TE UVS Steiermark 1999/07/14 30.17-41/99

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Veröffentlicht am 14.07.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Cornelia Meixner über die Berufung des Herrn Dr. J S, gegen die Punkte 2a), 2b) und 2c) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 26.1.1999, GZ.: 15.1-1998/500, wie folgt entschieden:

Hinsichtlich der Punkte 2a) und 2c) des Straferkenntnisses wird die Berufung gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG werden die Kosten des Verfahrens der zweiten Instanz mit S 800,-- festgesetzt und bestimmt, dass der Berufungswerber die Strafe und die Kosten des Verfahrens der ersten und zweiten Instanz binnen vier Wochen bei sonstigem Zwang zu entrichten hat.

Hinsichtlich Punkt 2b) des Straferkenntnisses wird der Berufung gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Darüber hinaus hat der Berufungswerber gemäß § 64 Abs 3 AVG die Kosten des gerichtlich beeideten Sachverständigen für das KFZ-Wesen, Herrn Prof. Dr. Hermann Steffan, welche höhenmäßig mit gesondertem Bescheid festgesetzt werden, zu tragen.

Text

I.) Mit den angefochtenen Punkten 2a) bis c) des aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnisses der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er sei am 7.2.1998, um

23.55 Uhr, in Pernegg a. d. Mur, auf der B 335, auf Höhe Strkm. 4,2, in Fahrtrichtung Bruck/Mur mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden, da er den in der Mitte der Fahrbahn aufgestellten Leitbaken umgefahren habe, wodurch dieser beschädigt worden sei und habe es unterlassen,

a)

sein Fahrzeug sofort anzuhalten,

b)

die notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung der als Folge des Verkehrsunfalls zu befürchtenden Schäden für Personen oder Sachen zu treffen und

 c) die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter ohne unnötigen Aufschub hievon zu verständigen.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 4 Abs 1 lit a StVO zu Punkt 2a), des § 4 Abs 1 lit b StVO zu Punkt 2b) und des § 99 Abs 2 lit e iVm. § 31 Abs 1 StVO zu Punkt 2c) wurden über den Berufungswerber zwei Geldstrafen in der Höhe von je S 2.500,-- (je zwei Tage und zwölf Stunden Ersatzarrest) zu den Punkten 2a) und 2b) und eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- (ein Tag und zwölf Stunden Ersatzarrest) zu Punkt 2c) verhängt. II.) In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vom Berufungswerber zu Punkt 2) im wesentlichen vorgebracht, dass bei seinem Fahrzeug im Tatortbereich am linken Vorderreifen nach einem plötzlichen Reifendefekt Luft ausgewichen sei, weshalb er es hätte unverzüglich anhalten müssen. Er hätte ordnungsgemäß ein Pannendreieck im ausreichenden Abstand vom Fahrzeug aufgestellt und auch die Warnblinkanlage eingeschaltet. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm nichts Besonderes aufgefallen, weder eine angeblich umgefallene Leitbake noch Sonstiges. Die gefundene Radkappe könne von irgendeinem Volkswagen im näheren Unfallbereich stammen und sei plötzlich seinem Fahrzeug zugeordnet worden, obwohl festgestellt werden konnte, dass auf keinem der angebrachten Räder eine ähnliche Zierkappe montiert war. Die umgefallene Leitbake stehe mit seinem Fahrzeug in keinem Zusammenhang, hätte er diese tatsächlich mit seinem Fahrzeug umgefahren, wären notgedrungen sichtbare Schäden am Front- oder linken Seitenbereich des Fahrzeuges vorhanden gewesen. Der aufgetretene Reifenschaden könne aber durch eine Kollision mit jedem nur erdenklichen Gegenstand erfolgt sein, so z. B. durch Anfahren an eine Gehsteigkante, an eine Befestigungskonsole eines Wasserhydranten o.Ä.

Letztlich wurde auf einen Vorschaden im linken vorderen Bereich des Fahrzeuges verwiesen, der auch Ursache der nunmehrigen plötzlichen Reifenpanne sein könne. Auch hätte sich nicht ergeben, dass die Leitbake durch ein Fahrzeug umgestoßen worden sei, dies hätte vielmehr auch durch den einsetzenden Wind erfolgt sein können. Die auf der Standfläche der Leitbake befindlichen Abriebspuren stammten nicht von seinem Fahrzeug, ebensowenig wie die auf den Fotos ersichtliche Bremsspur. Da er nach den Ausführungen der I. Instanz im unmittelbaren Bereich der umgefahrenen Leitbake den Reifen gewechselt habe, sei auch eine Verurteilung nach § 4 Abs 1 lit a StVO rechtswidrig. III.) Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung vom 1. Juni 1999 im Beisein des gerichtlich beeideten Sachverständigen für das KFZ-Wesen, Prof. Dr. Hermann Steffan, kann nachfolgender Sachverhalt festgestellt werden:

Die Bundesstraße B 335 verläuft im hier maßgeblichen Abschnitt im Gemeindegebiet von Pernegg an der Mur in annähernd nordsüdlicher Richtung in einer Linkskurve. Zirka auf Höhe Strkm. 4,200 erweitert sie sich von zwei Fahrstreifen auf insgesamt vier Fahrstreifen, wobei sich in der Fahrbahnmitte der Beginn eines Fahrbahnteilers befindet. Auf der Sperrfläche vor diesem Fahrbahnteiler in Richtung Bruck gesehen sind Leitbaken aufgestellt. Diese verfügen über Betonfundamente mit einer Höhe von ca. acht Zentimetern, die an der Vorder- und Rückseite unter einem Winkel von ca. 15 Grad zur Fahrbahnoberfläche abgeschrägt sind. Auf diesen Sockeln wurden mehrere lochartige Ausnehmungen miteingegossen. Der Ständer der ersten Bake in Fahrtrichtung Bruck gesehen war in der letzten der drei vorhandenen Ausnehmungen befestigt. In diesem Straßenabschnitt ist eine Geschwindigkeit von 80 km/h verordnet und durch die entsprechenden Vorschriftszeichen kundgemacht. Zur Tatzeit herrschte Dunkelheit und kein starker Wind. Am 7.2.1998 gegen 23.55 Uhr lenkte der Berufungswerber seinen Pkw der Marke VW Golf Variant im Gemeindegebiet von Pernegg auf der B 335 in Fahrtrichtung Bruck mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h. Auf Höhe Strkm. 4,2 fuhr er mit dem linken Vorderrad in Längsrichtung auf den Sockel der ersten dort aufgestellten Leitbake und rutschte ca. in der Mitte des Sockels wieder auf die Fahrbahn. Dadurch kam es zu keinem Kontakt zwischen der Bake und der Karosserie des Fahrzeuges bzw. des linken Außenspiegels. Der Reifen dagegen, bei dem vermutlich aufgrund eines Vorschadens, der aus einem Vorfall vom 24.1.1998 resultierte, bereits knapp vor dem Überrollen des Bakenfundamentes Luft ausgetreten war, wurde total beschädigt. So wurde der luftleere Reifen beim Überrollen an der Flanke und anschließend beim Wideraufprall auf die Fahrbahn an der Innenseite schwer beschädigt. Die Leitbake fiel um und blieb als Einheit auf der Fahrbahn liegen. Durch diesen Sturz wurden die Bake und der Rohrsteher beschädigt und in der Folge ausgewechselt; das Fundament wurde leicht abgeschürft und weiterverwendet.

Obwohl der Berufungswerber den Verkehrsunfall bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte wahrnehmen können, hielt er sein Fahrzeug nicht sofort an sondern ließ es nach rechts ausrollen und brachte es erst nach ca. einhundert Meter auf Höhe Strkm. 4,0 zum Stillstand. Nachdem der Berufungswerber die Warnblinkanlage eingeschaltet und ein Pannendreieck aufgestellt hatte, begann er mit dem Reifenwechsel, ohne die Bake wegzuräumen und ohne die nächste Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter von diesem Verkehrsunfall zu verständigen. Als der Reifenwechsel beinahe abgeschlossen war, erschienen die beiden als Zeugen einvernommenen Sicherheitswachebeamten GI. M und Insp. M, die von einem anderen Verkehrsteilnehmer aufgrund der auf der Fahrbahn liegenden Leitbake verständigt worden waren, beim Berufungswerber und sprachen ihn auf die Ursache des Reifenschadens an. Im Zuge der in der Folge abgeführten Amtshandlung steckte der Meldungsleger eine vor Ort gefundene Radkappe auf das beschädigte Vorderrad und, da sich eine fast hundertprozentige Korrespondenz zwischen den Beschädigungen der Felge und der Beschädigung der Zierkappe ergab, beschlagnahmte der Meldungsleger das beschädigte Vorderrad samt Zierkappe.

IV.) Diese Feststellungen konnten aufgrund des schlüssigen und fachlich fundierten Gutachtens des gerichtlich beeideten Sachverständigen für das KFZ-Wesen, Prof. Dr. Hermann Steffan, getroffen werden, das auf Grundlage der Angaben des Berufungswerbers und der beiden einvernommenen Zeugen sowie der vorliegenden fotografischen Aufnahmen von den Abschürfungen am Fundament der Leitbake, den beschädigten Reifen und den Abriebspuren auf der Fahrbahn erstattet wurde. So ist diesem Gutachten eindeutig zu entnehmen, dass die Beschädigung am Sockel der Bake praktisch nur von einer Felge stammen kann und dass die vor Ort gefundene Felge, die auch entsprechende Beschädigungen aufwies, zu fast hundert Prozent genau auf das beschädigte Vorderrad des Fahrzeuges des Berufungswerbers paßte. Auch dass der an diesem Vorderrad aufgetretene Schaden mit der vorhandenen Beschädigung des Sockels der Leitbake in Einklang zu bringen ist, ist dem Gutachten zu entnehmen. Wie der Sachverständige weiters ausführte, hätte ein intakter Reifen ein Überrollen des Fundaments wahrscheinlich ohne jegliche Beschädigung überstanden. Da der gegenständliche Reifen aber anläßlich des vom Berufungswerber geschilderten Vorfalls vom 24.1.1998 beschädigt und anschließend nicht ausgewechselt wurde, dürfte die Luft aufgrund dieses Vorschadens unmittelbar vor dem Überrollen des Fundaments ausgetreten sein und dadurch derart massive Beschädigungen am Reifen ermöglicht haben. Eine Kollision mit einem anderen Gegenstand, insbesondere einer Gehsteigkante oder der Befestigungskonsole eines Wasserhydranten wurde vom Berufungswerber nicht konkret behauptet und fehlen derartige Einrichtungen auch vor Ort. Dass aufgrund des geschilderten Fahrmanövers der linke Außenspiegel oder die linke Flanke des Fahrzeuges nicht beschädigt werden mußten, ergibt sich ebenfalls aus den begründeten Ausführungen des Sachverständigen, wie auch die Feststellung, dass die Bremsspur und auch die Profilabzeichnung auf dem Betonsockel von einem Reifen mit vier Pfofilblöcken stammt, wie sie am Fahrzeug des Berufungswerbers montiert waren. Dass die Leitbake als eine Einheit umfiel und nicht etwa nur die Bake samt Rohrständer aus dem Befestigungsloch fiel, ergibt sich aus den Angaben der beiden Zeugen. Dass diese Bake samt Fundament aber nicht durch eine Windboje umgeworfen werden konnte, ergibt sich aus dem vorliegenden Gutachten, verbunden mit den beiden Zeugenangaben, wonach zur Tatzeit kein auffallend starker Wind oder allenfalls ein Sturm geherrscht hätte.

Dass der Berufungswerber sein Fahrzeug nicht unmittelbar nach dem Vorfall angehalten hat, sondern es nach rechts ausrollen ließ und erst auf Höhe Strkm. 4,0 sohin zumindest einhundert Meter nach dem Verkehrsunfall zum Stillstand brachte, ergibt sich aus den Angaben des Berufungswerbers. Dass der Berufungswerber die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter von der eingetretenen Beschädigung und Bekanntgabe seiner Identität ohne unnötigen Aufschub nicht verständigt hat, steht unbestritten fest.

Beweiswürdigend ist sohin festzustellen, dass es dem Berufungswerber mit seinem Vorbringen nicht gelungen ist, eine ursächliche Beteiligung am vorliegenden Verkehrsunfall mit Sachschaden auszuschließen.

V.) Rechtliche Beurteilung:

Zu Punkt 2a):

Gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofort anzuhalten, um auch den sonstigen gesetzlich festgelegten Lenkerverpflichtungen nachzukommen. Der Lenker hat sich nach dem Anhalten etwa auch zu vergewissern, ob durch den Unfall eine Situation entstanden ist, die es notwendig macht, Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden für Personen oder Sachen zu treffen. Diese Bestimmung dient daher dem Schutz von Personen, der Abwendung von Sachschäden und soll auch die Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung gewährleisten.

Voraussetzung für die Verpflichtung nach § 4 StVO ist als objektives Tatbestandsmerkmal der unfallsbedingte Eintritt eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu

Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles zu erkennen vermocht hätte

(VwGH 26.5.1993, 82/03/0125).

Dass der Berufungswerber in ursächlichem Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Verkehrsunfall mit Sachschaden steht, hat das Ermittlungsverfahren, insbesondere das vom KFZtechnischen Sachverständigen erstattete Gutachten ergeben. Dass dem Berufungswerber bei gehöriger Aufmerksamkeit der unfallsbedingte Eintritt dieses Sachschadens zu Bewußtsein hätte kommen müssen, steht bei der oben angeführten Sachlage fest. Der Berufungswerber hätte daher sein Fahrzeug an der Unfallstelle sofort anzuhalten gehabt. Diese Anhaltepflicht beschränkt sich nach herrschender Rechtsansicht auf den Bereich der Unfallstelle, weshalb eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs 1 lit a StVO bereits dann vorliegt, wenn das beteiligte Fahrzeug nicht unmittelbar nach Kenntnisnahme des Verkehrsunfalls am Unfallort angehalten wird, sondern der Fahrzeuglenker dieses ausrollen läßt und erst in einiger Entfernung - im Anlaßfall zumindest einhundert Meter - anhält, zumal ein Anhalteweg von 40 Metern als zu lang erachtet wurde (VwGH 19.2.1982, 81/02/0267).

Darüber hinaus ist Zweck der Bestimmung des § 4 Abs 1 lit a StVO nicht nur das Fahrzeug kurzfristig anzuhalten, sondern auch den sonstigen Lenkerverpflichtungen nachzukommen. Der Berufungswerber hätte sich daher nach dem Anhalten auch zu vergewissern gehabt, ob durch den Unfall eine Situation entstanden ist, die es notwendig macht, Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden für Personen oder Sachen zu treffen (VwGH 15.4.1971, 1305/70).

Durch das festgestellte Verhalten hat der Berufungswerber die ihm unter Punkt 2a) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Verwaltungsübertretung objektiv zu verantworten.

Zu Punkt 2b):

Gemäß § 4 Abs 1 lit b StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen. Das Tatbild des § 4 Abs 1 lit b kann sich aus mehreren Tathandlungen ergeben. So hätte zur Absicherungspflicht im Anlaßfall neben der Aufstellung einer Warneinrichtung und Einschalten der Warnblinkanlage etwa auch die Beseitigung der Leitbake von der Fahrbahn gehört. Gegenstand der Verfolgung ist in diesem Fall daher immer das Unterlassen einer konkreten Absicherungsmaßnahme. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 31 Abs 1 VStG wird die Verjährung nur unterbrochen, wenn dem Berufungswerber in einer tauglichen Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs 2 VStG eine konkrete Tathandlung - z.B. die Nichtentfernung der Leitbake - zur Last gelegt worden wäre. Da im Anlaßfall aber keiner tauglichen Verfolgungshandlung zu entnehmen ist, durch welche konkrete Unterlassung der Berufungswerber die gesetzlich normierte Absicherungspflicht verletzt hat, auch der Spruch des Straferkenntnisses nicht alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung umfaßt und letztlich auch der wahre Sachverhalt nicht in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthalten ist, war es der Berufungsbehörde im Hinblick auf die Bestimmungen des § 66 Abs 4 AVG nicht möglich, diesen Mangel nachträglich zu sanieren. Da der Eintritt der Verfolgungsverjährung von Amts wegen wahrzunehmen ist, war dem Berufungsvorbringen trotz Fehlens einer entsprechenden Einwendung in diesem Punkt Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

Zu Punkt 2c):

Gemäß § 99 Abs 2 lit e StVO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.

Derartige Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs sind gemäß § 31 Abs 1 StVO neben Verkehrsampeln, Straßenverkehrszeichen usw. auch Verkehrsleiteinrichtungen wie die gegenständliche Leitbake.

Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung ist die rasche Verständigung der in Betracht kommenden Stellen, damit diese in die Lage versetzt werden, unverzüglich verkehrssichernde Maßnahmen zu treffen, um eine allfällige Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer hintanzuhalten und auch die Behebung des Schadens veranlassen zu können. Die Bekanntgabe der Identität des Beschädigers dient allein der Schadensregelung. Wie bereits ausgeführt, stand der Berufungswerber in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, im Zuge dessen eine Leitbake umgestoßen und beschädigt wurde, und hätte er diesen Verkehrsunfall bei gehöriger Aufmerksamkeit wahrnehmen müssen.

Da der Berufungswerber unbestrittenermaßen weder die nächste Gendarmeriedienststelle noch den Straßenerhalter von der Beschädigung der Leitbake unter Bekanntgabe seiner Identität verständigt hat, hat er auch die ihm in Punkt 2c) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Verwaltungsübertretung objektiv zu verantworten.

VI.) Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird hinsichtlich des Schutzzweckes der verletzten gesetzlichen Bestimmungen auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Erschwerungsgründe liegen keine vor; als mildernd war die Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten.

Zum Ausmaß des Verschuldens ist festzustellen, dass gemäß § 5 VStG zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten genügt. Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, dass die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden. Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat sowie der bereits angeführten objektiven und subjektiven für die Strafbemessung entscheidenden Kriterien erscheinen die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen auch im Hinblick auf die gesetzlichen Strafrahmen schuld- und tatangemessen. Auch die vom Berufungswerber anläßlich der Berufungsverhandlung vom 1. Juni 1999 bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden bei dieser Strafbemessung berücksichtigt, sie waren aber nicht geeignet, die Strafhöhe herabzusetzen.

VII.) Kosten:

Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist. Gemäß § 64 Abs 3 VStG sind die im Zuge eines Verwaltungsstrafverfahrens erwachsenen Barauslagen im Sinne des § 76 AVG dem Bestraften aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind. Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren mußte der kraftfahrtechnische Sachverständige Prof. Dr. Hermann Steffan beigezogen werden, da zur Klärung der Frage, ob der Berufungswerber in ursächlichem Zusammenhang mit der Beschädigung der Leitbake stand, eine fachliche Beurteilung unbedingt erforderlich war.

Die detailierte Vorschreibung der Sachverständigenkosten folgt mit gesondertem Bescheid.

Schlagworte
Verkehrsunfall Absicherungspflicht Tatbestandsmerkmal Konkretisierung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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