TE UVS Steiermark 1997/09/10 30.17-63/97

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Veröffentlicht am 10.09.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Cornelia Meixner über die Berufung des Herrn Ing. Gerhard K, wohnhaft S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 19.3.1997, GZ.:

15.1 1996/13586, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 29.7.1996, um 17.32 Uhr, in G, in der Georgigasse, auf Höhe Haus Nr. 26, als Lenker das Fahrzeug mit dem Kennzeichen GU 1RRP, auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr und Gleisen von Schienenfahrzeugen am linken Fahrbahnrand abgestellt. Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 24 Abs 1 lit m StVO wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- (30 Stunden Ersatzarrest) verhängt.

In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vom Berufungswerber die objektive Tatseite bekämpft und ausgeführt, daß er das Fahrzeug nicht am linken sondern am rechten Fahrbahnrand abgestellt hätte.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere dem Ergebnis der öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung vom 2.9.1997, wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Die Georgigasse verläuft in G, im hier maßgeblichen Teilbereich, in annähernd westöstlicher Richtung. Sie beginnt im Osten im Kreuzungsbereich mit der Alten Poststraße und mündet nach einer geringen Richtungsänderung im Nordwesten in die Kreuzung Bayernstraße-Göstingerstraße. Wie anläßlich eines Ortsaugenscheines am Vortag der Verhandlung festgestellt wurde, handelt es sich bei der Georgigasse um eine Vorrangstraße mit Gegenverkehr und sind auf der Fahrbahn Schienen für die Straßenbahnlinie 1 verlegt.

Vor dem Objekt Georgigasse Nr. 28 ist eine Haltestelle der Straßenbahnlinie 1 stadtauswärts situiert. Im Bereich dieser Haltestelle, beginnend beim Objekt Georgigasse Nr. 26, ist der Gehsteig bis unmittelbar zur Schienenkante verbreitert, um den Benützern des öffentlichen Verkehrsmittels ein ungehindertes Einsteigen zu ermöglichen. Vor der Hauseinfahrt zum Objekt Georgigasse Nr. 26 sind die Randsteine dieses verbreiterten Gehsteiges abgeschrägt. Diesen Abschnitt des Gehsteiges hat der Berufungswerber gewählt, um sein Fahrzeug mit dem Kennzeichen GU 1RRP dergestalt abzustellen, daß das Heck des Fahrzeuges gegen Westen und dessen Front in Richtung Osten, sohin gegen die Fahrtrichtung, ragte.

Diese Feststellungen gründen sich auf die im Akt erliegende Anzeige, die Aussagen des Meldungslegers in der mündlichen Verhandlung vom 2.9.1997 und das Ergebnis des Ortsaugenscheines vom 1.9.1997 bzw. der der Verhandlungsschrift als Beilage angeschlossenen Situationsskizze.

Bei Abwägung der widersprüchlichen Angaben zur Aufstellungsrichtung des Fahrzeuges des Berufungswerbers schenkt die entscheidende Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung der Darstellung des Meldungslegers mehr Glauben als den Angaben des Berufungswerbers. Der Meldungsleger vermittelte bei seiner Einvernahme einen glaubwürdigen Eindruck, auch waren seine Aussagen schlüssig und nachvollziehbar. Es muß auch nach Ansicht der erkennenden Behörde davon ausgegangen werden können, daß ein im Verkehrsüberwachungsdienst stehender, geschulter Polizeibeamter die Vorgänge des Straßenverkehrs richtig beobachtet und auch allfällige Übertretungen wahrheitsgemäß beurteilen kann. Während es bei einer Verwaltungsübertretung im fließenden Verkehr noch durchaus vorstellbar ist, daß es aufgrund des raschen Zeitablaufes zu Verwechslungen oder ungenauen Sachverhaltsfeststellungen kommen kann, kann gerade bei einer Verwaltungsübertretung im ruhenden Verkehr keine Veranlassung gesehen werden, daß der Meldungsleger eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig habe belasten wollen und eine Strafanzeige verfaßt, die eine Sachverhaltsdarstellung enthält, die völlig konträr zu den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort ist. Im übrigen galt die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Meldungslegers bei Ausstellung des Lenkerverständigungszettels ausschließlich dem verfahrensgegenständlichen Fahrzeug. Der Meldungsleger war nicht durch einen anderen Vorgang abgelenkt, auch beobachtete er die Standposition des Fahrzeuges aus unmittelbarer Nähe und brachte den Lenkerverständigungszettel hinter dem Scheibenwischer des Fahrzeuges an.

Hätte der Meldungsleger den Berufungswerber entsprechend dem Berufungsvorbringen wahrheitswidrig belasten wollen, so erschiene die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen einer Verletzung des § 23 Abs 3 StVO realistischer. Ergänzend wird bemerkt, daß beide auf dem Lenkerverständigungszettel vermerkten Verwaltungsübertretungen nebeneinander begangen werden können, weshalb das Absehen von einer Verfolgung einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs 3 StVO nicht als ein teilweises Geständnis des Meldungslegers sondern gerade als ein Indiz für dessen genaue Erhebungen bzw. fundierte Anzeigenerstattung zu werten ist.

Auch wenn der Berufungswerber seinen Standpunkt durchaus glaubhaft vorgebracht hat, folgt die erkennende Behörde aus all den oben dargelegten Erwägungen der Darstellung des Meldungslegers. Aus dem Vorbringen, daß der Berufungswerber gemeinsam mit seinem Sohn gegen 17.00 Uhr die Firma K in der Alten Poststraße verlassen hat und mit seinem Pkw in die Georgigasse Nr. 26 gefahren ist, ist für den Berufungswerber nichts zu gewinnen, da dieser Standort auch über die Vinzenzgasse bzw. über jede beliebige zur Alten Poststraße parallel verlaufenden Straße erreicht werden kann. Darüber hinaus ist der vorgelegten Rechnung der Firma K weder der Zeitpunkt des Einkaufs zu entnehmen und könnte auch aufgrund der geringen Entfernung zwischen diesem Baustoffhandel und der Georgigasse Nr. 26 eine weitere Lenkbewegung kurz vor Eintreffen des Meldungslegers stattgefunden haben. Daß der Berufungswerber dagegen sein Fahrzeug nach einem vorschriftsmäßigen Anhalten im Tatortbereich gewendet hätte, wurde nicht einmal behauptet. Die Aussagen des Zeugen Roland K dagegen vermochten von Anfang an nicht zu überzeugen, da sie den Eindruck erweckten, allzu vorbereitet und vorgefaßt worden zu sein. So konnte dieser Zeuge zwar nicht die Hausnummer jenes Hauses angeben, in dem seine Eltern eine Wohnung haben und in dessen Einfahrtsbereich das Fahrzeug abgestellt war, jedoch ohne Zögern, daß er aus dem westlichsten Fenster dieser Wohnung auf die Straße geblickt hätte. Diese Bezeichnung eines Wohnungsfensters kann nach Ansicht der erkennenden Behörde auch nicht mit dem Hinweis auf den Besuch einer Baufachschule als allgemein üblich dargestellt werden, sondern stellt sich eher als Wiederholung des Vorbringens des Berufungswerbers im Einspruch vom 5.11.1996 dar.

Dennoch war dem Berufungsbegehren aus nachstehenden Gründen Folge zu geben:

Gemäß § 24 Abs 1 lit n StVO ist das Halten und Parken auf Straßenstellen, die nur durch Verletzen eines gesetzlichen Verbotes (z.B. nach § 7 Abs 4 oder nach § 52 Z 1) erreicht werden können, verboten.

Gemäß § 7 Abs 4 StVO ist auf Vorrangstraßen im Ortsgebiet und auf Fahrbahnen mit Schienenfahrzeugen das Zufahren zum linken Fahrbahnrand, außer in Einbahnstraßen, verboten.

Nach herrschender Rechtsansicht ist unter Zufahren zum linken Fahrbahnrand nur zu verstehen, daß der Fahrzeuglenker beabsichtigt, entweder parallel zum Fahrbahnrand oder - bei Vorhandensein entsprechender Bodenmarkierungen - schräg zu diesen zu halten oder zu parken, nicht aber die Fahrbahn zu verlassen (OGH 24.9.1970, ZVR 1971/69; 7.7.1966, ZVR 1967/57). Verläßt das Fahrzeug jedoch die Fahrbahn und fährt über den linken Fahrbahnrand hinaus auf den Gehsteig, liegt keine Verletzung des § 7 Abs 4 StVO vor.

Daraus folgt jedoch, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, weshalb das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 45 Abs 2 VStG zu beheben und das Strafverfahren einzustellen war.

Schlagworte
Halteverbot zufahren gesetzliches Verbot Fahrbahnrand Gehsteig Abschrägung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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