TE UVS Wien 1997/12/10 04/G/35/636/97

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Veröffentlicht am 10.12.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Lammer über die Berufung des Herrn Yilmaz E gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk, vom 9.9.1997, Zl MBA 12 - S 7594/97, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das diesbezügliche Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber daher ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht auferlegt.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastung:

"Sie haben in der Zeit von 18.7.1996 bis 18.7.1997 in Wien,

B-gasse durch ua Lackerierarbeiten an einem Opel Kadett pol Kennz:

W Na, unter Nutzung einer an genannter Adresse befindlichen Garagenbox, welche mit div einschlägigen Werkzeug, wie zB Schweißgerät, Wagenheber, Kompressor, Schleifmaschine sowie Lacke und Nitroverdünner ausgestattet ist, das gebundene Gewerbe des Kraftfahrzeugtechnikers ausgeübt, ohne eine entsprechende vorgeschriebene Gewerbeberechtigung erlangt zu haben."

Dadurch habe der Berufungswerber § 366 Abs 1 Z 1 iVm mit § 5 Abs 1 GewO 1994, BGBl Nr 194/1997, verletzt, weswegen über ihn gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von S 300,--, auferlegt wurde. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber die Begehung der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung in Abrede stellt und vorbringt, daß er für die Reparatur am gegenständlichen Fahrzeug nichts verlangt und diese in seiner Freizeit durchgeführt habe.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 94 Z 19 GewO 1994 (seit 1.7.1997 gemäß § 94 Z 13 GewO 1994 idF BGBl Nr 63/1997) handelt es sich beim Gewerbe "Kraftfahrzeugtechniker" um ein handwerksmäßiges Gewerbe. Gemäß den Bestimmungen des (bis 30.9.1997 in Geltung gestandenen) § 104 GewO 1994 bedarf es für die Erzeugung und Instandsetzung von Kraftfahrzeugen (Motoren und Fahrgestellen) und von deren elektrischen und elektronischen Anlagen - unbeschadet der Rechte anderer Gewerbetreibender (Schmiede, Autospengler, Karosseriebauer, Landmaschinentechniker) - einer Gewerbeberechtigung für das Handwerk der Kraftfahrzeugtechniker (§ 94 Z 19). Kraftfahrzeugtechniker sind auch zur Verrichtung von Arbeiten des Spengler-, Schlosser-, Schmiede-, Lackierer-, Tapezierer- und Sattlergewerbes an Kraftfahrzeugen berechtigt. Die seit 1.7.1997 zur Anwendung kommende Bestimmung des § 111 GewO 1994 idF BGBl Nr 63/1997 lautet:

"Einer Gewerbeberechtigung für das Handwerk der Kraftfahrzeugtechniker (§ 94 Z 13) bedarf es unbeschadet der Rechte anderer Gewerbetreibender (Schmiede, Karosseriebauer einschließlich der Karosseriespengler und Karosserielackierer, Landmaschinentechniker) für die Erzeugung und Instandsetzung von Kraftfahrzeugen (Motoren und Fahrgestellen) und von deren elektrischen und elektronischen Anlagen. Kraftfahrzeugtechniker sind auch zur Verrichtung von Tätigkeiten der Schlosser, Schmiede, Karosseriebauer einschließlich der Karosseriespengler und Karosserielackierer sowie der Tapezierer und Sattler an Kraftfahrzeugen berechtigt."

In den Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates 18. GP (876) wurde klargestellt, daß der Ausdruck "unbeschadet der Rechte anderer Gewerbetreibender" bedeutet, daß die im Klammerausdruck genannten Gewerbetreibenden lediglich im Rahmen ihres Berechtigungsumfanges des von ihnen ausgeübten Gewerbes Tätigkeiten der Kraftfahrzeugtechniker ausführen dürfen. Hinsichtlich der Bestimmungen des § 104 zweiter Satz GewO 1994 wurde in den Gestzesmaterialien ausgeführt, daß es vielfach üblich sei, Kraftfahrzeugmechaniker (nunmehr Kraftfahrzeugtechniker) etwa im Zusammenhang mit ihnen vorbehaltenen Instandsetzungsarbeiten auch mit bestimmten anderen Arbeiten an Kraftfahrzeugen zu betrauen und sollen die Bestimmungen des § 104 zweiter Satz GewO 1994 diesen besonderen Bedürfnissen des Verkehrs Rechnung tragen. Dem angefochtenen Straferkenntnis liegt eine Anzeige der Magistratsabteilung 59 - Marktamtsabteilung für den 12. Bezirk vom 4.8.1997, Zl MAA 12-E 35/97/JG, zugrunde, der zu entnehmen ist, daß der Berufungswerber anläßlich der am 18.7.1997, um 16.15 Uhr, im Standort Wien, B-gasse, durchgeführten Erhebung gerade damit beschäftigt gewesen sei, an einem Opel Kadett (polizeiliches Kennzeichen W Na) Lackierarbeiten durchzuführen.

Auf diese Anzeige gestützt hat die erstinstanzliche Behörde dem Berufungswerber die Begehung der unbefugten Ausübung des "gebundenen" Gewerbes "Kraftfahrzeugtechniker" durch Verrichtung von Lackierarbeiten am näher bezeichneten Fahrzeug zur Last gelegt.

Aus der dem Berufungswerber angelasteten Verrichtung von Lackierarbeiten folgt aber, daß der Berufungswerber gegebenenfalls eine Tätigkeit verrichtet hat, die dem Handwerk "Lackierer" gemäß § 94 Z 10 GewO 1994 und seit 1.7.1997 dem Handwerk "Karosseriebauer einschließlich Karosseriespengler und Karosserielackierer" gemäß § 94 Z 14 GewO 1994 idF BGBl Nr 63/1997 zuzuordnen ist, sodaß dem Berufungswerber daher (je nach Tatzeit) die unbefugte Ausübung dieser Handwerke angelastet werden hätte müssen. Auch wenn nach der oben zitierten Bestimmung des § 104 GewO zweiter Satz 1994 bzw des § 111 zweiter Satz GewO 1994 idF BGBl Nr 63/1997 Kraftfahrzeugtechniker unter anderem auch zur Verrichtung von Arbeiten des Handwerks "Lackierer" bzw zur Verrichtung von Tätigkeiten der Karosseriebauer einschließlich der Karosseriespengler und Karosserierlackierer berechtigt sind, so stellen die dem Berufungswerber angelasteten Lackierarbeiten dennoch eine (hinsichtlich des Tatzeitraumes 18.7.1996-30.6.1997) dem Handwerk "Lackierer" bzw (hinsichtlich des Tatzeitraumes 1.7.1997-18.7.1997) dem Handwerk "Karosseriebauer einschließlich Karosseriespengler und Karosserielackierer" zuzuordnende Tätigkeit dar. Daß Kraftfahrzeugtechniker gemäß § 104 zweiter Satz GewO 1994 bzw gemäß § 111 zweiter Satz GewO 1994 idF BGBl Nr 93/1997 auch zur Durchführung von bestimmten Arbeiten anderer Gewerbe an Kraftfahrzeugen befugt sind, bedeutet nämlich nur, daß die näher bezeichneten, an sich einem anderen Gewerbe zugehörenden Tätigkeiten jedenfalls durch die Berechtigung für das Kraftfahrzeugtechnikergewerbe gedeckt sind.

Da die dem Berufungswerber im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelastete Tat der Verrichtung von Lackierarbeiten am näher bezeichneten Fahrzeug aus den dargelegten Gründen jedenfalls keine unbefugte Ausübung des Handwerks "Kraftfahrzeugtechniker", sondern gegebenenfalls eine unbefugte Ausübung des Handwerks "Lackierer" bzw des Handwerks "Karosseriebauer einschließlich Karosseriespengler und Karosserielackierer" darstellt, war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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