TE UVS Steiermark 1996/07/03 30.9-140/95

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Veröffentlicht am 03.07.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung des Herrn A. K., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M. Sch., G.-straße 69, G., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 10.08.1995, GZ.: Cst 12.949/94, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 14.05.1996, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 520,-- binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Text

Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 10.08.1995 ist dem Berufungswerber zur Last gelegt worden, er habe am 10.08.1994, um 08.34 Uhr, in Graz, Bahnhofgürtel - Kalvariengürtel in Richtung Norden als Lenker des Kraftfahrzeuges G 170.925, den Fahrstreifen gewechselt, ohne sich vorher überzeugt zu haben, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich sei, sowie den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht angezeigt, sodaß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang nicht rechtzeitig einstellen haben können und einem herannahenden Einsatzfahrzeug keinen Platz gemacht.

Wegen dieser Übertretungen wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von S 1.000,-- zum ersten Delikt bzw. jeweils S 800,-- zu den beiden weiteren genannten Delikten bzw. Ersatzfreiheitsstrafen mit einer Dauer von 36 Stunden bzw. jeweils 24 Stunden verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und darin im wesentlichen angeführt, daß für ihn der Einsatz des betreffenden Einsatzfahrzeuges nicht bemerkbar gewesen sei. Im übrigen habe sich zum selben Zeitpunkt ein weiteres Einsatzfahrzeug auf der Kreuzung zum UKH befunden und habe er vorerst das Folgetonhorn auf dieses Einsatzfahrzeug bezogen. Im übrigen seien die Angaben der Meldungsleger unglaubwürdig, was die Länge der Bremsspur betreffe. Aus den genannten Gründen werde daher der Antrag gestellt, das gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Anläßlich der am 14.05.1996 durchgeführten öffentlichen, mündlichen Verhandlung, die unter Anwesenheit des Vertreters des Berufungswerbers - der Berufungswerber selbst ist unentschuldigt zu dieser Verhandlung nicht erschienen - sowie unter weiterer Anwesenheit der erforderlichen Zeugen durchgeführt wurde, konnte folgender Sachverhalt festgestellt und als erwiesen dieser Entscheidung zugrundegelegt werden:

Die Zeugen RI S. und RI M. erhielten am 10.08.1994 im Bereich des Bahnhofes einen Einsatzbefehl zu einem Bankalarm in der Wienerstraße und befuhren in weiterer Folge den Bahnhofgürtel stadtauswärts, um zu diesem Bankalarm zu fahren. Etwa 100 m vor dem Kreuzungsbereich B.-gürtel - K.-gürtel befuhr der Lenker des Einsatzfahrzeuges RI S. den linken der beiden im dortigen Bereich vorhandenen Fahrstreifen mit einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 80 km/h. Als er sich dem Kreuzungsbereich näherte, fuhr der zunächst auf dem rechten Fahrstreifen sich befindende Berufungswerber mit seinem LKW ohne ein Blinkzeichen zu geben auf den linken Fahrstreifen, da er der vor ihm stehenden Kolonne, die sich vor dem Kreuzungsbereich gebildet hatte, ausweichen wollte. Zu diesem Zeitpunkt war das von RI S. gelenkte Einsatzfahrzeug ab Erhalt des Einsatzbefehles mit Blaulicht und Folgetonhorn unterwegs. Trotzdem beabsichtigte der Berufungswerber den Fahrstreifen zu wechseln und mußte der Zeuge S., bedingt durch diesen Fahrstreifenwechsel, sein Einsatzfahrzeug derart abbremsen, daß die Räder blockierten und konnte er nur knapp eine Kollision mit dem vom Berufungswerber gelenkten LKW vermeiden. Eine Anhaltung des Berufungswerbers erfolgte aufgrund des Einsatzes nicht, ebensowenig konnte festgestellt werden, daß sich zum gleichen Zeitpunkt ein weiteres Einsatzfahrzeug im Kreuzungsbereich des Bahnhofgürtels mit dem Kalvarienberggürtel befunden hat. Diese Angaben stützen sich auf die in den wesentlichen Punkten übereinstimmenden Angaben der einvernommenen Zeugen S. und M., die sich an die betreffende Angelegenheit noch erinnern konnten und angaben, ab Erhalt des Einsatzbefehles Blaulicht und Folgetonhorn eingeschaltet gehabt zu haben, sowie daß sämtliche übrige Verkehrsteilnehmer auf dieses einsatzmäßige Fahren durch Ausweichen reagierten. Der Berufungswerber selbst hat es trotz ordnungsgemäß ausgewiesener Ladung unterlassen, zur anberaumten Berufungsverhandlung zu erscheinen um seine Darlegung des Falles der Berufungsbehörde vorzutragen. Bei eingeschaltetem Blaulicht und auch Folgetonhorn wäre es ihm unter gehöriger Aufmerksamkeit möglich gewesen, rechtzeitig das von hinten herannahende Einsatzfahrzeug wahrzunehmen und somit den beabsichtigten Fahrstreifenwechsel zu unterlassen. Hinsichtlich der Länge der Bremsspur ist anzuführen, daß die diesbezüglichen Angaben lediglich auf Schätzungen beruhten, beide Polizeibeamten aber übereinstimmend angaben, daß die Räder am Einsatzfahrzeug blockierten, bevor es beinahe zu der Kollision mit dem vom Berufungswerber gelenkten LKW gekommen wäre. Den Zeugen als im Verkehrsüberwachungsdienst stehenden geschulten Polizeibeamten kann ohne weiteres zugemutet werden, daß sie die Vorgänge des Straßenverkehrs richtig beobachten und auch allfällige Übertretungen richtig beurteilen können. Demnach hat sich die Verantwortung des Berufungswerbers, daß sich allenfalls ein weiteres Einsatzfahrzeug im Kreuzungsbereich zum Tatzeitpunkt befunden hat, als reine Schutzbehauptungsverantwortung erwiesen. Zur Verantwortung des Berufungswerbers, daß er das einsatzmäßige Fahren nicht habe bemerken können, ist zu entgegnen, daß es anderen Kraftfahrzeuglenkern sehr wohl möglich war, auf dieses einsatzmäßige Fahren zu reagieren und es daher auch dem Berufungswerber zugemutet hätte werden können, dem Einsatzfahrzeug den nötigen Platz einzuräumen.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 11 Abs 1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß dies ohne Gefährdung anderer Straßenbenützer möglich ist.

Gemäß § 11 Abs 2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Die Bestimmungen des § 11 StVO über die Änderung der Fahrtrichtung und den Wechsel des Fahrstreifens dienen sowohl der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, als auch der Verkehrssicherheit. Die Bestimmung des § 26 Abs 5 StVO 1960 regelt das Verhalten der übrigen Straßenbenützer gegenüber Einsatzfahrzeugen. Das "Platzmachen" wird in der Regel in einem "Anhalten" oder, falls nach der Verkehrslage erforderlich, in einem "Rechtsheranfahren und Anhalten" bestehen. Dieses Gebot hat der Berufungswerber negiert. Damit hat er hier gegen den Schutzzweck der Norm verstoßen. Ein Fahrstreifenwechsel hat zu unterbleiben, wenn die bloße Möglichkeit einer Gefährdung oder Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer gegeben ist; eine Behinderung liegt insbesondere dann vor, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer - wie im gegenständlichen Fall - zum Bremsen oder Auslenken genötigt wird. Die Frage der Zeichengebung ist von untergeordneter Bedeutung und stellt nur eine zusätzliche Verpflichtung für den Lenker dar, der die Fahrtrichtungsänderung oder den Fahrstreifenwechsel vornehmen will (ZVR 1979/60). Die Einrichtung des Folgetonhornes läßt erkennen, daß einem bevorzugten Fahrzeug schon beim Ertönen des Hornes und nicht erst beim Anblick des Fahrzeuges freie Bahn zu schaffen ist (VwGH 28.02.1963, 1334/62, ZVR 1963/308). Eine kumulierende Bestrafung nach § 11 Abs 1 und Abs 2 sowie § 26 Abs 5 StVO ist geboten, da diese Delikte unabhängig voneinander verwirklicht werden können, zumal kein Delikt notwendig oder in der Regel mit dem anderen verbunden ist (vgl. VwGH 25/5/1983, 81/10/0002). Dadurch, daß der Berufungswerber ohne Blinkvorgang einen Fahrstreifenwechsel vom rechten auf den linken Fahrstreifen vorgenommen hat, hat er in gefährlicher Art und Weise ein von hinten herannahendes Einsatzfahrzeug der Bundespolizeidirektion zumindest zum Abbremsen genötigt und wäre es durch das Fahrmanöver des Berufungswerbers beinahe zu einem Verkehrsunfall gekommen. Aufgrund der erfolgten Darlegungen war davon auszugehen, daß der Berufungswerber die ihm angelasteten Übertretungen zu verantworten hat. Seine Verantwortungen laut Berufungsausführungen konnten im Zuge des abgeführten Ermittlungsverfahrens nicht verifiziert werden, er selbst hat es unterlassen, persönlich zur anberaumten Berufungsverhandlung zu erscheinen.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Dementsprechend war als erschwerend nichts, als mildernd die bislang beim Berufungswerber vorliegende verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden mit einem monatlichen Nettoeinkommen von S 20.000,--, keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen geschätzt und hat es der Berufungswerber selbst zu verantworten, sollten zu seinen Ungunsten Umstände unberücksichtigt geblieben sein, die auf seiner mangelnden Mitwirkungspflicht beruhen. Unter weiterer Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat, sowie des nicht als geringfügig zu bezeichnenden Verschulden des Berufungswerbers erscheinen die ausgesprochenen Strafhöhen selbst in Anbetracht des vorliegenden Milderungsgrundes gerechtfertigt bemessen und erscheinen schon aus Schutzzweckinteressen erforderlich.

In Anbetracht sämtlicher genannter Strafbemessungsgründe objektiver und subjektiver Art werden die ausgesprochenen Strafhöhen als gerechtfertigt bemessen angesehen und war auf Basis der zitierten gesetzlichen Bestimmungen aus den angeführten Erwägungen, wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Schlagworte
Fahrstreifenwechsel Einsatzfahrzeug Kumulation
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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