TE UVS Wien 1996/05/22 04/G/21/235/96

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Veröffentlicht am 22.05.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung des Herrn Mile P, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 17. Bezirk, vom 23.3.1996, Zl MBA 17 - S 121/96, wegen Übertretung des § 367 Ziffer 1 Gewerbeordnung 1994 entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 600,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 17. Bezirk, vom 23.3.1996, MBA 17 - S 121/96 enthält folgenden Spruch:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener (§ 9 Abs 1 VStG) der P-GesmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft das Fleischergewerbe im Standort

Wien, G-gasse, nach dem am 22.2.1995 erfolgten Ausscheiden des bisherigen Geschäftsführers von 23.8.1995 bis 4.1.1996, ausgeübt hat, ohne die Anzeige über die Bestellung eines dem § 39 Abs 2 GewO 1994 entsprechenden (neuen) Geschäftsführers erstattet zu haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 367 Ziffer 1 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 3.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1994.

Ferner haben sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 300,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 3.300,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 VStG).

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, in welcher dieser im wesentlichen vorbringt, daß er das Fleischergewerbe nicht ausübe, da er es als ruhend gemeldet habe. Daher sei es auch nicht notwendig gewesen, einen neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen. Er habe die Spanferkel nie roh verkauft, sondern nur gebraten. Er habe sie in der Imbißstube serviert oder sie wurden auf Bestellung gemacht und von den Kunden abgeholt. Der Großteil des Umsatzes der verkauften Portionen sei in der Imbißstube gemacht worden. Der kleinere Teil mit dem Verkauf der ganzen Spanferkel. Diese Aufteilung sei so, über das ganze Jahr betrachtend, gewesen, lediglich zu Feiertagen wie zB zu Weihnachten oder zu Ostern könne es vorkommen, daß der Eindruck entsteht, daß er sein Hauptgeschäft damit mache, daß er die ganzen Spanferkel und Lämmer verkaufe. Über das Jahr gesehen sei dies aber nicht so. Zum Nachweis, daß im Lokal mehr Geschäft gemacht werde, als mit dem Verkauf der ganzen Spanferkel, legte der Berufungswerber eine Bestätigung des Steuerberaters Mag Dr Norbert C vor, wonach dieser bestätigte, daß im Betrieb des Berufungswerbers mehr als 71% der Umsätze im Lokal selbst erzielt werden. Die Umsatzrelation stimme ausnahmsweise nicht bei bestimmten Feiertagen im Jahr. Gesamt gesehen werde aber auch an allen Feiertagen im Jahr mehr als 71% Lokalumsatz erzielt. Der Berufungswerber bringt weiters noch vor, daß das Lokal der ehemaligen Fleischerei in die Betriebsanlagengenehmigung einbezogen werde, und neben der Imbißstube, im Lokal der ehemaligen Fleischerei, das Gastgewerbe in der Betriebsart "Lieferküche" angemeldet werde.

Die Berufung ist unbegründet:

Gemäß § 9 Abs 1 GewO 1994 (GewO) können juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts (offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§ 39 und 40) bestellt haben.

Gemäß § 39 Abs 4 GewO hat der Gewerbeinhaber die Bestellung und das Ausscheiden des Geschäftsführers der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen.

Gemäß § 367 Ziffer 1 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs 2 oder 3 oder gemäß § 9 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers oder Pächters ein Anmeldungsgewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs 4 oder § 40 Abs 4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs 2 entsprechenden Geschäftsführers oder gemäß § 40 Abs 2 über die Übertragung der Ausübung dieses Anmeldungsgewerbes an einem Pächter erstattet zu haben. Die P-GmbH, Standort Wien, G-gasse, ist auf Grund RZ 9762 für das Fleischergewerbe und RZ 7964/K/16 für das Gastgewerbe in Form einer Imbißstube berechtigt. Unbestritten steht fest, daß der gewerberechtliche Geschäftsführer des Fleischergewerbes, Herr Leopold S, mit Wirkung vom 22.2.1995 aus seiner Funktion ausgeschieden ist (MBA 17 - GH 1257/95).

Eine Revision vom 4.1.1996 im Lokal in Wien, G-gasse erbrachte folgendes Ergebnis, welches in der Anzeige wie folgt festgehalten wird:

"Zwar ist die Eingangstür des Fleischerlokales versperrt, jedoch die danebenliegende Imbißstube stets geöffnet. Hr P gab an, daß die Firma das Fleischergewerbe gar nicht ausübe, sondern die Fleischbe- und -verarbeitung im Rahmen der Imbißstube erfolge. Er gab aber auch an, daß die fertig gegrillten Schweine und Lämmer als ganze Tiere von den Kunden abgeholt würden.

Nach ha Ansicht wird dadurch das Fleischergewerbe tatsächlich ausgeübt, da die Fleischbearbeitung den Rahmen der Imbißstube bei weitem übersteigt.

Im Fleischerbetrieb lagen in einer Kühlvitrine ca 40 bis 50 ganze Spanferkel, es standen auch fertig gegrillte Spanferkel auf Holzspießen umher.

Es wurden sogar Lieferpapiere des Schlachthofes G in K vorgelegt:

Lieferschein Nr 30 vom 3.1.1996 über 24 Ferkel = 392kg.

Rechnung Nr 8580 vom 26.12.1995 über 47 Ferkel = 983,5 kg".

Im erstinstanzlichen Verfahren gab die Landesinnung Wien der Fleischer im wesentlichen folgende Stellungnahme ab:

"Unter Bezugnahme auf die gegenständliche Aufforderung zur Stellungnahme vom 30.1.1996 vertritt die Innung den Standpunkt, daß das Vorbringen des Beschuldigten in krassem Widerspruch zu dem vom Revisionsorgan erhobenen Sachverhalt steht und daß aus letzterem eindeutig hervorgeht, daß sehr wohl neben dem Gast- und Schankgewerbe auch Tätigkeiten des Fleischergewerbes ausgeübt werden, worauf sowohl die in den Lieferpapieren angeführten Mengen hinweisen, als auch die vom Beschuldigten zugegebene Tatsache, daß fertig gegrillte Schweine und Lämmer im ganzen von den Kunden abgeholt werden. Auch die vom Revisionsorgan festgestellten in der Kühlvitrine befindlichen Spanferkel lassen eindeutig den Schluß zu, daß hier in unzulässiger Weise die Befugnisse des Gastgewerbes überschritten bzw zweifellos das Fleischergewerbe ausgeübt wird". Die Fachgruppe Gastronomie Wien gab am 14.2.1996 folgende Stellungnahme ab (auszugsweise):

"Im Gastgewerbe werden bekanntlich Dienstleistungen und Erzeugungsleistungen erbracht. Dem System der Gewerbeordnung entsprechend bleibt unerwähnt, daß ein Gastgewerbetreibender Lebensmittel und Speisen herstellen, alle Vor- und Vollendungsarbeiten durchführen kann, um seine Waren (Speisen) absatzfähig zu machen. So ist der Gastgewerbetreibende etwa auch zur Hausschlachtung befugt und könnte allenfalls Getränke selbst herstellen, er kann für seine Beherbergungsgäste Sauna oder Schwimmbad bereitstellen und vieles andere mehr.

Von den Grundfunktionen bzw Hauptrechten des Gastgewerbes, wie die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken, sind die sogenannten Nebenrechte zu unterscheiden.

Gastgewerbetreibende mit einer Berechtigung nach § 142 Abs 1 Ziffer 2 GewO 1994, das ist die Verabreichung von Speisen jeder Art und Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen, sind im Nebenrecht auch zum Verkauf von nichtangerichteten kalten Speisen, von halbfertigen Speisen und von Lebensmitteln, die in diesem Betrieb verwendet werden, berechtigt.

Ein Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart einer Imbißstube, sowie im gegenständlichen Fall, verfügt über eine Ausübungsberechtigung gemäß § 142 Abs 1 Ziffer 2. Eine straßenseitige Schaustellung der oben bezeichneten Waren ist hier nicht verboten.

Bei der Ausübung der Nebenrechte ist der Gastwirt, sowie alle Gewerbetreibenden, welche Nebenrechte zu ihren Stammberechtigungen ausüben, an eine wesentliche Einschränkung gebunden. Bei Ausübung der Nebenrechte muß nämlich der Charakter des Betriebes als Gastgewerbebetrieb gewahrt bleiben, und es dürfen keine zusätzlichen Hilfskräfte und zusätzliche Räumlichkeiten verwendet werden.

Wenn nun bei der Begehung durch die Behördenvertreter der MA 59 festgestellt wurde, daß die 40 bis 50 Spanferkel in der Kühlvitrine im Fleischerbetrieb aufbewahrt wurden, so ist die letzterwähnte Einschränkung verletzt. Ob darüberhinaus die Lagerung von einer derart großen Anzahl von Spanferkel den Umfang des Imbißstubenbetriebes übersteigt, kann von der gefertigten Fachgruppe nicht festgestellt werden".

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien schließt sich der Meinung der Erstbehörde an, daß insbesondere auf Grund der am Tag der Revision vorgefundenen 40 bis 50 ganzen Spanferkel im Fleischereibetrieb und an Hand der Lieferscheine davon ausgegangen werden kann, daß das Fleischergewerbe ausgeübt wurde. Der Berufungswerber gibt selbst zu, daß nicht sämtliche Spanferkel zur Zubereitung von Imbissen verarbeitet werden, sondern auch an Kundschaften gebratene, ganze Spanferkel verkauft werden. Hiebei ist es bei der in Rede gezogenen Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung unerheblich, wieviel Umsatz auf das Fleischergewerbe und wieviel Umsatz auf das Gastgewerbe (Imbißstube) entfällt. Da der Verkauf von ganzen Spanferkeln weder als Verabreichung von Speisen noch als Verkauf von (halbfertigen) Speisen angesehen werden kann, übersteigt die Fleischbearbeitung den Rahmen der Imbißstube bei weitem und ist davon auszugehen daß das Fleischergewerbe tatsächlich ausgeübt wurde.

Der Berufung war daher in der Schuldfrage keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich zu bestätigen.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Die Ausübung eines Anmeldungsgewerbes durch eine juristische Person, ohne daß die Anzeige über die Bestellung eines entsprechenden Geschäftsführers oder Pächters (§ 39 und 40) erstattet wurde, verhindert, daß die Behörde direkt und ohne Schwierigkeiten auf die für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortliche (physische) Person greifen kann, sodaß der objektive Unrechtsgehalt im gegenständlichen Falle, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als gering anzusehen ist.

Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt dem Berufungswerber nicht mehr zugute. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu S 30.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen, ist die verhängte Geldstrafe, selbst bei unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen, Vermögenslosigkeit und dem Bestehen von gesetzlichen Sorgepflichten, im Hinblick darauf, daß im Verfahren keine besonderen Milderungsgründe hervorgetreten sind und daß die Strafe nur ein Zehntel der Höchststrafe beträgt, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, obzwar die Erstbehörde bei der Strafbemessung das Vorliegen von fünf Verwaltungsübertretungen als erschwerend wertete, welche aber nicht auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen.

Eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe kam daher nicht in Betracht.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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