TE UVS Burgenland 1998/01/27 87/06/98001

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Veröffentlicht am 27.01.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied

Mag Obrist über die Berufung des Herrn    , geboren am          ,

wohnhaft in               , vertreten durch Herren Rechtsanwälte

Dres                , vom 11 09 1998, gegen das Straferkenntnis der

Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 13 08 1998, Zl 300-1696-1996, wegen Bestrafung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs  1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20% der Strafhöhe, das sind S 2 000,--, zu leisten.

Text

Mit dem obzitierten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe als Arbeitgeber einen namentlich genannten Arbeitnehmer am 14 03 1996 in der näher bezeichneten Betriebsstätte (Bau-Möbeltischlerei) beschäftigt und es unterlassen, für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften zu sorgen, indem er diesen Arbeitnehmer zu regelmäßigen Spritzlackierarbeiten und somit zu einer Tätigkeit herangezogen habe, bei der dieser der Einwirkung von Toluol und Xylol ausgesetzt gewesen sei, ohne daß vorher durch eine ärztliche Untersuchung festgestellt worden sei, daß seine Gesundheit eine derartige Beschäftigung zuließ. Wegen Übertretung des § 49 Abs 1 Z 1 ASchG iVm § 3 Abs 1 Z 8 der Verordnung über die gesundheitliche Eignung von Arbeitnehmern für bestimmte Tätigkeiten wurde eine Geldstrafe von S 10 000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen) verhängt.

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung. Der Beschuldigte bringt im wesentlichen vor, die gegenständliche Verwaltungsübertretung werde ihm ohne jegliche Ermittlungsergebnisse unterstellt. Es fehlten jegliche Verfahrensergebnisse, wann und wo der Arbeitnehmer zu einer solchen Tätigkeit herangezogen worden sei. Auch fehle eine Begründung für dieses wesentliche Tatbestandsmerkmal. Die Behörde könne nach ihrer eigenen Diktion "nur annehmen", daß er den Tatbestand verwirklicht habe. Tatsache sei, daß eine am 09 04 1996 durchgeführte Untersuchung des gegenständlichen Arbeitnehmers ergeben habe, daß die Gefahr einer Berufskrankheit nicht bestehe. Daraus ergäbe sich, daß der Arbeitnehmer für die im Straferkenntnis genannten Tätigkeiten auch verwendet hätte werden können, wenn er bereits vor dem 09 04 1996 eine Untersuchung absolviert hätte. Es fehle daher an der Kausalität eines allfälligen strafbaren Verhaltens, wodurch das Tatbild nicht erfüllt sei. In subjektiver Hinsicht sei relevant, daß er infolge der Intervention des Arbeitsinspektorates den Arbeitnehmer angehalten habe, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Es sei ihm nicht möglich einen Arbeitnehmer lückenlos zu überwachen und als Quasi-Sachwalter dessen Belange zu erfüllen.

 

Hierüber wurde folgendes erwogen:

 

Die angezogene Bestimmung des AschG wurde im angefochtenen Straferkenntnis zutreffend zitiert. Weiters dürfen gemäß § 3 Abs 1 der Verordnung über die gesundheitliche Eignung von Arbeitnehmern für bestimmte Tätigkeiten Arbeitnehmer, die infolge bestimmter in dieser Bestimmung genannter - Einwirkungen erkranken können, zu solchen Tätigkeiten erst herangezogen werden, nachdem durch eine besondere ärztliche Untersuchung festgestellt wurde, daß ihr Gesundheitszustand vor allem hinsichtlich der spezifisch in Betracht kommenden Organe eine derartige Beschäftigung zuläßt. Nach Z 8 dieser Vorschrift sind dies ua. Einwirkungen durch Toluol oder Xylole.

 

 

Das gegenständliche Verfahren beruht auf dem Strafantrag des Arbeitsinspektorates fÜr den 16 Aufsichtsbezirk vom 02 04 1996. Daraus, sowie aus der vom Arbeitsinspektorat zur Berufung abgegebenen Stellungnahme, geht hervor, daß der Beschuldigte erstmals mit Schreiben vom 23 12 1991 aufgefordert worden ist, Arbeitnehmer nur dann zu Tätigkeiten, die eine Eignungsuntersuchung erfordern, heranzuziehen, wenn diese Untersuchung entsprechend durchgeführt wurde. Hinsichtlich jenes Arbeitnehmers, der im gegenständlichen Verfahren genannt ist, erfolgte außerdem mit Schreiben des Arbeitsinspektorates vom 18 04 1994 eine konkrete Aufforderung, daß dieser einer solchen Untersuchung zu unterziehen

 

ist. Anläßlich einer Kontrolle des Arbeitsinspektorates am 14 03 1996 wurde festgestellt, daß dieser Arbeitnehmer, der regelmäßig zu Spritzlackierungsarbeiten - also einer Tätigkeit, bei der er der Einwirkung durch Toluol und Xylol ausgesetzt ist - herangezogen wurde, obwohl eine Eignungsuntersuchung bis dahin nicht stattgefunden hat.

 

Der Beschuldigte hat im erstinstanzlichen Verfahren (Stellungnahme vom 26 04 1996) ausdrücklich zugegeben, daß der betreffende Arbeitnehmer zeitweise Lackierungsarbeiten durchgeführt habe und er wegen der ärztlichen Untersuchung in Kenntnis gesetzt worden sei. Er habe eine solche aber nicht für notwendig gehalten. Nach der zweiten Aufforderung sei diese Untersuchung jedoch erfolgt.

 

Nach diesem aktenkundigen Sachverhalt konnte die Behörde erster Instanz zu Recht von der Verwirklichung des angezogenen Tatbestandes ausgehen. Der Beschuldigte hat nie bestritten, daß der betreffende Arbeitnehmer Spritzlackierarbeiten durchgeführt hat und damit den genannten Einwirkungen ausgesetzt war. Im übrigen wird dies auch in der Berufung nicht konkret bestritten. Wenn der Berufungswerber meint, die Behörde habe festzustellen, wann und wo der Arbeitnehmer zu solchen Tätigkeiten herangezogen wurde, ist ihm zu entgegenen, daß es sich hiebei nicht um ein wesentliches Tatbestandselement handelt. Die Tat ist diesbezüglich ausreichend umschrieben, wenn die Tätigkeit und jene Einwirkungen, infolge derer ein Arbeitnehmer erkranken kann, umschrieben werden. Damit wird der Beschuldigte in die Lage versetzt, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten. Außerdem ist der Beschuldigte auch ohne Bezeichnung von Ort und Zeit der einzelnen Tätigkeiten seines Arbeitnehmers davor geschützt, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Was die Kritik des Berufungswerbers an der Begründung des Straferkenntnisses betrifft, wird festgestellt, daß auch darin die Verwaltungsübertretung eindeutig als erwiesen "angenommen" wurde. Der Verwaltungssenat vermag nicht zu erkennen, inwiefern die zitierte Wendung diesbezügliche Zweifel aufkommen ließe. Die Formulierung "annehmen" bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch in diesem Zusammenhang keine Vermutung.

 

Auch die weitere Rechtfertigung des Beschuldigten vermag die Berufung nicht zum Erfolg zu führen. Die erforderliche Eignungsuntersuchung wurde nach seinen eigenen Angaben erst am 09 04 1996 also nach der im Straferkenntnis genannten Tatzeit (14 03 1996) durchgeführt. Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, daß die erforderlichen Untersuchungen durchgeführt werden. Weigern sich die ArbeitnehmerInnen - wie im vorliegenden Fall behauptet - so hat der Arbeitgeber entsprechende Maßnahmen zur Durchsetzung zu treffen. Inwiefern solche vom Berufungswerber gesetzt wurden, hat er konkret nicht vorgebracht. Die alleinige Aufforderung kann nicht als ausreichend angesehen werden.

 

Weiters vermag es den Berufungswerber auch nicht zu entlasten, wenn bei der verspätet durchgeführten Untersuchung tatsächlich keine Gesundheitsbeeinträchtigungen festgestellt worden sein sollten. Die Strafbarkeit hängt nicht von einer tatsächlich eingetretenen Schädigung ab. Die Eignungsuntersuchung ist verpflichtend. Entgegen der anderslautenden Behauptung in der Berufung ist das gesetzliche Tatbild schon dann erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer ohne Eignungsuntersuchung mit einer Tätigkeit beschäftigt wird, bei der die Gefahr einer Berufskrankheit besteht und bei der einer Untersuchung prophylaktische Bedeutung zukommt. Dies ist nach der obzit Verordnung bei Tätigkeiten, bei denen es zu Einwirkungen von Toluol oder Xylol kommt, jedenfalls anzunehmen.

 

Zur Strafbemessung:

 

Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse, dem die Strafdrohung dient. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht als gering angesehen werden.

 

Für die Strafbarkeit des diesbezüglichen Verhaltens genügt gemäß § 5 Abs 1 erster Satz VStG Fahrlässigkeit, weshalb es unerheblich ist, ob die Übertretung ohne Willen des Berufungswerbers begangen wurde. Die Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG ist ihm hinsichtlich dieser Übertretung nicht gelungen. Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.

 

Im übrigen wurde der Berufungswerber unbestritten vom Arbeitsinspektorat bereits vor der gegenständlichen Kontrolle (anläßlich der die vorliegende Verwaltungsübertretung festgestellt wurde) schriftlich auf die Notwendigkeit einer solcher Eignungsuntersuchung aller mit Spritzlackierarbeiten beschäftigten Arbeitnehmer aufmerksam gemacht. Aus dem Schreiben vom 18 04 1994 geht weiters hervor, daß speziell der betreffende Arbeitnehmer sich einer solchen Untersuchung zu unterziehen hat. Daß die diesbezügliche Vorschrift in der Folge trotzdem nicht eingehalten wurde, ist als erschwerend zu werten.

 

Bei der Strafbemessung war weiters zu berücksichtigen, daß dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zu Gute kommt.

 

Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen. Er hat trotz Aufforderung hierüber keine Angaben gemacht, weshalb eine Schätzung vorzunehmen ist. Es wird von einem monatlichen Durchschnittseinkommen von S 20 000,-- ausgegangen und angenommen, daß der Berufungswerber kein Vermögen besitzt und keine Sorgepflichten hat.

 

Der Strafrahmen nach der angezogenen Bestimmung des ASchG reicht im Falle der erstmaligen Begehung einer diesbezüglichen Verwaltungsübertretung von S 2 000,-- bis S 100 000,--.

 

Unter Bedachtnahme auf diesen gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers ist die verhängte Strafe als angemessen anzusehen.

 

Eine Strafe muß geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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