TE UVS Steiermark 1996/02/19 25.14-17/95

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Veröffentlicht am 19.02.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über den Antrag des Herrn A.S., vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Jakominiplatz 16/II, 8010 Graz, auf Wiederaufnahme des durch Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 20.12.1994, GZ: UVS 25.14-15/94 abgeschlossenen Haftprüfungsverfahrens, wie folgt entschieden:

Gemäß § 69 Abs 1 AVG ist dem Antrag nicht stattzugeben.

Text

Gemäß § 69 Abs 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

b) neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalte des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder c) der Bescheid gemäß § 38 AVG von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

§ 69 Abs 2 AVG bestimmt, daß der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrunde Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen ist, die den Bescheid erster Instanz erlassen hat. Gemäß Abs 4 leg cit steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.

Im vorliegenden Fall lägen nach Auffassung des Berufungswerbers sowohl der Wiederaufnahmsgrund des § 69 Abs 1 lit b als auch jener der lit c vor.

Der Beschwerdeführer habe bereits im Haftprüfungsverfahren die Behauptung aufgestellt, daß eine Abschiebung in sein Heimatland unzulässig sei. Der Unabhängige Verwaltungssenat habe diesen Umstand unberücksichtigt gelassen, da er für die Prüfung dieser Frage nicht zuständig sei und diese Vorfrage von der fremdenpolizeilichen Behörde zu entscheiden sei. Aus diesem Grund habe der angerufene Senat die Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung als nicht rechtswidrig erachtet.

Die Bundespolizeidirektion Graz habe nunmehr mit Bescheid vom 31.10.1995 festgestellt, daß die Voraussetzungen nach § 37 FrG vorliegen. Dieser Bescheid sei dem Beschwerdeführer am 6.11.1995 zugestellt worden. Wäre dieser Bescheid bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates vorgelegen, so wäre die Schubhaft in jedem Fall als rechtswidrig zu erkennen gewesen. Auch wenn der angerufene Senat der Ansicht ist, daß im gegenständlichen Fall nicht bis zur endgültigen Entscheidung der Vorfrage durch die zuständige Behörde zuzuwarten sei, so stelle dennoch die Frage nach § 37 FrG eine Vorfrage dar. In jedem Fall - sollte lit c nicht anwendbar sein - stelle der Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz eine neue Tatsache bzw. ein neues Beweismittel im weitesten Sinne dieses Rechtsbegriffes dar.

Es wurde der Antrag gestellt, das Verfahren neuerlich aufzunehmen und auszusprechen, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Unabhängigen

Verwaltungssenat, nämlich mit 20.12.1994, die Fortsetzung der Schubhaft rechtswidrig war.

Der UVS ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Mit dem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 20.12.1994, GZ.: UVS 25.14-15/94 wurde im ersten Spruchteil unter Anführung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates die für die Fortsetzung der Schubhaft des Beschwerdeführers maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen haben. Der zweite Spruchteil ist vom Wiedereinsetzungsantrag nicht berührt. Der Bescheid ist formal in Rechtskraft erwachsen.

Das Haftprüfungsverfahren gemäß § 51 ff FrG ist einer Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs 1 AVG grundsätzlich zugänglich. Die formalen Voraussetzungen (rechtskräftiger Abschluß des Verfahrens, Rechtzeitigkeit der Einbringung des Antrages) sind gegeben.

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates liegt jedoch keiner der vom Beschwerdeführer angezogenen Wiederaufnahmsgründe vor.

Nach den einschlägigen Bestimmungen des FrG hat der UVS über die Rechtmäßigkeit der Fortsetzung der Schubhaft zum Zeitpunkt seiner Entscheidung abzusprechen. Ein Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach seine Abschiebung in ein bestimmtes Land nicht zulässig sei, hat der Senat nur dann in seine Entscheidung miteinzubeziehen, wenn ein entsprechender Feststellungsbescheid gemäß § 54 FrG bereits vorliegt. Ein solcher wurde im vorliegenden Fall erst zu einem späteren Zeitpunkt erlassen. Darüberhinaus aber steht dem Senat nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte keine weitere Prüfungskompetenz - auch nicht im Vorfragenbereich - in dieser Frage zu. Zum Prüfungsumfang des Unabhängigen Verwaltungssenates

im Rahmen der Haftprüfungs-beschwerde wird auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes verwiesen (vgl. z.B. VwGH-Erkenntnis vom 28.7.1995, Zlen.

94/02/0153,0191). Dies bedeutet, daß der verfahrensabschließende Schubhaftbescheid nicht von einer Vorfrage im Sinne des § 69 Abs 1 lit c AVG abhängig war. Eine solche würde die eigenständige Beurteilung des behaupteten Refoulementverbotes durch die Schubhaftbehörde voraussetzen. Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man den nunmehr

vorliegenden Feststellungsbescheid als neue Tatsache bzw. als neues Rechtsmittel im Sinne des § 69 Abs 1 lit b AVG betrachtet. Diese Bestimmung erfordert, daß die neuen Tatsachen oder Beweismittel bereits bei Abschluß des Haftprüfungsverfahrens schon vorhanden gewesen sind, deren Verwertung dem Beschwerdeführer aber

ohne sein Verschulden erst nachträglich möglich geworden ist (nova reperta), nicht aber, wenn es sich - wie hier - um erst nach der Entscheidung des UVS entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt.

Wollte man dem Grundgedanken des Beschwerdeführers folgen, es habe bereits im Schubhaftprüfungsverfahren das von ihm behauptete Abschiebungshindernis vorgelegen, er habe diesen Umstand jedoch ohne sein Verschulden nicht darlegen können, weil die Bundespolizeidirektion Graz erst später diese für ihn positiven Feststellungen getroffen hat, trifft man wieder auf die Grundsatzfrage der eigenständigen Prüfungskompetenz des UVS. Nachdem diese, wie

schon dargelegt, in der Frage des Refoulementverbotes verneint wird, bleibt auch hier kein Spielraum für die Wiederaufnahme eines Haftprüfungsverfahrens.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Schubhaft Wiederaufnahme Antrag auf Wiederaufnahme Wiederaufnahmegrund SchubhaftbehÖrde Prüfungsbefugnis Prüfungskompetenz Refoulementverbot Vorfrage
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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