TE UVS Burgenland 1997/07/22 02/06/97115

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Veröffentlicht am 22.07.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied

Mag Obrist über die Berufung des Herrn                       ,

geboren am 26 02 1976, wohnhaft in                                ,

vom 17 05 1997, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 28 04 1997, Zl 300-875-1997, wegen Bestrafung nach

der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960 zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 2 000,--, zu leisten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten zur Last gelegt, er habe am 03 02 1997 gegen 16 10 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand an einer bestimmten Stelle der B 61 gelenkt.

Wegen Übertretung des § 99 Abs 1 lit a iVm § 5 Abs 1 StVO wurde eine Geldstrafe von S 10 000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen) verhängt.

 

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung rechtfertigt sich der Beschuldigte im wesentlichen damit, daß der beeinträchtigte Zustand durch den Einfluß von Hanf nie länger dauere als drei Stunden. Auch sei in gewissen Nahrungsmitteln der gleiche Inhaltsstoff enthalten, wie in seiner Urinprobe festgestellt. Im Moment sei es ihm auch nicht möglich, diesen Betrag aufzubringen.

 

Hierüber wurde folgendes erwogen:

 

Das gegenständliche Verfahren basiert auf der Anzeige der Grenzgendarmerie bei der GREKO Rattersdorf. Laut Anzeige wurde im PKW

des Beschuldigten anläßlich der versuchten Ausreise nach Ungarn am 03 02 1997 gegen 16 10 Uhr Cannabiskraut mit Butter vermengt gefunden. Über Auftrag der zuständigen Staatsanwaltschaft wurde der Beschuldigte zwecks Durchführung eines Urintestes in das Krankenhaus Oberpullendorf gebracht. Der Beschuldigte hat anläßlich seiner Kontrolle zugegeben, am 02 02 1997 Cannabis aus einem Joint konsumiert zu haben.

 

Im Akt erliegt weiters ein Schreiben des Institutes für gerichtliche Medizin der Universität Wien, worin das Ergebnis der chemischen Untersuchung der Harnprobe des Beschuldigten auf Suchtgifte mitgeteilt wird. Dies wurde dem Beschuldigten anläßlich seiner Einvernahme im erstinstanzlichen Verfahren zur Kenntnis gebracht und hat er zugegeben, daß er am Wochenende vorher geraucht habe.

 

§ 5 Abs 1 erster Satz StVO bestimmt, daß - wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen darf.

 

Gesetzliche Grenzwerte, ab deren Erreichen eine Person jedenfalls als

von Suchtgift beeinträchtigt gilt, wurden nicht festgelegt. Es ist im

Einzelfall festzustellen, ob eine Beeinträchtigung durch Suchtgift ein solches Ausmaß erreicht hat, daß der Fahrzeuglenker nicht mehr in

der Lage war, das Fahrzeug zu beherrschen und die Verkehrsregeln zu beachten.

 

Zur Feststellung, ob eine derartige Suchtgiftbeeinträchtigung des Beschuldigten zur Tatzeit vorlag, wurde im Berufungsverfahren ein Gutachten eines medizinischen Amtssachverständigen eingeholt. Der Sachverständige führte - auf der Grundlage des Ergebnisses obgen chemischer Untersuchung des Harnes des Berufungswerbers - folgendes aus:

 

Cannabis-Drogen sind Präparate aus den Blüten, Blütenständen und Blattspitzen/Blättern verschiedener Hanfpflanzen. Als primär psychoaktiv (psychotrop) wirksame Komponente wird Tetrahydrocannabinol = THC angesehen. Dies wird im Blut in weitere ZNS-aktive Substanzen umgebaut. Vermutlich wegen seiner Fettlöslichkeit ist THC bis zu mehreren Wochen nach der Einnahme nachweisbar. Die psychisch wirksame Einzeldosis liegt bei 20 bis 50 mg THC. Um einen Rauschzustand zu erzielen, müssen etwa 0,2 - 1 g Haschisch (THC-Gehalt 5-10 %) bzw 0,4 - 5 g Marihuana (THC-Gehalt 1

-

5 %) geraucht werden. Cannabis hat eine euphorisierende Wirkung; es wurde aber auch über häufige Dysphorie (- Mißgestimmtheit), Schwindel, Benommenheit, Müdigkeit, Schläfrigkeit und Denkstörungen berichtet. Es führt auch zu Störungen der Zeitwahrnehmung sowie zu visuellen Mißwahrnehmungen.

 

Im konkreten Fall wurden bei ihm eine Konzentration des Metaboliten 11-nor-Delta-9-tetrahydrocannabinol-9-carbonsäure von 170 Nanogramm pro Milliliter Harn nachgewiesen. Pro Tag werden beim Erwachsenen rund 1,5 l Harn ausgeschieden (= 1500 ml). Dies bedeutet, daß bei Herrn           eine Menge von 225 mg des Cannabismethaboliten 11-nor-Delta-9-tetrahydrocannabinol-9-carbonsäure am Tag der Harnentnahme ausgeschieden wurden. Es handelt sich somit um mehr als die 5-fache Menge an Cannabis, die für einen Rauschzustand ausreichen, die Obgenannter vor der Harnentnahme konsumiert haben muß

(Für Rausch genügt die Menge von 20 - 50 mg THC).

 

Angesichts der langsamen Ausscheidung von Cannabis im Harn mit wochenlanger Nachweismöglichkeit ist es aus amtsärztlicher Sicht als erwiesen anzusehen, daß Obgenannter am 03 02 1997 zur Tatzeit in einem durch Cannabis beeinträchtigten Zustand sich befand, in dem er nicht in der Lage war, das Fahrzeug zu beherrschen und die Verkehrsregeln zu beachten.

 

Dieses Gutachten wurde dem Berufungswerber zur Kenntnis gebracht. In seiner Stellungnahme gab er wiederum zu, Hanf konsumiert zu haben.

Es

seien ihm jedoch an diesem Tag Cannabinol-Verbindungen nachgewiesen worden, die er schon Tage (Monate) mit sich herumgetragen habe. Die Höchstwerte etc seien rein theoretisch. Jede Person nehme diese Verbindungen anders auf. Er jedenfalls sei zum Tatzeitpunkt nicht durch Suchtgift beeinträchtigt gewesen.

 

Der Verwaltungssenat geht von den Feststellungen des medizinischen Amtssachverständigen aus. Dieser hat in seinem Gutachten ausführlich und schlüssig dargelegt, daß sich der Berufungswerber zur Tatzeit in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befand. Der Beschuldigte ist dem nicht auf der gleichen fachlichen Ebene entgegengetreten. Er hat auch selbst den Suchtgiftkonsum nicht in Abrede gestellt, sondern nur bestritten, daß eine Beeinträchtigung vorgelegen habe. Dies allerdings ohne konkret darzulegen, inwiefern die vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen unzutreffend sein

sollten. Selbst wenn er sich zur Tatzeit persönlich nicht beeinträchtigt fühlte, so ist dieser subjektive Eindruck nicht geeignet, die Feststellungen des Sachverständigen zu entkräften.

Wenn

der Beschuldigte weiters meint, auch in diversen Lebensmitteln seien derartige Inhaltsstoffe zu finden, so ist ihm entgegenzuhalten, daß er - wie dem Gutachten des Sachverständigen ebenfalls zu entnehmen ist - nicht bloß eine geringe Menge, sondern mehr als das fünffache der für einen Rauschzustand ausreichenden Einzeldosis von 20 bis 50 mg THC aufgenommen haben muß. Aufgrund dieser Erwägungen ist davon auszugehen, daß sich der Beschuldigte zur Tatzeit in einem solchen Ausmaß durch Suchtgift beeinträchtigt war, daß er nicht mehr in der Lage gewesen ist, ein Fahrzeug zu beherrschen und die Verkehrsregeln zu beachten.

 

Zur Strafbemessung:

 

Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das an der Verkehrssicherheit bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient. Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer

hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.

 

Bei der Strafbemessung waren weder mildernde noch erschwerende Umstände zu berücksichtigen.

 

Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen (Einkommen: S 10 000,--; Vermögen: keines; Sorgepflichten: keine).

 

Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt

der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers ist die verhängte Strafe als angemessen anzusehen. Auch das Vorbringen des Berufungswerbers, er sei derzeit nicht in der Lage, den Strafbetrag aufzubringen, kann nicht zu einer Herabsetzung der Strafe führen; diesfalls beseht die Möglichkeit bei der Bezirkshauptmannschaft um Gewährung von Teilzahlungen anzusuchen.

 

Eine Strafe muß geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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