TE UVS Steiermark 1998/11/17 30.12-60/98

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Veröffentlicht am 17.11.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn Peter H, F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 31.08.1998, GZ.: 15.1 1997/786, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung zu den Punkten 1.) und 2.) Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Die belangte Behörde (Bezirkshauptmannschaft Feldbach als erste Instanz) warf dem nunmehrigen Berufungswerber mit Straferkenntnis folgenden Sachverhalt vor:

1.)

Er sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der H GesmbH mit Sitz in B G, die als Betreiberin der Villa M mit Sitz im K von B G fungiere. Er sei somit für die Einhaltung des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes und des Steiermärkischen Heilvorkommen- und Kurortegesetzes verantwortlich. Aufgrund von vorliegenden Werbeprospekten sei festgestellt worden, daß er seit 08.05.1996 Therapien im Kurhotel Villa M durchführe bzw. durchgeführt habe, ohne im Besitz einer Bewilligung nach dem Steiermärkischen Krankenanstaltengesetz zu sein.

2.)

Weiters sei durch die vorliegenden Werbeprospekte festgestellt worden, daß er seit 08.05.1996 Heilvorkommen für Therapien angepriesen und angewendet habe, ohne eine Bewilligung nach dem Steiermärkischen Heilvorkommen- und Kurortegesetz zu besitzen.

Dadurch seien folgende Rechtsvorschriften verletzt worden:

1.) § 3 Abs 1 Steiermärkisches Krankenanstaltengesetz - Stmk.

KALG

2.) § 17 Steiermärkisches Heilvorkommen- und Kurortegesetz

Es wurden Geldstrafen verhängt.

Der Beschuldigte berief und begründete dies damit, daß die Kurbehandlungen nach dem Steirischen Kurortegesetz ausschließlich im Kurzentrum durchgeführt würden. Es lägen Rechnungen der G J AG betreffend Therapien und Kuren für Patienten, die in der Villa M gewohnt hätten, vor. In dieser Villa M sei eine Rehabilitationsgymnastik nie durchgeführt worden; es stünde gar kein Raum zur Verfügung. Dr. K und Dr. T hätten diese Behandlungen in der Villa M verordnet; durchgeführt worden seien sie im Kurzentrum. Dies ließe sich beweisen. Im Prospekt 1997/98 sei das Anbot dementsprechend ausgelegt. Der Masseur F, der Inhaber eines Massageinstitutes in F sei, habe in der Villa M einen Raum und mache dort Massagen. Diäten würden ausschließlich von Ärzten vorgeschrieben und von "uns" dementsprechend zubereitet.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gelangt als Berufungsbehörde nach § 51 Abs 1 VStG zu folgenden Feststellungen:

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der H Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in B G, welche das Kur- und Ferienhotel Villa M im Kurpark B G betreibt.

Im ersten Stock des Kurhotels befindet sich auch ein Pflegeheim, welches nach § 12 des Steiermärkischen Pflegeheimgesetzes bewilligt ist. Um eine Bewilligung nach dem Steiermärkischen Krankenanstaltengesetz bzw. Steiermärkischen Heilvorkommen- und Kurortegesetz wurde nie angesucht.

Der Berufungswerber legte einen Prospekt auf, welcher jedenfalls ab 08.05.1996 existent war, in dem unter anderem auf einem Foto eine Badewanne mit einem Badenden und einer neben der Wanne stehenden weiblichen Person zu sehen ist. Weiters enthält dieser Prospekt auf der letzten Seite folgenden Text:

Naturmedizinisches Zentrum

Wir bieten: Erholung - Vorbeugung - Behandlung - Nachsorge

Ärztliche Leitung

Hausinterne Therapieanwendungen sind

unterstützend bei der "Traditionellen

Gleichenberger Kur".

Kurarztpraxis

Bioresonanztherapie

Akupunktur - Laserakupunktur

Homöopathie

Heilsames Fasten - Teefasten - Säftefasten -

Reduktion - Diät - Diagnostik und Therapie

nach F.X. Mayr

Wechselwarme Anwendungen nach Kneipp

Kohlensäurebäder - Luftperlbäder mit

Meersalz - Kräuterbäder -Bürstenbäder

Lymphdrainage - Fußreflexzonenbehandlung - Bindegewebsmassage

Akupunktmassage - Manuelle Ganz- und Teilmassagen

Physikotherapie

Elektrotherapie"

In einem weiteren Prospekt mit der Randnotiz "Preisliste 2/1997"

finden sich unter anderem folgende Ausführungen:

Unser Angebot: ... Zusätzlich auf Wunsch besteht die Möglichkeit einer homöopathischen Begleittherapie bzw. einer problemspezifischen Essberatung ...

II.) Ärztliche Eingangsuntersuchung. (Verordnung von Kuranwendungen)

5 individuell abgestimmte Kuranwendungen, ..."

Auf der letzten Seite dieses soeben genannten Prospektes ist unter Massagen unter anderem auch "Rehabilitations Gymnastik" genannt sowie der Hinweis "Ärztliche Leitung".

In einem "Preis & Leistungsverzeichnis" Stand April 1997 heißt es

unter anderem:

Im Preis nicht enthalten:

Sonderleistungen (gegen Aufpreis)

Spezielle Kurbehandlungen lt. jeweils gültigem

Angebot des Kurzentrums und Ambulatoriums

Bad Gleichenberg (sofern nicht durch die Sozialversicherung gedeckt)"

Ob die angeführten Behandlungen auch tatsächlich in der Villa Max durchgeführt wurden, wurde nicht ermittelt.

Der Sachverhalt beruht auf nachstehenden Beweisergebnissen:

Die die H Gesellschaft m.b.H. betreffenden Angaben wurden dem Firmenbuchauszug FN entnommen. Daß in der Villa M ein Pflegeheim betrieben wird und eine Genehmigung nach dem Steiermärkischen Pflegeheimgesetz vorliegt, ergibt sich aus dem Gesprächsprotokoll der Amtsärztin Frau Dr. O vom 09.06.1997 über ein Gespräch mit dem Berufungswerber.

Das Schreiben der G und J AG vom 08.05.1996 an das Amt der Stmk. Landesregierung, RA 12, gibt Aufschluß darüber, daß (spätestens) ab diesem Zeitpunkt der Prospekt, der auf der letzten Seite eine Badewanne zeigt, aufgelegt war und die Anpreisung daher spätestens ab diesem Zeitpunkt erfolgte. Weitere Beweismittel bilden die bereits in den Feststellungen genannten drei Prospekte bzw. Preislisten.

Die Frage, ob die angebotenen Therapien in der Villa M durchgeführt wurden, ist nach den Beweisergebnissen nicht eindeutig zu beantworten, es ist dies aber, wie die rechtliche Beurteilung zeigt, auch nicht erforderlich.

Rechtsbeurteilung:

Im vorliegenden Fall sind unter anderem folgende

Rechtsvorschriften betroffen:

Zu Punkt 1.):

§ 3 Abs 1 Stmk. KALG:

Die Errichtung einer Krankenanstalt bedarf nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Bewilligung der Landesregierung."

Die wesentliche Sachverhaltsumschreibung laut Straferkenntnis Therapien im Kurhotel Villa M durchführen bzw. durchgeführt haben, ohne im Besitz einer Bewilligung nach dem Stmk. Krankenanstaltengesetz zu sein" läßt sich dem § 3 Abs 1 Stmk. KALG nicht unterstellen. Eine Bewilligung von Therapien nach dem Steiermärkischen Krankenanstaltengesetz, wie sie im Spruch des Straferkenntnisses zum Ausdruck kommt, ist in diesem Gesetz nicht vorgesehen. Es ist richtig, daß eine Krankenanstalt Behandlungen durchzuführen hat.

(§ 1 Abs 1 Stmk. KALG:

Unter Krankenanstalten (Heil- und Pflegeanstalten) sind Einrichtungen zu verstehen, die zur Feststellung einer Krankheit durch Untersuchung und zur Besserung und Heilung einer Krankheit durch Behandlung bestimmt sind, gleichgültig, ob sie nur der Untersuchung und Behandlung oder auch der Unterbringung und Pflege von Menschen dienen, sowie Einrichtungen, die zur besonderen Wartung von Menschen bestimmt sind, wenn eine solche wegen des körperlichen und geistigen Zustandes erforderlich ist.").

Die Erfüllung der im § 1 Abs 1 Stmk. KALG genannten Zwecke allein genügt noch nicht für die Qualifikation als Krankenanstalt (VwGH 15.12.1989, 89/18/0105). Nach dem von der Lehre entwickelten Begriff sind Anstalten Einrichtungen, in denen Sachwerte und persönliche Dienstleistungen bestimmter Art zu einer organisatorischen Einheit zusammengefaßt und in dieser Gestaltung dauernd der Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gewidmet sind (VwSlg. 12.255A).

Nach § 5 Abs 1 Stmk. KALG bedarf der Betrieb einer Krankenanstalt der Bewilligung der Landesregierung. Die Durchführung von Therapien im Kurhotel Villa M ohne Bewilligung nach dem Stmk. KALG laut Straferkenntnis scheint nach den zitierten beiden Erkenntnissen aber auch nicht ausreichend, um eine Verletzung des § 5 Abs 1 anzunehmen, denn Sache des erstinstanzlichen Verfahrens war es nicht, daß der Berufungswerber seit 08.05.1996 eine Krankenanstalt im Kurhotel Villa M betrieben hat, sondern lediglich, daß er Therapien ohne Bewilligungen durchgeführt haben soll. Unabhängig davon, ob diese in den Werbeprospekten angekündigten Therapien nun tatsächlich im Hotel Villa M durchgeführt wurden oder nicht, bildet der Sachverhalt, Therapien ohne Bewilligung nach dem KALG durchgeführt zu haben, keine Verletzung des § 3 Abs 1, aber auch keine des § 5 Abs 1. Dafür hätte es im Sinne des § 44 a Z 1 VStG eindeutiger Ausführungen bedurft, die eine Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht hätten. Zwar handelt es sich bei der konsenslosen Vornahme einer Tätigkeit über einen bestimmten Zeitraum um ein fortgesetztes Delikt, bei dem der Beginn der Verfolgungsverjährung mit der Erlassung des Straferkenntnisses bzw. im vorliegenden Fall mit der Schöpfung des Straferkenntnisses am 31.08.1998 anzusetzen ist, weshalb die Verfolgungsverjährung zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides noch nicht abgelaufen ist (§ 31 Abs 2 VStG).

Würde die Berufungsbehörde aber den Sachverhalt dahin präzisieren, daß er auf Betreiben einer Krankenanstalt ohne Bewilligung lautet, stellte dies eine unzulässige Tatauswechslung im Sinne des § 66 Abs 4 AVG dar, da der Sachverhaltsvorwurf des Betreibens einer Krankenanstalt ohne Bewilligung nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war.

Die belangte Behörde hat sich mit dem Spruch zu Punkt 1.), daß die Bewilligung nach dem Stmk. KALG gefehlt habe, eindeutig auf dieses Gesetz festgelegt, sodaß es der Berufungsbehörde auch verwehrt ist, den Sachverhalt dahin zu prüfen, ob er allenfalls dem Ärztegesetz oder dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz - GuKG unterstellt werden kann, zumal insbesondere nach § 15 Abs 1 des zuletzt genannten Gesetzes es zum Tätigkeitsbereich der Krankenpfleger gehört, therapeutische Maßnahmen nach ärztlicher Anordnung durchzuführen, und nach § 105 Abs 1 Z 1 dieses Gesetzes eine Verwaltungsübertretung begeht, wer berufsmäßig eine unter dieses Bundesgesetz fallende Tätigkeit ausübt.

Wenn die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses in Bezugnahme auf Ermittlungen des Gendarmeriepostens B G ausführte: "Eine anonyme telefonische Anfrage seitens der Gendarmerie hat ergeben, daß sämtliche Massagen und Wannenbäder mit Luftperlen oder Kräuterzusätzen im Hotel angeboten werden.", ist damit nichts gesagt in Bezug auf Therapien im Sinne von Heilbehandlungen.

Zu Punkt 2.):

Die Überschrift zu § 17 Steiermärkisches Heilvorkommen- und Kurortegesetz lautet:

Besondere Bestimmungen über den Vertrieb der Produkte von Heilvorkommen"

Die sechs Absätze umfassende Bestimmung bezieht sich ausschließlich auf die Versendung oder den Vertrieb von Heilvorkommen und hat mit dem Sachverhalt laut Straferkenntnis (Anpreisung und Anwendung von Heilvorkommen für Therapien) nichts zu tun. Nach § 26 Abs 1 Steiermärkisches Heilvorkommen- und Kurortegesetz sind aber auch Zuwiderhandlungen gegen die im § 6 Abs 5 aufgestellten Verbote als Verwaltungsübertretungen zu bestrafen.

In dieser Bestimmung heißt es:

Jede Nutzung natürlicher Vorkommen als Heilvorkommen entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes ist verboten. Als Nutzung in diesem Sinne gilt jedoch nicht die Benützung eines natürlichen Vorkommens zum eigenen persönlichen Gebrauch. Nach Abs 1 bedarf die Nutzung von Heilvorkommen,

ausgenommen solcher nach § 1 Abs 2 lit c, der Bewilligung der Landesregierung, die mit Bescheid zu erteilen ist, wenn die nach diesem Gesetz geforderten Voraussetzungen hiefür gegeben sind."

Es ist zwar richtig, daß eine Anwendung von Heilvorkommen, wie es im Straferkenntnis heißt, einer Nutzung im Sinne des § 6 unterstellt werden kann, allerdings gelten als Heilvorkommen nach § 1 des Gesetzes Heilquellen, Heilpeloide (und hier nicht relevante Heilfaktoren), von denen die Heilpeloide wiederum in Heilmoor, Heilschlamm oder Heilschlick unterteilt werden können. Abgesehen davon, daß im Spruch des Straferkenntnisses nicht ausgeführt ist, welche Art von Heilvorkommen bewilligungslos angepriesen und angewendet worden sein soll, ergibt sich im gesamten erstinstanzlichen Verfahren kein Hinweis darauf, welches Heilvorkommen gemeint sein kann, da im Prospekt (Preisliste 2/1997) lediglich von Kuranwendungen die Rede ist. Es fehlt aber auch jeder Hinweis auf die Art und Weise einer allfälligen Nutzung eines wie immer beschaffenen Heilvorkommens. Damit scheidet aber auch die Unterstellung des Sachverhaltes unter § 6 Abs 1 i.V.m. § 6 Abs 5 des Gesetzes aus. Der Sachverhaltsvorwurf enthält aber auch die Anpreisung von Heilvorkommen. Nach § 16 Abs 6 des Gesetzes ist jede aufdringliche, jede den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft widersprechende und irreführende und jede aus Laienurteilen über Behandlungserfolge bestehende Werbung für Heilvorkommen oder Produkte von Heilvorkommen verboten. Eine Werbung an und für sich ist daher zulässig, soferne sie nicht aufdringlich ist oder in anderer Weise verpönt ist. Da sich aus dem gesamten Akt nicht ergibt, in welcher Weise die Werbung irreführend oder aufdringlich gewesen sein soll, und der Spruch des Straferkenntnisses auch keine diesbezügliche Qualifikation aufweist, kommt auch ein Verstoß gegen § 16 Abs 6 nicht in Frage.

Es waren somit beide Punkte zu beheben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen, da der Tatvorwurf jeweils nicht erweisbar war.

Da das Verfahren aufgrund des Schreibens der G und J AG vom 08.05.1996 an die Stmk. Landesregierung, RA 12, in Gang gesetzt wurde und es in diesem Schreiben unter anderem heißt:

Er (gemeint: der Berufungswerber) ... versteckt sich hinter den Ärzten ... bietet er Leistungen an, die er teilweise von unserem

Kurzentrum übernommen hat und mischt sie mit Therapien, die er anbietet wie z.B. Bioresonanz, Akupunktur, Bäder mit Meersalz und anderen Dingen. Er wirbt zum Teil mit Leistungen vom Kurzentrum und versteckt geschickt die Anwendungen, die er anbietet.", kann gesagt werden, daß das gegenständliche Verfahren in einem Bereich seinen Ausgang genommen hat, der wahrscheinlich eher dem Wettbewerbsrecht im Handelsrecht, namentlich dem Bundesgesetz über unlauteren Wettbewerb, zuzurechnen ist als dem öffentlichen Recht.

Schlagworte
Krankenanstalt Organisation Einheit Therapien Qualifikation Auswechslung der Tat Heilvorkommen Anwendung Versendung Vertrieb Konkretisierung Anpreisung Werbung Werbeverbot
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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