 60000,-- zu bestrafen.

 

Unstrittig ist, daß die Ausländer im Auftrag der Berufungswerberin und auf deren Rechnung und Gefahr Arbeiten verrichteten, weshalb es unerheblich ist, ob die Gipskartonplatten zum Innenausbau ihres Hauses verlegt wurden (in der Gendarmerieanzeige Vertäfelungsarbeiten genannt) oder Gipskartonabfälle weggeräumt wurden (siehe Berufung). Da dieser Unterschied hier unerheblich ist, war auch der angebotene Zeuge nicht zu vernehmen.

 

Bestritten wird der aus dem Straferkenntnis ersichtliche Vorwurf, daß

die Arbeitsleistungen von den Ausländern aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses zur Berufungswerberin als Arbeitgeberin erfolgt seien, wofür keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vorliege.

 

Zur Unterstützung ihres Vorbringes schon bei der Gendarmeriekontrolle

legte die Beschuldigte Werkverträge, abgeschlossen zwischen ihr und den drei verfahrensgegenständlichen Ausländern vor, wonach diese mit Baureinigungsarbeiten in zwei Fällen im Zeitraum 04 03 bis 29 06 1994, in einem Fall im Zeitraum 29 06 bis 01 09 1994, beauftragt wurden. Als Entgelt wird darin ein Betrag von S 4000,-- vereinbart. Geeignetes Werkzeug oder Maschinen sind bei Bedarf vom Auftraggeber zur Verfügung zu stellen. Dies führt nicht zum Erfolg:

 

Dem § 2 Abs 4 AuslBG zufolge ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Es kommt also nicht auf die Bezeichnung eines Vertrages, ja nicht einmal auf das Bestehen einer Rechtsbeziehung, sondern ausschließlich auf den Inhalt der Tätigkeiten und das damit wirtschaftlich Gewollte an. Liegt danach die Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet,

kommt das Ausländerbeschäftigungsgesetz zur Anwendung. Dabei kann das

zugrundeliegende Rechtsverhältnis zwischen arbeitnehmerähnlicher Person und Beschäftiger formell durchaus auch ein Werkvertrag sein. Bei Prüfung der Arbeitnehmerähnlichkeit ist auf die Kriterien fremdbestimmter Arbeit abzustellen. Nicht der finanzielle Aspekt (wirtschaftliche Abhängigkeit), nämlich ob der Verpflichtete auf die Gegenleistungen zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes angewiesen ist, sondern der organisatorische Aspekt ist dabei zu untersuchen. Es kommt also ausschließlich darauf an, ob das konkrete Gesamtbild der Tätigkeit, die eine Person im Auftrag eines anderen leistet, so beschaffen ist, daß sich die betreffende Person im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber wirtschaftlich in einer ähnlichen Situation befindet, wie dies beim persönlich abhängigen Arbeitnehmer typischerweise der Fall ist. Solche typischen Merkmale wirtschaftlicher Unselbständigkeit liegen trotz formellen Vorliegens von Werkverträgen beim verfahrensgegenständlichen Tätigwerden der Ausländer vor:

Die Verrichtung der Tätigkeit erfolgte nicht im örtlichen Umfeld des Verpflichteten (Ausländer), sondern im örtlichen Bereich (Haus) der Berufungswerberin. Aus den vorliegenden Werkverträgen ergibt sich auch die Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung, weil sich in den Verträgen keine Regelung über eine allfällige Vertretung der Auftragnehmer (Ausländer) findet, wie es dem Wesen eines Werkvertrages entsprechen würde. In Richtung Arbeitnehmerähnlichkeit weist auch der Umstand, daß nicht nur ein einzelnes, bestimmtes Werk geschuldet wird, sondern daß Dienste einer

bestimmten Art (Baureinigung) für eine in den vorliegenden Verträgen jeweils ausgewiesene Zeit geschuldet werden. Auch die Zurverfügungstellung von geeignetem Werkzeug oder Maschinen durch den

Auftraggeber spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages, weil ein zumindest arbeitnehmerähnlich Beschäftigter regelmäßig mittels Werkzeug oder Maschinen des Arbeitgebers arbeitet. Das vereinbarte Pauschalentgelt von S 4000,-- vermag kein Indiz in Richtung Vorliegen eines Werkvertrages darzustellen, weil auch bei Arbeitsverträgen im Wirtschaftsleben das leistungsbezogene Entgelt bei abhängiger Arbeit weit verbreitet ist, man denke nur an Akkord-, Stück- und ähnliche Löhne. Auch sprechen die von den Ausländern und         ausgeübten Berufsqualifikationen eines Bauhelfers bzw Lagerarbeiters (siehe Beschäftigungsbewilligungen unten) gegen eine selbständige Erwerbstätigkeit dieser Ausländer im Rahmen von Werkverträgen.

 

Das - von der ursprünglichen Verteidigungsstrategie abweichende -

Rechtfertigungsvorbringen anläßlich der Beschuldigtenvernehmung vor

der Bezirkshauptmannschaft Güssing am 19 09 1994, wonach für die

Ausländer Beschäftigungsbewilligungen für die

verfahrensgegenständlichen Arbeiten bei der Beschuldigten erteilt

worden seien, geht ins Leere, weil sich aus den von der

Berufungswerberin vorgelegten Beschäftigungsbewilligungen betreffend

die Ausländer            und         sowie der Arbeitserlaubnis für

den Ausländer       ergibt, daß diese nach dem AuslBG erteilten

Arbeitsberechtigungen hinsichtlich der Ausländer          und

lediglich für den örtlichen Geltungsbereich Niederösterreich,

hinsichtlich des Ausländers         lediglich für den örtlichen

Geltungsbereich des Arbeitsamtes Wiener Neustadt Gültigkeit haben und

die Beschäftigungsbewilligungen für einen anderen Arbeitgeber ausgestellt sind. Für gegenständliche Arbeiten lag daher keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vor.

 

Insgesamt ergibt sich daher, daß mit den vorliegenden Werkverträgen ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt nach arbeitnehmerähnliche Verhältnisse zwischen der Rechtsmittelwerberin und den verfahrensgegenständlichen Ausländern im Sinne des § 2 Abs 2 lit b) AuslBG begründet wurden und dieses Tätigwerden der ausländischen Staatsangehörigen daher der Bewilligungspflicht nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliegt.

 

Zu bemerken ist, daß aus dem zur ho Zahl 19/02/94011 protokollierten,

bereits mit Erkenntnis vom 01 07 1994 abgeschlossenen, Berufungsverfahren hinsichtlich derselben Berufungswerberin und Bauarbeiten betreffend dasselbe Haus die (hinsichtlich der Strafhöhe)

erfolglose Rechtfertigung der Berufungswerberin ersichtlich ist, daß sie wegen ihrer schlechten finanziellen Situation nicht in der Lage gewesen wäre, die Bauarbeiten durch einen befugten Unternehmer durchführen zu lassen. Bei dieser Darstellung liegt es geradezu auf der Hand, daß der Werkvertrag betreffend Baureinigungsarbeiten - ein im ländlichen Raum jeder Lebenserfahrung widersprechender Vorgang - zur Verschleierung des wahren wirtschaftlichen Gehaltes der Tätigkeit

errichtet wurde.

 

Zu prüfen war, ob sich die Beschuldigte hinsichtlich der sohin erwiesenen unberechtigten Beschäftigung der Ausländer über die Bewilligungspflicht dieser Beschäftigungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz in einem Rechtsirrtum befand. Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 30 08 1991, Zl 91/09/0022, zutreffend ausgesprochen hat, ist aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung bekannt, daß die Beschäftigung eines Ausländers grundsätzlich einer verwaltungsbehördlichen Bewilligung bedarf. Deshalb müssen einem Beschäftiger selbst bei behaupteten anderslautenden Auskünften und selbst bei auch nur kurzfristiger Heranziehung von Ausländern zu bestimmten Arbeiten zumindest Zweifel kommen, ob dieses Tätigwerden der Ausländer nicht einer Bewilligungspflicht unterliegt. Die Unkenntnis eines Gesetzes kann jedoch nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemand die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (VwGH vom 22 02 1979, Zl 2435/76 und viele andere). Die Rechtsmittelwerberin wäre daher aber bei Anwendung auch nur eines Mindestmaßes an von ihr einzufordernder Sorgfaltsübung verhalten gewesen, sich über die Bewilligungspflicht hinsichtlich der

Beschäftigung von Ausländern Klarheit (zum Beispiel durch Anfrage bei

der Behörde) zu verschaffen (vgl VwGH vom 19 05 1988, Zl 88/08/0076).

Der behauptete Rechtsirrtum beruht daher auf Fahrlässigkeit und vermag damit die Rechtsmittelwerberin nicht zu entschuldigen.

 

Die Rechtsmittelwerberin  hat daher die vorgehaltenen Verwaltungsübertretungen zu verantworten. Zum Verschulden sei auf § 5

VStG verwiesen.

 

Mit diesen Taten wurde das an einem geordneten Arbeitsmarkt und Wettbewerb bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient, verletzt

und haben die Taten wegen der durch die unerlaubte Beschäftigung von Ausländern entgangenen Lohnsteuern, Sozialversicherungsbeiträgen und sonstigen Abgaben auch nachteilige Folgen nach sich gezogen.

 

Erschwerungs- und Milderungsgründe liegen nicht vor.

 

Im Hinblick auf das Einkommen der Beschuldigten (netto S 8000,-- mtl), ihr Hausvermögen und Sorgepflichten für zwei minderjährige Kinder sind die verhängten Geldstrafen angemessen, zumal jeweils nur die Mindeststrafe verhängt wurde.

 

Die Aufteilung der gesetzwidrigen Gesamtgeld- und Ersatzfreiheitsstrafe auf jeweils ein Drittel entsprechend den vorliegenden drei Delikten, weil pro unerlaubt beschäftigten Ausländer eine (gesonderte) Strafe festzusetzen ist, war hier zulässig, da gegen die (gleichmäßige und objektive) Drittelung als Maßstab für die Aufteilung auf drei Arbeitnehmer nichts spricht, zumal gleiche Tatzeiten und Begleitumstände vorliegen, die keine unterschiedliche Strafbemessung hinsichtlich der drei Übertretungen erlauben. Bemerkt sei, daß bei ungleichen Umständen im obigen Sinne die festgesetzte Gesamtstrafe unter Bestätigung nur des Schuldspruchs

ersatzlos aufgehoben hätte werden müssen. Ein solcher erstinstanzlicher Fehler könnte von der Berufungsbehörde nicht mehr korrigiert werden (s VwGH 30 06 1994, Zahl 94/09/00439). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Werkvertrag, arbeitnehmerähnliches Verhältnis, Abgrenzung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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