TE UVS Wien 1996/09/25 04/G/21/350/96

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Veröffentlicht am 25.09.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch Mag Romano als Vorsitzenden, Dr Hollinger als Berichterin und Dr Schopf als Beisitzer über die Berufung des Herrn Attila D, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, vom 29.04.1996, Zl MBA 1/8 - S 26586/94, wegen Übertretung des § 366 Abs 1 Ziffer 3 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 (BGBl Nr 194/1994) entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Zif 3 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, vom 29.04.1996, enthält folgenden Spruch:

"Sie haben in der Zeit vom 01.01.1992 bis 04.07.1995 als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der D Restaurantbetriebsgesellschaft mbH, sowie in der Zeit vom 05.07.1995 bis 14.03.1996 als gewerberechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft zu verantworten, daß diese Gesellschaft insofern eine genehmigte Betriebsanlage nach Vornahme der genehmigungspflichtigen Änderung ohne Genehmigung dieser Änderung betrieben hat, als sie in Wien, A-straße, eine Betriebsanlage zur Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Restaurants, betrieben hat, obwohl die gegenständliche Betriebsanlage lediglich zur Ausübung des Handelsgewerbes (Bescheid vom 23.01.1984, MBA 1/8 - Ba/58836/82 sowie vom 16.10.1987, MBA 1/8 - Ba/58836/5/87), jedoch nicht zur primären oder ausschließlichen Ausübung des Gastgewerbes genehmigt ist und durch diese Änderung eine Eignung besteht, Nachbarn durch Geruch und Lärm zu belästigen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 366 Abs 1 Ziffer 3 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 (BGBl Nr 194/1994)

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling 37.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen gemäß § 366 Einleitungssatz GewO 1994.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 3.700,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 40.700,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, welcher aus folgenden Gründen der Erfolg nicht zu versagen war:

Gemäß § 366 Abs 1 Ziffer 3 GewO 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert, oder nach der Änderung betreibt (§ 81). Gemäß § 81 Abs 1 leg cit bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27.03.1990, 89/04/0223, ausgeführt hat, wohnt dem Begriff "Änderung" im Zusammenhalt mit den ihm beigefügten, die Genehmigungspflicht bedingenden Merkmalen, die dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechende Bedeutung eines "Anders - Werdens" inne.

Eine Änderung liegt somit in jedem Abweichen vom konsensgemäßen Zustand, also von jener Erscheinungsform der Betriebsanlage, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde. Dabei ist davon auszugehen, daß in der Betriebsbeschreibung des Genehmigungsbescheides alle für die Genehmigungsfähigkeit bedeutsamen Elemente der Betriebsanlage, also auch etwaige Maschinen und Einrichtungen, die geeignet sind, die im § 74 Abs 2 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen, im einzelnen genannt sind. Denn Gegenstand der Genehmigung ist nicht der Typus einer Betriebsanlage, sondern die konkrete Betriebsanlage (vgl nochmals das schon zitierte Erkenntnis des VwGH vom 27.03.1990).

§ 366 Abs 1 Ziffer 3 GewO umfaßt mit dem Tatbestandsmerkmal "ändert" jede - durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte - bauliche oder sonstige, die genehmigte Einrichtung (§ 74 Abs 1) verändernde Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage, durch die sich neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Folgen im Sinne des § 74 Abs 2 ergeben können (VwGH vom 15.03.1979, 2932/78).

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser Vorschrift dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren,

gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Im Sinne des § 44a Ziffer 1 VStG muß daher der Spruch eines Straferkenntnisses nach § 366 Abs 1 Ziffer 3 GewO auch die oben angeführten baulichen oder sonstigen, die genehmigte Einrichtung verändernden Maßnahmen enthalten. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses kommt diesem Erfordernis nicht nach, da die Änderung des Betriebsgegenstandes (Betriebsart) von Handelsgewerbe auf Gastgewerbe keine "Änderung" im Sinne des § 366 Abs 1 Ziffer 3 GewO darstellt, da eine solche Änderung nicht die gewerbliche Betriebsanlage als solche, das ist nach § 74 Abs 1 GewO die örtlich gebundene Einrichtung, "anders macht".

Eine den Erfordernissen des § 44a Ziffer 1 VStG im Zusammenhalt mit den zitierten Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes entsprechende Verfolgungshandlung wurde innerhalb der im § 31 Abs 2 VStG genannten Frist gegen den Berufungswerber nicht vorgenommen. Der Berufung war daher Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Da über die Berufung auf Grund der Aktenlage zugunsten des Berufungswerbers zu entscheiden war, erübrigte sich die Abhaltung der vom Beschuldigten beantragten mündlichen Berufungsverhandlung. Bemerkt wird noch, daß es auf Grund der Änderung des Betriebsgegenstandes der Betriebsanlage, welche nunmehr nicht der Ausübung des Handelsgewerbes, sondern der Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Restaurants, dient, fraglich ist, ob es sich überhaupt um eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage im Sinne des § 366 Abs 1 Ziffer 3 GewO handelt, oder ob nicht vielmehr von einem genehmigungslosen Betreiben einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage (§ 366 Abs 1 Ziffer 2 GewO) auszugehen ist.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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