TE UVS Salzburg 1999/05/25 6/10028/5-1999nu

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.05.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erläßt durch das Einzelmitglied Mag. Peter Nußbaumer über die Beschwerde des K D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M in S, gegen die Abschiebung am 9.12.1998 durch die Bundespolizeidirektion Salzburg folgendes Erkenntnis:

Gemäß § 67c Abs 1 AVG iVm § 21 Abs 2 Asylgesetz 1997 wird Beschwerde keine Folge gegeben und die am 9.12.1998 erfolgte Abschiebung nach Ungarn für rechtmäßig erklärt.

Der Beschwerdeführer hat gemäß § 79a Abs 1, 2, 3 und 4 AVG iVm der Verordnung BGBl 1995/855 dem Bund (Bundespolizeidirektion Salzburg) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution Aufwand in der Höhe von S 3.365,-- (Schriftsatzaufwand S 2.800,--, Vorlageaufwand S 565,--) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit Beschwerde vom 7.1.1999 hat der Beschwerdeführer beantragt, daß er durch seine Abschiebung seitens der Bundespolizeidirektion Salzburg nach Ungarn am 9./10.12.1998 in seinem Recht als Asylwerber, nicht abgeschoben zu werden, verletzt wurde. Begründend wird ausgeführt, daß er am 19.11.1998 einen Asylantrag gestellt habe; dieser Antrag sei zwar vom Bundesasylamt Salzburg mit Bescheid vom selben Datum als unzulässig zurückgewiesen worden, jedoch sei der Berufungsbescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates seinem Rechtsvertreter erst am 11.12.1998 zugestellt worden. Nachdem er als Asylwerber gemäß § 21 Abs 2 Asylgesetz nicht abgeschoben werden dürfe, war die am 9. oder 10.12.1998 erfolgte Abschiebung nach Ungarn unzulässig.

 

Die Bundespolizeidirektion Salzburg hat den bezughabenden fremdenpolizeilichen Akt vorgelegt und eine Gegenäußerung erstattet. Da bis 7.12.1998 die Berufung des Beschwerdeführers gegen den zurückweisenden Asylbescheid des Bundesasylamtes Salzburg nicht im AIS eingetragen gewesen sei, sei irrtümlich angenommen worden, daß dieser in Rechtskraft erwachsen sei. Die Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes sei zwar offensichtlich erst nach erfolgter Abschiebung erfolgt, diese sei aber dennoch rechtmäßig. Das Abschiebeverbot gemäß § 21 Abs 2 erster Satz Asylgesetz 1997 gelte nur für den Herkunftsstaat. Bei Ungarn habe es sich nicht um den Herkunftsstaat gehandelt, weshalb im vorliegenden Fall die Abschiebung statthaft gewesen wäre.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg hat hiezu gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG durch ein Einzelmitglied erwogen:

 

Auf Grund der unbestrittenen Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer ist jugoslawischer Staatsangehöriger und gehört der albanischen Volksgruppe an. Er ist am 10.11.1998 über Ungarn illegal nach Österreich eingereist und hat am 19.11.1998 beim Bundesasylamt einen Asylantrag gemäß § 3 Asylgesetz eingebracht. Mit Bescheid vom 19.11.1998, Zahl 98

11.937 BAS, zugestellt am 20.11.1998, wurde dieser Asylantrag seitens des Bundesasylamtes Salzburg zurückgewiesen; es hätte die Möglichkeit bestanden, in Ungarn Schutz vor Verfolgung zu suchen. Mit der Bekanntgabe der Zurückweisung des Asylantrages wurde dem Beschwerdeführer gleichzeitig mitgeteilt, daß gegen ihn ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung bzw eines Aufenthaltsverbotes eingeleitet werden und beabsichtigt sei, ihn in seine Heimat bzw in sein Herkunftsland zurückzuschieben. Während dieser Einvernahme stellte der Beschwerdeführer keinen Antrag nach § 75 Fremdengesetz, wonach er in einem Staat gemäß § 57 FrG bedroht sei. Mit Straferkenntnis vom 24.11.1998 hat die Bundespolizeidirektion Salzburg den Beschwerdeführer bestraft, weil er sich als paßpflichtiger Fremder im Bundesgebiet ohne gültiges Reisedokument aufgehalten hat. Mit Bescheid vom 27.11.1998 erließ die Bundespolizeidirektion Salzburg ein auf fünf Jahre befristetes, sofort durchsetzbares Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer. Am 2.12.1998 langte die Berufungsschrift gegen den zurückweisenden Asylbescheid beim Bundesasylamt Salzburg ein. Dieser Umstand wurde der belangten Behörde nicht bekanntgegeben. Die belangte Behörde bereitete - nachdem offenbar bis 7.12.1998 die Berufung gegen den zurückweisenden Asylbescheid nicht in das Asylwerberinformationssystem eingetragen wurde - die Zurückweisung nach Ungarn vor. Am 9.12.1998 um 14:00 Uhr wurde der Beschwerdeführer am Grenzübergang Nickelsdorf den ungarischen Behörden rücküberstellt. Erst am 11.12.1998 wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers der Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates zugestellt, mit dem dessen Asylantrag endgültig zurückgewiesen wurde.

 

Rechtliche Beurteilung:

Zufolge § 56 Abs 1 FrG können Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar ist, von der Behörde zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint oder

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen oder

4. sie dem Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

Gemäß § 19 Abs 2 Asylgesetz 1997, BGBl I Nr 76/1997, idF Nr 106/1998 haben Asylwerber, die unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des zweiten Hauptstückes des Fremdengesetzes eingereist sind, die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst, wenn sie von der Behörde zuerkannt wird. Die Behörde hat solchen Asylwerbern, deren Antrag zulässig aber nicht offensichtlich unbegründet ist, unverzüglich die vorläufige Aufenthaltsberechtigung durch Aushändigung einer Bescheinigung zuzuerkennen.

 

Nach § 21 Abs 1 AsylG findet auf Asylwerber - soweit nicht anderes festgelegt wird - das Fremdengesetz insgesamt Anwendung; die §§ 33 Abs 2, 36 Abs 2 Z 8, 55 und 61 bis 63 FrG jedoch nicht auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, soweit sie bestimmte Bedingungen erfüllen.

 

Gemäß § 21 Abs 2 AsylG darf ein Asylwerber nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden.

 

Im vorliegenden Fall unbestritten war, daß der endgültige Zurückweisungsbescheid des unabhängigen Bundesasylsenates dem Vertreter des Beschwerdeführers erst nach Abschiebung nach Ungarn zugestellt wurde. Dieser war daher zum Zeitpunkt der Abschiebung noch Asylwerber im Sinne des § 21 Abs 2 erster Satz AsylG.

 

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrolle am 10.11.1998 nach Österreich eingereist und ebenso in die Bundesrepublik Deutschland ausgereist. Dort wurde er von einer Zivilstreife aufgegriffen und am 19.11.1998 an die Bundespolizeidirektion Salzburg rückübergeben, welche den Beschwerdeführer sofort dem Bundesasylamt Salzburg vorführte. Im Bundesasylamt Salzburg erfolgte die Festnahme nach den Bestimmungen des Fremdengesetzes und wurde noch am selben Tag die Schubhaft verhängt.

 

Da der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrolle aber auch unter Umgehung der Bestimmungen des zweiten Hauptstückes des Fremdengesetzes eingereist war (er besitzt keinen gültigen Reisepaß) hätte die vorläufige Aufenthaltsberechtigung allenfalls durch die Asylbehörde zugesprochen werden können. Dies ist nicht erfolgt. Der Beschwerdeführer besaß somit keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung, welcher der Abschiebung entgegengestanden wäre.

 

Auf den Beschwerdeführer war demnach das Fremdengesetz (§ 21 Abs 1 FrG) voll anzuwenden. Ein Aufenthaltsverbot war zum Zeitpunkt der Abschiebung durchsetzbar. Nachdem er unter Umgehung der Grenzkontrolle ein- und wieder ausgereist war, bestand auch die Vermutung, daß er der Ausreiseverpflichtung nicht ordnungsgemäß nachkommen und sich neuerlich illegal nach Deutschland begeben werde. Die Voraussetzungen zur Abschiebung gemäß § 56 Abs 1 FrG lagen daher vor, was vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten wurde.

 

Einer Abschiebung könnte daher nur § 21 Abs 2 erster Satz AsylG entgegengestanden sein. Zur genannten Bestimmung führen die Erläuterungen in der Regierungsvorlage unter anderem aus (Nr 686 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, 20. Gesetzgebungsperiode):

 

"Für Asylwerber ist solange ein Abschiebungsverbot in den Herkunftsstaat vorgesehen, bis sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde und die Asylbehörde rechtskräftig festgestellt hat, daß die Abschiebung nach § 57 des Fremdengesetzes zulässig ist. Das Verbot, Asylwerber in den Herkunftsstaat und Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung abzuschieben, zurückzuschieben oder zurückzuweisen, korrespondiert mit Abschnitt II Z 2 der Entschließung des Rates der Europäischen Union über die Mindestgarantien für Asylverfahren vom 20. Juni 1995. Danach wird, um den Grundsatz der Nicht-Zurückweisung wirksam zu garantieren, keine Entfernungsmaßnahme durchgeführt, solange die Entscheidung über den Asylantrag noch aussteht."

 

Das Abschiebungsverbot gemäß § 21 Abs 2 erster Satz AsylG dient also zweifelsfrei dazu, Asylwerber vor Rückbeförderung in den Herkunftsstaat zu bewahren, solange das Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Nur im Fall einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung des Werbers ist dieser Schutz absolut, dh, es darf keinerlei Maßnahme der Außerlandesschaffung getroffen werden, weil eben das Recht zum Aufenthalt besteht; bei Fehlen einer solchen Berechtigung gilt das Abschiebungsverbot - im Sinne vom Zweck des Gesetzes der Gewährung von Schutz vor Verfolgung - nur für den Herkunftsstaat. Auch der Verwaltungsgerichtshof sieht im § 21 Abs 2 AsylG nicht einen uneingeschränkten Schutz vor Abschiebung. So hat er ausgesprochen, daß als Herkunftsstaat nur jener Staat zu betrachten ist, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt und in dem er behauptet, verfolgt zu werden (VwGH 29.5.1998, 98/02/0044).

 

Nachdem der Beschwerdeführer aber zu keiner Zeit behauptet hat, in Ungarn verfolgt zu werden, widerspricht eine Abschiebung in dieses Land nicht dem Gesetz.

 

Die Beschwerde war sohin als unbegründet abzuweisen. Der belangten Behörde war der beantragte Aufwandersatz gemäß der zitierten Verordnung zuzusprechen.

Schlagworte
Asylgesetz; Abschiebungsverbot; kein uneingeschränkter Schutz vor Abschiebung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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