TE UVS Wien 1996/02/01 06/03/673/94

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Veröffentlicht am 01.02.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Wilfert über die Berufung des Herrn Manuel Z vom 21.11.1994 gegen das

Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 24.10.1994, Zl MBA 10-S 10936/4, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben und zu Spruchpunkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses anstelle der unter lit a) bis e) verhängten Geldstrafen von jeweils S 2.000,-- eine einheitliche Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,--, anstelle der

Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 2 Tagen eine einheitliche Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, verhängt und Spruchpunkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses behoben und das Verfahren in diesem Punkt gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG verringert sich der Beitrag zu den Kosten

des erstinstanzlichen Verfahrens auf S 300,--, ds 10 % der milderen Geldstrafe.

Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

1. Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

"Sie haben als Zivildienstleistender bei der Einrichtung K-Spital in Wien, K-straße

1.) den Dienst jeweils anstelle um 7.00 Uhr

a)

am 12.4.1994 erst um 10.00 Uhr

b)

am 18.4.1994 erst um 9.00 Uhr

c)

am 20.4.1994 erst um 9.00 Uhr

d)

am 16.8.1994 erst um 9.00 Uhr

e)

am 29.8.1994 erst um 8.00 Uhr angetreten und

 2.) durch Ihr gesetztes Verhalten innerhalb der Gemeinschaft, in der Sie Ihre Dienstleistung erbringen, nicht eingefügt sowie das friedliche Zusammenleben mit anderen Beschäftigten gefährdet, obwohl im Grundlehrgang für Zivildienstleistende auf die Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes laut Dienstplan innerhalb des Zuweisungszeitraumes, sowie die Einhaltung der Dienstpflichten hingewiesen wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1.) a) bis e) § 22 Abs 2, zu 2.) § 22 Abs 4 jeweils in Verbindung mit § 65 des Zivildienstgesetzes BGBl Nr 679/1986 in der derzeit geltenden Fassung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie gemäß § 65 des Zivildienstgesetzes Geldstrafen von zu 1.) a) bis e) je S 2000,--, zu

 2.) S 1000,--, insgesamt 11000,-- S, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von zu 1.) a) bis e) je 2 Tage, zu 2.) 1 Tag, zusammen 11 Tage, verhängt.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG 1991) zu zahlen:

1100,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 12100,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung vom 21.11.1994, in welcher der Berufungswerber im wesentlichen ausführt, er erhebe gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses Berufung, da das Strafausmaß zu hoch sei. Er verfüge über kein geregeltes Einkommen, die Strafhöhe sei auch nicht schuldangemessen. Zu Spruchpunkt 2) führt er aus, da ihm im K-Spital nur Dienstkleidung zur Verfügung gestellt worden sei, habe er nur eine begrenzte Anzahl an sauberen Hosen und hätte durch die lange Wartezeit auf saubere Wäsche aus der hauseigenen Wäscherei unangenehmerweise mit verschmutzter Dienstkleidung seinen Dienst versehen müssen. Er bestreite, ungewaschen seinen Dienst angetreten zu haben. Er sei außerdem niemals ausfällig gegenüber Patienten geworden und die Beschuldigung,

das Betriebsklima gestört zu haben, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Er habe alle ihm klar erteilten Anweisungen im Rahmen seiner persönlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten ausgeführt.

 2. Die Berufung ist begründet.

 a) Zu Spruchpunkt 1) (Übertretung nach § 22 Abs 2 iVm § 65 ZDG):

Gemäß § 22 Abs 2 ZDG hat der Zivildienstleistende die ihm von der Einrichtung im Rahmen des Zuweisungsbescheides aufgetragene Dienstleistung gewissenhaft zu verrichten und die dienstlichen Weisungen seiner Vorgesetzten (§ 38 Abs 5) pünktlich und genau zu befolgen. Er darf die Befolgung einer Weisung nur dann ablehnen, wenn

die Weisung von einem unzuständigen Organ erteilt wurde und die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde. Gemäß § 65 ZDG begeht ein Zivildienstleistender, der eine der im § 22

festgelegten Dienstpflichten verletzt, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu S 5.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 2 Wochen, zu bestrafen. Die Berufung richtet sich zu diesem Punkt ausdrücklich nur gegen die Höhe der verhängten Strafe. Das Straferkenntnis ist daher, soweit es unbekämpft geblieben ist, in Rechtskraft erwachsen. Nach § 22 Abs 1 VStG 1991 sind, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder

eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen.

Eine in Lehre und Rechtsprechung anerkannte Ausnahme von diesem zur Ahndung jeder gesetzwidrigen Einzelhandlung führenden Kumulationsprinzip stellt die strafrechtliche Figur des fortgesetzten

Deliktes dar. Darunter versteht der Verwaltungsgerichtshof - in Anerkennung dieser auch im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes auftretenden Erscheinungsform deliktischen Verhaltens - eine Reihe von Einzelhandlungen, die vermöge der Gleichartigkeit ihrer Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände, verbunden mit der zeitlichen Kontinuität zu einer Einheit zusammentreten. Die solcherart zu einer einzigen Deliktseinheit verbundenen Einzelhandlungen erfahren dadurch eine rechtliche Gleichstellung mit einem einfachen Begehungsdelikt, sind damit als nur eine Verwaltungsübertretung anzusehen und dementsprechend auch nur mit einer Strafe zu bedenken (vgl VwGH vom 7.9.1995, 94/09/321 mwN).

Dem Berufungswerber wird zur Last gelegt, den Dienst innerhalb von 4 Monaten sechsmal verspätet angetreten zu haben. In seiner Rechtfertigung vom 4.10.1994 führte der nunmehrige Berufungswerber dazu aus, daß er im Hinblick auf das geringe Gehalt während seiner Zivildienstleistung förmlich dazu gezwungen sei, nebenbei auch noch zu arbeiten. Durch diese Mehrbelastung würde es zu den verfahrensgegenständlichen Versäumnissen kommen.

Die dem Berufungsfall zugrunde liegenden Verstöße gegen die Bestimmung des § 22 Abs 2 ZDG wurden vom Berufungswerber in zeitlich nicht weit auseinanderliegenden Fällen, jeweils in derselben Dienststelle begangen, sodaß diese demnach völlig gleichartigen Einzelhandlungen und die sich wiederholenden Angriffe auf ein identes

Rechtsgut (nämlich die ordnungsgemäße Erfüllung der Zivildienstpflicht) auch das Vorliegen eines Gesamtkonzepts des Berufungswerbers, nämlich auf Kosten der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Verpflichtungen im Rahmen des Zivildienstes, auch noch anderen

Tätigkeiten nachzugehen, wobei diese Arbeiten oft bis in die Nacht gehen und so zu den Versäumnissen führen, indizieren. Dafür, daß der Berufungswerber durch ein nach außen hin in Erscheinung tretendes Verhalten zu erkennen gegeben hätte, daß er dieses seinen Einzelhandlungen zugrunde liegende Gesamtkonzept in den, zwischen den

Einzelhandlungen gelegenen Zeiträumen geändert bzw aufgegeben hätte, bietet sich kein Anhaltspunkt. Der das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes rechtfertigende Zusammenhang der verfahrensgegenständlichen Einzelhandlungen kann daher nicht begründet verneint werden. Aus diesen Gründen waren wegen der in Spruchpunkt 1) lit a) bis e) des Straferkenntnisses festgestellten Verwaltungsübertretungen eine einheitliche Gesamtstrafe zu verhängen.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient

und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach

sich

gezogen hat.

Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung schädigt in nicht unerheblichem Ausmaß das gesetzlich geschützte Interesse an der

ordnungsgemäßen Erfüllung der Zivildienstpflicht. Dazu gehört es nämlich auch, daß die Zivildienstverpflichteten den jeweiligen Dienstplan gewissenhaft einhalten. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann daher nicht als gering beurteilt werden.

Das Verschulden kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder

hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Bei der Strafbemessung war die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd zu beurteilen, erschwerend waren die wiederholten Verstöße gegen den Dienstplan zu werten. Auf die vom Berufungswerber im Verfahren vor dem Unabhängigen

Verwaltungssenat Wien bekanntgegebenen, ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse wurde Bedacht genommen.

 b) Zu Spruchpunkt 2) des Straferkenntnisses (Übertretung nach § 22 Abs 4 iVm § 65 ZDG):

Gemäß § 22 Abs 4 ZDG hat sich der Berufungswerber in die Gemeinschaft, in der er seine Dienstleistung erbringt, einzufügen und

darf durch sein Verhalten das friedliche Zusammenleben mit anderen Beschäftigten nicht gefährden.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er

nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnissen wiederholt zum

Ausdruck gebracht, daß der Spruch eines Straferkenntnisses gemäß § 44a Z 1 VStG die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und zur Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzten Verwaltungsvorschriften erforderlich sind (VwGH 12.9.1986,

Zahl 85/18/0107).

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird lediglich der Wortlaut des § 22 Abs 4 ZDG wiedergegeben, ohne daß der Spruch erkennen ließe, welches konkrete Verhalten die erstinstanzliche Behörde dem Berufungswerber zur Last gelegt hat. Der Vorwurf, der Berufungswerber habe sich durch sein gesetztes Verhalten innerhalb der Gemeinschaft, in der er seine Dienstleistung erbringt, nicht eingefügt, sowie das friedliche Zusammenleben mit anderen Beschäftigten gefährdet, erfüllt, abgesehen von dem Umstand, daß dieser Ausspruch eine Umschreibung der Tatzeit vermissen läßt, das Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG nicht, da nicht erkennbar ist, durch welches konkrete Verhalten der Berufungswerber die Verwaltungsübertretung nach Ansicht der erstinstanzlichen Behörde begangen hat. Der Berufungswerber war dadurch auch nicht in die Lage versetzt, den Tatvorwurf zu widerlegen und auch nicht davor geschützt, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Das Straferkenntnis war daher in Spruchpunkt 2) zu beheben, und, da eine rechtzeitige taugliche Verfolgungshandlung nicht vorliegt, das Verfahren in diesem Punkt einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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