TE UVS Steiermark 1996/04/18 30.14-96/95

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Veröffentlicht am 18.04.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des Herrn St. J., wohnhaft in H., St., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Radkersburg, vom 14.7.1995, GZ.: 15.1 1995/190, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen.

Die Tatortumschreibung im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses wird dahingehend abgeändert, als daß sie zu lauten hat: -Sie haben am 23.12.1994, gegen 9.00 Uhr, den bei ihrem Anwesen in H. 9, St. entlang der L 206 vorbeiführenden öffentlichen Gehsteig mittels Holzschrägen abgesperrt und damit die bestimmungsgemäße Benützung des Gehsteiges durch Fußgänger behindert.-

Als übertretene Rechtsvorschrift hat § 5, als Strafbestimmung § 56 Abs 1 des Stmk. Landesstraßenverwaltungsgesetzes zu gelten. Die übrigen Spruchteile bleiben unberührt.

Hinsichtlich der verhängten Strafe wird das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abgeändert, daß über den Berufungswerber gemäß § 19 VStG eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,--, im Uneinbringlichkeitsfall 10 Stunden Ersatzarrest, verhängt wird, welche binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist. Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von S 50,--; dieser ist ebenfalls binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 23.12.1994, gegen 9.00 Uhr, den bei seinem Anwesen in H. bei St. 9 vorbeiführenden öffentlichen Gehsteig mittels Holzschrägen abgesperrt, sodaß Fußgänger,

insbesondere Schulkinder in diesem Bereich die L 206 benützen haben müssen. Hiedurch habe der Berufungswerber die Rechtsvorschrift des § 88 Abs 1 StVO verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfalle 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Betrag von S 100,-- vorgeschrieben wurde.

In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vom Berufungswerber im wesentlichen ausgeführt, ihm sei im Zuge des Ausbaues der L 206 von seinem Grundstück zuviel weggenommen worden. Er habe deshalb eine Entschädigung von S 18.800,-- erhalten. Zum Beweise für die Richtigkeit seiner Angaben legte der Berufungswerber eine Verhandlungsschrift, aufgenommen am 14.6.1995 in St./H. durch das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Rechtsabteilung 3, vor, aus der unter anderem hervorgeht, daß dem Berufungswerber eine Entschädigung für das durch infolge Näherrücken der Baumaßnahme zum Wohnhaus erforderliche Anbringung

von Schneefängern im Ausmaß von S 16.800,-- und als Entschädigung für Bewuchs der Betrag von S 2.000,-- (Gesamtentschädigung S 18.800,--) zuerkannt worden

ist.

Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von

folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 51 e Abs 2 VStG kann eine öffentliche,

mündliche Verhandlung unter anderem dann

unterbleiben, wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, vom Berufungswerber nicht ausdrücklich eine mündliche Verhandlung verlangt und der maßgebliche Sachverhalt bereits anhand der Aktenlage festzustellen ist. Alle Voraussetzungen liegen hier vor. Die Entscheidung der Berufungsbehörde konnte daher ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergehen.

Aufgrund der Aktenlage werden folgende Feststellungen getroffen:

Der Berufungswerber ist Eigentümer des Anwesens H. 9, St.. Vor dem Anwesen führt die Landesstraße 206 vorbei. Unmittelbar neben der Fahrbahn der L 206 ist auf Anwesenseite ein Gehsteig angelegt.

Am 23.12.1994 stellte der Berufungswerber gegen 9.00 Uhr auf dem an seinem Anwesen vorbeiführenden

Gehsteig auf Höhe der beiden zum Gehsteig weisenden Hauskanten je eine Holzschräge und ein Pannendreieck auf; schräg zur Hauswand lehnte er Dachlatten an. Die Holzschrägen hatten eine Länge von etwa einem Meter und verstellten zumindest zwei Drittel der Gehsteigbreite. Dieser Zustand blieb von etwa 9.00 Uhr bis 9.15 Uhr unverändert. Der Berufungswerber war trotz Aufforderung des Sicherheitswachebeamten nicht bereit, die Sperre zu beseitigen. Erst nach einem anschließenden Telefonat mit Frau Dr. M., der stellvertretenden Bürgermeisterin von Straden, entfernte der Berufungswerber die Holzschrägen vom öffentlichen Gehsteig.

Diese Feststellungen gründen sich auf die glaubwürdige

und unbedenkliche Aussage des Sicherheitswachebeamten vor der belangten Behörde und auf die Angaben des Berufungswerbers im Verfahren (Niederschrift vom 6. 4. 1995), der nicht bestritten hat, am 23.12.1994 Holzschrägen auf den vor seinem

Anwesen vorbeiführenden Gehsteig aufgestellt zu haben. Ob der Berufungswerber damit den Gehsteig vollständig oder nur teilweise abgesperrt hat, mag dahingestellt bleiben, zumal dieser Umstand für die Beurteilung des hier vorliegenden Sachverhaltes nicht entscheidungsrelevant war.

Die rechtliche Beurteilung ergibt folgendes:

Gemäß § 5 Stmk. LandesstraßenverwaltungsG 1994 ist

die bestimmungsgemäße Benützung einer öffentlichen Straße zum Verkehr jedermann gestattet und darf von niemandem eigenmächtig behindert werden. Wer gegen

diese Bestimmung verstößt begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 56 des zitierten Gesetzes von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen, zu bestrafen.

Die Landesstraße 206 ist eine öffentliche Straße im Sinne des Stmk. LandesstraßenverwaltungsG 1964. Unter der Bezeichnung -Straße- versteht man nicht nur die Fahrbahn, sondern auch sämtliche bauliche

Nebenanlagen, wie z.B. Gehsteige, Gehwege,

Böschungen, Straßengräben, Haltestellenbuchten und

im Zuge von öffentlichen Straßen und Plätzen angelegte

Parkplätze.

Der Berufungswerber hat gegen die oben zitierte Bestimmung des § 5 des Stmk.

LandesstraßenverwaltungsG verstoßen, indem er - wenn auch nur für kurze Zeit - zwei Holzschrägen auf dem öffentlichen Gehsteig vor seinem Anwesen aufgestellt und dadurch die bestimmungsgemäße Benützung des

öffentlichen Gehsteiges zum Fußgängerverkehr behindert hat. Verkehrsbehinderndes Verhalten liegt nicht erst dann vor, wenn tatsächlich eine Behinderung des Fußgängerverkehrs eingetreten ist, sondern bereits

dann, wenn das Verhalten nach den Umständen geeignet war, Fußgänger zu behindern. Dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen, nachdem durch die aufgestellten Holzschrägen der Großteil der Gehsteigbreite verstellt war. Für eine Bestrafung nach der oben zitierten Gesetzesstelle ist es nicht erforderlich, daß die Gehsteigbreite zur Gänze abgesperrt und Fußgänger am Passieren des Teilstückes vor dem Anwesen H. 9

gehindert worden wären.

Da sohin feststeht, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung objektiv begangen hat, bleibt noch zu prüfen, ob die verhängte Strafe schuld- und tatangemessen ist.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die vom Berufungswerber übertretene Rechtsvorschrift soll sicherstellen, daß der Gemeingebrauch von öffentlichen Straßen und Nebenanlagen von niemandem eigenmächtig behindert wird. Indem der Berufungswerber den vor seinem Anwesen vorbeiführenden öffentlichen Gehsteig durch zwei Holzschrägen verstellt hat, hat er gegen den Schutzzweck dieser Norm verstoßen.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß

anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Sinne dieser Gesetzesstelle hat die Berufungsbehörde als mildernd die Unbescholtenheit des Berufungswerbers, als erschwerend nichts gewertet. Die Strafhöhe war auf das neu festgesetzte Strafausmaß herabzusetzen, weil die Behinderung der Benützung des Gehsteiges nur für eine kurze Zeit bestand und im Akt auch keine Anhaltspunkte dafür zu finden waren, die als Folgen der Tat, etwa eine tatsächliche Behinderung

durch vorbeigehende Fußgänger, zu erwähnen wären.

Von der Verhängung einer Geldstrafe war dennoch nicht

abzusehen, da das Verschulden des Berufungswerbers

nicht als geringfügig im Sinne der Bestimmung des § 21 VStG zu erachten ist. Dem Berufungsvorbringen und den beigelegten Unterlagen ist herauszulesen, daß sich der Berufungswerber im Zuge der stattgefundenen Straßenverbreiterung der L 206 im Bereich des Anwesens H. Nr. 9 nicht richtig behandelt gefühlt hat. Ein subjektives Empfinden, sei es objektiv berechtigt oder nicht, kann keinen akzeptierbaren Grund dafür abgeben,

eigenmächtig Holzschrägen auf einen öffentlichen Gehsteig aufzustellen. Die Rechtfertigung des Berufungswerbers im erstinstanzlichen Verfahren, er habe die Holzschrägen nur deshalb am Gehsteig aufgestellt, um vorbeikommende Fußgänger vor

eventuellen Dachlawinen zu warnen, kann nicht als schuldmindernd gewertet werden. Dieser Zweck hätte

auch mit anderen, den Fußgängerverkehr nicht behindernden Mitteln verfolgt werden können. Wesentlich für die Beurteilung der Verschuldensfrage war aber vor allem der Umstand, daß der Berufungswerber selbst zu erkennen gegeben hat, sich nicht sicher gewesen zu

sein, ob sein beabsichtigtes Vorgehen gesetzmäßig ist. Seinen Angaben zufolge (vgl. Niederschrift vom 6.4.1995) hat er sich bei der Bürgermeisterstellvertreterin, Dr. M., am 23.12.1994 vor dem Aufstellen der Holzschrägen darüber erkundigen wollen, ob dies zulässig sei. Ohne ihre endgültige Antwort abzuwarten, hat er die Holzschrägen aufgestellt und sie erst nach einem neueren Telefonat mit Frau Dr. M. entfernt. Damit hat er zumindest grob fahrlässig, wenn nicht sogar bedingt vorsätzlich gehandelt, in dem er die Verletzung einer Verwaltungsvorschrift für möglich gehalten, sie aber in Kauf genommen hat.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen von S 18.000,--, sorgepflichtig für die Gattin, Liegenschaften) wurden bei der Strafbemessung berücksichtigt; sie waren für sich nicht geeignet, weiter strafherabsetzend zu wirken. Der Spruchinhalt des bekämpften Straferkenntnisses war wie erfolgt abzuändern: Die belangte Behörde hat ein als Verwaltungsübertretung anzusehendes Verhalten verfolgt und dem Berufungswerber alle für eine Bestrafung nach § 5 Stmk. LStVG erforderlichen Tatbestandselemente (Behinderung der Benützung eines öffentlichen Gehsteiges) rechtzeitig innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgehalten. Als verletzte Rechtsvorschrift hat die Behörde irrtümlich den § 88 Abs 1 StVO im Bescheid angeführt. Die Tat war jedoch der Vorschrift des § 5 Stmk. LStVG zu unterstellen und dem entsprechend nach der Bestimmung des § 56 leg cit zu bestrafen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Landesstraße Gehsteig Behinderung Absperrung bestimmungsgemäße Benützung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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