TE UVS Wien 1996/05/15 02/12/72/95

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Veröffentlicht am 15.05.1996
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VwGH-Beschwerde anhängig Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Kurzmann über die Beschwerde gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG, wegen Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ("Wegweisung ohne taugliche Rechtsgrundlage"), des Herrn Rechtsanwalts Dkfm DDr Gerhard G entschieden:

Die Beschwerde wird gemäß § 67c Abs 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (Bundespolizeidirektion Wien) Kosten in der Höhe von S 3.365,-- binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

In seiner mit Schriftsatz vom 15.11.1995 eingebrachten Beschwerde, beantragt der Beschwerdeführer

"1. festzustellen, daß die Wegweisung und die Erweckung des Eindrucks von Voreingenommenheit am 4.10.1995 rechtswidrig waren und der Beschwerdeführer durch diese Amtshandlungen in den in dieser Beschwerde geltend gemachten einfachgesetzlichen und verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden ist;

2.

eine mündliche Verhandlung anzuberaumen;

3.

den Beschwerdeführer zu dieser Verhandlung zu laden;

4.

Peter A, A-Gasse, Wien als Zeuge zu der mündlichen Verhandlung zu laden;

 5. hinsichtlich der gerügten Verletzung der Richtlinienverordnung gemäß § 89 Abs 1 SPG vorzugehen;

 6. den Bund zum Kostenersatz zu verhalten."

Begründend führt der Beschwerdeführer folgendes wörtlich aus:

"Am 4.10.1995 gegen 22.00/23.00 betraten drei uniformierte SWBe (zwei Männer und eine Frau) das Lokal "A" in Wien, S-gasse, ohne vorher um Erlaubnis eingekommen zu sein, ohne vorher mit dem Betriebsführer Kontakt aufgenommen zu haben.

Die SWBen durchsuchten das Lokal und führten an den anwesenden Gästen Personenkontrollen, inkl Identitätsfeststellung und Personsdurchsuchung, durch.

Der Betriebsführer verständigte den Bf, welcher den SWBen mit der Dienstnummer 43 ob seines Tuns befragte. Dieser erteilte daraufhin die Auskunft: Suche nach Suchtgift im Lokal selbst als auch an den darin anwesenden Personen.

Der Bf fragte den SWBen (43) daraufhin, ob jene Person, deren Identität er soeben feststellte, und deren Ausweis er in Händen halte einem konkreten Verdacht unterliege, und zwar sowohl nach Art als auch Menge des Suchtgiftes.

Der SWBe gab darauf keine Antwort sondern reagierte mit einer abfälligen Handbewegung und meinte: "Machen Sie was Sie wollen. Das ist alles uninteressant".

Mit sarkastischem Lächeln, das auch den umstehenden Personen erkennbar war, forderte er den Bf auf, das Lokal zu verlassen, obwohl dieser sich ordnungsgemäß als Parteienvertreter ausgewiesen hatte. Der Bf kam dieser Aufforderung nicht nach.

Der Bf hat sich daraufhin vom SWBen (43) entfernt, um den Präsenzoffizier zu verständigen, worauf die drei SWBen den Ort verließen, um vor dem Lokal ausgiebig Strafzettel zu verteilen. Vor Verlassen des Lokals führte der weibliche SWBe in der zweiten Loge, vom Eingang aus gesehen, eine Personenkontrolle an einem österreichischen Staatsbürger durch, der aufforderungsgemäß seinen Personalausweis vorzeigte.

Nach Abschluß der Kontrolle erfragte der Gast, ob er sich nunmehr entfernen dürfe, worauf die SWBin mit den Worten reagierte: "Und du, putz di!".

Der Wegweisung des Bfs durch den SWBen ging kein Verwaltungsverfahren voraus, sie erging auch nicht in Vollstreckung eines Bescheides oder einer Gerichtsentscheidung. Die im Befehlston vorgebrachte Wegweisung durch ein bewaffnetes und uniformiertes Organ der mit dem Gewaltmonopol ausgestatteten Staatsmacht stellt daher eine Maßnahme unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt dar, gegen die die Einbringung eines administrativen Rechtsmittels nicht in Frage kommt. Diese Maßnahme kann daher mit Beschwerde nach Art 129a Abs 1 Zif 2 B-VG bekämpft werden (VSlg 6101, 8131, 8414).

Für die Wegweisung des Bfs gibt es keine Rechtsgrundlage. Sie erfolgte gesetzlos.

Der Bf wurde sohin in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Nichtwegweisung bei Fehlen von entsprechenden gesetzlichen Ermächtigungen für die Sicherheitsbehörde sowie in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Zusatzprotokoll zur EMRK) verletzt."

Die Bundespolizeidirektion Wien als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie ausführt, daß in dem besagten Lokal in Wien, S-gasse, eine Überprüfung einiger Personen wegen Verdachtes des Suchtgifthandels durchgeführt worden sei. Während der Amtshandlung habe sich eine Person bei RevI W 14 über den Grund der Amtshandlung erkundigt und eine Beschwerde in Aussicht gestellt. Der Beamte habe dieser Person den Grund der Anwesenheit der Sicherheitswachebeamten erklärt und dieser Person auch eine Visitenkarte ausgefolgt. Diese Person sei nicht aufgefordert worden, sich zu legitimieren und auch nicht aufgefordert worden sich zu entfernen. Die Anwesenheit des Beschwerdeführers in dem genannten Lokal während der bezeichneten Amtshandlung werde von der belangten Behörde nicht außer Streit gestellt. Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung der Gegenschrift ergäbe, sei der Beschwerdeführer weder weggewiesen, noch ihm gegenüber Aussagen getätigt oder ein Verhalten gesetzt worden, welche dem Art 3 MRK widerspräche. Im übrigen werde ausgeführt, daß unangemessene Ausdrucksweisen oder Beschimpfungen durch Beamte, selbst wenn diese vorgekommen wären, nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellen (unter anderem VfGH vom 29.9.1992, B 590/89). Die belangte Behörde stellt daher den Antrag die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen und beantragt Kostenersatz.

Der Gegenschrift ist eine Aufstellung über die Identität der im gegenständlichen Lokal perlustrierten Personen angeschlossen. Der Beschwerdeführer selbst befindet sich nicht darunter. Auf Vorhalt des Inhalts der Gegenschrift, reagierte der Beschwerdeführer insofern, als er darauf hinweist, daß das Beweisverfahren die Bestreitung der belangten Behörde widerlegen werde und er halte daher die bereits gestellten Anträge unverändert aufrecht.

Hinsichtlich der unter Punkt 6. gerügter Verletzung der Richtlinienverordnung, wurde das Verfahren gemäß § 89 Abs 1 SPG eingeleitet und der belangten Behörde die diesbezüglichen Unterlagen übermittelt. Gegenstand der nunmehrigen Entscheidung ist alleine der Punkt 1. des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages.

Dazu wird ausgeführt:

Gemäß § 67a Abs 1 Zif 2 iVm § 67c AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Darunter ist nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes eine solche Amtshandlung zu verstehen, deren behördliches Handeln im Rahmen der der Behörde zuständigen Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, der in irgendeiner Form eine rechtsfeststellende oder rechtserzeugende Wirkung beigemessen werden kann und bei der es sich um einen gegen eine individuell bestimmte Person gerichteten Verwaltungsakt und somit um eine Amtshandlung individuellen normativen Inhaltes handelt (vgl etwa VfSlG 7346). Darüberhinaus muß es sich um einen verwaltungsbehördlichen Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch an den Beschwerdeführer handeln, der erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durchgesetzt worden wäre (VfSlG 8327; vgl auch zB VwSlG 9439A oder Beschluß des VwGH vom 30.9.1986, Zlen 86/04/0144-0149).

Ohne auf die widerstreitenden Sachverhaltsdarstellungen des Beschwerdeschriftsatzes und der Gegenschrift der belangten Behörde einzugehen, was die Aufforderung zum Verlassen des Lokals betrifft, gibt der Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vorbringen an, daß er der allfällig ergangenen Aufforderung zum Verlassen des Lokals nicht nachgekommen ist. Der Beschwerdeführer habe dann aber selbständig das Lokal verlassen um den Permanenzoffizier (vom Beschwerdeführer bezeichnet als Präsenzoffizier) zu verständigen. Darüberhinaus ist die Darstellung des Beschwerdeführers insofern nicht nachvollziehbar, als der Sicherheitswachebeamte, bevor er den Beschwerdeführer aufgefordert hätte das Lokal zu verlassen, der Beschwerdeführer wissen wollte was hier vorgehe, die Antwort bekommen haben soll: "Machen Sie was Sie wollen. Das ist alles uninteressant!" Daher ist aufgrund dieser wörtlich wiedergegebenen Antwort nicht nachvollziehbar bzw höchst unwahrscheinlich, daß der Sicherheitswachebeamte dann mit der Aufforderung zum Verlassen des Lokales vorgegangen ist.

Wie der Beschwerdeführer selbst angibt, wurde er nicht unter Anwendung von Gewalt aus dem Lokal verschafft, sondern hat sich selbst aus dem Lokal entfernt. Es ist der Beschwerde kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer unmittelbaren Zwang zu gewertigen gehabt hätte, wenn er das Lokal nicht verlassen hätte. Dem vom Beschwerdeführer dargestellten Sachverhalt fehlt somit der Befehls- und Zwangscharakter. Eine Drohung mit Anwendung von Zwangsmaßnahmen bei Nichtbefolgung der allfällig ergangenen Aufforderung zum Verlassen des Lokals durch den Sicherheitswachebeamten, wurde nichteinmal vom Beschwerdeführer behauptet.

Die Beschwerde war daher mangels Vorliegens einer Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 67c Abs 3 und § 67d Abs 1 AVG ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zurückzuweisen. Der Kostenzuspruch an die belangte Behörde gründet sich auf § 79a AVG und die hiezu ergangene Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze für den Schriftsatz - und den Verhandlungsaufwand im Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Aufwandersatzverordnung UVS), BGBl Nr 855 vom 22.12.1995. Demnach war der belangten Behörde als obsiegenden Partei entsprechend dem Kostenantrag, Schriftsatzaufwand in der Höhe von S 2.800,-- und Vorlageaufwand in der Höhe von S 565,--, insgesamt S 3.365,-- zuzusprechen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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