TE UVS Tirol 1999/09/22 1999/11/115-7

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Veröffentlicht am 22.09.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Gert Ebner über die Beschwerde vom 28.07.1999 wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Organ der Bundespolizeidirektion Innsbruck des Beschwerdeführers Herrn H.-P. B., XY, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. M. K. und Dr. A. S., beide Zell am See, nach der am 22.09.1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt:

 

I.

Gemäß § 67c Abs 4 AVG wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

II.

Gemäß § 79a Abs 1 und 3 AVG wird der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuspruch des Ersatzes seiner Aufwendungen abgewiesen.

 

III.

Gemäß § 79a Abs 1, 3 und 4 AVG iVm § 1 Z 3, 4 und 5 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl 855/1995, hat der Beschwerdeführer der obsiegenden belangten Behörde (Land Tirol) den Vorlageaufwand in der Höhe von Schilling 565,00 (EURO 41,06), den Schriftsatzaufwand in der Höhe von Schilling 2.800,00 (EURO 203,48) und den Verhandlungsaufwand in Höhe von Schilling 3.500,00 (EURO 254,36), somit den Gesamtbetrag von Schilling 6.865,00 (EURO 498,90) binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung zu ersetzen.

Text

Am 29.07.1999 langte die mit 28.07.1999 datierte Beschwerde des Herrn H.-P. B., XY, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Organ der Bundespolizeidirektion Innsbruck beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol ein.

 

In der Beschwerde wird folgendes vorgebracht:

 

?Am 9.05.1999 gegen 7:00 Uhr wurde das, auf den Einschreiter zugelassene Fahrzeug, Marke XY, Kennzeichen XY, von XY Stadt im Gemeindegebiet von Ampass, Bezirk Innsbruck Land, in Richtung Intalautobahn und infolge auf die Intalautobahn A 12 gelenkt. Laut vorliegender Anzeige des LGK für Tirol, Verkehrsabteilung Außenstelle 6141 Schönberg, Zahl GZP 4127/99 und darin aufliegender Niederschrift des P. W., Polizeibeamter, aufgenommen bei BPD Innsbruck, Wachzimmer am Hauptbahnhof 6020 Innsbruck, Adamgasse 5 - 7, am 10.05.1999, vermochte dieser, nach Beendigung seines Dienstes bei der Heimfahrt erkennen, wie der Beschwerdeführer mit dem oben genannten Fahrzeug von der Anton-Eder-Straße in die Burgenlandstraße in Innsbruck nach links in Fahrtrichtung Osten einbog, ca 50 bis 60 Meter entgegen der Fahrtrichtung die Richtungsfahrbahn befuhr. Er habe hierbei ein gefährliches Fahrmanöver gesetzt, zumal Fahrzeuge entgegen gekommen seien, infolge habe der Einschreiter ohne auf andere Fahrzeuglenker zu achten von der Burgenlandstraße Nr 45 den PKW in die rechte Richtungsfahrbahn gelenkt, infolge um mindestens 40 km/h die zugelassene Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h im Stadtgebiet, sohin auf 90 km/h beschleunigt, zweimal den Fahrstreifen ohne dies anzuzeigen gewechselt und so aufgrund aggressiver, rücksichtsloser und gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern gefährdender Fahrweise gehandelt. Über Handy des P. W. sei die Polizei verständigt worden. Laut Aussage des P. W. stellte er sich als Polizeibeamter infolge um 6:45 in den Dienst und fuhr zur Absicherung der laufenden Standortfeststellung für die verständigten Funkstreifen dem Einschreiter nach. Es gelang ihm, ihn auf Sichtweite zu folgen und sei nach einer Rotlichtphase an der Kreuzung Burgenlandstraße-Amraserseestraße das Fahrzeug des Einschreiters auf 120 km/h (zugelassen 60 km/h) beschleunigt worden, infolge noch diverse Geschwindigkeitsüberschreitungen auf der Intalautobahn begangen worden und ist letztlich das Fahrzeug des Einschreiters auf dem Parkplatz Karlskirche in Vo

lders, abgestellt worden. Dort stellte W., das von ihm gelenkte zur Nachfahrt verwendete Fahrzeug in größerem Abstand hinter dem Fahrzeug des Beschwerdeführer ab, verständigte den GPK Hall, was die Streife ?Schönberg l" veranlasste, einzuschreiten.

 

Die eben von Inspektor W. geschilderte Verhaltensweise stellt eine faktische Amtshandlung dar. Einerseits nimmt es Wunder, dass ein Polizeibeamter nach Dienstschluss ?sich in den Dienst setzt" und hierbei gegen vermeintlich gefährlichen Verhaltens die Nachfahrt im Sinne einer Verfolgung aufnimmt Für den Fall, dass diese Handlungsweise jedoch gerechtfertigt sein sollte und dass diese in den Dienst stellen rechtlich denn überhaupt möglich sein sollte, dies im Sinne der Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes, so geht es nicht an, dass nach eigenen Angaben W., er wiederholt ? nach einer Rotlichtphase ...") er wohl spätestens zur notwendigen Gefahrenabwehr - wenn schon in Dienst befindlich - die erforderlichen Schrittenicht sofort setzte, nämlich eine unverzügliche Anhaltung des Fahrzeuges des Beschwerdeführers, sei es bloß um diesen vor eigenen Verletzungen zu schützen, vor allem aber, um vorbeugend Rechtsgüter anderer Personen (weiterer Verkehrsteilnehmer, Gefahr sonstiger Sachbeschädigung und dergleichen) zu schützen. Ein Aufschub des Einschreitens ist im Sinne des § 23 SPG nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässig, ansonsten ist bei Gefahr im Verzug unverzüglich einzuschreiten. Dies wurde durch Herrn W. unterlassen.

 

Auch die Bestimmungen des § 86 StPO hätte in diesem Fall sogar eine Privatperson berechtigt, unverzüglich vom Anhalterecht Gebrauch zu machen.

 

Offensichtlich ging es jedoch hier W. einzig darum im Zuge einer längeren Nachfahrt (zumindest 20 bis 25 Kilometer) eine Reihe von weiteren strafbaren Einzelhandlungen sammeln zu lassen, um dies infolge auch zur Anzeige bringen zu können. Genau dies ist jedoch aus Gründen des Schutzes der Allgemeinheit, aber auch letztlich zum Schutze des Straftäters selbst unzulässig. Es hatte unverzüglich spätestens bei der Rotlichtphase eingeschritten zu werden. Jeder Staatsbürger hat ein Recht in Schutz genommen zu werden, anstatt durch eine unsinnige Raserei und pressante Nachfahrt geradezu zum Schnellfahren des Vordermannes anzuspornen

und diesen letztlich durch Polizeikollegen betreten zu lassen und angeblich wahrgenommene Vorfälle zur Anzeige zu bringen, diese unter dem Mantel Verdienstausübung.

 

Mit jener von Inspektor W. unterlassener rechtzeitigen Sofortmaßnahme, nämlich sofortigen Einschreitens handelt es sich um einen Fall der qualifizierten Untätigkeit eines Exekutivvorganges.

 

Der Beschwerdeführer hat erstmals Kenntnis von diesen Vorgängen durch Zustellung bei seinem ehemaligen Rechtsvertreter Herrn Rechtsanwalt Dr. F. in XY, am 16.06.1998 erhalten.

 

Beweis: amtswegige Einholung des Aktes GZP 4127/99 des LGK für Tirol Verkehrsabteilung Außenstelle 6141 Schönberg Zeuge P. W., Polizeibeamter 6123 Terfens, Eggen3 PV des Beschwerdeführers.

 

Da die von Herrn Inspektor P. W. besetzte Untätigkeit im Dienst geschah, stellt sich diese als gesetzeswidrig dar und wird innerhalb offener Frist im Sinne der § 67 (1) AVG durch die gem. § 8 RAO bevollmächtigten Vertreter gemäß Artikel 129 a (1) Z2 B-VG und § 67 a (1) Z2 AVG

 

BESCHWERDE

an den Unabhängigen Verwaltungssenat für das Land Tirol

gerichtet.

Der Beschwerdeführer stellt nachstehende

ANTRÄGE:

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Tirol möge,

 

a) feststellen, dass durch die vom Inspektor P. W. von der Bundespolizeidirektion Innsbruck gesetzte Maßnahme, nämlich am 9.05.1999 gegen 7:00 Uhr Morgens nach Erkennen verkehrsgefährdenden Verhaltens und des sich in Dienstsetzens nicht unverzüglich jene zur gefahrenabwehr, notwendigen Maßnahmen, (beispielsweise: Anhalten des Fahrzeuges XY, Kz. XY und da durch veranlasste Unterbindung der Weiterfahrt) den Einschreiter in seinem einfachen gesetzlich gewährleisteten Recht auf unverzügliche Gefahrenabwehr im Sinne der §§ 21, 23 SPG verletzt wurde;

 

b) gem. § 79 a AVG iVm Verordnung (BGBL 1995/855) erkennen, dass die Republik Osterreich schuldig ist, den Beschwedefiihrer die durch das Verfahren an den Unabhängigen Verwaltungssenat entstandenen Kosten zu Handen der bevollmächtigten Vertretern, den Herren Dr. M. K. Dr. A. S.

Rechtsanwälte

XY

binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen;

c) Eine öffentliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenates, des Landes Tirol anberaumen."

Mit Schreiben vom 30.07.1999 forderte der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol die Bundespolizeidirektion Innsbruck als die in der Beschwerde bezeichnete belangte

Behörde zur Erstattung einer schriftlichen Gegenäußerung auf. Von der Bundespolizeidirektion Innsbruck wurde am 20.08.1999 die Gegenschrift mit folgenden Ausführungen an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol in Vorlage gebracht:

 

Sachverhalt

Am 9.1999 um 06.54 Uhr befuhr der Sicherheitswachebeamte W. P. nach Dienstschluß in Innsbruck den Südring in östliche Richtung und brachte sein KFZ XY an der Kreuzung Olympiastraße, Anton-Eder-Straße, gegenüber dem Olympia-Eisstadion wegen Rotlicht zum Stillstand. Dort konnte er wahrnehmen, wie der Lenker des KFZ mit dem Kennzeichen XY von der Anton-Eder-Straße in die Burgenlandstraße nach links in Fahrtrichtung Osten einbog und ca 50 m bis 60 in entgegen der Fahrtrichtung die Richtungsfahrbahn befuhr. Nach dem der Lenker eon entgegenkommenden Fahrzeugen angeblinkt wurde verriß er ohne auf andere Fahrzeuglenker zu achten auf flöhe Burgenlandstraße Nr 45 sein Fahrzeug in die rechte Richtungsfahrbahn. Dort wurde das Fahrzeug um mindestens 40 Km/h über die zugelassene Höchstgeschwindigkeit von 50 Km/h beschleunigt. Auch wechselte der Lenker zweimal den Fahrstreifen, ohne dies anzuzeigen. Aufgrund des Verhaltens, dass vorn Sicherheitswachebeamten als gefährdend gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern angesehen wurde, wurde von ihm über Handy die Exekutive Notruf 133 um 06.55 Uhr verständigt. Gleichzeitig stellte sich der Beamte, zumal er davon ausging, dass es sich vermutlich um einen alkoholisierten Fahrzeuglenker handelt, von dem eine unmittelbar drohende Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen ausgeht, um 06.55 Uhr in den Dienst und fuhr dem Fahrzeug, zur Absicherung und laufenden Standortfeststellung für die verständigten Streifen nach.Fs gelang dem Sicherheitswachebeamten aufgrund des geringen Verkehrsaufkommens auf Sichtweite zu folgen. Nach einer Rotlichtphase an der Kreuzung Burgenlandstraße - Amraserseestraße beschleunigte der Lenker sein Fahrzeug im Bereich Amraserseestraße 42 bis 64 auf ca 120 Km/h (zugelassen 60 Km/h).

 

Auf der Autobahnauffahrt Innsbruck Ost befuhr der Lenker den rechten Fahrstreifen und ordnete sich zum Abbiegen in Richtung Oberland ein. Unmittelbar vor der Abzweigung Oberland - Unterland wechselte der Lenker ruckartig die Fahrspur zur Einfahrt Unterland. Dabei überfuhr er die dortige Sperrlinie. Auf der Autobahn beschleunigte der Lenker das Fahrzeug sehr stark. Da der Lenker von den Funkstreifen in Innsbruck nicht mehr angehalten werden konnte wurde vom Wachebeamten über Notruf 133 die Gendarmerie Hall verständigt. Der Gendarmeriebeamte am Notruf ersuchte Insp. W. telefonisch laufend den Standort des Lenkers mitzuteilen. Inzwischen werde er (der Gendarmeriebeamte) die Autobahngendarmerie Schönberg verständigen. Um den Fahrzeuglenker nicht aus den Augen zu verlieren, erhöhte der Wachebeamte ebenfalls seine Geschwindigkeit. Der Lenker des PKW XY fuhr mit mindestens 170 Km/h die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 100 Km/h und behielt diese von der Höhe Ampasserhof bis unmittelbar vor der Autobahnausfahrt Hall Mitte bei. Dort bremste der Lenker sein Fahrzeug unbegründet sehr stark auf eine Geschwindigkeit von ca 20 Km/h bis 30 Km/h ab. Um eine weitere Gefährdung von Autolenkern hintanzuhalten wurde der nachkommende Fahrzeugverkehr in ausreichendem Sicherheitsabstand mittels eingeschaltener Alarmblinkanlage auf die Gefahr aufmerksam gemacht.

 

Plötzlich beschleunigte der Lenker auf Höhe der Autobahneinfahrt Hall sein Fahrzeug auf über 170 Km/h (zulässig 130 Km/h).

 

Auf Höhe der Autonbahnabfahrt zum Parkplatz Karlskirche in Volders bog der Lenker ruckartig in den Parkplatz ein und stellte sein Fahrzeug dort ab. Der Beamte der Sicherheitswache stellte sein Fahrzeug in größerem Abstand hinter dem betreffenden Fahrzeug ab und teilt dem Posten Hall den Standort mit. Nach Eintreffen der Streife wurde nach Schilderung des Sachverhalts die Amtshandlung von der Gendarmerie übernommen. Von der Gendarmerie (Landesgendarmeriekommando für Tirol-Verkehrsabteilung) wurde mit 26.6.1999 Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck gegen H.-P. B. (den Lenker des KFZ XY) erstattet.

 

Gegenständliche Angaben sind in beiliegender Ablichtung der Anzeige des Landesgendarmariekommandos für Tirol, Verkehrsabteilung, sowie in der Niederschrift, die mit Insp. W. angefertigt wurde, zu entnehmen (Beilage).

 

STELLUNGNAIIME - WÜRDIGUNG

 

Durch den Leiter der Präsidialabteilung wurde das Zentralinspektorat der Sicherheitswache nach Einlangen der do. Note beauftragt, eine Stellungnahme abzugeben.

 

Im Bericht von Insp. W. vom 6.8.1999 wird grundsätzlich auf die (ebenfalls beiliegende Niederschrift vom 10.5.1999) verwiesen. Der Beamte begründet sein Tätigwerden damit, dass er aufgrund der aggressiven, rücksichtslosen und gegenüber anderen Verkehrsteilnehmer gefährdenden Fahrweise annahm, dass es sich vermutlich um einen alkohlisierten Fahrzeuglenker handelt, von dem eine unmittelbar drohende Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen ausgeht, da sich auf der Fahrbahn zahlreiche Schutzwege, Haltestellen und angrenzende Wohnhäuser befinden. Aus diesem Grund wurden die angeführten Maßnahmen (Verständigung der Exekutive, sowie (?Indienststellung") getätigt. Der Beamte fuhr dem Fahrzeug des H.-P. B. zur Absicherung (Gefahrenabwehr) und laufenden Standortfeststellung für die verständigten Funkstreifen nach. Abgesehen von den bereits in der Niederschrift angeführten Angaben wird vom Wachebeamten P. W. in seiner Stellungnahme berichtet, dass bei einer Weiterfahrt des Lenkers eine weitere Gefährdung anderer nicht ausschließen hätte können und er Herrn B. noch vor Verlassen des Parkplatzes angehalten hätte. Aufgrund des Eintreffens der Gendarmerie war dies jedoch nicht mehr notwendig. Ein sofortiges Einschreiten, sei aus den Gründen des § 21 und 23 SPG nicht möglich gewesen. Die Vorwürfe in der Note des Beschwerdeführers werden zurückgewiesen. Vom Beamten wird die Ansicht vertreten, dass ihm eine Unterlassung vorzuhalten wäre, wenn er die Übertretungen nicht zur Anzeige gebracht hätte.

 

Der Beamte befand sich außer Dienst, weswegen er sich in Dienst stellte. Grundlage für das Tätigwerden des Beamten ist der Erlaß des BMI; vom 23.7.1981 zur Zahl 12401/16-11/2/81 (Beilage) in Verbindung mit § 1 Abs 3 RLV und § 14 Abs 3 SPG.

 

Die diesbezüglich genannten Voraussetzungen sind gegeben. In Punkt 1 (begriffliche Voraussetzungen) ist angeführt, dass Voraussetzung für das in Dienst stellen ist, dass der Beamte dienstfrei hat oder sich im Urlaub befindet.

 

Nach Abschluß seiner Diensttour hatte der Beamte dienstfrei.

 

Das Indienststellen hat laut Erlaß im Sinne des § 43 Abs 2 131)G aus eigenem Antrieb zu erfolgen. Dazu muss die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Organs vorliegen. Wie oben angeführt handelt es sich beim Sicherheitswachebeamten sowohl um ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes als auch der Straßenaufsicht. Diese Voraussetzung ist somit auch gegeben. Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit ist anzuführen, dass die Amtshandlung in Innsbruck, somit im Amtsbereich derjenigen Behörde wo der Beamte grundsätzlich Dienst versieht, begann. Durch die Umstände bedingt wurde sie in weiterer Folge in den Bereich einer anderen Behörde verlagert. Insbesonders darf auf Punkt 3 des angeführten Erlasses verwiesen werden, wonach eine Verpflichtung zu Indienststellung besteht.

 

Ins Erlaß ist angeführt:

 

Bei Gefahr in Verzug ist der Beamte verpflichtet sich zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für die Sicherheit von Personen und des Eigentums in den Dienst zu stellen, egal ob er Uniförm trägt oder nicht...

 

Wie in der Stellungnahme des Sicherheitswachebeamten angeführt, ging er zum Zeitpunkt, als er sich in Dienst stellte, von einer Gefährdungslage aus.

 

Was den Bereich Tätigwerden anbelangt, geht die BPD Innsbruck davon aus, dass das Indienststellen des Beamten gerechtfertigt war und auch sonst den formalen Erfordernissen des angeführten Erlasses der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit entsprochen hat.

 

Als Zwischenergebnis wird daher von der BPD Innsbruck die Ansicht vertreten, dass in Ansprechung des Angeführten das Tätigwerden des Beamten nicht nur gerechtfertigt, sondern auch unter Hinweis auf den zitierten Aspekt ?Verpflichtung zur Indienststellung" notwendig war.

 

Nachträglich wurde auch durch die Diensteshchörde eine Oberprüfung des Aspekts ?unmittelbar drohende Gefahr" im Sinne der RIN durchgeführt.

 

In § 1 (3) ist angeführt:

 

Außerhalb des Dienstes haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Erfüllung ihrer Aufgaben nur dann einzuschreiten, wenn sie erkennen, dass dies zur Abwehr einer gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden Gefahr für Leben, Gesundheit, Feiheit von Menschen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß erforderlich und wenn ihnen dies nach den eigenen Umständen zumutbar ist.

 

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dem Beamten Sekundenbruchteile für seine Entscheidungsfindung zur Verfügung stenden, auf den Aspekt der Gefahrenerforschung bezogen, scheinen die Maßnahmen

 

Verständigung mittels Handy

Indienststellung

Nacheile

 

?ex post" betrachtet normgerecht zu sein. Wie aus dem Akt ersichtlich ist, ging der Beamte von einer massiven Gefährdungslage aus, deren Folgen zu Beginn der Amtshandlung noch unabsehbar waren.Die zu einem späteren Zeitpunkt durchführende rechtliche Subsumtion - Anzeige ausschließlich an die Verwaltungsberhörde war für den Beamten aufgrund seiner nachvollziehbaren Lageeinschätzung nicht vorhersehbar. Es wurde somit offensichtlich zu Recht der geforderte Gefährdungsaspekt von Insp. W. wahrgenommen.

 

Hinsichtlich des Aspekts Aufschub des Einschreitens darf grundsätzlich auf den Handlungsablauf verwiesen werden. Es war dem Beamten eine Anhaltung aufgrund des Verhaltens von H.-P. B. faktisch nicht möglich.

 

Desweiteren darf auf den Aspekt ?Zumutbarkeit" der angeführten Gesetzesstelle verwiesen werden.

Es wird durch die BPD Innsbruck nicht weiter auf die mögichen Gefahren, die naturgemäß auch für andere Verkehrsteilnehmer entstanden wären, hingewiesen, wenn zB, die Anhaltung ohne Einsatzmittel mit dem Privat-KFZ des Wachebeamten, durch diesen versucht worden wäre.

 

In einem derartigen Fall wäre wohl eine allfällige Einrede, dass der Besehwerdeführer den Wachebeamten, solange er das Fahrzeug lenkte zB für eine Person gehalten hat, die ihn be

drohte oder dergleichen, logisch nachvollziehbar gewesen. Nach Ansicht der PBD Innsbruck ist eine ordnungsgemäße Allhaltung wohl nur mit speziell adaptierten Dienst-KFZ möglich.

 

Gefertigter Behördenleiter geht daher im Einvernehmen mit den mit der Dienstaufsicht betrauten Stellen davon aus, dass die Amtshandlung des Insp. P. W. den einschlägigen Normen entsprechend korrekt durchgeführt wurde.

 

Die BPD Innsbruck stellt daher den Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen

Es wird weiters der Kostenantrag gestellt:

Schirftsatzaufwand: Schilling: 2.800,00

Vorlageaufwand: Schilling: 565,00

Desweiteren sollte eine Verhandlung beim Unabhängigen

Verwaltungssenat durchgeführt werden:

Verhandlungsaufwand: Schilling: 3.500,00

Rechtsgrundlage Aufwandsersatzverordnung: BGBl. 855/95

 

Vom Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol wurde weiters der bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck wegen des Vorfalles vom 09.05.1999 zu Zahl VST- 108829/99A anhängige Verwaltungsstrafakt eingeholt. Diesem Akt ist zu entnehmen, dass von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.06.1999 an Herrn H.- P. B. ergangen ist, wobei in acht Fällen Übertretungen der StVO und in einem Fall eine Übertretung nach § 37a iVm § 14 Abs 8 FSG zum Vorwurf gemacht werden. Diese Aufforderung zur Rechtfertigung wurde am 14.06.1999 versendet und laut Mitteilung der Rechtsanwälte Dr. A. F. und Dr. A. L. in ihrem Schreiben vom 23.06.1999 Herrn H.-P. B. am 17.06.1999 zugestellt. Mit Schreiben vom 22.07.1999 teilten die Rechtsanwälte Dr. Michael Kinberger und Dr. Alexander S. der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck mit, dass im Verwaltungsstrafverfahren zu VST- 108829/99A Herr H.-P. B. nunmehr von ihnen vertreten werde.

 

Das Verwaltungsstrafverfahren ist bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zur Zeit noch anhängig und wurde bisher nicht zum Abschluss gebracht.

 

Am 22.09.1999 wurde die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der der Beschwerdeführer, der selbst zur Verhandlung nicht erschienen war, durch Herrn Rechtsanwalt Dr. A. S. vertreten war. In Vertretung der Bundespolizeidirektion Innsbruck als belangter Behörde ist Herr Dr. K. aufgetreten.

 

Nach Darlegung des bisherigen Verfahrensablaufes teilte der Verhandlungsleiter dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit, dass seiner Rechtsansicht nach die Beschwerde - ausgehend vom Zeitpunkt 09.05.1999 - außerhalb der in § 67c Abs 1 AVG festgelegten Frist von 6 Wochen eingebracht worden sei.

 

Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vertrat die Ansicht, bei der Berechnung der 6-Wochen-Frist sei auf den Zeitpunkt 17.06.1999 abzustellen, da ihm zu diesem Zeitpunkt erstmals bekannt war, was Gegenstand des Verfahrens sei und was dem Beschwerdeführer vorgehalten werde.

 

Hierauf wurde mit mündlich verkündetem Bescheid die Beschwerde gemäß § 67c AVG als verspätet zurückgewiesen, gemäß § 79a AVG der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuspruch von Kostenersatz als unbegründet abgewiesen und dem Beschwerdeführer nach dieser Gesetzesstelle auferlegt, dem Land Tirol als obsiegender Behörde Kostenersatz für Vorlageaufwand, Schriftsatzaufwand und Verhandlungsaufwand zu erstatten.

 

Gemäß § 67c Abs 1 AVG sind Beschwerden nach § 67a Abs 1 Z 2 AVG innerhalb von 6 Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung, bei dem Unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde.

 

Die vorliegende Beschwerde begehrt die Feststellung, dass durch die von Insp. P. W. von der Bundespolizeidirektion Innsbruck gesetzte Maßnahme, nämlich am 09.05.1999 gegen 07.00 Uhr morgens nach Erkennen verkehrsgefährdenden Verhaltens und des sich In-Dienst-Setzens nicht unverzüglich jene zur Gefahrenabwehr notwendigen Maßnahmen (beispielsweise: Anhalten des Fahrzeuges und dadurch veranlasste Unterbindung der Weiterfahrt) der Einschreiter in seinem einfach gesetzlich gewährleisteten Recht auf unverzügliche Gefahrenabwehr im Sinne der §§ 21, 23 SPG verletzt worden sei.

 

Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass als Beschwerdezeitpunkt im Sinne des § 67c Abs 1 AVG vom 09.05.1999 auszugehen ist. Die 6-wöchige Frist lief bis 21.06.1999 und wäre die vorliegende Beschwerde spätestens bis zu diesem Zeitpunkt einzubringen gewesen. Tatsächlich wurde erst mit Eingabe vom 28.07.1999 die verfahrensgegenständliche Beschwerde, die sich auf § 67a Abs 1 Z 2 und §§ 67c ff AVG stützt, eingebracht.

 

Gemäß § 67c Abs 4 AVG ist eine verspätete Beschwerde zurückzuweisen.

 

Gemäß § 79a Abs 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Gemäß § 79a Abs 3 AVG ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei, wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird. Gemäß § 79a Abs 4 Z 3 AVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs 1 die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates festzusetzenden Pauschbeträge für den Schriftsatz- und für den Verhandlungsaufwand. Gemäß § 79a Abs 5 AVG ist für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ein Pauschbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

 

Auf dieser Gesetzesgrundlage wurden mit Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze für den Schritsatz- und Verhandlungsaufwand im Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Aufwandersatzverordnung UVS), BGBl Nr 855/1995, der Vorlageaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei mit Schilling 565,00, der Schriftsatzaufwand mit Schilling 2.800,00 und der Verhandlungsaufwand mit Schilling 3.500,00 pauschal festgesetzt.

 

Der Beschwerdeführer ist unterlegene Partei, weshalb ihm ein Aufwandersatz nicht zuzusprechen war.

 

Beim Vorfall vom 09.05.1999 handelt es sich um eine Angelegenheit aus dem Vollzugsbereich ?Straßenpolizei? (Art 11 Abs 1 Z 4 B-VG). Damit ist der Beschwerdeführer zum Aufwandersatz gegenüber dem Land Tirol verpflichtet, da die Vollziehung der Straßenpolizei Landessache ist.

 

Zusatz: Mit Erkenntnis des VWGH vom 15.4.2000 Zl 99/01/0427-5 wurde die VWGH Beschwerde gegen den Besheid des UVS als unbegründet abgewiesen.

Schlagworte
Beschwerdezeitpunkt, 09.05.1999, verspätete, Beschwerde
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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