TE UVS Steiermark 1996/04/03 30.17-29/96

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Veröffentlicht am 03.04.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Cornelia Meixner über die Berufung des Herrn A. K., wohnhaft L., D.-straße 17, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 18.12.1995, GZ.: 15.1 1995/1060, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung, wie folgt entschieden:

Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 420,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 18.12.1995 wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 23.12.1994, um 14.15 Uhr, in Graz, an der Kreuzung Lazarettgürtel - Karlauergürtel - Triesterstraße, in südlicher Richtung als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen HB 4

ZOA

a) sich auf dem Fahrstreifen für Linksabbieger eingeordnet, die Fahrt jedoch nicht im Sinne der Richtungspfeile fortgesetzt, sondern das Fahrzeug auf den Fahrstreifen für den geradeaus fahrenden Fahrstreifen gelenkt und dadurch das KFZ mit dem Kennzeichen G 35 UVB geschnitten, sodaß dieser PKW-Lenker sein Fahrzeug abbremsen bzw. ablenken mußte,

b) den Fahrstreifen gewechselt, ohne sich davon zu überzeugen, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist, und

c) die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht rechtzeitig angezeigt, wodurch sich andere Straßenbenützer auf den bevorstehenden Vorrang nicht einstellen konnten.

Wegen Übertretung der Rechtsvorschriften des § 9 Abs 6, 11 Abs 1 und 11 Abs 2 StVO wurden über den Berufungswerber Geldstrafen in der Höhe von je S 700,-- (je 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 99 Abs 3 a StVO verhängt. In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vom Berufungswerber im wesentlichen ausgeführt, daß sich die telefonische Darstellung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung durch den Zeugen M. nicht mit der schriftlichen decke.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 3.4.1996 kann nachfolgender Sachverhalt festgestellt werden:

Der Lazarettgürtel verläuft in Graz vom Bahnhof kommend in annähernd südlicher Richtung und heißt nach der annähernd rechtwinkeligen Einmündung des Karlauergürtels Triesterstraße. Dieser Gürtel weist grundsätzlich zwei Fahrstreifen auf, verbreitet sich jedoch kurz vor Einmündung des Karlauergürtels auf vier Fahrspuren, wobei zwei Fahrstreifen für den Geradeausverkehr und zwei Fahrstreifen für den Linksabbiegeverkehr in den Karlauergürtel vorgesehen sind. Am 23.10.1994 befuhr der Berufungswerber gegen 14.15 Uhr den Lazarettgürtel in Richtung Süden. Unmittelbar vor dem Kreuzungsbereich reihte er sich auf dem dritten Fahrstreifen, sohin am rechten Linksabbiegestreifen ein. Links von ihm hielt ein weiteres Fahrzeug auf dem äußersten linken Fahrstreifen und rechts von ihm der Zeuge M., sowie an diesen anschließend ein weiteres Fahrzeug am äußerst rechten Fahrstreifen. Unmittelbar nachdem das Straßensignal für den Geradeausverkehr auf grün umgeschaltet hatte, beschleunigte der Berufungswerber sein Fahrzeug, fuhr in den Kreuzungsbereich ein, nachdem er mit dem linken Räderpaar die Halte- und mit dem rechten Räderpaar die Sperrlinie überfahren hatte und schnitt wenige Zentimeter vor dem Fahrzeug des Berufungswerbers auf den rechten, zweiten Fahrstreifen, ohne die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung den anderen Straßenbenützern anzuzeigen und ohne sich zu überzeugen, daß diese Änderung der Fahrtrichtung ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich sei. Um eine Kollision zu verhindern, mußten sowohl der Zeuge M. als auch der sich auf dem äußerst rechten Fahrstreifen befindliche weitere Fahrzeuglenker abrupt abbremsen und nach rechts auslenken. Die im Fahrzeug des Zeugen mitfahrende Gattin notierte das Kennzeichen des Berufungswerbers und brachte Herr M. diesen Vorfall unmittelbar später zur Anzeige.

Diese Sachverhaltsfeststellungen konnten im Rahmen der freien Beweiswürdigung auf Grund der schlüssigen und nachvollziehbaren Aussage des Zeugen M. getroffen werden. Der Berufungswerber, der der öffentlichen mündlichen Verhandlung trotz ausgewiesener Ladung unentschuldigt ferngeblieben ist, brachte auch in seiner Berufung keine konkreten Hinweise oder Anhaltspunkte für eine wahrheitswidrige Darstellung der Zeugenaussage vor. Vielmehr behauptete er lediglich einen Widerspruch zwischen der schriftlichen und mündlichen Darstellung des Zeugen, ohne diesen Widerspruch näher zu begründen.

In rechtlicher Hinsicht ist der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständige Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 9 Abs 6 StVO haben die Lenker ihre Fahrzeuge je nach der beabsichtigten Weiterfahrt einzuordnen, wenn auf der Fahrbahn Richtungspfeile für das Einordnen zur Weiterfahrt angebracht sind. Die Lenker von Fahrzeugen müssen jedoch auch dann im Sinne der Richtungspfeile weiterfahren, wenn sie sich nicht der beabsichtigten Weiterfahrt entsprechend eingeordnet haben.

Gemäß § 11 Abs 1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges seine Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Gemäß Abs 2 dieser gesetzlichen Bestimmung hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können.

Da im Anlaßfall das Ermittlungsverfahren ergeben hat, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Tat dem Grunde nach objektiv begangen hat, bleibt nur zu prüfen, ob die über ihn verhängten Strafen schuld- und tatangemessen sind.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die Bestimmungen des § 9 StVO über das Verhalten bei Bodenmarkierungen dienen sowohl der Leitung und Ordnung des fließenden Verkehrs als auch der Verkehrssicherheit. Dadurch, daß der Berufungswerber sein Fahrzeug entsprechend der am Tatort angebrachten Richtungspfeile zur Weiterfahrt in den Karlauergürtel eingeordnet hat, jedoch nach Einfahren in den Kreuzungsbereich nicht im Sinne der Richtungspfeile weitergefahren ist, hat er gegen den Schutzzweck dieser Norm verstoßen.

Die Bestimmungen des § 11 StVO über die Änderung der Fahrtrichtung und den Wechsel des Fahrstreifens dienen sowohl der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, als auch der Verkehrssicherheit.

Dadurch, daß der Berufungswerber seinen Fahrstreifenwechsel - Überfahren der Sperrlinie zumindest mit dem rechten Räderpaar - nicht durchgeführt hat, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist und er auch diese Änderung der Fahrtrichtung nicht angezeigt hat, sodaß sich die anderen Straßenbenützer nicht auf den bevorstehenden Vorgang einstellen konnten, hat er auch gegen den Schutzzweck dieser beiden Bestimmungen verstoßen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 11 Abs 1 nicht zwingend die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 11 Abs 2 StVO nach sich zieht. Weil auch die Bestrafung wegen des einen Deliktes nicht den gesamten Unrechtsgehalt des Tatverhaltens erfassen würde, schließen die beiden strafbaren Tatbestände einander nicht aus, sodaß beide Strafen nebeneinander zu verhängen sind. Dies gilt auch für die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 9 Abs 6 StVO, da diese Übertretung ohne die konkreten Gefährdungsmomente des § 11 Abs 1 und 2 StVO begangen werden kann, sodaß im Anlaßfall alle drei Strafen nebeneinander zu verhängen waren.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Wie die belangte Behörde richtig ausführt, war im Anlaßfall erschwerend nichts und als mildernd die Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten.

Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat, sowie der bereits angeführten objektiven und subjektiven, für die Strafbemessung entscheidenden Kriterien wird die verhängte Strafe, wie sie von der Behörde erster Instanz ausgesprochen worden ist, als vertretbar angesehen, zumal sich diese bei einem Strafrahmen bis zu S 10.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall bis zu zwei Wochen Arrest) ohnehin nur in der unteren Hälfte dieses Strafbereiches bewegt. Die verhängte Strafe erscheint daher unter dem Gesichtspunkt der Erzielung spezialpräventiver Effekte, der Berufungswerber möge in Zukunft von Übertretungen derselben Art abgehalten werden, als gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 64 Abs 1 und 2 VStG, wonach als Beitrag für das Verfahren erster Instanz 10 % der verhängten Strafe und für das Berufungsverfahren weitere 20 % der verhängten Strafe zu bemessen sind.

Schlagworte
Richtungspfeile einordnen Fahrtrichtungsänderung Fahrstreifenwechsel Kumulation
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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