TE UVS Steiermark 1998/07/06 30.12-113/97

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Veröffentlicht am 06.07.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn Johann E, vertreten durch Dr. Werner A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 10.11.1997, GZ.: 15.1 1997/1252, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung zu den Punkten 1.) bis 12.) dem Grunde nach abgewiesen.

Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung dahin Folge gegeben, daß zu den Punkten 1.) bis 12.) nach § 19 VStG jeweils Geldstrafen von S 250,-- (Ersatzarrest nach § 16 VStG jeweils 5 Stunden) verhängt werden.

Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verfahren der ersten Instanz auf S 300,--. Dem Berufungswerber wird aufgetragen, die Geldstrafen, den Kostenbeitrag sowie die Untersuchungskosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Graz in Höhe von 4 x S 650,-- (= S 2.600,--) binnen vier Wochen bei Exekution zu bezahlen. Der Spruch des Straferkenntnisses wird in der Sachverhaltsumschreibung bei den Punkten 1.), 4.), 7.) und 10.) wie folgt korrigiert:

Es entfällt jeweils der Text "der Name (Firma oder Firmenschlagwort) und".

Die Verhängung der Geldstrafen erfolgte bei sämtlichen Punkten nach § 74 Abs 5 Z 2 Lebensmittelgesetz 1975 - LMG.

Der übrige Spruch bleibt unberührt.

Text

Die belangte Behörde (Bezirkshauptmannschaft Voitsberg als erste Instanz) warf dem nunmehrigen Berufungswerber mit Straferkenntnis, jeweils betreffend Sauermilch, Sauerrahm, Acidophilus-Milch und Joghurt, vor, daß diese Produkte am 19.11.1996 aus dem Kühlraum seines Betriebes in E, entnommen worden seien und folgende Kennzeichnungselemente nicht aufgewiesen hätten:

Den Namen (Firma oder Firmenschlagwort) und die Anschrift des Erzeugers oder der verpackenden Unternehmung, die Nettofüllmenge der zur Verpackung gelangenden Waren nach metrischem System sowie die Temperaturen oder sonstigen Lagerbedingungen, wenn deren Einhaltung für die Haltbarkeit wesentlich ist.

Dadurch seien in Verbindung mit § 74 Abs 5 Z 2 Lebensmittelgesetz 1975 - LMG folgende Rechtsvorschriften verletzt worden:

Bezüglich des fehlenden Namens § 4 Z 2 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 - LMKV, bezüglich der fehlenden Nettofüllmenge § 4 Z 3 lit a LMKV und bezüglich der fehlenden Temperaturen oder sonstigen Lagerbedingungen § 4 Z 6 LMKV.

Es wurden zu den insgesamt 12 Punkten Geldstrafen in Höhe von jeweils S 500,-- (Ersatzarrest je 10 Stunden) verhängt und dem Berufungswerber weiters nach § 45 Abs 2 LMG die Untersuchungskosten der BALMU in Höhe von 4 x S 650,-- auferlegt.

Der Beschuldigte berief mit folgender Begründung:

Unter Punkt 1.) wurde auf den Sachverhalt zu den Punkten 1.), 4.), 7.) und 10.) Bezug genommen und ausgeführt, daß der D-Hof (das ist der Hof des Berufungswerbers) seine Produkte vorwiegend über Bioläden vertreibe. Es werde nicht bestritten, daß die detaillierte Angabe der Adresse auf der Etikette gefehlt habe. Die Konsumenten hätten aber die Möglichkeit, in den Bioläden beim Kauf der Produkte die genaue Adresse des Erzeugers in Broschüren, die in den Bioläden auflägen, selbst festzustellen. Die fehlende Adresse stelle nur ein geringfügiges Fehlverhalten an der Grenze zur Strafbarkeit dar.

Unter Punkt 2.) begründete der Berufungswerber zu den Punkten 2.), 5.), 8.) und 11.) des Straferkenntnisses, daß vorgefertigte Pressgläser verwendet würden, in die die Nettofüllmenge eingepreßt sei. Sämtliche Gebinde würden bis zum oberen Rand abgefüllt. Ein volles Glas mit der Aufschrift 0,25 l habe eben diesen Inhalt. Die Argumentation der Behörde, daß eine geringere Menge abgefüllt sein kann, sei nicht stichhaltig, da eine solche geringere Abfüllung nicht einmal behauptet worden sei. Weiters wendet sich der Berufungswerber der Begründung zu den Punkten 3.), 7.), 9.) und 12.) des Straferkenntnisses wie folgt zu:

Es mangle am Verschulden, da der Beschuldigte die Etiketten über Empfehlung eines Kontrollorganes geändert habe, wie er glaubhaft dargetan habe. Im Einspruch gegen die Strafverfügung im erstinstanzlichen Verfahren heißt es diesbezüglich, daß vorher Etiketten mit dem Aufdruck "gekühlt haltbar bis ..............."

verwendet worden seien, und zwar bis zu einer Lebensmittelkontrolle im Jahr 1995, bei welcher das Prüforgan die Etikettierung zwar nicht beanstandet habe, dem Beschuldigten jedoch nahegelegt habe, bei Neuanfertigung der Etiketten den nunmehrigen Wortlaut auf den Etiketten zu verwenden. Bei Bekämpfung des Strafausmaßes weist die Berufung darauf hin, daß pro Delikt eine Geldstrafe von S 500,-- zu verhängen gewesen wäre, unabhängig davon, wieviele verschiedene Produkte betroffen seien, nämlich im vorliegenden Fall 3 x S 500,--, da das Verschulden bzw. der Unrechtsgehalt immer gleich sei, unabhängig von der Zahl der Produkte.

Da pro Delikt keine S 3.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde (§ 51 e Abs 2 VStG), gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark aufgrund der Aktenlage zu folgenden Feststellungen:

Der Berufungswerber brachte am 19.11.1996 im Kühlraum seines Betriebes in E, Sauermilch, Sauerrahm, Acidophilus-Milch und Joghurt in Verkehr, und zwar in verpackter Form, nämlich in Flaschen bzw. Gläser abgefüllt. Die Sauermilch wies folgende Etikettierung auf: "E Sauermilch mit natürlichem Fettgehalt. Zu verbrauchen bis (unleserlich)", der Sauerrahm die Etikettierung:

E Sauerrahm 15 % Fettgehalt. Zu verbrauchen bis 08.12.1996 die Acidophilus-Milch die Etikettierung: "E Acidophilus-Bifidus-Milch L (+) mit natürlichem Fettgehalt. Zu verbrauchen bis (unleserlich)" und Joghurt die Etikettierung: "E Joghurt mit natürlichem Fettgehalt. Zu verbrauchen bis (unleserlich)". Die Anschrift des Erzeugers, die Nettofüllmenge und die Temperaturen oder sonstigen Lagerbedingungen waren nicht gekennzeichnet.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den amtlichen Untersuchungszeugnissen der BALMU in Graz, UZ: 5789/96, UZ:

5790/96, UZ: 5791/96, jeweils vom 20.12.1996, und UZ: 5792/96 vom 30.12.1996.

Der objektive Tatbestand wurde im übrigen nicht bestritten.

Rechtsbeurteilung:

Nach § 4 LMKV sind verpackte Waren wie folgt zu kennzeichnen, sofern die §§ 5 bis 7 nicht anderes bestimmen: ... (Z 2) der Name (Firma oder Firmenschlagwort) und die Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung oder eines in einem EWR-Mitgliedsstaat niedergelassenen Verkäufers.

(Z 3 a) die Nettofüllmenge der zur Verpackung gelangenden Waren nach metrischem System; bei flüssigen Waren nach Liter, Zentiliter oder Milliliter, bei sonstigen Waren nach Kilogramm oder Gramm.

(Z 6) die Temperaturen oder sonstigen Lagerbedingungen, wenn deren Einhaltung für die Haltbarkeit wesentlich ist. Nach § 74 Abs 5 Z 2 LMG macht sich, sofern die Tat nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 25.000,-- zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer aufgrund der §§ 15 Abs 7 oder 8 lit a oder b, 19 oder 31 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt. Bei der LMKV handelt es sich um eine aufgrund des § 19 LMG erlassene Verordnung.

Zu den Punkten 1.), 4.), 7.) und 10.):

In der Berufung wurde nicht bestritten, daß die Adressangabe auf den Etiketten fehlte. Die belangte Behörde führte hiezu bereits in der Bescheidbegründung zutreffend aus, daß die vorgebrachte Rechtfertigung die Bestimmung ad absurdum führen würde, da es dann jedem Konsumenten zumutbar wäre, bei der Verkaufsstelle den Erzeuger des Produktes zu eruieren. Dem ist beizufügen, daß der in der Berufung vorgeschlagene Weg der Information der Konsumenten über die aufliegenden Broschüren eine Etikettierung nicht ersetzen kann, da das Aufliegen der Broschüren nicht kontrollierbar wäre. Es liegen somit vier Verstöße gegen § 4 Z 2 LMKV vor.

Wenn im Straferkenntnis auch jeweils das Fehlen des Namens (Firma oder Firmenschlagwort) vorgeworfen wurde, ist dies unzutreffend, da der Name E auf den Etiketten vorkommt und die Gutachten diesbezüglich auch keine Beanstandung enthalten. Der diesbezügliche Text war aus dem Spruch auszuscheiden.

Zu den Punkten 2.), 5.), 8.) und 11.):

In der Berufung wurde, wie angeführt, damit argumentiert, daß Pressgläser mit der aufgedruckten Nettofüllmenge verwendet worden seien. Laut Gutachten wiesen die Flaschen für Sauermilch ein Füllvolumen von 500 Milliliter, die Gläser für Sauerrahm, für Acidophilus-Milch und für Joghurt jeweils ein Füllvolumen von 250 Milliliter auf. Wenn es in der Bescheidbegründung diesbezüglich heißt, daß es durchaus möglich sein könnte, daß eine geringere Menge abgefüllt wurde, ist der darauf bezogene Einwand in der Berufung, eine geringere Abfüllmenge sei nicht behauptet worden, nicht zielführend. Es kann nicht Aufgabe des Käufers solcher Gläser bzw. Flaschen sein zu prüfen, bis zu welchem Grad die Flaschen gefüllt bzw. ob sie vollständig gefüllt sind. Das mögliche Fassungsvolumen einer Flasche oder eines Glases muß mit der tatsächlichen Füllmenge nicht identisch sein. Auch bei eingepreßter Füllmenge wird daher die tatsächliche Füllmenge nicht sicher feststehen, weshalb die eingepreßte Information die Etikettierung nicht ersetzen kann. Weiters hat die belangte Behörde zutreffend auf die Bestimmung des § 3 Abs 1 lit a LMKV hingewiesen, wonach die Kennzeichnungselemente nicht getrennt werden dürfen, was aber der Fall wäre, wenn man der Argumentation in der Berufung folgen würde. Somit liegen vier Verstöße gegen § 4 Z 3 lit a LMKV vor.

Zu den Punkten 3.), 6.), 9.) und 12.):

Da die jeweiligen Etiketten im relevanten Teil den Hinweis auf die Temperatur - hier "gekühlt" - nicht enthielten, liegt ein vierfacher Verstoß gegen § 4 Z 6 LMKV vor.

In der Berufung wurde, wie angeführt, diesbezüglich das

Verschulden bestritten. Im Ergebnis läuft die Bestreitung auf die

Geltendmachung eines Rechtsirrtums hinaus, der darin bestanden

haben soll, daß der Text auf den verwendeten Etiketten auf

Empfehlung eines Lebensmittelkontrollorganes anläßlich einer

Kontrolle zustande gekommen sei. Diesbezüglich ist das

Vorbringen des Beschuldigten im erstinstanzlichen Verfahren zu

untersuchen. Im Einspruch gegen die Strafverfügung wurde

geltend gemacht, daß der Beschuldigte "ehemals" - somit vor den

zur Tatzeit verwendeten Etiketten - Etiketten mit dem Aufdruck

gekühlt haltbar bis ............

einer Lebensmittelkontrolle "etwa 1995". Das damalige Prüforgan

habe diese Etikettierung zwar nicht beanstandet, dem

Beschuldigten aber nahegelegt, zu gegebener Zeit (bei der

nächsten Neuanfertigung) den "nunmehrigen Wortlaut" auf den

Etiketten zu verwenden.

Daraufhin erhob die belangte Behörde, daß im Betrieb des

Berufungswerbers am 09.11.1994 und am 24.06.1993

lebensmittelpolizeiliche Kontrollen stattgefunden haben. Im

Anschluß daran gab der Berufungswerber eine Stellungnahme

vom 27.10.1997 mit - im wesentlichen - folgenden Ausführungen

ab:

Er habe aufgrund einer Etikettenlieferung vom 14.07.1994

Etiketten mit dem Aufdruck "gekühlt haltbar bis .........."

verwendet, die auch bei der Kontrolle Ende 1994 aktuell gewesen

seien. Das damalige Prüforgan habe diese Etiketten nicht

beanstandet,sondern angeregt, die nächste Bestellung so abzuändern,

daß der Aufdruck "mindestens haltbar bis ........." aufscheint. Im

Sinne dieser Anregung habe er die nächste Bestellung dann veranlaßt, obwohl er von sich aus zu einer Änderung der Etiketten keinen wie immer gearteten Anlaß gehabt habe und ihm die Beibehaltung wesentlich billiger gekommen wäre. Zum Beweis dafür werde die Bestellung vom 08.07.1994 mit Auslieferung vom 14.07.1994 samt einem Muster vorgelegt.

Auf dieses Vorbringen ist folgendes zu entgegnen:

Nach § 5 Abs 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist, und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis eines Gesetzes kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Nur ein unverschuldeter Rechtsirrtum - im Unterschied zu einem verschuldeten (das heißt fahrlässigen) Irrtum - bildet im Sinn des § 5 Abs 2 VStG einen Schuldausschließungsgrund. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann eine unrichtige Auskunft eines Behördenorganes für die Schuldfrage von Bedeutung sein, die unrichtige Auskunft muß aber vom Organ der zuständigen Behörde erstattet worden sein, um Straflosigkeit zu bewirken (VwGH 98/06/0002 vom 27.02.1998 mit weiteren Judikaturhinweisen). Läßt man beiseite, daß der Berufungswerber sich nicht von sich aus beim Aufsichtsorgan nach der geltenden Rechtslage erkundigt hat - und läßt damit auch außer Acht, was der Berufungswerber bis dahin für rechtens hielt -, ist aus dem Verwaltungsstrafakt folgendes feststellbar:

Wurde im Einspruch gegen die Strafverfügung noch dargelegt,

daß dem Berufungswerber vom Aufsichtsorgan nahegelegt worden

sei, zu gegebener Zeit den nunmehrigen Wortlaut - somit den

Text: "Zu verbrauchen bis ............" - zu benützen, wurde in der

Stellungnahme vom 27.10.1997 davon abweichend ausgeführt,

das Aufsichtsorgan habe angeregt, den Aufdruck "mindestens

haltbar bis ..........." zu verwenden. Zum Zeitpunkt der Kontrolle

am 09.11.1994 war die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993

bereits in Kraft. Nach § 4 Z 5 ist (bei Waren mit einer Haltbarkeit

von weniger als drei Monaten) das Mindesthaltbarkeitsdatum mit

den Worten "mindestens haltbar bis ........." zu verwenden. In

diesem Sinne entsprach die am 09.11.1994 verwendete

Etikettierung "gekühlt haltbar bis ........." insofern nicht der

LMKV 1993, als das Wort "mindestens", welches zwingend

vorgeschrieben ist, gefehlt hat. Es ist daher durchaus

nachvollziehbar, daß das Aufsichtsorgan eine Änderung

angeregt

erstinstanzlichen Schriftsätzen behauptet wurde. Wenn nun die am

19.11.1996 verwendete Kennzeichnung den Text "Zu verbrauchen

bis ..........." aufweist, entspricht dies aber nicht jener

Textierung ("mindestens haltbar bis ........."), die das

Aufsichtsorgan laut Stellungnahme vom 27.10.1997 angeregt haben soll. Es erschien daher aufgrund der Widersprüchlichkeit des Vorbringens des Berufungswerbers und auch deswegen, weil von ihm die Einvernahme des Aufsichtsorganes nicht einmal beantragt wurde, nicht erforderlich, hierüber einen Beweis aufzunehmen, zumal das Ereignis dreieinhalb Jahre zurückliegt.

Zu verweisen ist aber auch darauf, daß es im gegenständlichen Fall gar nicht auf das Kennzeichnungsmerkmal des § 4 Z 5 LMKV (Mindesthaltbarkeitsdatum) ankommt, sondern auf das Merkmal des § 4 Z 6 "Temperaturen" - hier: "gekühlt". Daß das Aufsichtsorgan bei der angesprochenen Kontrolle dem Berufungswerber ausdrücklich empfohlen habe, das bis dahin verwendete Wort "gekühlt" aus dem Etikettentext zu entfernen, wurde vom Berufungswerber nicht behauptet, läßt sich aber auch aus dem Vorbringen insgesamt nicht erschließen. Denn der fragliche Text vereint die Kennzeichnungselemente der Ziffern 5 und 6 des § 4 LMKV, das Vorbringen des Berufungswerbers unterscheidet aber weder in der Berufung noch im erstinstanzlichen Verfahren klar zwischen den beiden Tatbeständen und konzentriert sich insbesondere nicht auf jenen der Z 6.

Dem Berufungswerber ist es somit nicht gelungen, einen Schuldausschließungsgrund darzutun, weshalb er betreffend die Punkte 3.), 6.), 9.) und 12.) - aber auch betreffend alle übrigen Punkte - Fahrlässigkeit zu verantworten hat, was insbesondere auch deswegen der Fall ist, weil kein Entlastungsvorbringen im Sinne des § 5 Abs 1 VStG, welches bei Ungehorsamsdelikten wie den gegenständlichen zur Glaubhaftmachung der Schuldlosigkeit erforderlich gewesen wäre, erstattet wurde.

Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Der objektive Unrechtsgehalt der Taten wurde bereits im Straferkenntnis dargelegt.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Auf die Unbescholtenheit als Milderungsgrund wurde hingewiesen.

Erschwerungsgründe liegen nicht vor.

Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse:

Monatliches Einkommen: rund S 15.000,--, Sorgepflicht für

Ehegattin und zwei minderjährige Kinder, Vermögen: Eigentümer einer Landwirtschaft im Ausmaß von 42 ha.

Im Hinblick auf die Unbescholtenheit, die fahrlässige Begehungsweise und die als günstig zu beurteilenden Aussichten bezüglich des künftigen Verhaltens erscheint eine Geldstrafe pro Delikt in Höhe von S 250,-- (Ersatzarrest je 5 Stunden) ausreichend, weshalb die Geldstrafen auch zur ausreichenden Würdigung der Unbescholtenheit auf dieses Maß herabzusetzen waren.

Mit dem Hinweis, daß nicht für jedes Produkt eigene Strafen verhängt hätten werden dürfen, wendet sich das Berufungsvorbringen implizit gegen die im § 22 Abs 1 VStG festgelegte Kumulation der Verwaltungsstrafen. Das Kumulationsprinzip wird durch die Rechtsfigur des fortgesetzten Deliktes durchbrochen, die dann vorliegt, wenn mehrere Einzelhandlungen infolge ihres erkennbaren zeitlichen, örtlichen und sachlichen Zusammenhanges sowie der Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände als Einheit anzusehen sind. Vorausgesetzt wird weiters, daß mehrere Tathandlungen nur als Teile eines von einem einheitlichen Vorsatz umfaßten Gesamtkonzepts begriffen werden können. Es sind dann die Einzelhandlungen nicht als eine Mehrheit von Delikten zu ahnden, sondern sie bilden ein einziges (fortgesetztes) Delikt (Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II, FN 3 zu § 22 VStG).

Im vorliegenden Fall konnte weder ein Vorsatz nachgewiesen werden (noch wurde ein solcher behauptet), noch ist der geforderte sachliche Zusammenhang gegeben, wenn bestimmte Kennzeichnungselemente bei verschiedenen Produkten fehlen. Die belangte Behörde hat daher zutreffend 12 Übertretungen angenommen.

Die Berufung war dem Grunde nach abzuweisen, hinsichtlich der Strafhöhe war ihr im angeführten Ausmaß stattzugeben. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 64 VStG. Für das Berufungsverfahren fielen keine Kosten an (§ 65 VStG). Die Vorschreibung der Untersuchungskosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Graz in Höhe von insgesamt S 2.600,-- stützt sich auf § 45 (2) LMG.

Schlagworte
Lebensmittelkennzeichnung Kennzeichnungsvorschrift Nettofüllmenge Kennzeichnungselemente Preßgläser
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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