TE UVS Wien 1999/08/03 04/G/21/479/99

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Veröffentlicht am 03.08.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung der Frau Jutta A, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, vom 11.6.1999, Zl MBA 1/8 - S 1134/99, wegen Übertretung des § 368 Ziffer 2 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Die Berufungswerberin hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, vom 11.06.1999, Zl MBA 1/8 - S 1134/99, hat folgenden Spruch:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der P-Gesellschaft mbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft in Wien, S-gasse das Gewerbe: Gastgewerbe in der Betriebsart einer Fremdenpension nach dem Ausscheiden des letzten gewerblichen Geschäftsführers von 31.08.1998 bis 12.01.1999 weiterhin ausgeübt hat, obwohl bei der Behörde keine Anzeige über die Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers erstattet wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 368 Z 2 der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende

Strafe verhängt:

Geldstrafe von ATS 2.700,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, 2 Tagen,

gemäß § 368 Einleitungssatz der Gewerbordnung 1994. Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, in der geltenden Fassung, zu zahlen:

ATS 270,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher ATS 2.970,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung der Beschuldigten, welcher aus folgenden Gründen der Erfolg nicht zu versagen war:

Da es sich im gegenständlichen Fall um die Ausübung eines Gewerbes durch eine juristische Person handelt, findet sich die Grundlage für die Verpflichtung des Gewerbeinhabers zur Bestellung eines Geschäftsführers im § 9 Abs 1 GewO 1994. Die hiezu gehörige Strafbestimmung befindet sich im § 367 Ziffer 1 GewO 1994 und nicht - wie von der Erstbehörde heran gezogen - im § 368 Ziffer 2 GewO 1994.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich nun Folgendes:

Gemäß § 367 Ziffer 1 GewO 1994 (idF der GRNov 1997) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Gelstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs 2 oder 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs 1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers oder Pächters ein Anmeldungsgewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs 4 oder § 40 Abs 4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs 2 entsprechenden Geschäftsführers oder gemäß § 40 Abs 2 über die Übertragung der Ausübung dieses Anmeldungsgewerbes an einen Pächter erstattet zu haben.

Gemäß § 9 Abs 1 erster Satz GewO 1994 können juristische Personen, Personengemeinschaften des Handelsrechtes (offene Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.

Gemäß § 9 Abs 2 GewO 1994 darf das Gewerbe dann, wenn der Geschäftsführer oder der Pächter ausscheidet, bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführer oder Pächters, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden. Die Behörde hat diese Frist zu verkürzen, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer oder Pächter eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist.

Gemäß § 39 Abs 4 GewO 1994 hat der Gewerbeinhaber die Bestellung und das Ausscheiden eines Geschäftsführers der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen (§ 345 Abs 2 und 3). Wenn § 367 Ziffer 1 GewO 1994 somit auf § 9 Abs 2 leg cit verweist, und in dieser Bestimmung die Verpflichtung zur Bestellung eines (neuen) gewerberechtlichen Geschäftsführers an den Ablauf einer bestimmten Frist ab dem Ausscheiden des vorangegangenen gewerberechtlichen Geschäftsführers geknüpft wird, so kann davon ausgegangen werden, dass die Anführung der "gemäß § 9 bestehenden Verpflichtung" (§ 367 Ziffer 1 GewO 1994) als ein Tatbestandsmerkmal anzusehen ist, das im Sinne der Bestimmung des § 44a Ziffer 1 VStG regelmäßig durch Anführung konkreter Umstände (eindeutig) zu substantiieren ist.

Es wäre daher erforderlich gewesen, im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses das Ausscheiden des vormaligen gewerberechtlichen Geschäftsführers mit einem näher angeführten Datum zu umschreiben, um in eindeutiger Weise klar zu stellen, dass die 6-Monats-Frist, deren Beginn mit dem Ausscheiden des letzten gewerberechtlichen Geschäftsführers anzunehmen ist, im Tatzeitraum bereits tatsächlich abgelaufen war.

Da sich eine diesbezügliche Verfolgungshandlung in den Akten nicht findet, war spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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