TE UVS Niederösterreich 1996/05/13 Senat-MD-95-544

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Veröffentlicht am 13.05.1996
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), idgF dahingehend Folge gegeben, als

1. die zu dem Punkt I je Arbeitnehmer verhängten

Geldstrafen von je S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle je 1 Tag) auf je S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle von jeweils 18 Stunden) herabgesetzt werden.

 

Der Berufungswerber hat somit gemäß §64 VStG idgF insgesamt S 280,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz binnen zwei Wochen genauso wie den Strafbetrag in der Höhe von insgesamt S 2.800,-- zu zahlen (§59 Abs2 AVG).

 

2. Der Berufung wird bezüglich des Punktes II gemäß §66 Abs4 AVG dahingehend Folge gegeben, als das erstinstanzliche Straferkenntnis in diesem Punkt aufgehoben und dahingehend gemäß §45 Abs1 Z1 VStG idgF die Einstellung des Verfahrens verfügt wird.

 

Des weiteren wird der Spruch des Straferkenntnisses gemäß §66 Abs4 AVG dahingehend abgeändert, als der erste Satz zu lauten hat wie folgt:

"Sie sind als Filialinspektor und damit als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gemäß §9 VStG iVm §23 Abs1 und 2 ArbIG der Firma B**** AG mit dem Sitz in W* N****** dafür verantwortlich, daß ...."

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 24.03.1995, Zl 3-*****-93 wurden über den Beschuldigten F R in seiner Eigenschaft als Filialinspektor der Firma B**** AG wegen Übertretungen der Bestimmungen der §§9 und 26 AZG Geldstrafen in der Höhe von insgesamt S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen im Gesamtausmaß von 5 Tagen) gemäß §28 Abs1 legcit verhängt.

 

Angelastet wurde ihm, dafür verantwortlich zu sein, daß bei den im Spruch des Straferkenntnisses ausreichend konkretisiert angegebenen Arbeitnehmern in verfahrensgegenständlicher spruchgenannter B****-Filiale in M*********** einerseits das gesetzlich höchstzulässige Ausmaß an täglicher Arbeitszeit überschritten wurde und andererseits Arbeitszeitaufzeichnungen vom 30.06.1993 unrichtig gewesen wären.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung und wurde inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendbarkeit der Bestimmungen nach dem ArbIG geäußert, der Strafausspruch bekämpft und die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses, Einstellung des Strafverfahrens und in eventu Herabsetzung der verhängten Strafen beantragt.

 

Im Rahmen des erteilten Parteiengehörs hat das am Verfahren mitbeteiligte Arbeitsinspektorat nach Kenntnis des Vorbringens in der Berufung den gestellten Strafantrag offenbar vollinhaltlich - so wie dies aus der Textierung der Stellungnahme erkennbar ist - aufrecht gehalten.

 

In der am 21.02.1996 am Sitz der Bezirkshauptmannschaft xx durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung schränkte der Beschuldigtenvertreter seine Berufungsausführungen hinsichtlich des Punktes I ausschließlich auf eine Strafhöhenberufung ein und brachte zu Punkt II ergänzend vor, daß unbestrittenerweise Arbeitszeitaufzeichnungen zeitnah zu führen seien, damit jedoch nicht die gleichzeitige Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen von diesem Begriff umfaßt sei.

 

Dahingehend beantrage er die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses.

 

Der Vertreter des Arbeitsinspektorates äußerte hinsichtlich einer allfälligen geringfügigen Herabsetzung der jeweiligen Strafhöhen zu Punkt I des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft xx keinerlei Einwände und pflichtete den Rechtsausführungen des Beschuldigtenvertreters zu Punkt II bei.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat daher erwogen wie folgt:

 

So sich vorliegendes Rechtsmittel gegen die Bestrafung gemäß §26 AZG unter Punkt II des Straferkenntnisses der BH xx richtet, ist der Berufungswerber im Recht.

 

Von den Parteien unbestritten steht fest, daß Arbeitszeitaufzeichnungen zeitnah geführt werden müssen und aus dem Nachweis der zeitlichen Lagerung von Arbeitszeiten hervorzugehen hat, an welchem Tag, zu welcher Stunde der einzelne Arbeitnehmer Arbeitsstunden erbracht hat.

 

Dieser gesetzlich normierte Begriff der zeitnahen Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen darf jedoch nicht so restriktiv interpretiert werden, daß diese Tatanlastung die Pflicht zur gleichzeitigen Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen inkludiert.

 

Wenn der spruchgenannte Arbeitnehmer während der eingetragenen Ruhepause bei Arbeiten angetroffen wurde, ist dieser Umstand des Vorwurfes der Verletzung nach §26 AZG ohne Nachkontrolle am zumindest nächsten Werktag unzulässig.

 

Somit war der Berufung in diesem Punkt vollinhaltlich stattzugeben und in diesem Umfange der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides der BH xx aufzuheben.

 

Bezüglich des Spruchpunktes I war vorliegendes Rechtsmittel im Hinblick auf das eindeutige modifizierte Berufungsvorbringen des Beschuldigtenvertreters ausschließlich als Strafhöhenberufung zu werten, da sich dieses alleinig gegen die Höhe der Strafen in Punkt I richtet und die angelasteten Sachverhalte unbestritten bleiben.

 

Von obigen Erwägungen ausgehend ist festzuhalten, daß der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses in Punkt I damit in Rechtskraft erwachsen und die angelasteten Taten bzw Unterlassungen als erwiesen anzusehen sind.

 

Verfahrensgegenständliches Rechtsmittel erweist sich dahingehend als berechtigt.

 

Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz hat vorliegendenfalls für die als erwiesen anzusehenden Übertretungen Geldstrafen verhängt, die je Delikt im unterdurchschnittlichen Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegen.

 

Seitens der Erstinstanz wurden weder erschwerende noch mildernde Gründe der Strafzumessung zugrundegelegt.

 

Unter Berücksichtigung der in §19 VStG normierten Strafzumessungsgründe erscheint das nunmehrig neu festgesetzte Ausmaß der verhängten Geldstrafen je Delikt sowohl schuld- als auch tatangemessen und in Hinblick auf die bekanntgegebenen als durchschnittlich anzusehenden finanziellen Verhältnisse in der Person des Einschreiters als durchaus persönlichkeitsadäquat und sachlich gerechtfertigt differenziert festgesetzt.

 

Die weitergehendere Herabsetzung des Strafausmaßes ist sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen nicht angezeigt und steht die Höhe der je Tat verhängten Geldstrafen im Einklang mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ, welche Übertretungen, die die höchstpersönlichen Rechte von Arbeitnehmern, wie bspw Leben, Gesundheit und ausreichende Freizeit gefährden, einen nicht unbeträchtlichen Unrechtsgehalt beimessen.

 

Die Höhe dieses Strafausspruches entspricht auch vollinhaltlich den Intentionen des Gesetzgebers und berücksichtigt die Begehung der Taten in der Schuldform der Fahrlässigkeit.

 

Seitens des erkennenden Senates wurde der Umstand berücksichtigt, daß einerseits die dem Beschuldigten zur Last gelegten Übertretungen nur an einem Tag erfolgt sind, er durch sein Berufungsvorbringen sich doch schuldeinsichtig zeigte und an der Feststellung des verfahrensrelevanten Sachverhaltes nicht unerheblich mitgewirkt hat und aufgrund der aktuellen Vorstrafenabfrage, die keine verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Täters aufwies, eine Übertretung nach dem AZG ersichtlich ist, die allerdings schon rund 5 Jahre zurückliegt und der Einschreiter sich in der Zwischenzeit offenbar wohlverhalten hat.

 

Gleichfalls wurde gewertet, daß die Arbeitszeitüberschreitung je Arbeitnehmer am 23.06.1993 nicht geringfügig war und eben mehrere Dienstnehmer von der Übertretung des §9 AZG betroffen waren.

 

Diese Umstände stehen einer weitreichenderen Herabsetzung der verhängten Geldstrafen zu Punkt I entgegen und war spruchgemäß zu entscheiden, wobei sich der Ausspruch über die Kosten auf die spruchbezogenen Gesetzesstellen gründet.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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