TE UVS Steiermark 1999/03/24 30.15-31/99

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Veröffentlicht am 24.03.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn DI Haakon T, gegen den Zurückweisungsbescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz, Steueramt, vom 14.12.1998, GZ.: A8aP-03/14/0745M, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) i.d.F. BGBl. 1998/158 wird der Berufung Folge gegeben, und der angefochtene Zurückweisungsbescheid behoben.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine "Eingabe" des Berufungswerbers - nach dem Akteninhalt kann hiemit nur das im folgenden wiedergegebene Schreiben des Berufungswerbers vom 19.11.1998 gemeint sein - als verspäteter Einspruch gegen eine Strafverfügung zurückgewiesen. Begründet wurde dieser Zurückweisungsbescheid damit, die im Anlaßfall ergangene Strafverfügung sei durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt worden, da der Berufungswerber es trotz Aufforderung unterlassen habe, Nachweise für eine allfällige Ortsabwesenheit im Hinterlegungszeitpunkt vorzulegen.

Gegen diesen Zurückweisungsbescheid brachte der Berufungswerber ein als "Rekurs" bezeichnetes Rechtsmittel ein, mit welchem er sinngemäß die neuerliche Zustellung der Strafverfügung vom 23.7.1998 verlangte, da er noch immer nicht wisse, wofür er bestraft werden solle. Der Berufung angeschlossen waren zwei Dieselrechnungen einer ausländischen Tankstelle aus dem Zeitraum 15.7.1998 bis 26.8.1998, offenbar zum Nachweis einer Ortsabwesenheit  im Hinterlegungszeitpunkt. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Da im Anlaßfall bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Zurückweisungsbescheid zu beheben war, konnte gemäß § 51 e Abs 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen werden.

Aus dem zur Berufungsentscheidung vorgelegten Akt ergibt sich nachstehender, für die zu treffende Entscheidung relevanter Verfahrensablauf:

Der Akt beginnt mit einer mit 23.7.1998 datierten Strafverfügung, mit welcher dem Berufungswerber wegen Nichtabgabe der Beitragserklärung nach dem Stmk. Tourismusgesetz eine Geldstrafe von S 1.000,-- gemäß § 40 des Stmk. TourismusG auferlegt wurde. Diese Strafverfügung erging mit einem RSa-Brief an den Berufungswerber per Adresse und wurde nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 11.8.1998 und am 12.8.1998 samt anschließender Hinterlegung als nicht behoben an die belangte Behörde retourniert. Die belangte Behörde fertigte am 3.9.1998 ein Schreiben ab - ein bezughabender Zustellnachweis ist nicht vorhanden - mit welchem der Berufungswerber aufgefordert wurde, die mit Bescheid vom 23.7.1998 rechtskräftig verhängte Geldstrafe von S 1.000,-- zu bezahlen, widrigenfalls ein Exekutionsverfahren eingeleitet würde. Am 8.10.1998 erging ein Vollstreckungsersuchen an die Magistratsabteilung A8a unter Anschluß der als rechtskräftig und vollstreckbar bezeichneten Strafverfügung. Am 19.11.1998 ging bei der belangen Behörde ein vom Berufungswerber unterfertigtes Schreiben ein, welches folgenden Wortlaut hat:

Sie führen einen rechtskräftigen Bescheid vom 23.7.1998 an. Zur angegebenen Zeit war ich im Ausland. Einen Bescheid habe ich nicht erhalten."

Aus Anlaß dieses Schreibens wurde der Akt von der Exekutionsabteilung retourniert und erging am 25.11.1998 ein Schreiben, mit welchem der Berufungswerber aufgefordert wurde, binnen zwei Wochen Nachweise für diese behauptete Ortsabwesenheit im Zustellzeitpunkt der Strafverfügung zu erbringen. Dieses Schreiben wurde am 25.11.1998 von einem Mitbewohner der Abgabestelle übernommen. Da vom Berufungswerber in weiterer Folge die geforderten Nachweise nicht vorgelegt wurden, erging in weiterer Folge der im Spruch angeführte Zurückweisungsbescheid, mit welchem die belangte Behörde die Eingabe vom 19.11.1998 offenbar als Einspruch gegen die Strafverfügung wertete und diesen Einspruch gemäß § 49 Abs 1 VStG als verspätet eingebracht zurückwies. In seiner dagegen eingebrachten Berufung begehrte der Berufungswerber weiterhin die neuerliche Zustellung der Strafverfügung und legte Dieselrechnungen vor, welche offenbar als Nachweis seiner Ortsabwesenheit zum Hinterlegungszeitpunkt der Strafverfügung gedacht waren.

Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung gilt eine Strafverfügung in jenem Zeitpunkt als erlassen, indem jeder andere Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes als erlassen zu gelten hat. Unter "Erlassung" ist die Mitteilung nach außen zu verstehen, die bei einer Strafverfügung mit ihrer ordnungsgemäßen Zustellung an den Beschuldigten bewirkt wird. Die bloße Kenntnis vom Inhalt der Strafverfügung durch Akteneinsicht bewirkt nicht die Zustellung (VwGH 22.6.1988, 87/03/0263, 0264).

Im Anlaßfall deutet nach der Aktenlage einiges darauf hin, daß bei der seinerzeitigen Zustellung der Strafverfügung tatsächlich ein Zustellmangel unterlaufen ist, wenngleich die bisher vorgelegten Nachweise zur Glaubhaftmachung einer Ortsabwesenheit im Hinterlegungs-zeitpunkt nicht ausreichen dürften. Im Hinblick auf die oben wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes irrt die belangte Behörde jedenfalls, wenn sie meint, der kurze Hinweis auf den Inhalt der Strafverfügung in der Zahlungsaufforderung vom 2.9.1998 könnte eine rechtswirksame Zustellung der Strafverfügung ersetzen. Wenn nach dieser Rechtsprechung nicht einmal Kenntnisnahme von gesamten Inhalt eines Schriftstückes durch Akteneinsicht dessen rechtswirksame Zustellung zu ersetzen vermag, so muß dies umso mehr für die bloß stichwortartige Wiedergabe einzelner Passagen eines Schriftstückes gelten.

Fest steht jedenfalls, daß der Berufungswerber überhaupt keinen Einspruch gegen die möglicherweise noch gar nicht erlassene Strafverfügung eingebracht hat. Der Berufungswerber hat vielmehr im gesamten erstinstanzlichen Verfahren und auch im Berufungsverfahren immer nur die neuerliche Zustellung der Strafverfügung unter Hinweis auf einen Zustellmangel beantragt und nicht einmal ansatzweise erkennen lassen, daß er überhaupt beabsichtigt, diese Strafverfügung zu bekämpfen. In dieser Lage des Verfahrens hätte die belangte Behörde daher über den behaupteten Zustellmangel mittels Feststellungsbescheid absprechen müssen. Es war ihr jedoch verwehrt, die Eingabe vom 19.11.1998 unter Außerachtlassung des eindeutigen Parteiwillens als "Einspruch" umzudeuten.

Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Zurückweisungsbescheid ersatzlos zu beheben.

Schlagworte
Strafverfügung Zustellung Einspruch Zurückweisung Kenntnisnahme Aufhebung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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