TE UVS Salzburg 1999/09/30 3/10629/6-1999nu

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Veröffentlicht am 30.09.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Peter Nußbaumer über die Berufung des P in S gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 8. September 1998, Zahl S-13923/98, folgendes Erkenntnis:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Beschuldigte außer dem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von S 100,- (? 7,27) zu leisten.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 16.4.1998 um 08:55 Uhr in S, M-platz gegenüber Haus Nr 4, im Bereich der dortigen Bushaltestelle, als Fußgänger vorschriftswidrig die Fahrbahn benützt, da er sich auf der Fahrbahn aufgehalten habe um eine Fahrzeuglenkerin zum Weiterfahren zu bewegen, obwohl er als Fußgänger den Gehsteig hätte benutzen müssen.

Er habe dadurch § 76 Abs 1 der Straßenverkehrsordnung verletzt und wurde wegen dieser Verwaltungsübertretung über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a der Straßenverkehrsordnung eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,--, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von insgesamt 12 Stunden, verhängt.

 

Der Beschuldigte hat dagegen rechtzeitig schriftliche Berufung eingebracht und diese nicht näher verfahrensrelevant begründet.

 

In der Sache wurde am 20.9.1999 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Einvernommen wurden die Zeugen RI S und RI K. Der Beschuldigte wurde als Partei gehört. Er stellte das Betreten der Fahrbahn nicht in Abrede, bestritt jedoch ein aggressives Verhalten gegenüber einer vorschriftswidrig haltenden Fahrzeuglenkerin.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat hierzu gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied erwogen:

 

Der Beschuldigte hat am 16.4.1998 um etwa 08:55 Uhr in S, Mplatz, gegenüber Haus Nr 4, im Bereich der Bushaltestelle die Fahrbahn betreten, um eine dort seiner Ansicht nach vorschriftswidrig haltende Fahrzeuglenkerin zum Wegfahren zu bewegen. Der Beschuldigte hat sich zu diesem Zweck mehrere Minuten straßenseitig neben dem Pkw auf der Fahrbahn aufgehalten und konnte erst nach wiederholter Aufforderung durch die Meldungsleger dazu bewegt werden, sich wieder auf den Gehsteig zu begeben.

 

Dieser Sachverhalt war auf Grund der glaubhaften und schlüssigen Aussagen der beiden Polizeibeamten als erwiesen anzusehen. Vom Beschuldigten ansich unbestritten war, dass er sich in der tatgegenständlichen Zeit auf der Fahrbahn aufgehalten hat; lediglich das von den Beamten bezeugte aggressive Verhalten gegenüber der angeblich rechtswidrig haltenden Lenkerin wurde in Abrede gestellt.

 

Gemäß § 76 Abs 1 StVO haben Fußgänger, auch wenn sie Kinderwagen oder Rollstühle schieben oder ziehen auf Gehsteigen oder Gehwegen zu gehen; sie dürfen nicht überraschend die Fahrbahn betreten. Sind Gehsteige oder Gehwege nicht vorhanden, so haben Fußgänger das Straßenbankett und, wenn auch dieses fehlt, den äußeren Fahrbahnrand zu benützen; hiebei haben sie auf Freilandstraßen, außer im Falle der Unzumutbarkeit, auf dem linken Straßenbankett (auf dem linken Fahrbahnrand) zu gehen. Benützer von selbstfahrenden Rollstühlen dürfen Gehsteige, Gehwege und Fußgängerzonen in Schrittgeschwindigkeit befahren.

 

Der StVO fehlt eine Begriffbestimmung, wer Fußgänger ist. Es wird als Fußgänger jener anzusehen sein, der den Weg zu Fuß zurücklegt, sich also lediglich auf seinen Füßen fortbewegt, losgelöst von jeder Verbindung mit anderen Fortbewegungsmitteln von irgendwelcher Art. Der Beschuldigte hat sich ohne Fahrzeug am Tatort aufgehalten und hat sich in amtsanmaßender Weise auf die Fahrbahn begeben um eine dort haltende Fahrzeuglenkerin zum Wegfahren zu bewegen. Er hat sich schließlich erst nach mehrmaliger Aufforderung durch die Meldungsleger bemüßigt gesehen, sich wieder auf den Gehsteig zu begeben.

Der für die Omnibusse vorgesehene Fahrstreifen im Bereich der Haltestelle gehört zweifellos zur Fahrbahn und ist dessen Betreten nur unter den Voraussetzungen des § 76 StVO zulässig. Der Zweck der genannten Bestimmung ist, den Fußgänger- und Fahrzeugverkehr zu entflechten, damit insbesondere eine Gefährdung der Fußgänger hintangehalten wird. In diesem Sinn hat auch das Verhalten des Beschuldigten dazu geführt, dass die haltende Fahrzeuglenkerin (genannter hat sich knapp vor bzw seitlich des Fahrzeuges aufgehalten) nicht mehr wegfahren konnte und wurde dieser wegen seiner Nähe zum ersten, für allgemeinen Fahrzeugverkehr vorgesehenen, Fahrstreifen durch vorbeifahrende Fahrzeuge gefährdet. Das verbotswidrige Verhalten des Beschuldigten ist daher zweifelsfrei vom Schutzzweck des § 76 Abs 1 StVO umfasst.

 

Wenn der Beschuldigte auf ein Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates verweist (vom 29.4.1997, UVS-3/4666/3-1997) in der ein Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 76 Abs 1 StVO gegen ihn wegen einer ähnlichen Angelegenheit - er überquerte die Fahrbahn, hielt an und regelte dabei den Verkehr - eingestellt wurde, dann ist darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof das Benützungsverbot der Fahrbahn für Fußgänger nunmehr enger sieht (vergleiche VwGH 29.5.1998, 95/02/0438). Nach früherer Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof eine Person nur dann als Fußgänger im Sinn des § 76 StVO angesehen, wenn er zum Zweck der Fortbewegung die Fahrbahn benutzte, nicht aber bei bloßem Verweilen auf dieser (zB bei Demonstrationen). Nunmehr wird auch das bloße Verweilen auf der Fahrbahn (hier um sich eine quasi amtliche Stellung anzumaßen) - soweit es nicht auf Grund anderer Bestimmungen (insbes des § 76 Abs 2 bis 10 StVO) gestattet ist - als Verstoß gegen das Gebot des § 76 Abs 1 StVO angesehen (vgl VwGH aaO). Der Beschuldigte hat aber die Fahrbahn zu keinem vom Gesetz erlaubten Zweck betreten. Die angelastete Verwaltungsübertretung war daher als erwiesen anzusehen. An Verschulden war zumindest Fahrlässigkeit anzulasten.

 

Zur Strafhöhe:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und ist auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Wegen der angelasteten Verwaltungsübertretung kann gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit Arrest bis zu zwei Wochen, verhängt werden. Die über den Beschuldigten ausgesprochene Geldstrafe liegt daher im denkbar untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens. Die genannte Übertretung des Beschuldigten ist mit einem nicht unerheblichen Unrechtsgehalt behaftet, lag doch eine Eigengefährdung des Beschuldigten vor.

Besondere straferschwerende oder strafmildernde Umstände sind nicht hervorgekommen.

Bezüglich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (S 7.800,-- Nettopension, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) waren zwar unterdurchschnittliche Umstände anzunehmen, diese können aber nicht zu einer Strafherabsetzung führen, da die Strafe ohnehin im untersten Bereich des Strafrahmens liegt und eine weitere Strafreduktion zu einer völligen Unterbewertung der objektiven Strafbemessungskriterien führen würde. Die Strafe war insbesondere auch aus spezialpräventiven Gründen geboten, da der Beschuldigte offenbar ein derartiges Verhalten nicht zum ersten Mal gesetzt hatte.

Schlagworte
Verweilen auf der Fahrbahn, Fußgänger
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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