TE UVS Wien 1996/09/17 05/F/28/450/95

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Veröffentlicht am 17.09.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch Mag Pfeifer als Vorsitzende, Mag Zotter als Berichter und Dr Rotter als Beisitzerin über die Berufung des Herrn Mag Dkfm Dr Wilfried G vom 24.10.1995 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 13.10.1995, Zl MA 4/7-82958/5/2, wegen Übertretung des § 19 Abs 1 iVm §§ 14 Abs 2 und 17 Abs 3 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1987 sowie § 9 Abs 1 VStG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3.5.1996 entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:

"Sie haben es als Geschäftsführer der F-GesmbH, der Aufsteller- und Eigentümerfirma, bis zum 21. August 1995 (Tag der Anmeldung) unterlassen, die Vergnügungssteuer für den am Standort Wien, H-Straße, gehaltenen Münzgewinnspielapparat "S", für den Monat August 1995, in der Höhe von 18.000,-- S einzubekennen und zu entrichten.

Sie haben dadurch die Vergnügungssteuer in Wien in der Zeit vom 18. August 1995 (Tag der Revision) bis 21. August 1995 mit dem Betrag von 18.000,-- S verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 19 Abs 1 in Verbindung mit §§ 14 Abs 2 und 17 Abs 3 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1987 - VGSG sowie § 9 Abs 1 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling 36.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Tagen gemäß § 19 Abs 1 VGSG Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

3.600,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt der 39.600,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

In der dagegen erhobenen Berufung wird vorgebracht, daß der Lokalinhaber den Spielapparat ohne Wissen der Aufstellerfirma in Betrieb genommen hätte. Der Spielapparat sei von der Firma F ins Lokal gebracht, jedoch nicht spielbereit (umgedreht zur Wand und mit eingerolltem Kabel) aufgestellt worden.

Der Magistrat der Stadt Wien hat am 18.8.1995 im Lokal der B-GesmbH in Wien, H-Straße, den verfahrensgegenständlichen Unterhaltungsspielapparat spielbereit für Dritte vorgefunden. Zu diesem Zeitpunkt war der Apparat nicht zur Vergnügungssteuer angemeldet. Laut einer vom Revisionsbeamten am 22.8.1995 eingeholten telefonischen Auskunft der Geschäftsführerin der B-GesmbH sei das Gerät seit 18.8.1995 im Betrieb aufgestellt gewesen.

In der vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 3.5.1996 durchgeführten öffentlichen Berufungsverhandlung hat der Berufungswerber vorgebracht, Liane T (Geschäftsführerin der B-GesmbH, Inhaberin des Lokales in Wien, H-Straße) hätte mit der F-GesmbH, deren Geschäftsführer der Berufungswerber sei, einen Aufstellungsvertrag betreffend den verfahrensgegenständlichen Unterhaltungsspielapparat abgeschlossen. Grundsätzlich sei nach Abschluß solcher Aufstellverträge um die Konzession angesucht und je nach freiem Liefertermin das Gerät zugestellt worden. Die Geschäftsführer der Vertragspartner seien darauf aufmerksam gemacht worden, daß das Gerät erst dann in Betrieb genommen werden dürfe, wenn die Konzession vorliege. Die Anmeldung der Apparate zur Vergnügungssteuer werde immer von der Aufstellerfirma durchgeführt. Im gegenständlichen Fall sei die Anmeldung zur Vergnügungssteuer erfolgt, nachdem die betreffende Konzession vorhanden gewesen sei. Mit Frau T sei vereinbart gewesen, daß das Gerät erst in Betrieb genommen werden dürfe, wenn die Konzession erteilt und das Gerät angemeldet worden sei. Üblicherweise würden die Anmeldeformulare von den Lokalinhabern bei Vertragsabschluß unterfertigt, wie dies im gegenständlichen Fall gewesen sei, konnte der Berufungswerber nicht mehr angeben. Die Formulare würden von den Mitarbeitern der F-GesmbH im Beisein der Lokalinhaber erstellt. Wenn ein Gerät wie im vorliegenden Fall vor Anmeldung geliefert würde, werde es entweder verkehrt zur Wand aufgestellt oder ein Schild "außer Betrieb" angebracht. Nachdem die Konzession vorliege, begebe sich ein Mitarbeiter ins Lokal, um das Gerät anzuschließen. Der Berufungswerber selbst sei nie im gegenständlichen Lokal gewesen und sei ihm nicht bekanntgeworden, daß das Gerät bereits vor Anmeldung in Betrieb genommen worden sei. Eine Durchschrift der Konzession werde den Lokalinhabern übermittelt.

Liane T gab zeugenschaftlich einvernommen nachstehendes an:

"... Zum Zeitpunkt der Lieferung des verfahrensgegenständlichen Apparates durch die F-GesmbH war ich nicht im Lokal. Wann der Apparat geliefert wurde, kann ich mich nicht mehr erinnern. Der (gemeint: mein) Vertreter, Herr Richard B, hat nach der Lieferung vermutlich den Apparat in Betrieb gesetzt, dh ans Stromnetz angeschlossen. Zum Zeitpunkt der Revision war ich ebenfalls nicht im Lokal. Mit der F-GesmbH war vereinbart, daß die Anmeldung zur Vergnügungssteuer von der Gesellschaft durchgeführt wird. Das Gerät setze ich erst dann in Betrieb, wenn ich von einem Arbeiter der F-GesmbH das Steuerpickerl erhalte.

Üblicherweise achte ich selbst darauf, daß Geräte vor Anmeldung nicht in Betrieb gesetzt werden. Weder ich noch Mitarbeiter der F-GesmbH wußten, daß das Gerät von Herrn B in Betrieb gesetzt wurde. Mit Herrn B habe ich nicht darüber gesprochen, daß das Gerät erst nach Anmeldung angeschlossen werden darf, er vertritt mich auch nur fallweise. In dem Aufstellvertrag zwischen mir und der F-GesmbH ist festgeschrieben, daß Geräte erst nach Anmeldung in Betrieb genommen werden dürfen. Wenn mir Mitarbeiter von der F-GesmbH das Pickerl bringen, unterfertige ich die Anmeldung und bekomme ich davon eine Durchschrift."

Aufgrund des Akteninhaltes und des Ergebnisses der Berufungsverhandlung steht fest, daß die F-GesmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist, spätestens am 18.8.1995 den ihr gehörigen Unterhaltungsspielapparat "S" in das Lokal der B-GesmbH in Wien, H-Straße, geliefert hat. Das Gerät wurde anläßlich der Lieferung von den Mitarbeitern der Eigentümerin nicht spielbereit aufgestellt. Mit der B-GesmbH war vertraglich vereinbart, daß der Unterhaltungsspielapparat erst nach Anmeldung zur Vergnügungssteuer in Betrieb genommen werden darf. Am 18.8.1995 hat Richard B, der Liane T (Geschäftsführerin der B-GesmbH) bei der Führung des Lokales unterstützte, das Gerät ohne Wissen des Berufungswerbers oder sonstiger Mitarbeiter der F-GesmbH entgegen der erwähnten Vereinbarung vor Anmeldung zur Vergnügungssteuer in Betrieb genommen. Die Anmeldung des Gerätes zur Vergnügungssteuer erfolgte erst am 21.8.1995.

Die getroffenen Feststellungen beruhen, was die zwischen der F-GesmbH und der B-GesmbH getroffenen Vereinbarungen anläßlich der Aufstellung des verfahrensgegenständlichen Unterhaltungsspielapparates betrifft, auf den Angaben der Zeugin Liane T im Zusammenhalt mit dem Vorbringen des Berufungswerbers. Ebenso geht aus dieser Zeugenaussage hervor, daß das Gerät ohne Wissen von Mitarbeitern der F-GesmbH in Betrieb genommen wurde. Da die Aussage der Zeugin T in den wesentlichen Punkten mit den Angaben des Berufungswerbers in der Berufungsverhandlung übereinstimmt, bestand kein Anlaß, die Richtigkeit der Aussage der Zeugin Liane T anzuzweifeln. Die übrigen Feststellungen gründen sich auf den Akteninhalt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs 1 Zif 3 des Gesetzes über die Besteuerung von Vergnügungen im Gebiete der Stadt Wien (Vergnügungssteuergesetz 1987 - VGSG) unterliegt das Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten sowie von Musikautomaten einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes. Gemäß § 13 Abs 1 leg cit ist der Unternehmer der Veranstaltung steuerpflichtig. In den Fällen des § 1 Abs 1 Zif 3 gelten auch der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und der Eigentümer des Apparates als Mitunternehmer. Gemäß § 14 Abs 2 leg cit ist das Halten von Apparaten spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat anzumelden. Die Anmeldung haben alle Mitunternehmer gemeinsam vorzunehmen und dabei auch den Mitunternehmer festzulegen, der die Zahlungen zu leisten hat.

Gemäß § 17 Abs 3 leg cit gilt die Anmeldung von Apparaten als Steuererklärung für die Dauer der Steuerpflicht. Die Steuer ist erstmals zum Termin für die Anmeldung und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. Gemäß § 19 Abs 1 leg cit sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von höchstens S 300.000,-- verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis S 600.000,-- zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen.

Im vorliegenden Fall war zu dem im angefochtenen Straferkenntnis festgestellten Zeitpunkt ein steuerpflichtiger Unterhaltungsspielapparat in Betrieb, ohne daß dieser zur Vergnügungssteuer angemeldet und die Abgabe entrichtet worden war. Indem unter Verletzung der Anzeigepflicht die Abgabe am Fälligkeitstag nicht entrichtet war, wurde objektiv das Tatbild des § 19 Abs 1 Vergnügungssteuergesetz verwirklicht, wobei die F-GesmbH als Eigentümerin und Aufstellerin des Gerätes zur fristgerechten Anmeldung und Entrichtung der Abgabe verpflichtet war.

In weiterer Folge war zu klären, inwiefern den Berufungswerber als zur Vertretung nach außen Berufenen der abgabepflichtigen Gesellschaft an dieser Verwaltungsübertretung ein Verschulden trifft. Da das Vergnügungssteuergesetz über das Verschulden nichts bestimmt, genügt gemäß § 5 Abs 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Das VStG enthält keine Definition der Fahrlässigkeit, § 6 StGB unterscheidet zwischen bewußter und unbewußter Fahrlässigkeit. Bewußt fahrlässig handelt danach derjenige, der zwar daran denkt, daß sein Verhalten ein tatbildmäßiges Unrecht verwirklichen könne, dieses jedoch nicht herbeiführen will, wenngleich er es für möglich hält, aber darauf vertraut, daß es nicht eintritt. Im Fall der unbewußten Fahrlässigkeit verkennt der Täter zufolge Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt, daß er einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklichen könne. Das Maß der Sorgfalt bestimmt sich objektiv an der Anwendung jener Sorgfalt, zu der der Täter nach den Umständen des einzelnen Falles verpflichtet ist und subjektiv an der Befähigung des Täters zur Sorgfaltsausübung und an der Zumutbarkeit der Sorgfaltsausübung. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, Slg 12947A). Ebenso handelt der Täter nur dann sorgfaltswidrig, wenn er tatsächlich bestehende Sorgfaltspflichten verletzt und nicht bloße Sorgfaltsmöglichkeiten versäumt.

Im vorliegenden Fall war zwischen der Inhaberin des für das Aufstellen des Apparates benützten Lokales und der Eigentümer- und Aufstellerfirma vertraglich vereinbart worden, daß, für den Fall, daß ein Apparat vor Anmeldung zur Vergnügungssteuer geliefert wird, die Inbetriebnahme erst nach Anmeldung erfolgen darf. Entgegen dieser Vereinbarung hat ein im Lokal anwesender Vertreter der Lokalinhaberin den verfahrensgegenständlichen Apparat ohne Wissen der Aufstellerfirma in Betrieb genommen.

Auf Grundlage dieses Sachverhaltes hat der Berufungswerber nicht sorgfaltswidrig gehandelt, wenn er darauf vertraut hat, daß die Lokalinhaberin entsprechend der Vereinbarung den Unterhaltungsspielapparat nicht vor Anmeldung in Betrieb nimmt. Es wäre eine Überspannung der Sorgfaltspflicht, wenn man dem Berufungswerber auferlegen würde, er hätte sich durch die Vornahme oder Anordnung von Kontrollen zu versichern gehabt, daß das Gerät nicht von Dritten entgegen bestehender Vereinbarungen und ohne Anmeldung widerrechtlich in Betrieb genommen wird. Auch ein einsichtiger und besonnener Mensch hätte in der zu beurteilenden Situation wohl nicht anders gehandelt, denn darauf vertraut, daß bei eigenem gesetzeskonformem Verhalten und entsprechender vertraglicher Absicherung gegenüber seinen Vertragspartnern die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Verpflichtungen ausreichend sichergestellt ist. Dem Berufungswerber fällt daher keine Verletzung seiner Sorgfaltspflichten zur Last und trifft ihn daher an der angelasteten Verwaltungsübertretung kein Verschulden. Das angefochtene Straferkenntnis war daher spruchgemäß zu beheben und das Verfahren einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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