TE UVS Steiermark 1998/03/18 30.8-173/97

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Veröffentlicht am 18.03.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Helmut Pollak über die Berufung des Herrn Gerhard B, geb. am 24.1.1947, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Reinhard St, St. J im P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 26.11.1997, GZ.: 15.1 1997/3938, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

In der Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos Bad Gleichenberg vom 3.7.1997, GZ P 1281/97, wurde dem Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Lenker eines Fahrrades eine Übertretung des § 20 Abs 1 der StVO zur Last gelegt, da er in Verdacht stand, im Freilandgebiet von Höflach, auf Höhe Strkm 2,800 der Landesstraße 242, am 2.7.1997, gegen 11.45 Uhr, mit seinem Fahrrad zu Sturz gekommen zu sein. Hiebei zog sich der Berufungswerber leichte Verletzungen zu. Anhand der Feststellungen der eingetroffenen Gendarmeriebeamten vor Ort war beim Berufungswerber keine Beeinträchtigung der Verkehrstüchtigkeit wahrzunehmen. Er lenkte auf einer schwach frequentierten Freilandstraße, trockener Rutschasphalt und bei sonnigem Wetter sein Fahrrad. Wegen dieses Vorfalles erließ die Behörde erster Instanz die Strafverfügung vom 8.9.1997 und verhängte über den Berufungswerber wegen der Übertretung des § 20 Abs 1 der StVO gemäß § 99 Abs 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,--.

Diese Strafverfügung wurde binnen offener Frist beeinsprucht, und führte der Berufungswerber näher dazu aus, es erscheine ihm völlig unverständlich, daß ihm die Übertretung des § 20 Abs 1 der StVO zur Last gelegt werde. Zum damaligen Zeitpunkt fuhr er lediglich mit Schrittgeschwindigkeit, und konnte er nicht rechtzeitig mit seinen Schuhen aus den sogenannten Clips der Fahrradpedale aussteigen, sodaß er mit dem Fahrrad umstürzte. Keinesfalls habe er die Fahrgeschwindigkeit in irgendeiner Art und Weise übertreten. Ungeachtet dieses Vorbringens wurde das Straferkenntnis erlassen und dem Berufungswerber selbst zugestellt. Dies trotz der Tatsache, daß auf dem Zustellvermerk des erstinstanzlichen Aktes handschriftlich die Passage vertreten durch Dr. St, Rechtsanwalt in St. J im P, angefügt ist.

Ungeachtet dieser unzulässigen Veränderung der Zustellverfügung war die Berufung dennoch nicht zurückzuweisen, da der Berufungswerber selbst das Straferkenntnis behoben hat und innerhalb der 14-tägigen Frist dieses Straferkenntnis dem Rechtsanwalt zugegangen ist. Somit ist im Sinne des § 7 des Zustellgesetzes der Zustellmangel als geheilt anzusehen.

Rechtliche Bestimmungen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51c des VStG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Berufungen durch eines ihrer Mitglieder, wenn im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Gemäß § 51e Abs 2 des VStG kann eine öffentliche, mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn in der Berufung eine unrichtige, rechtliche Beurteilung behauptet wird, oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet, oder wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt.

Im hier vorliegenden Fall wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- verhängt und machte der Berufungswerber lediglich eine unrichtige, rechtliche Beurteilung geltend. Aus diesem Grund war eine Verhandlung nicht anzuberaumen.

Aufgrund des unbestrittenen Inhaltes des erstinstanzlichen Aktes werden folgende Feststellungen getroffen:

Herr Gerhard B lenkte sein Fahrrad auf der L 242 von Leitersdorf kommend in Richtung Bad Gleichenberg. Am 2.7.1997, gegen 11.45 Uhr, im Ortsgebiet von Höflach, auf Höhe Strkm 2,800, hantierte der Berufungswerber an seinem Fahrradcomputer und kam dieser - mit Schrittgeschwindigkeit fahrend - deshalb zu Sturz, da er seine Füße von den Fahrradpedalen, welche mit Clips ausgestattet sind, nicht rechtzeitig lösen konnte. Bei diesem Sturz war der Berufungswerber kurzzeitig bewußtlos und wurde im Landeskrankenhaus Feldbach ambulant behandelt. Eine längere Aufenthaltsdauer lehnte der Berufungswerber gegen Unterfertigung eines Reverses ab.

Gesetzliche Bestimmungen:

Gemäß § 20 Abs 1 der StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Er darf auch nicht so schnell fahren, daß er andere Straßenbenützer oder an der Straße gelegene Sachen beschmutzt oder Vieh verletzt, wenn dies vermeidbar ist. Er darf auch nicht ohne zwingenden Grund so langsam fahren, daß er den übrigen Verkehr behindert. Anhand der von der Gendarmerie getroffenen Feststellungen der Örtlichkeit am Unfalltag können die Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnisse als optimal angegeben werden. Ein trockener Rauhasphalt, sonniges Wetter, eine kaum frequentierte Landesstraße können als durchaus hervorragende Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnisse eingestuft werden. Bei der Überprüfung durch die Gendarmerie konnten bei der Verkehrstüchtigkeit des Lenkers keinerlei Beeinträchtigungen festgestellt werden. Bezüglich der gewählten Fahrgeschwindigkeit liegt die Angabe des Berufungswerbers vor, er habe sein Fahrzeug lediglich mit Schrittgeschwindigkeit gelenkt. Diese Wahl der Fahrgeschwindigkeit, für andere Beweisergebnisse ist kein Platz, ist als durchaus situationsangepaßt und adäquat einzustufen. Grundsätzlich ist auch auszuführen, daß das Hantieren an einem Fahrradcomputer durch die Straßenverkehrsordnung grundsätzlich nicht verboten ist, lediglich freihändiges Fahren des Fahrrades stellt der Gesetzgeber unter Strafe. Genaue Feststellungen darüber, ob der Berufungswerber mit einer Hand oder mit beiden Händen am Fahrradcomputer hantierte, sind ebenfalls nicht getroffen worden. Wie der Berufungswerber auch in seinen Einspruchsangaben näher ausführt, war es jedoch nicht das Hantieren mit dem Fahrradcomputer, wodurch er zu Sturz kam, sondern konnte er nicht rechtzeitig seine Füße von den Pedalen wegen der sogenannten Clips lösen. Darin liegt jedoch keine Übertretung des § 20 Abs 1 der StVO und vertritt die erkennende Behörde den Standpunkt, daß der Berufungswerber keine Übertretung des § 20 Abs 1 StVO begangen hat, sondern aufgrund von Verkettung unglückseliger Umstände mit seinem Fahrrad zu Sturz kam.

Daher hat der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen, und war das Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen.

Schlagworte
Fahrgeschwindigkeit radfahren Sturz Pedale
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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