TE UVS Burgenland 1997/09/26 02/01/97160

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Veröffentlicht am 26.09.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied

Dr Traxler über die Berufung des Herrn                            ,

geboren am           , wohnhaft in D-                              ,

vertreten durch Herrn Rechtsanwalt                              ,

vom

16 07 1997, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft

Oberwart vom 02 07 1997, Zl 300-26-1997, wegen Bestrafung nach § 42

Abs 2 StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 600,--, zu leisten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe als Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges mit dem deutschen Kennzeichen                   mit einem höchstzulässigen Gesamgewicht von mehr als 7,5 t das an Sonntagen und

gesetzlichen Feiertagen von 00 Uhr bis 22 Uhr bestehende Fahrverbot nicht beachtet. Als Tatzeit ist der 15 12 1996, 01 20 Uhr, als Tatort

die B 63 in Schachendorf in Höhe der Grenzkontrollstelle in Fahrtrichtung Ungarn festgehalten.

 

In der Berufung wird vorgebracht:

1) Der Berufungswerber habe zum Beweis dafür, daß er für den Tattag eine Ausnahmegenehmigung des Landkreises Cloppenburg besessen habe, die Firmeninhaberin sowie einen Vertreter des Straßenverkehrsamtes dieses Landkreises geltend gemacht.

2) Weiters habe es die Behörde I Instanz unterlassen, ihn selbst zu vernehmen. Dies wäre notwendig gewesen, da sich daraus ergeben hätte,

daß er bereits regelmäßig seit Jahren durch Österreich internationale

Tiertransporte durchführe und mit der deutschen Ausnahmegenehmigung ständig das Auslangen gefunden wurde.

3) Unrichtig sei auch die rechtliche Beurteilung betreffend die Dauerausnahmegenehmigung. Nach europarechtlichen Bestimmungen bestehe

nämlich eine Ausnahme vom Sonntagsfahrverbot, wenn der Tiertransport zu Märkten geführt werde. Bis zum Marktzielort bestehe nach deutschem

Recht eine Ausnahmegenehmigung. Sofern deren Gültigkeit verneint werde, treffe den Berufungswerber dennoch kein Verschulden, da er von

seinem Arbeitgeber ständig darauf hingewiesen wurde, daß mit der deutschen Ausnahmegenehmigung auch Rückleerfahrten über Österreich gestattet seien. Diesbezüglich sei er kurz vor der Grenzkontrollstelle in Österreich einer Kontrolle durch die österreichische Polizei unterzogen worden, welche ihn ausdrücklich anwies, durch Österreich weiterzufahren.

4) Abschließend wird die Strafbemessung bemängelt.

 

Hierüber hat der Verwaltungssenat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwogen:

 

Aus § 42 Abs 2 StVO 1960 ergibt sich, daß an Samstagen von 15 Uhr bis

24 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00 00 Uhr bis

22 00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten ist.

 

Gemäß § 42 Abs 3 StVO 1960 sind von dem im Absatz 2 angeführten Verbot Fahrten ausgenommen, die unter anderem ausschließlich der Beförderung von Schlacht- oder Stechvieh oder leicht verderblichen Lebensmitteln usw dienen.

 

Aus der Anzeige des Grenzüberwachungspostens Rechnitz vom 18 12 1996 ergibt sich, daß der Berufungswerber zur Tatzeit (einem Sonntag) am Tatort mit seinem Sattelkraftfahrzeug unterwegs war. Einem Bericht dieser Dienststelle ist weiters zu entnehmen, daß es sich im vorliegenden Fall um eine Leerfahrt handelte.

Dies wird vom Berufungswerber auch nicht bestritten.

 

Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der der Berufungswerber selbst persönlich nicht erschienen ist, sondern sich vertreten ließ, gab der als Zeuge einvernommene GI

folgendes an:

 

Im Zuge des Streifendienstes waren wir auf der B 63 unterwegs und konnten den gegenständlichen Sattelschlepper mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 38 t wahrnehmen. Wir fuhren zur Grenzkontrolle, da sich das Fahrzeug der Grenzkontrolle stellen mußte. Bei dieser Gelegenheit wurden die Personalien des Lenkers und der LKW überprüft.

Dabei konnten wir feststellen, daß der LKW leer war. Der Lenker gab an, das Fahrzeug am Packsattel übernommen zu haben und Richtung Grenzkontrollstelle Heiligenkreuz unterwegs gewesen zu sein. Dort wurde er nicht abgefertigt, weil die ungarischen Zollbeamten ab 22 Uhr keine Güterabfertigung vornehmen, auch nicht bei Leerfahrten. Aus diesem Grund fuhr er dann nach Schachendorf, um dort die zollamtliche Abfertigung zu beantragen. Nachdem ich den Lenker auf das LKW-Fahrverbot aufmerksam gemacht hatte, gab er an, daß er anläßlich der Übernahme des Fahrzeuges ausdrücklich den Auftrag seines Chefs erhalten habe, unbeschadet des Wochenendfahrverbotes zu fahren. Eine deutsche Ausnahmebescheinigung wurde mir nicht vorgewiesen. Auch hat der Berufungswerber keine Angaben über Ziel und

Zweck des Transportes gemacht. Er hat lediglich angegeben, nach Ungarn fahren zu wollen.

 

Auf Befragen der Rechtsvertreterin führte der Zeuge aus:

Der Berufungswerber hat keinerlei Ausnahmebescheinigung vorgezeigt. Er war sehr einsichtig und wußte, daß er am Wochenende mit dem Sattelkraftfahrzeug nicht fahren durfte. Er gab aber an, den ausdrücklichen Auftrag des Chefs erhalten zu haben und deshalb zu fahren, weil er sonst befürchte, seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Ich habe den Lenker auf die Möglichkeit einer Organstrafverfügung hingewiesen. Er lehnte mit der Begründung ab, daß er diese nicht refundiert bekomme.

 

Die Berufungsbehörde hegt gegen diese Aussage eines geschulten Organes der Straßenaufsicht, das unter Wahrheitserinnerung und im Bewußtsein der Strafdrohung des § 289 StGB ausgesagt hat, keine Bedenken. Demgegenüber steht es dem Berufungswerber frei, sich so zu verantworten, daß er straffrei geht. Es kommt daher den Ausführungen des Zeugen ein höherer Beweiswert als den Angaben des Berufungswerbers zu.

Die Berufungsbehörde geht daher davon aus, daß sich der Vorgang anläßlich der Kontrolle beim Grenzübergang Schachendorf so zugetragen

hat, wie ihn der Zeuge schildert.

 

Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung hat die Rechtsvertreterin des Berufungswerbers auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen. Danach (vgl die Erkenntnisse vom 10 09 1980, Zahl 379/80 und vom 17 12 1986, Zahl 86/03/0189) sind auch die Hinfahrt bzw die Leerfahrt im Zusammenhang mit einer Fahrt, auf der leicht verderbliche Lebensmittel befördert werden, als durch die Zwecksetzung im Sinne des § 42 Abs 3 StVO charakterisierte Fahrten anzusehen, sofern sie aus betriebswirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen unumgänglich erforderlich sind.

 

Daraus ist ersichtlich, daß unter Umständen auch Leerfahrten unter die Ausnahmebestimmung des § 42 Abs 3 StVO fallen, obwohl aus dem Wortlaut dieser Bestimmung durchaus auf eine Unzulässigkeit solcher Fahrten zu schließen wäre. Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof gefordert, daß diese Fahrten aus betriebswirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen unumgänglich erforderlich sein müssen. Diese Umstände aber hätte der Berufungswerber von sich aus dartun und

durch entsprechende Bescheinigungsmittel glaubhaft machen müssen.

 

Zwar wurde im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens eine Bestätigung des Fuhrbetriebes       , für den der Berufungswerber unterwegs war, mit Datum vom 23 06 1997 vorgelegt, aus der hervorgeht, daß der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt im internationalen Tiertransport eingesetzt war. Nähere Ausführungen über Ziel und Zweck der vorliegenden Fahrt fehlen aber und konnten auch im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung trotz ausdrücklicher Befragung nicht angegeben werden.

Eine bereits im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens vorgelegte Kopie einer Frachtbriefes betrifft lediglich einen Tiertransport zwischen Deutschland und Italien und hat daher keinen Bezug auf die vorliegende Fahrt durch Österreich nach Ungarn.

 

Bemerkt wird, daß es bei der beanstandeten Fahrt des Berufungswerbers

zwar unbestrittenermaßen um einen Tiertransport ging, daß aber selbst

aus der Bestätigung vom 23 06 1997 nicht hervorgeht, welche Art von Tiere transportiert werden sollte. Dies ist aber deshalb von Bedeutung, weil sich die Ausnahmeregelung des § 42 Abs 3 StVO nur auf

Schlacht- und Stechvieh bezieht.

 

Da der Berufungswerber somit weder den Umstand, daß es sich um eine Leerfahrt zwecks Schlachtviehtransport gehandelt hat, noch die zwingende Notwendigkeit dieser Fahrt im Sinne der zitierten Rechtsprechung glaubhaft gemacht hat, ist ihm die vorgeworfene Verwaltungsübertretung anzulasten.

 

Zum übrigen Berufungsvorbringen im einzelnen:

Zu Punkt 1):

Die Einvernahme der nominierten Zeugen war deshalb entbehrlich, weil selbst bei Vorliegen einer Ausnahmegenehmigung des Straßenverkehrsamtes des Landkreises Cloppenburg für den Berufungswerber deshalb nichts zu gewinnen ist, weil sich diese Ausnahmegenehmigung nur für den dort umschriebenen Bereich beziehen konnte. Wie einer im erstinstanzlichen Verfahren in Ablichtung vorgelegten diesbezüglichen Dauerausnahmegenehmigung zu entnehmen ist, bezieht sich diese Ausnahmegenehmigung vom Sonntagsfahrverbot nach der deutschen Straßenverkehrsordnung nur auf die neuen Bundesländer. Abgesehen davon kann einer Ausnahmegenehmigung einer deutschen Behörde lediglich für den Hoheitsbereich der Bundesrepublik

Deutschland Wirksamkeit zukommen. Eine Einvernahme der beantragten Zeugen war daher entbehrlich.

 

Zu Punkt 2):

Diesbezüglich ist auf die öffentliche mündliche Verhandlung zu verweisen, bei der der Berufungswerber persönlich Gelegenheit gehabt hätte, auszusagen.

Im übrigen ergibt sich aus der Zeugenaussage, daß sich der Berufungswerber bewußt war, am Wochenende mit seinem Sattelkraftfahrzeug nicht fahren zu dürfen. Damit aber widerspricht dieses Beweisergebnis, dem die Berufungsbehörde folgt, dem Vorbringen

des Berufungswerbers zur Schuldfrage. Der Berufungswerber war sich daher entgegen den Ausführungen seines Rechtsvertreters durchaus bewußt, die österreichischen Vorschriften zu übertreten. Obwohl der Berufungswerber laut Aussage des Zeugen angab, deshalb gefahren zu sein, weil er um seinen Arbeitsplatz bangte, liegt kein Schuldausschließungsgrund gemäß § 6 VStG vor, weil es sich um eine bloße Behauptung handelte und nicht näher dargelegt wurde, inwiefern diese Besorgnis begründet bzw die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedroht war (VwGH vom 02 09 1992, Zahl 92/02/0203).

 

Zu Punkt 3):

Das Vorbringen hinsichtlich der Wirksamkeit der deutschen Dauerausnahmegenehmigung hat, wie bereits zu Punkt 1) ausgeführt, für

Österreich keine Bedeutung.

Was den völlig unkonkretisierten Hinweis auf europarechtliche Bestimmungen anbelangt, so ist auf obige Ausführungen zur österreichischen Rechtslage betreffend Leerfahrten hinzuweisen. Wenn der Berufungswerber vermeint, mangelndes Verschulden geltend machen zu können, ist er darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB VwGH Slg 10262 A) eine Unkenntnis oder eine irrige Auslegung von Bestimmungen der österreichischen Straßenverkehrsordnung bei Kraftfahrzeuglenkern nicht als unverschuldet angesehen werden kann. Auch sind ausländische

Kraftfahrzeuglenker verpflichtet, sich über die in Österreich geltenden Vorschriften der Straßenverkehrsordnung ausreichend zu unterrichten (VwGH vom 23 10 1986, Zl 86/02/0064). Es wäre daher am Berufungswerber gelegen gewesen, sich ausreichend über die österreichischen Rechtsvorschriften zu informieren. Dies vor allem auch deshalb, weil er seinem eigenen Vorbringen nach ständig Tiertransporte durchführt.

Auch der Hinweis, daß ihm sein Arbeitgeber bestätigt habe, daß er mit

einer deutschen Ausnahmegenehmigung in Österreich fahren dürfe, kann ihn nicht entschuldigen. Ist doch lediglich die Auskunft der zuständigen Behörde geeignet, allenfalls einen Schuldausschließungsgrund darzustellen. Dies hat aber der Berufungswerber selbst nicht behauptet.

Zu seinem Vorbringen, daß ihn die österreichische Polizei angewiesen habe, durch Österreich zu fahren, ist zu bemerken, daß ein solches Vorbringen mangels näherer Konkretisierung nicht geeignet ist, ihn zu

entlasten.

Im übrigen ist auf die Ausführungen zu Punkt 2 zu verweisen.

 

Zur Strafbemessung:

 

Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das an der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sowie an der Verkehrssicherheit bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient.

Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann selbst bei Fehlen sonstiger

nachteiliger Folgen nicht als gering angesehen werden.

 

Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen

und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.

 

Bei der Strafbemessung war entgegen der Annahme der I) Instanz der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerend war kein Umstand zu werten.

 

Da der Berufungswerber auch im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (Sorgepflichten) nicht näher angegeben hat, wird von einem Einkommen von DM 3000,-- als Lastwagenlenker, Vermögenslosigkeit und Sorgepflichten für seine geschiedene Ehefrau und Kinder ausgegangen.

 

Bemerkt wird, daß sich ein näheres Eingehen auf die Rüge der Strafbemessung deshalb erübrigt, weil im vorliegenden Fall die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde.

 

Eine Strafe muß auch geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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