TE UVS Steiermark 1998/11/17 20.3-48/98

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Veröffentlicht am 17.11.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung des Herrn Hans-Leopold R wegen Verhängung des Rückkehrverbotes am 3. September 1998 durch Beamte des Gendarmerieposten Krieglach für das Haus K, A Nr. 6, als auch das angrenzende Grundstück gemäß §§ 67 a Abs 1 Z 2, 67 c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) und §§ 38a und 88 Sicherheitspolizeigesetz (im folgenden SPG), wie folgt entschieden:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Text

I.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß er am 3. September 1998 im Haus A Nr. 6, K, aufgefordert wurde das Haus zu verlassen und gegen ihn ein Rückkehrverbot für das Haus als auch dem anschließenden Grundstück ausgesprochen wurde. Der Grund der Anwesenheit seien Aufräumungsarbeiten gewesen, die auf Grund einer baupolizeilichen Anordnung im Zuge einer Verlassenschaft notwendig gewesen wären. Er sei beim Einschreiten der Exekutivbeamten niemals damit konfrontiert worden, daß er eine Bedrohung gegen Frau Margareta R, die Schwester des Beschwerdeführers, ausgesprochen habe, sondern wurde ihm lediglich "ein Papier in die Hand gedrückt" und ihm das Rückkehrverbot mitgeteilt. Er habe jedoch niemals Frau Margareta R gedroht, noch seinen Neffen Daniel R geschlagen. Derartige Vorkommnisse hätten sich auch nicht vor dem besagten Zeitpunkt ereignet. Die Mitteilung an Frau Margareta R, daß er eine Räumungsklage einbringen werde, empfinde er nicht als gefährliche Drohung. Es wurde daher der Antrag gestellt, die Verordnung des Rückkehrverbotes auf Grund von Verleumdung aufzuheben.

2. Im Zuge des Verfahrens wurde der Beschluß des Bezirksgerichtes Kindberg vom 11. September 1998 eingeholt, wonach eine einstweilige Verfügung gemäß § 382b EO gegenüber dem Beschwerdeführer erlassen wurde, wonach "der Aufenthalt auf der Liegenschaft EZ 240 des Grundbuches K (K, A Nr. 6) und der Aufenthalt in der unmittelbaren Umgebung zu dieser Liegenschaft verboten und ihm untersagt mit der gefährdeten Partei Margareta R, zusammenzutreffen". Die einstweilige Verfügung wurde auf die Dauer von drei Monaten ausgesprochen und hätte am 10. Dezember 1998 geendet. In der Begründung wurde angeführt, daß Frau Margareta R seit ihrer Kindheit im Hause A Nr. 6, K, wohne, und außer ihr noch ihre Mutter bis zu ihrem Ableben (Sommer diesen Jahres) und eine behinderte Schwester, Frau Magdalena R sowie der minderjährige Sohn Erich R. Der Beschwerdeführer wohnt in K, A-Straße 14, und hat den Zweitwohnsitz in A 6, K, wofür er auch einen Haustorschlüssel besitzt. Dem Gericht waren auf Grund von einer Verhandlung am 8. Juli 1997 ein aggressives Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber seiner Schwester, Frau Margareta R, bekannt und habe der Beschwerdeführer gedroht, Frau Margareta R mit ihrem Sohn aus dem Hause zu werfen. Auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers war jedes weitere Zusammentreffen mit Frau Margareta R unzumutbar.

Gegen die einstweilige Verfügung erhobenen Rekurs wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Leoben vom 29. Oktober 1998, GZ.: 2 R 552/98w, Folge gegeben und der angefochtene Beschluß insoweit abgeändert, als der Antrag der Frau Margareta R gegenüber dem Beschwerdeführer, den Aufenthalt auf der Liegenschaft EZ 240 GB 60219 K zu verbieten, und dem Beschwerdeführer aufzutragen, daß das Zusammentreffen bzw. die Kontaktaufnahme mit ihr zu vermeiden ist, abgewiesen wurde. Begründet wurde dies damit, daß der Beschwerdeführer in keiner häuslichen Gemeinschaft mit Frau Margareta R lebt, noch innerhalb der letzten drei Monate vor der Antragstellung gelebt hat. Er sei lediglich an derselben Adresse gemeldet und verfüge über einen Haustorschlüssel. Damit seien die von der Exekutionsordnung vorgeschriebenen Kriterien für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO nicht vorgelegen, da die Parteien in keiner häuslichen Gemeinschaft leben. Die Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag legte den dortigen Akt vor, wobei insbesondere das Formular der Wegweisung bzw. des Rückkehrverbotes des GPK Krieglach vom 3.9.1998, ein Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. Georg F vom 25. August 1998 betreffend der Verlaßsache nach Helena Magdalena R eine Niederschrift mit Frau Margareta R vom 3. September 1998, ein Aktenvermerk des Sozialarbeiters L vom 3. September 1998, sowie Aktenvermerke von Frau Dr. B vom 3. September 1998, von Frau Mag. H vom 4. September 1998 und 7. September 1998 aufscheinen.

II.1. Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 1998, wobei der Beschwerdeführer, die Zeugen Abt. Insp. Franz P, Grp. Insp. Gerhard K, Frau Dr. B und Frau Margareta R einvernommen wurden sowie unter Berücksichtigung des Akteninhaltes wurde nachfolgender, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:

Am 3. September 1998 vormittags begab sich der Beschwerdeführer in das Haus A Nr. 6, K. Er hatte die Absicht dort Aufräumarbeiten durchzuführen. Beim Erscheinen im Haus riß der Beschwerdeführer die Türe auf und sagte zu den Anwesenden, insbesondere zu Frau Margareta R: "Wir haben hier nichts mehr zu tun, er komme mit fünf Leuten und es werde ausgeräumt und er würde hier wohnen". Daraufhin begab er sich in das Vorhaus, riß den Schuhkasten auf und schmiß alles zu Boden. Die Schuhpasta gab er sodann wieder in den Kasten. Frau Margareta R verständigte daraufhin Frau Dr. B von der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag. Auch hat der Beschwerdeführer zu Frau Margareta R gesagt, daß er sie fertig machen würde. Frau Magdalena R habe er insofern bedroht, in dem er ihr mitteilte, wenn sie sich einmische, "haue er ihr auf den Schädel".

Von Frau Dr. B, Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag, wurde sodann der Gendarmerieposten Krieglach informiert und begab sich sodann Abt. Insp. Franz P als auch Grp. Insp. Gerhard K zum Vorfallsort. Die Beamten trafen Frau Margareta R - die sich zu diesem Zeitpunkt in einem Angstzustand befand - an. Der Beschwerdeführer wurde mit den Vorwürfen konfrontiert und antwortete, daß er einen Gerichtsauftrag zu vollziehen habe. Er bezog sich auf das Schreiben des Verlassenschaftskurators. Der Beschwerdeführer bestritt eine gefährliche Drohung durchgeführt zu haben. Auf Grund des Vorfalles als auch in Kenntnis, daß von Seiten des Beschwerdeführers Aggressionshandlungen gegenüber den dort wohnenden Personen zur Anzeige gebracht wurden, wurde die Wegweisung und das Rückkehrverbot ausgesprochen. Der Beschwerdeführer packte sodann seine Sachen und fuhr mit dem Fahrrad weg, wobei er den Hausschlüssel im Objekt zurückließ. Es wurde sodann eine Anzeige wegen gefährlicher Drohung vom Gendarmerieposten Krieglach am 12. Oktober 1998, GZ.: P 957/98 (Beilage B der Verhandlungsschrift) erstattet.

2. Die getroffenen Feststellungen gründen sich im wesentlichen auf die übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen sowie dem vorgelegten Verwaltungsakten. Soweit der Beschwerdeführer bestreitet eine gefährliche Drohung ausgesprochen zu haben, wird dem kein Glauben geschenkt, da es unwahrscheinlich wäre, daß Frau Margareta R beim Eintreffen der Gendarmerie in einem derartigen psychischen Zustand - nervlich am Tiefstand, weinerlich, hilflos und verängstigt normalen Verhalten des Beschwerdeführers ihr gegenüber gewesen wäre (siehe Formular der Wegweisung/Rückkehrverbotes des GPK Krieglach vom 3.9.1998, GZ.: P 957/98).

III. Die Rechtsbeurteilung ergibt folgendes:

1. Gemäß § 88 Abs 1 SPG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate bei Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Artikel 129 a Abs 1 Z 2 B-VG). Der Unabhängige Verwaltungssenat entscheidet gemäß § 88 Abs 4 SPG über Beschwerden gemäß Absatz 1 durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67 c bis 67 g AVG. Die Beschwerde betreffend des Rückkehrverbotes langte durch Übermittlung der belangten Behörde am 7. September 1998 beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark ein, wodurch die 6-wöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die von Beamten des Gendarmeriepostens Krieglach vorgenommene Handlung im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurde.

2. Gemäß § 38 a Abs 1 SPG ist auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffes anzunehmen, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Menschen, von dem die Gefahr ausgeht, aus einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, von deren unmittelbarer Umgebung wegzuweisen. Sie haben ihm zu Kenntnis zu bringen, auf welchen räumlichen Bereich sich die Wegweisung bezieht; dieser Bereich ist nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes zu bestimmen.

Gemäß Absatz 2 sind Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes überdies ermächtigt, dem Betroffenen die Rückkehr in dem nach Absatz 1 bestimmten Bereich zu untersagen; die Ausübung von Zwangsgewalt zur Durchsetzung dieses Rückkehrverbotes ist jedoch unzulässig. Bei einem Verbot in die eigene Wohnung zurückzukehren, ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, daß dieser Eingriff in das Privatleben des Betroffenen verhältnismäßig (§ 29) war. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, den Betroffenen alle in seiner Gewahrsam befindlichen Schlüssel zur Wohnung abzunehmen; sie sind verpflichtet ihm Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen und sich darüber zu informieren, welche Möglichkeiten er hat, unterzukommen.

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes stellten somit bei ihrem Einschreiten den Verdacht eines gefährlichen Angriffes im Sinne des § 16 Abs 2 Z 1 SPG fest, da der Beschwerdeführer Frau Margareta R bedrohte sie "fertig zu machen". Dies mündete auch in eine Anzeige des GPK Krieglach (siehe Beilage B der Verhandlungsschrift). Bei der vorgefundenen Sachlage - Verdacht der gefährlichen Drohung nach § 107 StGB, Zustand der gefährdeten Person, Frau Margareta R, Kenntnis von vorangegangenen Aggressivitätshandlungen - bestand für die Beamten des GPK Krieglach die Ermächtigung, ein Rückkehrverbot für den Beschwerdeführer zu erlassen. Insbesondere waren die Aggressivitätshandlungen im kriminalpolizeilichen Aktenindex, der den Beamten zum Zeitpunkt des Einschreitens bekannt war, für die Prognoseentscheidung über die Entwicklung der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers und den damit in Zusammenhang stehenden Rückkehrverbot zu berücksichtigen. Auch wurde bei dieser Sicherungsmaßnahme der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bezüglich des Privatlebens des Beschwerdeführers gewahrt, da er in K, A Nr. 6, nur seinen Zweitwohnsitz hat. Der Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers befindet sich in K, A-Straße Nr. 14.

Ebensowenig kann der Beschluß des Landesgerichtes Leoben, GZ.: 2 R 552/98w, vom 29. Oktober 1998, mit dem dem Rekurs gegen die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichtes Kindberg stattgegeben wurde, für den Standpunkt des Beschwerdeführers herangezogen werden, da sich der Schutzgedanke des § 382b EO nicht mit den im § 38a SPG deckt, weil der Kreis der von einer Sicherungsmaßnahme im Sicherheitspolizeigesetz betroffenen Personen sich nicht auf die "mit dem Antragsgegner in häuslicher Gemeinschaft Lebenden" beschränkt, sondern bei Vorliegen der dort angeführten Tatsachen auf jede Person ohne weiteren Einwirkungspunkt abzielt.

Dem Antrag das Rückkehrverbot aufzuheben, war daher aus oben angeführten Gründen kein Erfolg beschieden.

Schlagworte
Rückkehrverbot Betretungsverbot Sicherungsmaßnahme häusliche Gemeinschaft einstweilige Verfügung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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