TE UVS Tirol 1996/10/29 14/236-1/1996

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Veröffentlicht am 29.10.1996
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 AVG iVm §24 und 51e VStG wird der Berufung Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z1 eingestellt.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der SG GesmbH zu vertreten, daß durch die genannte Unternehmung vom 11.2.1995 in deren Gastbetrieb in Innsbruck,

(Restaurant XY), sogenanntes Faschiertes verpackt, jedoch ohne Kennzeichnung im Sinne der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 durch Lagern in der Tiefkühlzelle in Verkehr gebracht wurde. Das angeführte Lebensmittel hätte folgende Kennzeichnung aufweisen müssen:

Gemäß §4 Z1 - die handelsübliche Sachbezeichnung - bei Fehlen einer solchen eine Beschreibung, die Rückschlüsse auf Art und Beschaffenheit der Ware ermöglicht - in Verbindung mit einer Angabe über den physikalischen Zustand oder über die besondere Behandlung der Ware (z.B. pulverförmig, konzentriert, geräuchert, gefriergetrocknet, UHT-erhitzt), sofern die Unterlassung einer solchen Angabe geeignet wäre, beim Käufer einen Irrtum herbeizuführen;

Gemäß §4 Z2 - der Name (Firma oder Firmenschlagwort) und die Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung oder eines in einem EWR-Mitgliedstaat niedergelassenen Verkäufers; den Ursprungs- oder Herkunftsort, falls ohne diese Angabe ein Irrtum des Verbrauchers über die tatsächliche Herkunft möglich wäre. Bei ausländischen - nicht aus einem EWR-Mitgliedstaat importierten Waren - ist jedenfalls das Ursprungsland anzugeben; Gemäß §4 Z3 - a) die Nettofüllmenge der zur Verpackung gelangenden Ware nach metrischem System; bei flüssigen Waren nach Litern, Zentilitern oder Milliliter, bei sonstigen Waren nach Kilogramm oder Gramm;

 

Gemäß §4 Z5 - der Zeitpunkt, bis zu dem die Ware ihre spezifische Eigenschaften behält (Mindesthaltbarkeitsdatum) mit den Worten:

"mindestens haltbar bis ...", wenn der Tag genannt wird; "mindestens haltbar bis Ende ...", wenn nur Monat oder Jahr genannt werden, bestimmt nach a) Tag und Monat, wenn deren Haltbarkeit weniger als drei Monate beträgt, in Verbindung mit der Angabe "mindestens haltbar bis ..." ist entweder das Datum selbst oder die Stelle, an der es in der Etikettierung anzugeben ist, einzusetzen;

Gemäß §4 Z6 - die Temperaturen oder sonstigen Lagerbedingungen, wenn deren Einhaltung für die Haltbarkeit wesentlich ist.

 

Er habe dadurch in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der genannten Unternehmung eine Verwaltungsübertretung nach §74 Abs5 Z1 des Lebensmittelgesetzes, LGBl Nr 86/1975 iVm §1 Abs1

Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl Nr 72/1993 begangen und wurde über ihn gemäß §74 Abs5 Lebensmittelgesetz eine Geldstrafe in Höhe von S 2.000,-- (Ersatzarrest 2 Tage) verhängt. Ferner wurde er zum Kostenersatz der Barauslagen für das Gutachten verpflichtet.

 

Der vorgenannte Bescheid wurde dem Berufungswerber am 19.8.1996 zu Handen dessen Vertreters zugestellt. Innerhalb offener Frist wurde eine Berufung erhoben, in der im wesentlichen vorgebracht wird, daß der Schuldvorwurf nicht gerechtfertigt sei, da der Berufungswerber als Unternehmer alles Menschenmögliche unternommen habe, um die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten und er insbesonders seinem Küchenchef den Auftrag gegeben hat, die Ware im bezug auf das Lebensmittelgesetz zu kontrollieren. Im Hinblick auf das bestehende Kontrollsystem wird der Antrag gestellt, daß die Berufungsbehörde der Berufung stattgeben, das angefochtene Straferkenntnis beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 VStG einstellen soll.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen wie folgt:

 

Aus dem vorgelegten Akt ergibt sich, daß der Berufungswerber Geschäftsführer der Firma SG GesmbH ist, die das Gastgewerbe Betriebsart Cafe - Restaurant ausübt. Am 8.2.1995 erfolgte eine Kontrolle im Restaurant der vorgenannten Firma, dem "XY" in Innsbruck, Bozner Platz 6. Dabei wurde eine Lebensmittelprobe, und zwar Faschiertes, gezogen, wobei dieses Produkt von der Firma H, Deutschland, hergestellt und dem Restaurant des Berufungswerbers geliefert wurde.

 

Vorerst ist festzuhalten, daß dem Berufungswerber eine Übertretung nach §74 Abs5 Z1 LGKV zur Last gelegt wird, was verfehlt ist, da die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, die in §75 Abs1 Z19 genannt wird, nicht mehr in Kraft ist, sondern nunmehr die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 gilt, die aufgrund der §§7 Abs2, 10 Abs1 und 19 Abs1 des Lebensmittelgesetzes 1975 verordnet wurde.

 

§1 Abs1 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 normiert, daß diese Verordnung auf alle verpackten Waren gemäß den §§2 und 3 Lebensmittelgesetz 1975 - ausgenommen Kakao- und Schokoladeerzeugnisse und Waren, die dem Weingesetz 1985 idgF unterliegen -, die, ohne weitere Verarbeitung, für den Letztverbraucher bestimmt sind, anzuwenden ist; dem Letztverbraucher sind Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung gleichzustellen.

 

Bei der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 war die Rechtslage so, daß der Verwaltungsgerichtsof ausgesprochen hat, daß der Gesetzgeber unter Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung auch Betriebe des Gastgewerbes versteht (siehe Erich Feil, das österreichische Lebensmittelrecht, Band 1, Anmerkung 17 zur LMKV 1973).

 

Der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol ist der Ansicht, daß sich an dieser Rechtsansicht durch die neue Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 nichts geändert hat, sodaß Gastgewebebetriebe Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung gleichgestellt sind und daher im Sinne des §1 Abs1 LMKV 1993 als Letztverbraucher anzusehen sind. Eine Kennzeichnungspflicht des Gastgewebebetriebes des lagernden Faschierten hat daher nicht bestanden und hätte der entsprechende Vorwurf dem Lieferanten, der Firma H, Deutschland, gemacht werden müssen. In diesem Zusammenhang ist darauf auch zu verweisen, daß die Anzeigen des Marktamtes nicht gegen den Berufungswerber gerichtet war, sondern gegen den Verantwortlichen der Firma H, Fleisch-Wurst-Spezialitäten Handels-GesmbH, Deutschland.

 

Aus vorangeführten Überlegungen ergibt sich, daß der gegen den Berufungswerber erhobene Schuldvorwurf, da dieser ein Gastgewerbe betreibt, nicht berechtigt ist und er die ihm vorgeworfene Übertretung nicht begangen hat.

 

Es war daher der Berufung stattzugeben und das Strafverfahren einzustellen.

Schlagworte
Kennzeichnungspflicht nach LMKV 1993 für Gastgewerbebetriebe
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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