TE UVS Wien 1997/12/18 04/G/21/765/97

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Veröffentlicht am 18.12.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung der Frau Katharina L, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk, vom 9.10.1997, Zl MBA 2 - S 10011/97, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß die verletzte Rechtsvorschrift: "§ 367 Ziffer 1 GewO 1994" und die Strafsanktionsnorm: "§ 367 Einleitungssatz GewO 1994" zu lauten hat.

In der Straffrage wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe in der Höhe von S 4.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 86 Stunden auf S 3.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 64 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt wird.

Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Strafkostenbeitrag von S 400,-- auf S 300,--.

Gemäß § 65 VStG hat die Berufungswerberin keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde der Beschuldigten wie folgt zur Last gelegt:

"Sie haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen Berufene der "D" Dentalwarengroßhandlung H-GesmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft in Wien, L-platz nach dem Ausscheiden des letzten gewerberechtlichen Geschäftsführers, Herrn Roger F (ausgeschieden am 31.05.1996) am 11.08.1997, um 09.55 Uhr das Gewerbe "Handelsgewerbe gemäß § 124 Ziffer 11 GewO 1994" weiterhin ausgeübt hat, obwohl bei der Behörde keine Anzeige über die Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers erstattet wurde.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 4.000, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 86 Stunden.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 400,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 4.400,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen. gemäß § 368 Einleitungssatz der Gewerbeordnung 1994"

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung der Beschuldigten, in welcher diese im wesentlichen vorbringt, daß sie laut beiliegenden Unterlagen über eine rechtskräftige Nachsicht für den Befähigungsnachweis für das Handelsgewerbe sowie für den Handelsagenten verfüge. Sie habe auch ordnungsgemäß bei der MA 63 um Genehmigung der Geschäftsführerbestellung angesucht und sei angesichts der bei ihr vorliegenden Voraussetzungen natürlich auch von einer positiven Erledigung ausgegangen. Bei dem ihr vorgeworfenen Delikt des § 368 Gewerbeordnung, handle es sich um ein Unterlassungsdelikt, das in der Unterlassung der entsprechenden Anzeige bestehe. Hingegen sei die ihr offensichtlich vorgeworfene Ausübung eines Gewerbes durch eine juristische Person, ohne daß die Geschäftsführerbestellung genehmigt worden sei, vom Tatbild dieser Verwaltungsübertretung nicht umfaßt (VwGH 05.11.1991, 91/04/0007). ... Der im angefochtenen Straferkenntnis getroffene Schuldspruch sei darauf abgestellt, daß sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin zu verantworten habe, daß das Gewerbe "Gewerbe gemäß § 124 Ziffer 11 GewO 1994" weiterhin ausgeübt worden sei, obwohl keine Anzeige erstattet worden sei. Dies sei aber, wie oben ausgeführt, unrichtig. Die ihr offensichtlich vorgeworfene Ausübung  könne aber nur nach § 367 Ziffer 2 Gewerbeordnung allenfalls strafbar sein. Hilfsweise verweise sie darauf, daß sie lediglich ein geringes Verschulden treffe und die Strafe unangemessen hoch sei. Im übrigen habe sie aber, wie oben ausgeführt, ohnehin die Behörde von der Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers, nämlich ihrer Person, informiert. Der Berufung ist - in der Schuldfrage - aus folgenden Gründen kein Erfolg beschieden:

Der Berufungswerberin wird im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Vorwurf gemacht, am 11.08.1997, um 09.55 Uhr das Gewerbe "Handelsgewerbe gemäß § 124 Ziffer 11 GewO 1994" ausgeübt zu haben, obwohl bei der Behörde keine Anzeige über die Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers erstattet worden sei.

Gemäß § 9 Abs 1 GewO 1994 können juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes (offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.

Gemäß § 39 Abs 4 GewO 1994 hat der Gewerbeinhaber die Bestellung und das Ausscheiden des Geschäftsführers der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen.

Gemäß § 367 Ziffer 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs 2 oder 3 oder gemäß § 9 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers oder Pächters ein Anmeldungsgewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs 4 oder § 40 Abs 4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs 2 entsprechenden Geschäftsführers oder gemäß § 40 Abs 2 über die Übertragung der Ausübung dieses Anmeldungsgewerbes an einen Pächter erstattet zu haben. Durch die Formulierung im Spruch des Straferkenntnisses und durch die Wiedergabe des Inhaltes des § 367 Ziffer 1 GewO in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wird in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Ziffer 1 GewO umschrieben, selbst wenn im Spruch des Straferkenntnisses fälschlicherweise § 368 Einleitungssatz GewO angeführt ist. Unbestritten blieb, daß das in Rede stehende Anmeldungsgewerbe "Handelsgewerbe gemäß § 124 Ziffer 11 GewO" im gegenständlichen Tatzeitraum tatsächlich ausgeübt wurde, daß die Berufungswerberin handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der "D" Dentalwarengroßhandel H-GesmbH war und daß eine entsprechende Anzeige, wie sie durch § 39 Abs 4 GewO gefordert wird, bei der zuständigen Behörde nicht einlangte.

Schon auf Grund dieser Umstände war der objektive Tatbestand als erwiesen anzusehen, wobei festzustellen ist, daß weder der Erhalt der Nachsicht für den Befähigungsnachweis für das Gewerbe gemäß § 94 Ziffer 15 GewO 1994 für einen anderen Betrieb in einem anderen Standort noch die ordnungsgemäße Anzeige gemäß § 39 Abs 4 betreffend diesen anderen Betrieb - mag es sich auch um die Mutterfirma gegenständlicher Firma handeln - die Berufungswerberin von der Verpflichtung enthebt, die Anzeige gemäß § 39 Abs 4 in Entsprechung des § 345 Abs 2 leg cit bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes des jeweiligen Betriebes zu erstatten. Standort der in Rede stehenden Firma ist Wien, weshalb die Berufungswerberin zu einer entsprechenden Anzeigeerstattung beim Magistrat der Stadt Wien verpflichtet gewesen wäre.

Zum weiteren Vorbringen der Berufungswerberin, sie hätte ordnungsgemäß bei der MA 63 um Genehmigung der Geschäftsführerbestellung angesucht, ist zu bemerken, daß - wie sich aus den der Berufung beigelegten Unterlagen ergibt - die D H-GesmbH, vertreten durch die Berufungswerberin, um die Bewilligung zur Ausübung der Gewerbe 1. Herstellung von Giften und Großhandel mit Giften und 2. Sterilisierung von medizinischen Injektionsspritzen und Infusionsgeräten und Handel mit diesen Gegenständen im Standort Wien, L-platz und um die Genehmigung der Bestellung der Berufungswerberin zur Geschäftsführerin bei Ausübung der obgenannten Gewerbe ansuchte.

Gegenständlichem Straferkenntnis liegt aber nicht zugrunde, daß die beiden oben angeführten Gewerbe, nämlich die Herstellung von Giften und Großhandel mit Giften und die Sterilisierung von medizinischen Injektionsspritzen und Infusionsgeräten und Handel mit diesen Gegenständen ohne Gewerbeberechtigung ausgeübt wurden bzw daß diese beiden Gewerbe ausgeübt wurden, ohne die Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers erhalten zu haben (§ 367 Ziffer 2 GewO), sondern der Vorwurf, die "D" Dentalwarengroßhandlung H-GesmbH hätte zur Tatzeit das "Handelsgewerbe gemäß § 124 Ziffer 11 GewO" ausgeübt, obwohl bei der Behörde keine Anzeige über die Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers erstattet wurde, welcher Vorwurf eindeutig unter § 367 Ziffer 1 GewO zu subsumieren ist. Zur subjektiven Tatseite - somit zum Verschulden - ist folgendes auszuführen:

Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Ziffer 1 GewO handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt (vgl VwGH 27.3.1990, 89/04/0226). In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismittel bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua VwGH 6.11.1974, 1779/73), sind allgemein gehaltene Behauptungen nicht geeignet, die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens an einer angelasteten Verwaltungsübertretung als erbracht anzusehen. Die Berufungswerberin bringt diesbezüglich nur vor, daß sie lediglich ein geringes Verschulden treffe, ohne näher initiativ zu werden und auszuführen, inwiefern und auf Grund welcher Umstände von einem geringen Verschulden auszugehen ist. Ein Vorbringen, welches mangelndes Verschulden glaubhaft gemacht hätte, wird von der Berufungswerberin überhaupt nicht getätigt. Es war daher auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite auszugehen.

Der Berufung war somit in der Schuldfrage keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, die einer vollständigen und richtigen Zitierung der verletzten Rechtsvorschrift bzw der Strafsanktionsnorm diente.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Die Strafe konnte spruchgemäß herabgesetzt werden, da die Behörde erster Instanz als erschwerend bei ihrer Strafbemessung den langfristigen Tatzeitraum berücksichtigte. Nach Dafürhalten des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien kann aber bei einer Tatzeit von lediglich einer Minute von einem langen Tatzeitraum nicht gesprochen werden, weshalb dieser Erschwerungsgrund zu entfallen hat.

Eine weitere Herabsetzung der verhängten Geldstrafe kam jedoch aus folgenden Gründen nicht in Betracht:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Ausübung eines Anmeldungsgewerbes durch eine juristische Person, ohne daß die Anzeige über die Bestellung eines entsprechenden Geschäftsführers oder Pächters (§§ 39 und 40) erstattet wurde, verhindert, daß die Behörde direkt und ohne Schwierigkeiten auf die für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortliche (physische) Person greifen kann, so daß der objektive Unrechtsgehalt im gegenständlichen Falle, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als gering anzusehen ist.

Das Verschulden der Berufungswerberin kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin wurde schon - zutreffend - von der Behörde erster Instanz als mildernd gewertet. Erschwerungsgründe sind nunmehr keine zutage getreten.

Die Berufungswerberin trat der Annahme der Erstbehörde, es würden mittlere finanzielle Verhältnisse vorliegen, in der Berufung nicht entgegen. Mangels gegenteiligen Hinweises ist daher auf Grund des Alters der Berufungswerberin bzw ihrer beruflichen Stellung als handelsrechtliche und gewerberechtliche Geschäftsführerin von mittleren finanziellen Verhältnissen auszugehen. Sorgepflichten konnten mangels Hinweises bei der Strafbemessung keine Berücksichtigung finden.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu S 30.000,-- reichenden gesetzlichen Strafsatz, erweist sich die verhängte Geldstrafe nunmehr als durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe hervorgetreten sind.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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