TE UVS Wien 1996/05/31 04/G/35/722/95

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Veröffentlicht am 31.05.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Schwächter über die Berufung der Frau Andrea H, vertreten durch Notar, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk, vom 3.11.1995, Zl MBA 2

 

- S 4401/95, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß nach der Wortfolge "als persönlich haftende Gesellschafterin und somit als" das Zitat "gemäß § 9 Abs 1 VStG" eingefügt wird.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG wird der Berufungswerberin daher ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind S 200,--, auferlegt.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin zur

 

Last gelegt, sie habe es als persönlich haftende Gesellschafterin und

 

somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der H & Co OEG mit Sitz in Wien zu verantworten, daß diese am 20.4.1995, um 09.30 Uhr, im Standort Wien, T-straße, durch Ausschank von alkoholischen und alkoholfreien Getränken sowie Verabreichung von warmen und kalten

 

Speisen das Gastgewerbe in der Betriebsart Espresso ausgeübt habe, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Dadurch habe sie § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 iVm § 9 VStG 1991 verletzt, weswegen über sie gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz leg cit eine Geldstrafe von S 1.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und ihr

 

ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von S 100,-- auferlegt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der die Berufungswerberin ausführt, daß jener Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk, vom 6.7.1995, Zl MBA 2-G-G 1929/95, mit welchem gemäß § 340 Abs 7 GewO 1994 festgestellt worden sei, daß für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes "Gastgewerbe in der Betriebsart eines Espressos mit den Berechtigungen nach § 142 Abs 1 Z 2 bis 4 GewO 1994" die gesetzlichen

 

Voraussetzungen nicht vorliegen und die Ausübung des Gewerbes untersagt werde, zum Zeitpunkt der Erlassung "der Bescheide vom 5.5. bzw 11.5.1995" (gemeint: die im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren gegen die Berufungswerberin ergangene Strafverfügung) noch gar nicht erlassen gewesen sei. Für die Erlassung der "Bescheide vom 5.5. bzw 11.5.1995" fehle daher die Erlassung des Bescheides vom 6.7.1995, Zl MBA 2-G-G 1929/95, der jedoch nach dem Gesetzeswortlaut des § 340 Abs 7 GewO 1994 zwingend vorher zu ergehen gehabt hätte, und nicht wie im gegenständlichen Fall zeitlich umgekehrt. Die "Bescheide vom 5.5. bzw 11.5.1995" seien

 

in der Sache selbst gar nicht bekämpfbar gewesen, da ja die Behörde nicht ausgeführt habe, warum die Voraussetzungen gemäß § 340 Abs 1 GewO 1994, deren Nichterfüllung eine Voraussetzung für die Untersagung der Gewerbeausübung sei, nicht gegeben gewesen seien. Da in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird (nämlich daß ein Verwaltungsstrafverfahren

 

wegen unbefugter Gewerbeausübung nur nach Erlassung eines Untersagungsbescheides gemäß § 340 Abs 7 GewO 1994 eingeleitet werden

 

dürfe), konnte gemäß § 51e Abs 2 VStG von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Dem Gewerbeakt (Zl MBA 2-G-G 1929/95) ist zu entnehmen, daß mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 6.7.1995 gemäß § 340 Abs 7 GewO 1994 festgestellt wurde, daß bei der mit 23.2.1995 datierten, im Magistratischen Bezirksamt für den 2. Bezirk am 27.2.1995 eingelangten und am 28.4.1995 sowie am 5.5.1995 ergänzten Anmeldung des Gewerbes "Gastgewerbe in der Betriebsart eines Espressos mit den Berechtigungen nach § 142 Abs 1 Z 2 bis 4 GewO 1994" im Standort Wien, T-straße, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des

 

angemeldeten Gewerbes durch die H & Co OEG nicht vorliegen und die Ausübung des Gewerbes untersagt werde. Gleichzeitig wurde gemäß § 345

 

Abs 9 GewO 1994 festgestellt, daß bei der Anzeige über die Bestellung

 

des Herrn Alfred N zum Geschäftsführer die Voraussetzungen nicht gegeben seien und die Ausübung des Gewerbes untersagt werde, da nach Gelegenheit zur Stellungnahme eine neue Strafregisterauskunft des bestellten gewerblichen Geschäftsführers mit getilgter Verurteilung nicht fristgerecht vorgelegt worden sei.

Gemäß § 340 Abs 1 GewO 1994 hat die Bezirksverwaltungsbehörde aufgrund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs 1) zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Über das Ergebnis ihrer Feststellungen hat die Behörde einen Bescheid

 

zu erlassen, sofern nicht die Bestimmung des Abs 4 anzuwenden ist. Nach Abs 4 dieser Bestimmung hat die Bezirksverwaltungsbehörde eine Bescheinigung (Gewerbeschein) auszustellen, wenn die Voraussetzungen gemäß Abs 1 und 3 vorliegen und in dem aufgrund der Anmeldung des Gewerbes durchzuführenden Verfahren keinem Dritten ein Berufungsrecht

 

zusteht. Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle

 

erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs 3) bei der Behörde eingelangt sind.

Gemäß § 340 Abs 7 GewO 1994 hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn die im Abs 1 erwähnten Voraussetzungen nicht vorliegen - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs 1 Z 1 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen. Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis

 

zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Gemäß § 5 Abs 1 GewO 1994 dürfen Gewerbe, soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe (§ 127) nicht anderes bestimmt, bei Erfüllung der allgemeinen und der etwa vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

Die Gewerbeordnung stellt sowohl für das Anmeldungsverfahren als auch

 

für das Anzeigeverfahren (soweit sich die Anzeige auf eine Tätigkeit bezieht) den Grundsatz auf, daß bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen das angemeldete Gewerbe bzw die angezeigte Tätigkeit ab dem Zeitpunkt der Anmeldung bzw der Anzeige ausgeübt werden dürfen.

Da aber im vorliegenden Fall zum Tatzeitpunkt (20.4.1995) der (bereits am 27.2.1995 eingebrachten) Gewerbeanmeldung nicht alle gemäß § 339 Abs 3 GewO 1994 erforderlichen Nachweise angeschlossen waren, war die H & Co OEG nicht berechtigt, das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Espressos im Standort Wien, T-straße, auszuüben und

 

war daher mit einem Untersagungsbescheid im Sinne des § 340 Abs 7 GewO 1994 vorzugehen, wobei nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ein solcher Bescheid "unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994" zu erlassen ist. Entgegen der in der Berufung vertretenen Auffassung ist daher die Erlassung eines Untersagungsbescheides im Sinne des § 340 Abs 7 GewO 1994 nicht Voraussetzung für die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994. Da die Berufungswerberin die Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Espressos im Standort Wien, T-straße, durch die H &

 

Co OEG am 20.4.1995 nicht in Abrede gestellt hat, ist der dem Straferkenntnis zugrundeliegende Sachverhalt aufgrund der Anzeige der

 

Magistratsabteilung 59 - Marktamtsabteilung für den 2. Bezirk vom 25.4.1995 als erwiesen anzusehen und ist davon auszugehen, daß der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erfüllt ist.

Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt (vgl VwGH 27.3.1990, 89/04/0226). In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismittel bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Da die Berufungswerberin ein solches Vorbringen nicht erstattet hat, ist im vorliegenden Fall auch davon auszugehen, daß sie die ihr angelastete Verwaltungsübertretung auch in Ansehung der subjektiven Tatseite zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von

 

Geldstrafen zu berücksichtigen.

Jede unbefugte Ausübung eines Gewerbes, dh jede Ausübung eines solchen, ohne im Besitz der hierfür erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein, schädigt in nicht unerheblichem Maße das

 

öffentliche Interesse am Ausschluß nicht berechtigter Personen, dessen Durchsetzung die Strafdrohung dient. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als gering anzusehen. Daß die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift vom Berufungswerber eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des hergestellten Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch aufgrund

 

der Tatumstände anzunehmen.

Daß die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift von der Berufungswerberin eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Verwirklichung des hergestellten Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen, sodaß auch das Verschulden der Berufungswerberin nicht als geringfügig angesehen

 

werden kann.

Bei der Strafbemessung war - wie bereits von der erstinstanzlichen Behörde - die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin als mildernd und kein Umstand als erschwerend zu werten.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis S 50.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen erscheint die verhängte

 

Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- auch im Hinblick auf die durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, deren Annahme durch die Erstbehörde seitens der Berufungswerberin unbestritten blieb, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal

 

die verhängte Geldstrafe ohnedies im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens angesetzt wurde.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens

 

stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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