TE UVS Steiermark 1996/10/17 30.10-169/95

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Veröffentlicht am 17.10.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn A. F. Th. G., wohnhaft in W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 10.10.1995, GZ.: 15.1 1995/2988, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 27.09.1996, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung hinsichtlich Punkt 1.) des Straferkenntnisses abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 140,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung hinsichtlich Punkt 2.) des Straferkenntnisses Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 15.05.1995 um 09.55 Uhr in Weiz, auf Höhe des Hauses Kapruner Generator Straße 18 (Fahrrad)

1.)

einen Gehsteig befahren, obwohl dies verboten sei.

2.)

einen Schutzweg befahren, obwohl dies verboten sei. Hiedurch habe er 1.) und 2.) die Rechtsvorschriften des § 8 Abs 4 StVO verletzt und wurde über ihn zu 1.) und 2.) je eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- (je 30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO verhängt.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher im wesentlichen vorgebracht wird, daß es sich um eine Verwechslung handeln müsse. Der Berufungswerber habe die Verwaltungsübertretungen nicht begangen. Im übrigen befinde sich auf Höhe des Hauses Kapruner Generator Straße kein Schutzweg.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der öffentlichen, mündlichen Verhandlung vom 27.09.1996 kann nachfolgender Sachverhalt festgestellt werden:

Der Berufungswerber befuhr am 15.05.1995 gegen 09.55 Uhr mit seinem Fahrrad die Kapruner Generator Straße in Weiz Richtung Norden. Gleichzeitig stand der Meldungsleger, Revierinspektor St., am östlichen Gehsteig der Kapruner Generator Straße etwa auf Höhe des Hauses Nr. 18. Der Berufungswerber wechselte von der Fahrbahn der Kapruner Generator Straße auf den westlichen Gehsteig und befuhr den westlichen Gehsteig der Kapruner Generator Straße in weiterer Folge nördlich Richtung Kernstockstraße. Dabei benutzte er zum Überfahren der in die Kapruner Generatorstraße einmündenden Kernstockstraße den auf dieser Fahrbahn aufgemalten Fußgängerschutzweg (siehe Skizze) und setzte seine Fahrt Richtung Norden fort. Der Berufungswerber ist dem Zeugen A. St. persönlich bekannt und hat er ihn an Ort und Stelle, auf dem Fahrrad fahrend erkannt.

Diese Feststellungen konnten aufgrund der präzisen und nachvollziehbaren Angaben des Zeugen Revierinspektor A. St. getroffen werden. Zur Verdeutlichung fertigte der Zeuge im Verhandlungssaal die der Verhandlungsschrift beigefügte Handskizze an.

In rechtlicher Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, daß gemäß § 8 Abs 4 StVO die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benützung von Radfahranlagen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern verboten ist. Schutzzweck dieser Bestimmung ist es, Fußgängern auf bestimmten Plätzen im Straßenverkehr, also auf Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln besondere Sicherheitszonen zu gewähren, auf denen sie vor Fahrzeugen aller Art geschützt sind. Indem der Berufungswerber mit seinem Fahrrad den westlichen Gehsteig in der Kapruner Generator Straße auf Höhe des Hauses Nr. 18 in nördlicher Richtung befahren hat, hat er eindeutig gegen diesen Schutzzweck verstoßen und objektiv zur Gefahrenvermehrung für allenfalls dort vorhandene Fußgänger beigetragen. Die Aufzählung in der zitierten Gesetzesstelle ist taxativ und kann daher nicht auf Schutzwege ausgeweitet werden. Daß das Befahren von Schutzwegen mit Fahrrädern verboten ist, kann der StVO nicht entnommen werden, sodaß auch

eine Änderung der rechtlichen Qualifikation des von der Erstbehörde vorgeworfenen Verhaltens zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde nicht erfolgen kann. Nicht nur Fahrräder sondern auch Fahrzeuge aller Art überfahren ständig Schutzwege, da dies unumgänglich ist, damit sie ihre Fahrt fortsetzen. Auch § 68 Abs 1 StVO enthält lediglich ein Verbot des Radfahrens in Längsrichtung auf Gehsteigen und Gehwegen. Auch hier ist von einem Schutzweg nicht die Rede. Es war daher hinsichtlich Punkt 2.) des Straferkenntnisses spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Punkt 1.) des Straferkenntnisses bleibt noch zu prüfen, ob die über den Berufungswerber verhängte Strafe schuld- und tatangemessen ist.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß

anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Es liegen weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe vor, zumal im Beobachtungszeitraum der letzten fünf Jahre keine einschlägige Verwaltungsübertretung durch den Berufungswerber gesetzt wurde, welche straferschwerend heranzuziehen gewesen wäre. Der Berufungswerber hat jedoch zahlreiche andere Übertretungen der StVO und des KFG gesetzt, sodaß Unbescholtenheit nicht vorliegt. Der Umstand, daß ein Täter nicht einschlägig vorbestraft ist, bildet keinen Milderungsgrund, sondern nur die absolute Unbescholtenheit (vgl. VwGH 24.4.1963, 760/61). Auch wenn nicht bekannt ist, daß der Berufungswerber ein Einkommen bzw. ein Vermögen besitzt, erscheint die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen im Hinblick auf den Schutzzweck der verletzten Norm. Eine Geldstrafe ist auch dann zu verhängen, wenn die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse eines Bestraften als wahrscheinlich erscheinen lassen, er wird nicht in der Lage sein, sie zu bezahlen (VwGH 6.12.1965, 926/65 Slg. 6818 A).

Der Berufungswerber hat jedoch die Möglichkeit, wenn ihm aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, bei der belangten Behörde einen Antrag auf einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung gemäß § 54 b Abs 3 VStG zu stellen.

Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.

Schlagworte
Schutzweg Radfahrer Fahrverbot
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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