TE UVS Steiermark 1999/11/02 30.15-42/1999

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.11.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn A S, G, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 18.3.1999, GZ.: 15.1 1998/5782, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) i.d.F. BGBl. 1998/158 wird der Berufung Folge gegeben,

das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG in Verbindung mit § 17 Abs 3 Steiermärkisches Jugendschutzgesetz eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde über den Jugendlichen A S gemäß § 18 Abs 1 Steiermärkisches Jugendschutzgesetz, LGBl Nr. 63/1984, eine Geldstrafe von S 400,-- verhängt, da er sich unter Verstoß gegen die Bestimmung des § 3 leg cit am 11.10.1998 um 03.25 Uhr auf Höhe des Friedhofes in Kirchberg an der Raab ohne Erziehungsberechtigten oder Aufsichtsperson aufgehalten hatte, obwohl Jugendlichen ab vollendetem 16. Lebensjahr in der Zeit zwischen 24.00 Uhr und 05.00 Uhr der Aufenthalt an einem öffentlich zugänglichen Orte nicht erlaubt ist.

In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung beantragte der Jugendliche anstelle der Geldstrafe eine äquivalente Ableistung im Sozialdienst, wie dies auch seinem Freund S V, der mit ihm des gleichen Vergehens bezichtigt worden sei, gestattet worden wäre.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Aus dem vorliegenden Akteninhalt ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Am 11.10.1998 wurde A S zusammen mit seinem Freund S V um 03.25 Uhr anlässlich einer Verkehrskontrolle in einem Kleinbus der Firma S auf Höhe des Friedhofes in Kirchberg an der Raab ohne Beisein seines Erziehungsberechtigten angetroffen. Den Gendarmeriebeamten gegenüber gab er an, dass er mit seinem Freund das Fest in Kirchberg an der Raab besucht habe und nun auf der Heimfahrt sei. Die belangte Behörde erließ zunächst per

9.11.998 eine Strafverfügung, in welcher dem Jugendlichen der oben wiedergegebene Sachverhalt unter Verhängung einer Geldstrafe von S 400,-- zur Last gelegt wurde. In seinem rechtzeitig eingebrachten Einspruch bestritt A S die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens, da er sich zum Zeitpunkt seiner Ausweisleistung gegenüber den kontrollierenden Gendarmeriebeamten in einem Kleinbus sitzend und somit nicht an einem öffentlichen Ort befunden habe. Die belangte Behörde leitete daraufhin das ordentliche Verfahren ein und bestätigte schlussendlich nach Einvernahme des meldungslegenden Gendarmeriebeamten die seinerzeit verhängte Geldstrafe durch Erlassung des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses vom 18.3.1999.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich aus diesem Sachverhalt Folgendes:

Die erstinstanzliche Behörde ging bei der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Straferkenntnisses offensichtlich von den Regelungen des im Spruch zitierten Steiermärkischen Jugendschutzgesetzes, LGBl 63/1984 aus. Dieses Gesetz wurde jedoch durch das neue Steiermärkische Jugendschutzgesetz (in der Folge StJSchG) vom 7.7.1998 ersetzt, welches am 1.11.1998 in Kraft getreten ist. Die neue Regelung enthält im Sinne eines zeitgemäßen Jugendschutzes unter anderem wesentlich gelockerte Ausgangsbestimmungen für Jugendliche (§ 5), sowie insbesondere im Sinne einer Entkriminalisierung des Jugendschutzes eine weitgehende Zurückdrängung der Strafbestimmungen. So hätte sich der Berufungswerber, welcher am Tattag kurz vor der Vollendung des 17. Lebensjahrs stand, im Sinne der Bestimmung des § 5 StJSchG bis 02.00 Uhr und nicht lediglich bis 24.00 Uhr an einem allgemein zugänglichen Ort aufhalten dürfen. Da die Neuregelung am Tattag jedoch noch nicht in Kraft war, kann sie zu Gunsten des Berufungswerbers auch nicht berücksichtigt werden. Wohl aber hätte die Erstinstanz im Sinne des Günstigkeitsgebotes des § 1 Abs 2 VStG die Neuregelung der Strafbestimmung zu Gunsten des Jugendlichen berücksichtigten müssen, da das StJSchG zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bereits in Kraft war.

Die Bestimmung des § 17 StJSchG enthält folgende für den

vorliegenden Fall relevante Bestimmungen:

Abs 1

Jugendlichen, die gegen die Bestimmungen der §§ 5, 7, 8, 9, und 10 Abs 1 verstoßen, kann die Behörde den Auftrag zur Teilnahme an Beratungsgesprächen oder Gruppenarbeiten über die Zielsetzungen des Steiermärkischen Jugendschutzgesetzes bis zu einer Gesamtdauer von acht Stunden erteilen. Abs 2

Anstelle von Abs 1 kann die Behörde Jugendlichen, die eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs 1 begangen haben, wenn dies pädagogisch zweckmäßig ist, auch ermöglichen, soziale Leistungen, wie Mithilfe in der Jugend-, Alters- und Gesundheitspflege zu erbringen. Diese Leistungen können auch in Tierschutzeinrichtungen erbracht werden. Der Jugendliche und dessen gesetzlicher Vertreter müssen der Erbringung der sozialen Leistung zustimmen. Das Ausmaß der zu erbringenden sozialen Leistung darf insgesamt 24 Stunden und täglich sechs Stunden nicht übersteigen.

Abs 3

Art und Ausmaß dieses Auftrages und der sozialen Leistung sind mit Bescheid festzusetzen. Wird der Auftrag erfüllt oder die soziale Leistung vollständig erbracht, so ist von der Verhängung einer Strafe abzusehen und das Verfahren einzustellen. Wird der Auftrag nicht erfüllt oder die soziale Leistung nicht erbracht, so ist das Strafverfahren fortzusetzen.

Abs 5

Erscheint weder die Erteilung eines Auftrages gemäß Abs 1 noch die Erbringung einer sozialen Leistung gemäß Abs 2 wirkungsvoll oder haben der Jugendliche und der gesetzliche Vertreter der Erbringung der sozialen Leistung nicht zugestimmt, so ist der Jugendliche mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe darf nicht verhängt werden."

Aus dem Zusammenhalt dieser Regelungen und insbesondere den erläuternden Bemerkungen zum StJSchG folgt, dass mit dieser Neuregelung die Verhängung von Geldstrafen weitgehend zurückgedrängt werden sollte und nunmehr nur mehr als ultima ratio zulässig ist, wenn die Erteilung eines Auftrages im Sinne des Abs 1 leg cit oder einer sozialen Leistung im Sinne des Abs 2 leg cit nicht wirkungsvoll erscheint bzw. mangels Zustimmung des Jugendlichen nicht möglich ist. Die zitierte Bestimmung des § 17 steht bezeichnender Weise nur mehr unter dem Titel "Folgen für Jugendliche" (statt Strafen). Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark ist die Strafbehörde nach der nunmehr geltenden Rechtslage bei Vorliegen der Voraussetzungen (Zustimmung des Jugendlichen und seines Erziehungsberechtigten etc.) verpflichtet, Maßnahmen nach Abs 1 bzw. Abs 2 leg cit anzuordnen. Dies ist im Anlassfall offensichtlich deshalb unterblieben, da der zuständige Strafreferent übersah, dass auf den vorliegenden Fall hinsichtlich der Strafbestimmungen bereits die neue Rechtslage anzuwenden ist. Da der Berufungswerber die Ableistung eines Sozialdienstes ausdrücklich wünschte, absolut unbescholten ist und sohin aus dem Akteninhalt kein Hindernis erkennbar ist, weshalb nicht mit dem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden konnte, erging daher nunmehr im Berufungsverfahren ein an die Bezirkshauptmannschaft Feldbach und in weiterer Folge an den Magistrat Graz, Sozialamt, gerichtetes Schreiben, in welchem ersucht wurde, dem Berufungswerber Gelegenheit zur Ableistung eines sozialen Dienstes zu geben und darüber bis zum 30.10.1999 zu berichten. In Entsprechung dieses Schreibens wurde seitens des Magistrates Graz, Amt für Jugend und Familie, mit Schreiben vom 19.10.1999 unter Vorlage einer Bestätigung mitgeteilt, dass Herr A S seinen Sozialdienst im Ausmaß von drei Stunden beim Roten Kreuz, Bezirksstelle Graz-Stadt abgeleistet hat. Es war daher im Sinne der Bestimmung des § 17 Abs 3 Steiermärkisches Jugendschutzgesetz das bis dahin ausgesetzte Verwaltungsstrafverfahren bescheidmäßig einzustellen.

Schlagworte
Jugendschutzgesetz Strafen Maßnahmen Günstigkeitsprinzip Sozialdienst Einstellung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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