TE UVS Niederösterreich 1996/06/11 Senat-GF-95-521

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Veröffentlicht am 11.06.1996
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Spruch

Herr P R hat gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft G vom . J*** 199*, Zl. 3-*****-9*, betreffend Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO, fristgerecht Berufung erhoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat durch das Mitglied Dr. L über diese Berufung wie folgt entschieden:

 

 

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, soweit sie Pkt. 3 des Straferkenntnisses betrifft (Übertretung des § 18 Abs. 1 StVO) Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufhoben.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, wird in diesem Punkt die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

 

Soweit sich die Berufung gegen Punkt 1. und 2. des Straferkenntnisses richtet wird ihr gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und das Straferkentnnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG S 300,-- als Beitrag zu den Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen zwei Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§ 59 Abs. 2 AVG).

Text

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber wie folgt bestraft:

 

"Sie haben als Fahrzeuglenker folgende Verwaltungsübertretung begangen:

 

Sie haben am **.**.199* um **.** Uhr den Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen * ***** im Ortsgebiet von St.G****** auf der B-** von der H****straße Nr. *** bis zur M***********Straße, Strkm *,* gelenkt und

1.

nächst Haus H****straße *** (Ortsbeginn von St.G******) die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten,

2.

nächst dem neuen Feuerwehrhaus St.G******, bei Strkm *,* die aufgrund des angebrachten Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten,

und

3.

nächst Haus Nr. *** keinen solchen Abstand vom nächsten vor Ihnen fahrenden Fahrzeug eingehalten, daß Ihnen jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre. Der Abstand zum Vorderfahrzeug betrug 3-4 Meter bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 90 km/h.

 

Dadurch übertretene Verwaltungsvorschriften, verhängte Strafen und entstandene Verfahrenskosten:

 

1.

Übertretung gemäß § 99 Abs. 3 lit. a, § 20 Abs. 2 StVO 1960

 

Geldstrafe gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960   S 1.000,-- Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden

 

2.

Übertretung gemäß § 99 Abs. 3 lit. a, § 52 lit. a Z 10a StVO 1960

 

Geldstrafe gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960   S   500,-- Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden

 

3.

Übertretung gemäß § 99 Abs. 3 lit. a, § 18 Abs. 1 StVO 1960

 

Geldstrafe gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960   S   800,-- Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden

 

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs. 2

des Verwaltungsstrafgesetzes   S   230,--

 

   Gesamtbetrag  S 2.530,--."

 

 

Diese Entscheidung wurde von der Erstbehörde nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes damit begründet, daß die inkriminierten Tatbestände durch die dienstliche Wahrnehmung von zwei Organen der Straßenaufsicht eindeutig erwiesen wären. Die Geschwindigkeitsüberschreitungen wären im Nachfahren mit einem Streifenwagen festgestellt worden, wobei bereits eine Toleranz von 5 km/h abgezogen worden sei, weil der Tacho des Dienstfahrzeuges nicht geeicht gewesen wäre. Diese Vorgangsweise stehe mit der ständigen Judikatur im Einklang, zumal selbst bei ungeeichtem Tacho ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 25 km/h keine Toleranz mehr zu berücksichtigen sei. Unter dieser Geschwindigkeitsüberschreitung sei für die Strafbemessung von einer 10 %ig verminderten Geschwindigkeitsüberschreitung auszugehen. Für die Verwirklichung des Deliktes an sich sei dies aber ohne jegliche Relevanz, zumal lediglich auf eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit abgestellt werde, nicht jedoch auf das Ausmaß. Die Geschwindigkeitsüberschreitungen wären deutlich über den erlaubten Höchstgeschwindigkeiten gelegen, sodaß die Behörde die Tatbestände diesbezüglich ohne weiteres als erwiesen erachte.

 

Betreffend der Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs. 1 StVO habe der Beschuldigte in dem von ihm erhobenen Einspruch selbst zugegeben, daß er nur einen Abstand von etwa 20 Meter zum vorderen Fahrzeug eingehalten hätte. Da dieser Abstand hinsichtlich der von der Exekutive festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen weit unter dem Reaktionswege von ca. 27 Metern liege, sei auch diese Übertretung als eindeutig erwiesen anzusehen, zumal die Straßenaufsichtsorgane lediglich einen Abstand zum Vorderfahrzeug von etwa 3-4 Meter wahrgenommen hätten. Die angelasteten Tatbestände wären deshalb zweifelsfrei als erwiesen anzusehen, zumal es dem Beschuldigten nicht einmal annähernd gelungen sei, die Angaben des Anzeigelegers bzw. Zeugen in Zweifel zu ziehen, weshalb mit Strafverhängung vorzugehen war, wobei die Behörde bei der Strafbemessung weder strafmildernde noch straferschwerende Umstände wertete. Die verhängte Strafe sei selbst unter Annahme der angegebenen finanziellen Verhältnisse als schuld- und tatangemessen zu betrachten.

 

Mit der innerhalb offener Frist erhobenen Berufung macht der Rechtsmittelwerber unrichtige rechtliche Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens als Berufungsgründe geltend.

 

Konkret führt er zu der behaupteten unrichtigen rechtlichen Beurteilung aus, die Begründung des Straferkenntnisses sei unrichtig. Er wiederhole seine bereits im Einspruch vom **. J***** 199*, in seiner Einvernahme vom **. M*** 199* und in seiner Stellung vom **. M** 199* gemachten Angaben, auf welche aber in keinster Weise Bezug genommen worden sei. Die im Straferkenntnis aufgestellten Behauptungen bezüglich seiner gefahrenen Geschwindigkeit bzw. des vom Vorderfahrzeug gehaltenen Abstandes wären nicht zutreffend, er hätte eine Geschwindigkeit von 50 km/h und einen Abstand zum Vorderfahrzeug von etwa 20 Metern eingehalten. Dies habe er auch in seinem Einspruch vom **. J***** 199* so dargestellt. Darüberhinaus sei ihm sehr wohl bekannt, daß der vor ihm fahrende Lenker eine Organstrafe von etwa S 300,-- bezahlt habe. Er hätte nach der Anhaltung durch die Gendarmeriebeamten mit dem vor ihm fahrenden Lenker an Ort und Stelle in ruhigem Ton ein Gespräch geführt, worin dieser gemeinsam mit ihm festgestellt habe, auch er hätte zwar keine Geschwindigkeitsübertretung begangen, er aber erklärte, daß er aufgrund privater Umstände Schwierigkeiten aus dem Wege gehen und daher die Organstrafe bezahlen wolle.

 

Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens brachte der Berufungswerber vor, er hätte als Beweis für sein Vorbringen die Einvernahme der Zeugen M R und B R beantragt; jedoch wären beide Zeugen im Verfahren nicht einvernommen worden.

 

Er stelle deshalb den Antrag, in Stattgabe des erhobenen Rechtsmittels das angefochtene Straferkenntnis zu beheben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat hiezu erwogen:

 

Aufgrund der gelegten Anzeige und der anschließenden zeugenschaftlichen Einvernahme der beiden Meldungsleger durch die Erstbehörde erachtet es die Berufungsbehörde als erwiesen, daß der Rechtsmittelwerber zu dem im Straferkenntnis angeführten Zeitpunkt im Ortsgebiet von St.G****** auf der B ** in Höhe der St.G******** H****straße Nr. *** das bezeichnete Fahrzeug lenkte und hiebei eine Fahrgeschwindigkeit von etwa 80 km/h erreichte. Sowie er ebenfalls bei Strkm. *,* auf der B ** (nach dem Passieren der Radarbox) sein Fahrzeug wieder beschleunigte und bei dem Haus mit der Ortsnummer *** trotz des angebrachten Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit 70 km/h eine Fahrgeschwindigkeit von etwa 85-90 km/h erreichte.

 

Gemessen wurde die Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers von den beiden meldungslegenden Gendarmeriebeamten durch Ablesen der Fahrgeschwindigkeit vom Tachometer des Dienstfahrzeuges, wobei dieses Dienstfahrzeug nach den Angaben der Meldungsleger in etwa gleichbleibenden Abstand hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers fuhr, also von Strkm. *,* bis *,* auf der B **.

 

Ein derartiges Nachfahren mit einem Dienstfahrzeug durch Beamte der Straßenaufsicht und das Ablesen des Tachometers ist nach Ansicht der Berufungsbehörde ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung; bei entsprechendem Ausmaß der festgestellten Geschwindigkeitsübertretung (hier zunächst um 30 km/h bei einer erlaubten Geschwindigkeit von 50 km/h und anschließend von etwa 15-20 km/h bei einer Beschränkung auf 70 km/h) ist es unerheblich, daß der Tachometer des Dienstfahrzeuges nicht geeicht war. Voraussetzung dieser Art der Geschwindigkeitsermittlung ist allerdings, daß über eine entsprechend lange Strecke sowie Zeitspanne nachgefahren wird, um die Geschwindigkeit des beobachteten Kraftfahrzeuges festzustellen und die Geschwindigkeit im eigenen Kraftfahrzeug ablesen zu können. Dies war vorliegendenfalls durch die Nachfahrt über eine Strecke von etwa 2,6 km in etwa gleichbleibenden Abstand durch diesbezüglich geschulte Beamte der Straßenaufsicht der Fall, weshalb die vorliegenden Geschwindigkeitsüberschreitungen als objektiviert zu betrachten sind. Durch eine etwaige zeugenschaftliche Einvernahme der im Fahrzeug des Berufungswerbers mitfahrenden Gattin, sowie des Lenkers des damals vor ihm fahrenden Fahrzeuges, welcher nach Vorhalt der Geschwindigkeitsüberschreitung durch die Beamten der Straßenaufsicht ein Organmandat bezahlte, wäre die Geschwindigkeitsüberschreitung im Gegensatz zum Vorbringen des Rechtsmittelwerbers jedenfalls nicht zu widerlegen gewesen.

 

Der Vorwurf der Einhaltung eines zu geringen Sicherheitsabstandes vom Vorderfahrzeug durch den Berufungswerber ist allerdings nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht haltbar; der Sicherheitsabstand gemäß § 18 Abs. 1 StVO, welcher gewöhnlich der Länge des Reaktionsweges entspricht, kann jedenfalls nicht im Nachfahren mit einer entsprechenden Genauigkeit eingeschätzt werden, es wäre hiefür eine entsprechende Beobachtung der Straßenaufsichtsorgane während der Vorbeifahrt des Fahrzeuges des Berufungswerbers und des vor ihm fahrenden Fahrzeuges notwendig gewesen. Mit der Beobachtung während der Nachfahrt läßt sich ein zu geringer Sicherheitsabstand nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit objektivieren, weshalb in diesem Punkt mit der spruchgemäßen Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens vorzugehen war.

 

Zu der Höhe der verhängten Strafen ist auszuführen, daß dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zukam und Überschreitungen der jeweiligen Höchstgeschwindigkeit schwerwiegende Verstöße gegen die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung darstellen. Insbesondere stellt eine Fahrgeschwindigkeit von 80 km/h im Ortsgebiet (angelastet im Punkt 1. des Straferkenntnisses) bereits einen mit einem gravierenden Unrechtsgehalt behafteten Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung dar, weshalb hier die Verhängung einer Geldstrafe von S 1.000,-- selbst bei den vom Berufungswerber bekanntgegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen als angepaßt zu erachten war; ebenso ist die Geldstrafe von S 500,-- für die Überschreitung der verordneten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um etwa 15-20 km/h als nicht überhöht, sondern als durchaus milde anzusehen, weshalb auch hier keine Strafherabsetzung möglich war.

 

Gemäß § 51e Abs. 2 VStG konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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