TE UVS Steiermark 1997/03/26 30.15-3/97

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Veröffentlicht am 26.03.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn Alfred M, geb. am 07.09.1954, wohnhaft Sch 80, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 02.12.1996, GZ.: 15.1 1995/554, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber als Geschäftsführer der Firma M und K Transport- und SpeditionsgesmbH eine Übertretung des Artikel 14 Abs 1 der Verordnung (EWG) 3821/95 zur Last gelegt, da sein Arbeitnehmer Adolf Siegfried F am 16.11.1994 und am 17.11.1994 im Kontrollgerät Schaublätter eingelegt gehabt habe, die nicht dem amtlichen Muster entsprachen. Es fehlten das Prüfzeichen "e", die Kennzahl und der Buchstabe des Zulassungslandes.

In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung bestritt der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung hinsichtlich der objektiven Tatseite nicht, berief sich jedoch auf mangelndes Verschulden, da seines Erachtens die Lenker für die Verwendung falscher Schaublätter verantwortlich seien. In seiner Firma seien die Schaublätter in einem Schrank im Fahrerraum aufbewahrt und für die Fahrer frei zugänglich. Es hätten daher die Fahrer selbst dafür zu sorgen, daß sie die richtigen Blätter für das jeweilige Kontrollgerät entnehmen. Er sei daher der Meinung, daß auch in diesem Fall eine Doppelbestrafung nicht möglich sein könne.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Artikel 14 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20.12.1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr hat folgenden Wortlaut:

"Der Unternehmer händigt den Fahrern eine ausreichende Anzahl Schaublätter aus, wobei dem persönlichen Charakter dieser Schaublätter, der Dauer des Dienstes und der Möglichkeit Rechnung zu tragen ist, daß beschädigte oder von einem zuständigen Kontrollbeamten beschlagnahmte Schaublätter ersetzt werden müssen.

Der Unternehmer händigt den Fahrern nur solche Schaublätter aus, die einem amtlich genehmigten Muster entsprechen und die sich für das in das Fahrzeug eingebaute Gerät eignen."

Auch wenn der Unternehmer daher als Normadressat des Artikel 14 der EG-VO 3821 anzusehen ist, ist das Verfahren im Ergebnis dennoch einzustellen, da das angefochtene Straferkenntnis an einem nicht behebbaren Spruchmangel leidet.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich.

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird somit dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmal zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11894/A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung ist das vom Tatbestand erfaßte, äußere menschliche Verhalten.

Dieses Verhalten kann in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist es nach der zitierten Gesetzesstelle rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Umstände so genau zu umschreiben, daß

1.) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt

worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2.) die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13.6.1984, Slg. NF 11.466/A).

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn

a.) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter

Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren,

gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf

den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b.) der Spruch geeignet ist, dem Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu beschützen,

wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11.894/A).

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, welcher mit dem der Anzeige und der als erste Verfolgungshandlung anzusehenden Strafverfügung vom 15.05.1995 ident ist, legt dem Berufungswerber zur Last, daß sein Lenker Siegfried F anläßlich der Kontrolle vom 16.11.1994 im Kontrollgerät Schaublätter eingelegt hatte, die nicht dem amtlich genehmigten Muster entsprachen. Dieser Tatvorwurf läßt sich jedoch nicht unter die Bestimmung des Art. 14 der EWG-Verordnung 3821/85 subsumieren, da diese Verordnung den Unternehmer ihrem klaren Wortlaut nach lediglich dazu verpflichtet, den Fahrern nur solche Schaublätter auszuhändigen, die einem amtlich genehmigten Muster entsprechen und die sich für das in das Fahrzeug eingebaute Gerät eignen. Eine darüberhinausgehende Verpflichtung des Arbeitgebers, dafür Sorge zu tragen, daß der Fahrer die ordnungsgemäß ausgehändigten Schaublätter auch in das Kontrollgerät einlegt, läßt sich jedoch dieser Bestimmung nicht entnehmen. Auf die vorliegende Fallkonstellation ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum GGSt sinngemäß anzuwenden. So hat der Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung vom 24.01.1996, Zl. 94/03/0296 zu § 22 Abs 2 Z 5 GGSt ausgesprochen, daß die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Übergabe einer Sache (hier der im ADR vorgeschriebenen Gefahrenzettel) für eine bestimmte Verwendung (nämlich die ordnungsgemäße Anbringung am Fahrzeug) an einen Dritten nicht die Pflicht einschließt, dafür zu sorgen, daß die Sache während der Verwendung (des Gefahrenguttransportes) durch den Dritten sich immer noch in gebotenen ordnungsgemäßen Zustand befindet. Es wäre daher dem Arbeitgeber als Verstoß gegen Art 14 der Verordnung nur vorzuwerfen gewesen, daß er seinem Fahrer keine entsprechenden Schaublätter ausgehändigt hatte. Der Berufungsbehörde ist es in diesem Fall verwehrt, eine Spruchkorrektur vorzunehmen, da dies eine unzulässige Auswechslung der Tat darstellen würde und überdies mangels richtiger Verfolgungshandlung bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Es war daher das Verfahren im Ergebnis aus formellen Gründen einzustellen.

Schlagworte
Unternehmer Arbeitgeber Schaublätter Kontrollgerät Aushändigungspflicht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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