TE UVS Steiermark 1998/11/12 30.1-45/97

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Veröffentlicht am 12.11.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Peter Schurl über die Berufung des Herrn Dr. HS, vertreten durch Dr. HR, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Magistrates Graz, Gewerbeamt vom 2.10.1997, GZ.: A 4 - St 805/1996/3011, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der Bescheid behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis des Magistrates Graz, Gewerbeamt, vom 2.10.1997, GZ.: A 4 - St 805/1996/3011, wurde Herrn Dr. HS zur Last gelegt, er habe es zu verantworten, daß am 1.8.1996 einem Kontrollorgan der Magistratsabteilung 23 ein Lokalaugenschein der Fachtierarztordination für Kleintiere in G, verweigert und damit die Einsichtnahme in die Aufzeichnungen über die Abfälle (Chemikalienlaugen, die von der Entwicklung der Röntgenbilder stammen) nicht gewährt wurde. Er habe dadurch § 33 Abs 2 in Verbindung mit § 39 Abs 1 lit. c Z 12 AWG verletzt und wurde über ihn gemäß § 39 Abs 1 lit. c leg. cit. eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

In seiner rechtzeitigen Berufung wies Dr. S darauf hin, die Ordination sei zum Zeitpunkt des beabsichtigten Lokalaugenscheines geschlossen gewesen und hätte keine Veranlassung beanstanden, eine überfallsartige Kontrolle anzusetzen, da weder Gefahr im Verzug vorgelegen sei noch die Erforderlichkeit zum Betreten der Liegenschaften, Gebäude etc. vorgelegen sei. Hätte daher die zuständige Magistratsabteilung eine kurzfristige Terminvereinbarung getroffen, hätte sie auch in die entsprechenden Unterlagen Einsicht nehmen können. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aus nachstehenden Gründen zu beheben ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die Berufungsausführungen und konnte gemäß § 51 e Abs 1 VStG auch von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden.

Sachverhalt:

Auf Grund einer anonymen Anzeige, daß beim Tierarzt Dr. S Chemikalienlaugen, die von der Entwicklung von Röntgenbildern stammen, in den Abfluß gegossen würden, hat ein Organ des Magistrates Graz, Abteilung 23 - Amt für Umweltschutz, versucht, am 1.8.1996 in der Ordination einen Lokalaugenschein durchzuführen, um in etwaige Aufzeichnungen über gefährliche Abfälle im Sinne des § 14 Abs 1 AWG 1990 Einsicht zu nehmen. Dem Organ wurde der Zutritt zu den Räumlichkeiten der Ordination über die Gegensprechanlage vom Hauptassistenten mit der Begründung verweigert, daß ein Augenschein nur nach Rücksprache mit dem Chef, das heißt mit dem Berufungswerber, ermöglicht werden könne.

Wie bereits angeführt, sollte die Überprüfung auf Grund einer

anonymen Anzeige und nicht über Auftrag des Landeshauptmannes von Steiermark erfolgen.

Rechtliche Erwägungen:

Wer eine Tätigkeit ausübt, bei der gefährliche Abfälle anfallen, hat gemäß § 13 Abs 1 AWG diesen Umstand binnen drei Monaten nach der Aufnahme der Tätigkeit dem Landeshauptmann zu melden. Auf Grund dieser Meldung hat der Landeshauptmann dem Meldungsleger eine Abfallbesitzernummer zuzuteilen. Gemäß § 14 Abs 1 leg cit hat derjenige, der eine Tätigkeit ausübt, bei der Abfälle anfallen, fortlaufende Aufzeichnungen über Art, Menge, Herkunft und Verbleib dieser Abfälle zu führen und darüber den Behörden auf Verlangen Auskunft zu erteilen. Gemäß § 33 Abs 1 AWG sind, soweit dies zur Vollziehung dieses Bundesgesetzes erforderlich ist, die mit der Vollziehung betrauten Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeiten sowie die von diesen herangezogenen Sachverständigen und Organe der öffentlichen Aufsicht befugt, Grundstücke und Gebäude zu betreten und zu besichtigen. Der Eigentümer der Liegenschaft bzw. der Betriebsinhaber oder der Vertreter dieser Personen ist spätestens beim Betreten der Liegenschaft oder des Betriebes nach Tunlichkeit zu verständigen. Ist Gefahr im Verzug und ist weder der Eigentümer der Liegenschaft noch der Betriebsinhaber oder der Vertreter dieser Personen erreichbar, so genügt die nachträgliche Verständigung.

Voraussetzung für eine Betretungsbefugnis von Behördenorganen bzw. von diesen herangezogenen Sachverständigen ist somit, daß sie mit der Vollziehung des AWG im gegebenen rechtlichen Rahmen betraut sind. Wie oben angeführt, ist mit der Erfassung der Meldungen betreffend gefährliche Abfälle und der Kontrolle der diesbezüglich zu führenden Aufzeichnungen der Landeshauptmann, gegebenenfalls auch der Bundesminister für Umwelt und Familie berufen. Eine Zuständigkeit des Bürgermeisters als Bezirksverwaltungsbehörde ist im Gegenstand jedenfalls nicht gegeben. Allein aus diesem Grunde konnte die Verweigerung des Zutritts eines Organs des Magistrates Graz, Umweltamt, nicht rechtswidrig sein.

Darüber hinaus liegen keine Anhaltspunkte vor, daß im gegenständlichen Fall Gefahr im Verzuge gegeben gewesen wäre, noch, daß jene Person, welche den Zutritt zur Ordination verweigert hat, als Vertreter im Sinne des § 33 Abs 1 AWG angesehen werden kann. Es ist daher auch keine

ordnungsgemäße Verständigung im Sinne letzterer Bestimmung erfolgt, sodaß der Berufungswerber keinesfalls eine Verwaltungsübertretung im Sinne des § 39 Abs 1 lit. c Z 12 AWG begangen hat. Das Verfahren war daher einzustellen.

Schlagworte
Betretungsbefugnis Behördenorgane Einsichtnahme Aufzeichnungen gefährlicher Abfall
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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