TE UVS Wien 1998/11/19 06/42/803/98

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Veröffentlicht am 19.11.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied MMagDr Tessar über die Berufung des Herrn Michael M gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk, vom 1.10.1998, MBA 23 - S 8354/98, wegen Übertretung der §§ 1) 39 Abs 1 lit b Z 1 AWG iVm 3 Abs 6 lit b und 5 Abs 7 lit b VerpackVO 1992 idF BGBl 334/1995 und 2) 39 Abs 1 lit b Z 1 AWG iVm Anlage 2 der VerpackVO 1992 idF BGBl 334/1995, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Der Schuld- und Strafausspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gem § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Fa M & Co Gesellschaft mbH mit Sitz in Wien zu verantworten, daß diese Gesellschaft als Vertreiberin von Transport- und Verkaufsverpackungen in der Betriebsstätte in Wien, A-Gasse I.) entgegen § 3 Abs 6 und § 5 Abs 7 der Verpackungsverordnung, BGBl Nr 645/1992 idF 1995, wonach Hersteller oder Vertreiber von Transport- und Verkaufsverpackungen, soweit sie nicht an bestehenden Sammel- und Verwertungssystemen teilnehmen, nachweislich Maßnahmen zu treffen haben, um die in der lit b normierten Rücklaufquoten zu erreichen und b) 60 % der Massenanteile der im Kalenderjahr 1.7.1996 - 31.12.1996 in Verkehr gebrachten Verpackungen, die nicht gem § 2 Abs 7 nachweislich wiederverwendet werden, gegliedert nach Packstoffen (§ 2 Abs 6) zu erfassen haben und c) den Nachweis über die Einhaltung der vorerwähnten Maßnahmen ab dem 1.1.1996 halbjährlich spätestens jedoch drei Monate nach Ablauf jedes Kalenderjahres auf Verlangen der Behörde entweder vorzulegen oder zu übermitteln, unterlassen hat, hinsichtlich der Kunststoffverpackungen Maßnahmen zu setzen um eine Rücklaufquote von 60 % zu erreichen, da laut Aufzeichnungen der Gesellschaft für den Zeitraum 1.7.1996 bis 31.12.1996 lediglich eine Rücklaufquote von 33 % erreicht wurde, und

II.) entgegen dem 1. Abschnitt der Anlage 2 der Verpackungsverordnung, BGBl Nr 334/1992 idF 1995, sofern nicht eine Lizenzierung sämtlicher Verpackungen erfolgt ist, müssen die in der Verpackungsverordnung geforderten Anteile der nicht lizenzierten, in Verkehr gesetzten Verpackungen nachweislich gesondert erfaßt werden, unterlassen hat, die nicht lizenzierten, in Nachweisformular für den Zeitraum 1.7.1996 - 31.12.1996 bei der Menge der in Verkehr gesetzten Verpackungen auch lizenzierte Verpackungen inkludiert sind.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

ad I.) § 39 Abs 1 lit b Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) iVm § 18 Abs 2 Verpackungsverordnung 1996 iVm §§ 3 Abs 6 lit b und 5 Abs 7 lit b Verpackungsverordnung 1992 idF 1995

ad II.) § 39 Abs 1 lit b Z 1 AWG iVm § 18 Abs 2 VerpackVO 1996 iVm Anlage 2 der VerpackVO 1992 idF 1995

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

ad I.) 1 Geldstrafe zu ATS 5.000,--, falls diese uneinbringlich ist, 1 Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen,

gemäß § 39 Abs 1 lit b Z 1 AWG iVm § 9 Abs 1 VStG 1991 ad II.) 1 Geldstrafe zu ATS 5.000,--, falls diese uneinbringlich ist, 1 Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen,

gem § 39 Abs 1 lit b Z 1 AWG iVm § 9 Abs 1 VStG 1991"

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber im wesentlichen vorbringt, keine strafbare Handlung begangen zu haben.

Am 4.8.1998 erfolgte durch das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie aufgrund eines Berichtes vom 30.12.1997 über die Überprüfung gemäß § 33 AWG auf Einhaltung der Verpflichtungen der VerpackVO 1992 eine Anzeige. In dieser wurde dem Berufungswerber in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M & Co GesmbH und somit gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Fa M & Co Gesellschaft mbH mit Sitz in Wien zur Last gelegt, es zu verantworten zu haben, daß diese Gesellschaft als Vertreiberin von Transport- und Verkaufsverpackungen in der Betriebsstätte in Wien, A-Gasse, zwei Tatbildverwirklichungen verantworten zu haben.

So seien erstens entgegen § 3 Abs 6 und § 5 Abs 7 der VerpackVO 1992, BGBl Nr 645/1992 idF 334/1995, wonach Hersteller oder Vertreiber von Transport- und Verkaufsverpackungen, soweit sie nicht an bestehenden Sammel- und Verwertungssystemen teilnehmen, nachweislich Maßnahmen zu treffen haben, um die in der lit b normierte Rücklaufquoten von 60 % zu erreichen, keine ausreichenden Maßnahmen zur Erreichung der Rücklaufquote gesetzt worden, zumal laut den Aufzeichnungen der Gesellschaft für den Zeitraum vom 1.7.1996 bis 31.12.1996 lediglich eine Rücklaufquote von 33 % erreicht wurde.

Zweitens sei entgegen dem 1. Abschnitt der Anlage 2 der VerpackVO 1992, BGBl Nr 645/1992 idF 334/1995, wonach hinsichtlich der abgegebenen Verpackungen, bezüglich derer keine Lizenzierung erfolgt ist, die in der VerpackVO geforderten Anteile der nicht lizenzierten in Verkehr gesetzten Verpackungen nachweislich gesondert erfaßt werden müssen, es unterlassen worden sicherzustellen, daß die nicht lizenzierten, im Zeitraum 1.7.1996 - 31.12.1996 in Verkehr gesetzten Verpackungen gesondert erfaßt wurden.

Mit Schreiben vom 26.8.1998, abgefertigt am 28.8.1998, wurde der Berufungswerber seitens der Erstbehörde zur Abgabe einer Rechtfertigung zu diesen Vorwürfen aufgefordert.

DER UNABHÄNGIGE VERWALTUNGSSENAT HAT ERWOGEN:

ad Spruchpunkt 1:

Dem Berufungswerber wurde im Spruchpunkt 1) vorgeworfen, daß er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma M & Co Gesellschaft mbH zu verantworten habe, daß diese Gesellschaft, welche Verkaufsverpackungen im Sinne des § 2 Abs 3 VerpackVO 1992 vertrieben hatte, ohne an einem bestehenden flächendeckenden Sammel- und Verwertungssystem teilzunehmen, nicht ausreichend Maßnahmen getroffen hatte, damit die geforderte Rücklaufquote von 60 % für die im Zeitraum 1.1.1996 bis 31.12.1996 in Verkehr gebrachten Verkaufspackungen erreicht werde.

Weiters wurde ihm vorgeworfen, daß er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft zu verantworten habe, daß entgegen dem 1. Abschnitt der Anlage 2 der VerpackVO 1992 durch diese Gesellschaft die nicht lizenzierten, während des Zeitraumes 1.1.1996 bis 31.12.1996 in Verkehr gesetzten Verkaufsverpackungen nicht nachweislich gesondert erfaßt wurden.

Zu diesen Vorwürfen ist nachfolgendes auszuführen:

Die den Verwaltungsübertretungen zugrundegelegte Verordnung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen und bestimmten Warenresten (VerpackVO 1992), BGBl 645/1992, in der Fassung 334/1995, wurde durch das BGBl 648/1996 aufgehoben. Gemäß den Bestimmungen des BGBl 648/1996 trat die VerpackVO 1992 mit 30.11.1996 ohne Übergangsbestimmungen außer Kraft.

Mit 1.12.1996 wurde die Verpackungsverordnung 1996 (VerpackVO 1996), BGBl 648/1996, (ohne Übergangsbestimmungen) in Kraft gesetzt. In dieser findet sich weder die Verpflichtung einer Person, welche Verkaufsverpackungen ohne an einem bestehenden flächendeckenden Sammel- und Verwertungssystem teilzunehmen vertreibt, Maßnahmen zu treffen, daß hinsichtlich dieser Verpackungen eine bestimmte Rücklaufquote erreicht wird. Auch verpflichtet diese VerpackVO 1996 nicht ausdrücklich zur gesonderten Erfassung der in der VerpackVO 1996 geforderten Anteile der nicht lizenzierten in Verkehr gesetzten Verpackungen, wenngleich gemäß der Anlage 3 der VerpackVO 1996 jeder Normadressat der VerpackVO 1996 verpflichtet ist, hinsichtlich der nicht lizenzierten Verpackungen einen Nachweis über die Erfüllung der Verpflichtung aus der VerpackVO 1996 zu erbringen. Gemäß § 3 Abs 5 der VerpackVO 1996 gehen die Verpflichtungen gemäß § 3 Abs 1 bis 4 leg cit in dem Umfang, in dem die in Abs 4 genannten Verpflichteten nachweislich an einem Sammel- und Verwertungssystem gemäß § 11 VerpackVO 1996 teilnehmen, auf die Betreiber des jeweiligen Sammel- und Verwertungssystems über. Daraus ist zu schließen, daß hinsichtlich der lizenzierten Verpackungen keine Erfassungs- und Meldepflicht gemäß § 3 Abs 4 VerpackVO 1996 hinsichtlich der lizenzierten Verpackungen für die in Abs 4 genannten Person besteht.

Laut der Verpackungsverordnung 1996 besteht aber eine Nachweisverpflichtung erst für das Kalenderjahr 1997. Aus diesem Sachverhalt folgt, daß die og Gesellschaft nur bis zum 30.11.1996 verplichtet war, Maßnahmen zu setzen damit eine Rücklaufqoute von 60 % für den Zeitraum vom 1.7.1996 bis zum 31.12.1996 erfüllt werde. Ab dem 1.12.1996 bestand eine derartige Verpflichtung nicht mehr, sodaß ab diesem Zeitpunkt auch die Nichtsetzung von Maßnahmen zur Erreichung einer bestimmten Rücklaufquote von 60 % nicht mehr rechtswidrig und sohin auch nicht mehr strafbar war.

Daraus folgt, daß zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Erkenntnisses (6.10.1998) die Rechtsordnung niemanden mehr verpflichtete, für die in Verkehr gesetzten nicht lizenzierte Verpackungen Maßnahmen zu setzen, um eine Rücklaufeqoute von 60 % zu erreichen. Daher hätte schon unter Berücksichtigung des § 1 Abs 2 VStG zu diesem Zeitpunkt keine Bestrafung erfolgen dürfen.

Dessen ungeachtet ist davon auszugehen, daß auch das allfällig bis 30.11.1996 zum Spruchpunkt 1) vorgeworfene Dauerdelikt mangels Möglichkeit der fortgesetzten Verwirklichung des Tatbildes ab dem 1.12.1996 als mit 30.11.1996 beendet angesehen werden müßte, sodaß die Verfolgungsverjährungsfrist am 31.5.1997 jedenfalls geendet hat. Da im verfahrensgegenständlichen Fall die erste Verfolgungshandlung am 27.8.1998 gesetzt worden ist, war sohin der Spruchpunkt 1) infolge eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen.

ad Spruchpunkt 2:

Hinsichtlich des Spruchpunktes 2) des angefochtenen Straferkenntnisses mag es dahingestellt bleiben, ob das dem Berufungswerber vorgeworfene tatbildliche Verhalten der nicht gesonderten Erfassung der nicht-lizenzierten, abgegebenen Verpackungen noch im Lichte der ab 1.12.1996 gültigen VerpackVO 1996 gesetzt werden konnte, zumal dem Berufungswerber vorgeworfen wird, einen bestimmten (einmalig) zu erbringenden Nachweis nicht korrekt erbracht zu haben, da nicht die nicht-lizenzierten im Zeitraum vom 1.7.1996 bis 31.12.1996 abgegebenen Verpackungen getrennt aufgeschlüsselt worden waren.

Laut VerpackVO 1992 - wie auch laut VerpackVO 1996 - sind Nachweise für den Rücklauf von Verpackungen seitens eines Verpflichteten im Sinne des § 3 Abs 4 VerpackVO 1996 für einen bestimmten Abgabezeitraum zu erbringen.

Gemäß § 3 Abs 6 Z 2 VerpackVO 1996 sind beginnend mit dem Kalenderjahr 1997 Nachweise bis spätestens drei Monate nach Ablauf eines jeden Kalenderjahres zu führen und bis spätestens drei Monate nach Ablauf eines jeden Kalenderjahres für das vorangegangene Kalenderjahr der Behörde zu übermitteln. Gemäß § 5 Abs 7 lit b VerpackVO 1992 idF BGBl 334/1995 hat jeder Vertreiber von nicht-lizenzierten Verpackungen ab dem 1. Jänner 1996 halbjährlich, spätestens drei Monate nach Ablauf jedes Kalenderhalbjahres einen Nachweis gemäß Anlage 2 hinsichtlich der abgegebenen nicht lizenzierten Verpackungen zu erbringen. Ein echtes Unterlassungsdelikt ist ein Delikt, bei welchem sich das Tatbild in der Nichtvornahme eines gebotenen Tuns erschöpft. Bei diesem Deliktstypus beginnt der Lauf der Verjährungsfrist im Sinne des § 31 Abs 2 VStG ab dem Zeitpunkt, ab dem die Unterlassung beendet ist; die Verjährung beginnt daher solange nicht, als die Verpflichtung zum Handeln besteht und die Handlung noch nachgeholt werden kann. (vgl VwGH 14.12.1995, 94/18/0307)

Die Erfüllung des im Spruchpunkt 2) angelasteten Tatbildes der nicht gesonderten Erfassung der nicht-lizenzierten, abgegebenen Verpackungen ist als Unterlassungsdelikt in der Form eines Zustandsdeliktes (und nicht als Unterlassungsdelikt in der Form eines Dauerdeliktes) zu qualifizieren, zumal gesetzlich ein Meldezeitpunkt normiert und kein Erfolgseintritt gefordert ist. Diese Tatbildverwirklichung ist daher nicht anders zu bewerten, als die Verletzung analoger Verpflichtungen zu einer einmaligen Sachverhaltsmeldung (vgl zB die Bestimmungen des § 103 Abs 2 KFG sowie die Bestimmungen der Nachweisverpflichtung nach dem Bundesstatistikgesetz).

Daraus folgt, daß selbst unter der Annahme, daß trotz Außerkrafttretens der VerpackVO 1992 mit 30.11.1996 die og Gesellschaft zur Lieferung eines Nachweises für die von ihr abgegebenen nicht lizenzierten Verpackungen für den Zeitraum 1.7.1996 bis 31.12.1996 verpflichtet gewesen wäre, davon auszugehen ist, daß dieser Nachweis bis zum 1.4.1997 zu erbringen gewesen wäre. Bei Nichterbringung wäre mit diesem Tag das Tatbild als erfüllt und beendet anzusehen.

Sohin läge selbst unter Zugrundelegung dieser Rechtsanschauung hinsichtlich des Spruchpunktes 2) Verfolgungsverjährung vor. Dies deshalb, da somit spätestens mit 1.4.1997 die Verfolgungsverjährungsfrist zu laufen begonnen hätte. Da auch hinsichtlich des Spruchpunktes 2) die erste Verfolgungshandlung erst am 27.8.1998 gesetzt wurde, war sohin auch in diesem Fall von einer eingetretenen Verfolgungsverjährung auszugehen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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