TE UVS Steiermark 1997/11/13 30.16-127/97

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Veröffentlicht am 13.11.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn Leopold M, geb. am 12.10.1947, wohnhaft in H, gegen Punkt

2) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 3.7.1997, GZ.: 15.1-1997/6337, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe

1) am 4.2.1997 in seinem Betrieb in H, "Pfirsich Nektar" feilgehalten, obwohl sich nach einer Untersuchung bei der BALMU Graz folgendes Gutachten vom 12.3.1997 ergeben habe:

Mit 1. Jänner 1995 ist die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) BGBl. Nr. 72/1993 i. d. dzt. g. F. in Wirksamkeit getreten. Bei der Warenprobe handelt es sich um verpackte Ware im Sinne der LMKV. Gemäß dem Befund der formalen Überprüfung nach der LMKV entspricht die Kennzeichnung der Probe nicht der genannten Verordnung.

Überprüfung nach der LMKV:

Fehlende Kennzeichnungselemente

§ 4 Z 4 das Los (Charge); der voranstehende Buchstabe "L"

Z 5 das Mindesthaltbarkeitsdatum

Z 6 die Temperaturen oder sonstigen Lagerbedingungen

Z 7 lit a die Zutaten (Bestandteile und Zusatzstoffe) mit dem vorangestellten

Wort "Zutaten"

2) Gemäß den Richtlinien des ÖLB III. Auflage, Kapitel B 7, Absatz

3.1.7. ist bei Nektaren der Mindestgehalt von Fruchtsaft, Fruchtmark oder einem Gemisch dieser Bestandteile durch den Hinweis:

Fruchtgehalt

Sachbezeichnung zu deklarieren.

Die Probe, welche keine derartige Deklaration aufgewiesen habe, sei daher gemäß LMG 1975 § 8 lit f als falsch bezeichnet zu beurteilen. Als solche sei sie gemäß § 7 lit c nicht verkehrsfähig. Er habe dadurch zu Punkt 1) (richtig wohl zu Punkt 2)) eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Z 4, 5, 6 und 7 a Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 und zu Punkt 2) (richtig wohl zu Punkt 1)) eine Verwaltungsübertretung nach § 8 lit f LMG iVm. § 7 lit c LMG begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn zu Punkt 1) gemäß § 74 Abs 1 LMG eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe) und zu Punkt 2) gemäß § 74 Abs 5 Z 1 LMG eine Geldstrafe in der Höhe von ebenfalls S 1.000,-- (ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Neben der Vorschreibung des Ersatzes der Untersuchungskosten wurden desweiteren S 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht zufolge der Ergänzung vom 23.9.1997 vom Berufungswerber persönlich Berufung erhoben, die sich - wie eindeutig aus deren Begründung, insbesonders aber auch dem Berufungsantrag ergibt - ausschließlich gegen Punkt 2) des angefochtenen Bescheides richtet. In der Berufungsbegründung wurde dazu näher ausgeführt, daß der Berufungswerber ohnedies wegen fehlender Kennzeichnungselemente zu Punkt 1) bestraft worden wäre und daher der vorgeworfene zweite Tatbestand unter den ersten Tatbestand der fehlenden Kennzeichnung fallen würde. Es werde daher der Antrag gestellt, das vorbezeichnete Straferkenntnis dahingehend abzuändern, daß die für den zweiten vorgeworfenen Tatbestand verhängte Geldstrafe ersatzlos aufgehoben werde, weil sie bereits durch die Verhängung einer Geldstrafe für den ersten Tatbestand geahndet ist.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung konnte unter Hinweis auf § 51 e Abs 1 VStG entfallen.

Aufgrund des in den maßgeblichen Punkten ohnedies unbestritten gebliebenen Akteninhalts der Erstbehörde konnten nachstehende Feststellungen getroffen werden:

Der Berufungswerber hielt am 4.2.1997 in seinem Obstbau- und Buschenschankbetrieb in H, in Flaschen abgefüllten und als solchen bezeichneten "Pfirsichnektar" feil. Nach einer Probenziehung durch die Fachabteilung für Gesundheitswesen beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung wurde die gezogene Probe seitens der BALMU Graz untersucht und in der Folge gutächtlich einerseits festgestellt, daß es sich - unbestrittenermaßen - um eine verpackte Ware im Sinne der LMKV 1993 handelt, wobei die Kennzeichnungselemente gemäß § 4 Z 4, 5, 6 und 7 lit a LMKV fehlen.

Andererseits wurde unter Hinweis auf die näher angeführte Richtlinie des Österreichischen Lebensmittelbuches bemängelt, daß bei Nektaren der Mindestgehalt von Fruchtsaft, Fruchtmark oder einem Gemisch dieser Bestandteile durch den Hinweis: "Fruchtgehalt" mind ... % in unmittelbarem Zusammenhang mit der Sachbezeichnung zu deklarieren sei. Da die Probe keine derartige Deklaration aufweise, sei sie daher gemäß § 8 lit f als falsch bezeichnet zu beurteilen und als solche gemäß § 7 lit c LMG 1975 nicht verkehrsfähig. In rechtlicher Hinsicht ist zu diesen Feststellungen näher auszuführen, wobei nur am Rande nochmals erwähnt bzw. darauf hingewiesen werden soll, daß der erkennenden Behörde bei der Zuordnung der verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z 2 VStG ein offensichtlicher Irrtum insoferne unterlaufen ist, als die Ordnungsziffern Punkt 1) und 2) vertauscht wurden:

Zu der dem Berufungswerber zu Punkt 1) angelasteten Verwaltungsübertretung erübrigen sich nähere Ausführungen, da der diesbezügliche Spruchteil nicht bekämpft und daher im Sinne der obigen Feststellungen in Rechtskraft erwachsen ist. Hinsichtlich des Spruchpunktes 2) ist jedoch zunächst auf § 8 lit f LMG 1975, insbesonders aber auf die Begriffsbestimmung "falsch bezeichnet" einzugehen.

Lebensmittel sind dann falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Mängel, Maß, Zahl oder Gewicht, oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden. Daraus folgt nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes, daß sich die Eignung zur Irreführung stets aus Angaben, aus der Form oder Aufmachung ergeben muß. Die Unterlassung von Angaben allein kann nach der erwähnten Begriffsbestimmung eine Falschbezeichnung nicht darstellen (siehe VwGH 7.5.1984, Zl.: 84/10/0054). Unbeschadet des Umstandes, daß im Falle einer gesetzeskonformen Kennzeichnung im Sinne des § 4 Z 7 lit a LMKV, für deren Nichtvorhandensein der Berufungswerber ohnedies zu Punkt 1) des angefochtenen Bescheides bestraft wurde, auch den Spezialbestimmungen des Österreichischen Lebensmittelbuches für Nektare" wohl entsprochen worden wäre, hat die untersuchende Stelle in ihrem Gutachten vom 12.3.1997 keinerlei Feststellungen dahingehend getroffen, daß es sich bei der gezogenen Probe tatsächlich um keinen Nektar im Sinne der angeführten Spezialbestimmungen handelt (zutreffendenfalls wäre ohnedies die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 63 Abs 2 Z 1 LMG 1975 unabdingbare Notwendigkeit gewesen).

Zu den unter Punkt 2) genannten fehlenden Angaben:

Im vorliegenden Fall ist von einer unrichtigen Angabe, die solcherart Irreführungseignung gehabt hätte, nicht auszugehen, vielmehr widersprach das Fehlen der angeführten Angaben lediglich den Empfehlungen im Sinne des Österreichischen Lebensmittelbuches für Nektare. Einer derartigen Unvollständigkeit wäre jedoch nur dann verwaltungsstrafrechtliche Relevanz aufgrund des LMG 1975 allein zugekommen (vgl. § 74 Abs 4 Z 1 LMG), wenn durch eine Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz gemäß § 10 Abs 1 Z 3 LMG nach Anhörung der Kodexkommission ein entsprechender Hinweis vorgeschrieben worden wäre. Die bereits erwähnte Stelle im Österreichischen Lebensmittelbuch stellt jedoch keine derartige Verordnung dar (vgl. das bereits zitierte höchstgerichtliche Erkenntnis). Da zufolge der getroffenen Feststellungen der Berufungswerber daher die ihm unter Punkt 2) angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, war das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Falschbezeichnung Nektar Fruchtsaft Fruchtmark Lebensmittelbuch Empfehlung Verordnung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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