TE UVS Steiermark 1998/07/30 413.5-1/98

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Veröffentlicht am 30.07.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Erich Kundegraber, Dr. Reingard Steiner und Dr. Karl Ruiner über die Berufung des Herrn Thomas W, geb. am 08.09.1971, vertreten durch Dr. Walter Sch, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 03. April 1998, GZ.: 11-39-184/98-5, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) wird die Berufung abgewiesen.

Text

Mit Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 03. April 1998, GZ.: 11-39-184/98-5, wurde dem Berufungswerber die Lenkerberechtigung für die Gruppen A, B, C, E, F und G gemäß § 73 Abs 1 und Abs 2 Kraftfahrgesetz 1967 (im folgenden KFG) mangels Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von drei Jahren, gerechnet ab der Abnahme des Führerscheins, das war der 15. November 1996, entzogen und verfügt, daß dem Berufungswerber für die Dauer der Entziehung keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf. Gemäß § 64 Abs 2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen.

In der dagegen eingebrachten Berufung vom 04.05.1998 begehrte der Berufungswerber eine Herabsetzung der Entzugsdauer auf 18, allenfalls 24 Monate.

Über die vorliegende Berufung hat gemäß § 67 a Abs 2 AVG der Unabhängige Verwaltungssenat durch eine Kammer zu entscheiden. Die erkennende Behörde ist bei ihrer Entscheidung nach Durchführung einer Verhandlung am 30. Juli 1998 von nachstehender Sach- und Rechtslage ausgegangen:

Gemäß § 73 Abs 1 KFG ist Besitzern einer Lenkerberechtigung, die unter anderem nicht mehr im Sinne des § 66 KFG verkehrszuverlässig sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken, die Lenkerberechtigung entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit ganz oder nur hinsichtlich bestimmter Gruppen zu entziehen oder durch Befristung, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit einzuschränken. Bei der Entziehung ist nach Abs 2 dieser Bestimmung auch auszusprechen, für welche Zeit keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf. Diese Zeit ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen und darf bei Personen, die nicht verkehrszuverlässig sind, nicht kürzer als drei Monate sein.

Dem § 66 Abs 1 KFG zufolge gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 2) und ihrer Wertung (Abs 3) angenommen werden muß, daß sie aufgrund ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen der in Betracht kommenden Gruppe a) die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder b) sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. § 66 Abs 2 leg cit normiert, daß als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs 1 insbesondere zu gelten hat, wenn jemand nach lit e ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung des § 99 Abs 1 StVO begangen hat.

Die Vorinstanz hat dem bekämpften Ausspruch auf Entzug der Lenkerberechtigung für drei Jahre mangels Verkehrszuverlässigkeit die in der Bescheidbegründung angeführten Delikte als bestimmte Tatsachen gemäß § 66 Abs 2 lit e KFG zugrundegelegt. In der vorliegenden Berufung wird im wesentlichen gerügt, der Berufungswerber habe nach den zwei Alkoholvergehen im Jahre 1993 erst im Jahre 1996, somit mehr als drei Jahre später, das vorliegende Alkoholdelikt begangen, was bedeuten würde, daß zufolge des Wohlverhaltens des Berufungswerbers zwischen 1993 und 1996 die damals begangenen Alkoholdelikte nicht mehr strafsatzbestimmend

Dazu ist aufgrund der Aktenlage zunächst festzustellen, daß der Berufungswerber im Zusammenhang mit einem Vorfall vom 15.11.1996, bei welchem es zu einem Auffahrunfall gekommen ist, mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 31.10.1997, GZ.: UVS 303.2-2/97-7, wegen Übertretung des § 99 Abs 1 lit b iVm. § 5 Abs 2 StVO rechtskräftig bestraft worden ist. Wenn der Berufungswerber in diesem Zusammenhang einwendet, zum Unfallszeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen zu sein und seine Gründe für die Alkotestverweigerung darlegt, so bedarf es im Hinblick auf den in Rechtskraft erwachsenen zitierten Bescheid keiner neuerlichen Auseinandersetzung mit den im Rahmen des Strafverfahrens zu beurteilenden Einwänden. Im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens sind diese aufgrund des rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens rechtlich unbeachtlich und wird im übrigen auf die sich damit auseinandersetzende Begründung des Strafbescheides verwiesen und insbesondere darauf aufmerksam gemacht, daß Übertretungen der Bestimmung des § 99 Abs 1 lit b iVm. § 5 Abs 2 StVO den Alkoholdelikten nach § 5 Abs 1 leg cit gleichzuhalten sind, wobei es - wie bereits von der Vorinstanz festgehalten wurde - bei der Verweigerung des Alkoholtestes nicht darauf ankommt, ob der Lenker tatsächlich durch Alkohol beeinträchtigt ist, sondern der Umstand genügt, wenn die Straßenaufsichtsorgane vermuten können, daß sich der Lenker bei

der Beanstandung in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet.

Gemäß § 66 Abs 3 KFG sind für die Wertung der in Abs 1 angeführten Tatsachen bei strafbaren Handlungen ihre Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit ist gemäß der vorzitierten Bestimmung ein strenger Maßstab anzuwenden, wobei es darum geht, aus dem bisherigen Verhalten des zu Beurteilenden im Straßenverkehr die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Hiebei ist die charakterliche Veranlagung des Betreffenden einer Prüfung und Beurteilung bzw. einer Wertung zu unterziehen. Es sind alle Handlungen der zu beurteilenden Person, die nach außen hin in Erscheinung treten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend zu analysieren und zu werten und ist hiebei eine Zukunftsprognose aufzustellen.

Die vom Berufungswerber begangene Übertretung ist in hohem Maße als verwerflich anzusehen, da das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu den schwerwiegendsten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit zählt, weil es durch die Alkoholbeeinträchtigung zu einer Verminderung der Reaktionsschnelligkeit und Reaktionssicherheit des Lenkers kommt, sowie seine Fähigkeit, Verkehrssituationen richtig zu beurteilen und dementsprechend zu handeln, stark reduziert wird, was eine hohe Gefahr für das Leben, die Gesundheit und das Vermögen anderer Verkehrsteilnehmer mit sich bringt. Desgleichen ist eine Verweigerung des Alkotests in hohem Maße verwerflich, weil durch den Alkotest die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung überprüft und ein alkoholbeeinträchtigter Fahrzeuglenker an der weiteren Verkehrsteilnahme gehindert werden kann (VwGH 09.10.1985, 25/11/0152 u.a.).

Der vorliegende Sachverhalt läßt eine Gesinnung des Berufungswerbers erkennen, die ihn zum Lenken eines Kraftfahrzeuges ungeeignet macht. Im Anlaßfall war, wie aus dem rechtskräftigen zitierten Strafbescheid hervorgeht, darauf Bedacht zu nehmen, daß beim Berufungswerber Alkoholisierungssymptome in Form von deutlichem Alkoholgeruch, unsicherem Gang, veränderter Sprache, schläfrigem Benehmen und deutlich geröteter Bindehäute festgestellt wurden und der Berufungswerber selbst zugab, vor Inbetriebnahme und Lenken des Pkws bei einer Bekannten zwei Glas Bier getrunken zu haben, wobei es in der Folge auf dem Nachhauseweg auf der B 76 nach dem Ortsende von Schlieb zu einem Auffahrunfall kam.

Zur Abrundung des Bildes der Gesamtpersönlichkeit des Berufungswerbers im Zusammenhang mit seinem Verhalten im Straßenverkehr war noch zu berücksichtigen, daß dem Berufungswerber im Jahre 1993 aufgrund zweier Alkoholdelikte -

Vorfall vom 25.04.1993, Atemluftalkoholgehalt: 1,15 mg/l, sowie Vorfall vom 06.12.1993 1,17 mg/l -, welche aufgrund der rechtskräftigen Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft

Deutschlandsberg vom 09.06.1993, GZ.: 15.1-1993/1751, sowie vom 14.01.1994, GZ.: 15.1-1993/5937, festgestellt und Geldstrafen verhängt wurden - die Lenkerberechtigung mit Mandatsbescheid vom 05.05.1993, GZ.: 11.0 WA 67/93 - 1, auf 4 Wochen sowie mit Mandatsbescheid vom 27.12.1993, GZ.: 11.0 WA 67/93 - 2, auf 24 Monate entzogen wurde.

Wenn der Berufungswerber in diesem Zusammenhang vermeint, die drei Jahre vor dem Anlaßfall liegenden Alkoholdelikte bzw. darauf beruhenden jeweiligen Entziehungen der Lenkerberechtigung wären nicht mehr "strafsatzbestimmend" heranzuziehen, so ist er im Irrtum. Es ist keinesfalls ausgeschlossen, daß die Behörde bei ihrer Wertung für die Festsetzung der Entzugszeit auch auf länger zurückliegende Ereignisse Rücksicht nimmt, da gerade eine längere Zeitspanne dazu angetan ist, das Verhalten eines KFZ-Lenkers im Straßenverkehr einer objektiven Beurteilung zu unterziehen. Der Entzug der Lenkerberechtigung stellt im übrigen keine Strafe sondern eine Maßnahme dar.

Das vom Berufungswerber als Beweis für sein Wohlverhalten vorgelegte verkehrspsychologische Gutachten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 13.12.1995, in welchem der Berufungswerber aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der angesprochenen Gruppen für geeignet beurteilt wird, war, wie auch die Tatsache, daß zwischen der Entziehung der Lenkerberechtigung mit Bescheid vom 27.12.1993 und der Setzung des Entziehungstatbestandes drei Jahre liegen, in welcher Zeit der Berufungswerber nicht einschlägig in Erscheinung getreten ist, nicht geeignet, eine Minderung der ausgesprochenen Entzugszeit herbeizuführen. Bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit einer Person kommt es nur auf deren relevante strafbare Handlungen und deren Wertung im Sinne des § 66 Abs 3 KFG an. Die Charaktereigenschaft der Verkehrszuverlässigkeit ist von der Behörde anhand der Aktenlage im Wege der Lösung einer Rechtsfrage ohne Heranziehung eines Sachverständigen zu beurteilen. Psychologische Kriterien, wie kraftfahrspezifische Eignung und Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Erteilungsvoraussetzung der geistigen

Eignung zuzuordnen, die ihrerseits einer ärztlichen und psychologischen Beurteilung zugänglich sind. Dabei war im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, daß es nur knapp ein Jahr, nachdem der Berufungswerber unter Zugrundelegung der vorgelegten verkehrs-psychologischen Beurteilung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit nach dem vorangegangenen Führerscheinentzug wieder in den Besitz einer Lenkerberechtigung gelangte, zum den Anlaßfall bildenden Vorfall vom 15.11.1996 gekommen ist. Auf Grund dieses Vorfalles wurde der Berufungswerber mit Urteil des Bezirksgerichtes Stainz vom 30.3.1998 wegen des Vergehens des Imstichlassens eines Verletzten nach § 94 Abs 1 StGB verurteilt, weil der Berufungswerber, nachdem er einen Auffahrunfall verursacht hat, bei welchem die Lenkerin Maria W verletzt wurde, es unterlassen hat, der Verletzten die erforderliche Hilfe zu leisten. Auch der Einwand des Berufungswerbers, der verursachte Schaden im Anlaßfall sei überaus gering gewesen, ist als zur Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit nicht heranziehbar nicht geeignet, eine Änderung der Entscheidung herbeizuführen, ebensowenig wie der eingewendete Umstand, wonach der Berufungswerber auch bisher keine Verkehrsunfälle verursacht habe, zumal dem Wohlverhalten innerhalb eines Strafverfahrens bzw. Entziehungsverfahrens ein minderes Gewicht beizumessen ist, da erfahrungsgemäß ein Berufungswerber das Bestreben haben muß, sich während dieser Zeit nichts zuschulden zu kommen lassen, um eine ausständige Entscheidung nicht in negativer Weise zu beeinflussen. Im vorliegenden Berufungsfall ist somit zusammenfassend davon auszugehen, daß der Berufungswerber insgesamt drei Alkoholdelikte in einem Zeitraum von fünf Jahren begangen hat und es bereits zweimal aufgrund mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu einem Entzug der Lenkerberechtigung gekommen ist. Diese in der Vergangenheit verfügten Entziehungen haben offenbar keine Änderung der diesbezüglichen Sinnesart des Berufungswerbers bewirkt. Aufgrund dieser Tatsachen und ihrer vorgenommenen Wertung kommt die erkennende Behörde zum Entschluß, daß der Berufungswerber auch in Hinkunft - zumindest innerhalb der nächsten drei Jahre, gerechnet ab 15. November 1996 - in seinem Verhalten nicht als verkehrszuverlässig anzusehen ist und daher die Verkehrssicherheit insbesondere durch Trunkenheit gefährdet wird. Soferne der Berufungswerber seinen Antrag auf Herabsetzung der Entzugsdauer damit begründet, daß er infolge des Führerscheinentzugsverfahrens seinen erlernten Beruf als Fernfahrer derzeit nicht ausüben und lediglich Hilfsarbeitertätigkeiten verrichten könne, kann auch dieser Einwand nicht berücksichtigt werden, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wirtschaftliche Nachteile der Partei nicht mit der Gefährdung der Verkehrssicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer kompensiert werden können. Dem Berufungsbegehren konnte somit aus den angeführten Gründen nicht entsprochen werden.

Schlagworte
Lenkberechtigung Entziehung Alkoholdelikte Verkehrszuverlässigkeit Entziehungsdauer
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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