TE UVS Steiermark 2000/01/27 20.3-31/1999

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Veröffentlicht am 27.01.2000
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Spruch

Der Unabhaengige Verwaltungssenat fuer die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber ueber die Beschwerde der Firma A, Kraftfutterwerke und Muehlen Aktiengesellschaft in G, vertreten durch Mag. R R, wegen Ausuebung unmittelbarer verwaltungsbehoerdlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch den Bundesminister fuer Land- und Forstwirtschaft gemaeß Paragraphen 67 a Abs 1 Z 2 und 67 c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit Paragraph 16 Abs 2 Futtermittelgesetz 1993 (im Folgenden FMG 1993), wie folgt entschieden:

Die im Auftrag des Bundesministers fuer Land- und Forstwirtschaft ausgesprochene Betriebssperre der A Kraftfutterwerke und Muehlen Aktiengesellschaft in G, am 15. Juni 1999 fuer den Zeitraum von 13.10 Uhr bis 14.30 Uhr war rechtswidrig. Der Bundesminister fuer Land- und Frostwirtschaft hat der Beschwerdefuehrerin gemaeß Paragraph 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzforderung, UVS, BGBl. Nr. 855/1995 die Kosten des Verfahrens in der Hoehe von S 18.980,-- binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Text

I.1. In der Beschwerde vom 13. Juli 1999 wird Nachfolgendes vorgebracht:

1. Sachverhalt:

Der Bundesminister fuer Land- und Forstwirtschaft hat mit Faxschreiben vom 15.6.1999 den Landeshauptmann der Steiermark davon in Kenntnis gesetzt, daß

'Das BMLF beabsichtigt, die Fa. T (voruebergehend) zu sperren, weil in einigen Proben ueberhoehte Dioxinwerte gefunden wurden. Da 'das Amtsorgan des Bundesamtes derzeit Richtung G unterwegs sei', erging die Weisung

'sofort einen Amtstierarzt zur Fa. T zu schicken.'

Das genannte Schreiben wird dieser Beschwerde in Kopie als -

Anlage 1 -

beigelegt.

Daraufhin erging mit Faxschreiben vom selben Tage

nachstehende Weisung namens des Landeshauptmannes der Steiermark an den Magistrat der Stadt Graz:

'Bis zum Eintreffen eines Amtsorganes des Bundesamtes und Forschungszentrums fuer Landwirtschaft sollte sofort ein Amtstierarzt vom Magistrat Graz die Sperre der Futterauslieferung aussprechen und ueberwachen.'

Das genannte Schreiben wird dieser Beschwerde in Kopie als -

Anlage 2 -

angeschlossen.

Am 15.06.1999 um 13:10 Uhr erschien Oberveterinaerrat Dr. P F, Amtstierarzt vom Veterinaeramt des Magistrates Graz im Betrieb der A Kraftfutterwerke und Muehlen AG (im folgenden: 'A) und teilte dem Prokuristen Mag. H P im Beisein von Herrn C und Prokurist Dr. A Z mit, daß der gesamte Betrieb der A T sowie die Auslieferung der gesamten Produktpalette mit sofortiger Wirkung einer 'Sperre' unterliegt.

Die beiden oben erwaehnten Faxe lagen zum Zeitpunkt der 'Sperre' der A nicht vor, vielmehr gab Dr. F an, im Auftrag des Landeshauptmannes zu handeln und ausfuehrendes

behoerdliches Organ des Landeshauptmannes zu sein.

Auf Nachfrage nach der rechtlichen Grundlage des Einschreitens von Dr. F sowie der 'Sperre' des gesamten Betriebes und der Auslieferung der gesamten Produktpalette forderte dieser die Vertreter der A auf, Ruecksprache mit Hofrat Dr. K vom Amt der Steiermaerkischen Landesregierung zu halten, der detaillierte Auskunft geben koenne.

Prokurist Dr. A Z hielt daraufhin Ruecksprache mit Dr. K, der mitteilte, daß ihm eine Weisung des BMLF vorliege, nach der 'beabsichtigt' sei, 'die Firma T (voruebergehend) zu sperren'. Zur weiteren Vorgangsweise teilte Dr. K lediglich mit, daß alles Weitere mit Ing. G vom Bundesamt und Forschungszentrum fuer Landwirtschaft (im folgenden: 'BFL') zu besprechen sei. Aufgrund dieser Informationen hielt Prokurist Dr. Z weitere Ruecksprache mit Univ.Doz. Dr. W vom BFL und Dr. B vom BMLF hinsichtlich der Hintergruende der von Dr. F verhaengten Sperre. Dabei ergab sich, daß zu diesem Zeitpunkt im BMLF davon ausgegangen wurde, daß keine Gesundheitsgefaehrdung von den Produkten der A hervorgehe.

Am 15.06.1999 um 14:30 Uhr erschien Ing. G vom BFL und teilte den drei oben angefuehrten Vertretern der A und OVR Dr. F mit, daß 'die Betriebssperre aufgehoben ist'. Diese Mitteilung erfolgte, nachdem Ing. G mit Dr. B telefonisch Ruecksprache gehalten hatte und Dr. B ihm, den Mitteilungen Ing. G zufolge, diese Anweisungen gegeben hatte. Nach Mitteilung der Aufhebung der Betriebssperre bat Dr. F Ing. G den Leiter des Veterinaeramtes des Magistrates Graz, Senatsrat Dr. J L, zu kontaktieren und ihn davon in Kenntnis zu setzen, daß 'die generelle Sperre des Betriebs der A aufgehoben ist'. Diesem Ersuchen kam Ing. G nach.

Um 16:41 Uhr desselben Tages erreichte die A von Seiten des BMLF eine gemeinsame Pressemitteilung des BKA und des BMLF mit dem Titel 'Futtermittelbetrieb wegen Verdachts auf erhoehte Dioxin-Werte gesperrt'. Diese Pressemitteilung wird der Beschwerde als - Anlage 3 - beigelegt.

Um 17:30 Uhr desselben Tages teilten Doz. Dr. W vom BFL und Dr. B vom BMLF Dr. Z von A telefonisch mit, daß 'T derzeit nicht ausliefern duerfe'.

Um 18:51 Uhr desselben Tages erreichte die A ein Fax vom BMLF/Sektion 1, unterzeichnet von Dr. B, in dem mitgeteilt wurde,

'daß die Futterproduktion sowie die Futterauslieferung der Firma A T nicht generell gesperrt sind. Allfaellige anders lautende Verfuegungen durch amtliche Organe der Futtermittelkontrollbehoerden in Einzelfaellen bleiben davon jedoch unberuehrt.'

Diesem Schreiben beigelegt war eine Weisung vom selben Tag an die Kontrollbehoerden gemaeß dem Futtermittelgesetz, das Bundesamt und Forschungszentrum fuer Landwirtschaft in Wien und das Bundesamt fuer Agrarbiologie in Linz, mit dem Betreff 'Dioxinuntersuchungen in Futtermitteln'.

Das Schreiben des BMLF vom 15.06.1999, GZ,

12.200/18-IA2/99, sowie die obgenannte Weisung an die Futtermittelkontrollbehoerden werden dieser Beschwerde als - Anlagen 4 und 5 - beigelegt.

In der 'Zeit im Bild' um 22 Uhr am selben Tag sprach der Bundesminister fuer Land- und Forstwirtschaft, Mag. M, jedoch noch immer und fuer die weite OEffentlichkeit wahrnehmbar von einer Sperre des Betriebes.

Als Zeugen fuer die obigen Ausfuehrungen werden

- Prokurist Mag. H P,

p. A. A Kraftfutterwerke und Muehlen AG -

- C C,

p. A. A Kraftfutterwerke und Muehlen AG -

- Prokurist Dr. A Z,

p. A. A Kraftfutterwerke und Muehlen AG -

benannt.

2. Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes, des den Verwaltungsakt setzenden Organs sowie der belangten Behoerde:

2.1. Angefochten wird die gaenzliche Schließung des Betriebes der A sowie die Stillegung der Anlagen der A sowie die das Inverkehrbringen der Futtermittel hindernden Maßnahmen, die allesamt am 15.06.1999 in der Zeit zwischen 13:10 Uhr und 14:30 Uhr bzw. 18:51 Uhr gesetzt wurden.

2.2. Das diese angefochtenen Verwaltungsakte setzende Organ war Oberveterinaerrat Dr. P F, Amtstierarzt, vom Veterinaeramt des Magistrates Graz.

2.3. Belangte Behoerde ist der Landeshauptmann des Landes Steiermark als zustaendige Behoerde gemaeß Paragraph 16 Abs. 2 Futtermittelgesetz 1993 (hinfort 'FMG 1993')1.

3. Beschwerdelegitimation:

3.1. Die Schließung des Betriebes der A sowie die anderen unter

2.1. angefuehrten angefochtenen Verwaltungsakte wurden am 15.06.1999 gesetzt. Die sechswoechige Beschwerdefrist ist daher jedenfalls gewahrt.

3.2. Die Beschwerdelegitimation ergibt sich daraus, daß die A durch Ausuebung unmittelbarer verwaltungsbehoerdlicher Befehls- und Zwangsgewalt in verfassungsgesetzlich gewaehrleisteten Rechten verletzt wurde, sowie aus der Rechtswidrigkeit der gegenueber der A gesetzten Akte.

4. Beschwerdegruende:

4.1.Die angefochtene Stillegung erfolgte in Anwendung des Paragraphen 16 Abs. 2 FMG 1993.

1 Bundesgesetz ueber die Erzeugung von und den Verkehr mit Futtermitteln (Futtermittelgesetz- FMG 1993), BGBl. Nr. 905/1993.

Die genannte Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

'Paragraph 16 (1)

(2) In Faellen drohender Gefahr fuer die Gesundheit von Menschen und Tieren, die durch Außerachtlassung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes, einer auf ihm basierenden Verordnung oder von behoerdlichen Verfuegungen verursacht worden ist, hat der Landeshauptmann dem Ausmaß der Gefaehrdung entsprechend durch Bescheid die gaenzliche oder teilweise Schließung eines Betriebes, die Stillegung von Anlagen oder sonstige das Inverkehrbringen von Futtermitteln, Zusatzstoffen und Vormischungen hindernde Maßnahmen anzuordnen. Besteht Grund zur Annahme, daß zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so duerfen nach Verstaendigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentuemers der Anlage oder, wenn eine Verstaendigung dieser Person nicht moeglich ist, einer Person, die tatsaechlich die Betriebsfuehrung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle getroffen werden;' Nur bei kumulativem Vorliegen von

a) einer drohenden Gefahr fuer die Gesundheit von Menschen und Tieren, die durch

b) Außerachtlassung der Vorschriften des FMG 1993, einer auf ihr basierenden Verordnung oder von behoerdlichen Verfuegungen verursacht worden ist,

sind Maßnahmen entsprechend dem Ausmaß der Gefaehrdung, wobei diese Maßnahmen die Stillegung von Anlagen, sonstige das Inverkehrbringen von Futtermitteln hindernde Maßnahmen oder auch (in Extremfaellen) die gaenzliche oder teilweise Schließung eines Betriebes sein koennen, gemaeß Paragraph 16 Abs. 2 FMG 1993 gesetzeskonform.

Schon die erste Voraussetzung ist nie vorgelegen.

4.2. Zu keiner Zeit ist von einer drohenden Gefahr fuer Gesundheit von Menschen und Tieren ausgegangen worden. Eine drohende Gefahr fuer die Gesundheit von Menschen und Tieren wurde seitens der belangten Behoerde sowie des BMLF nie behauptet. In der Pressemitteilung vom 15.06.1999, Anlage 3, wird festgehalten, daß

Schon die erste Voraussetzung ist nie vorgelegen.

4.2. Zu keiner Zeit ist von einer drohenden Gefahr fuer Gesundheit von Menschen und Tieren ausgegangen worden. Eine drohende Gefahr fuer die Gesundheit von Menschen und Tieren wurde seitens der belangten Behoerde sowie des BMLF nie behauptet. In der Pressemitteilung vom 15.06.1999, Anlage 3, wird festgehalten, daß

'nach Auskunft von anerkannten Toxikologen bei diesen Werten bei mit diesen Futtermitteln produzierten Lebensmitteln keine Gesundheitsgefaehrdung' vorliege.

Dies ergibt sich weiters aus der 'Gemeinsamen Erklaerung der Bundesministerin fuer Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und des Bundesministers fuer Land- und Forstwirtschaft' vom 16.06.1999, in der folgendes festgehalten wird:

'Die Ergebnisse dieser Untersuchungen haben ergeben, daß die Dioxinwerte im allgemeinen im Bereich der ueblichen Hintergrundkonzentrationen liegen und lediglich im einigen Ausnahmefaellen erhoehte Konzentrationen vorgefunden wurden. Die festgestellten Gehalte bewegen sich jedoch jedenfalls - umgerechnet auf das tierische Erzeugnis - unter Zugrundelegung der Empfehlungen der WHO (240 pg I-TEQ/Erwachsener) unter jenem Wert, ab dem eine Gesundheitsgefaehrdung angenommen werden kann.

Aufgrund der getroffenen Maßnahmen und der bisher vorliegenden Ergebnisse ist davon auszugehen, daß oesterreichische Waren keine ueberhoehte Dioxinkontamination aufweisen.'

Das genannte Dokument wird dieser Beschwerde in Kopie als - Anlage 6 - angeschlossen.

Auch wenn man davon ausgeht, daß in der Pressemitteilung nur von menschlicher Gesundheit die Rede ist, die tierische Gesundheit also unter Umstaenden gefaehrdet gewesen worden waere, so ist dennoch die oben angefuehrte erste Voraussetzung (a) nicht erfuellt, denn nach dem Wortlaut dieser Bestimmung muß eine Gefahr sowohl fuer die menschliche als auch fuer die tierische Gesundheit vorliegen. Dies ist aufgrund der Schwere der in Paragraph 16 Abs. 2 FMG 1999 angedrohten Sanktionen einleuchtend und auch innerhalb der Systematik des FMG 1993 verstaendlich. Bei Gefaehrdung von der menschlichen oder von der tierischen Gesundheit kommen Paragraph 26 Abs. 1 iVm Paragraph 3 Abs. 2 FMG 1993 zur Anwendung, die diesfalls eine Beschlagnahme der inkriminierten Futtermittel anordnen, aber keine so weitgehenden Sanktionen wie eine teilweise oder gaenzliche Schließung eines Betriebes.

Somit fehlt es an der Voraussetzung einer drohenden Gefahr fuer die Gesundheit von Menschen und Tieren.

4.3. Auch wenn man von einer Gesundheitsgefaehrdung ausgehen sollte (was im vorliegenden Fall ausdruecklich verneint wird), waere der gesetzte Verwaltungsakt dennoch rechtswidrig, da die Gesundheitsgefaehrdung 'drohend' sein muß. Drohend kann aber nur bedeuten, daß sich die Gefahr, sollten keine Schritte zur Abwehr unternommen werden, verwirklicht haette. Fuer ein Vorgehen wie im vorliegenden Fall muß die Gefahr noch zusaetzlich besonders akut sein. Eine drohende Gefahr laeßt sich jedoch nicht feststellen. Die Futtermittel der A wurden vor dem Tag der Betriebssperre in der selben Form wie am Tag der Betriebssperre hergestellt, vertrieben und verkauft. In der Vergangenheit hat sich dadurch keine Gefahr fuer die Gesundheit ergeben. Unmittelbar vor der Betriebsschließung wurden keine Handlungen gesetzt und wurden auch keine Tatsachen bekannt, die auf eine unmittelbar drohende Gesundheitsgefahr hingewiesen haetten. Anders ausgedrueckt, waere der Betrieb nicht stillgelegt worden, haette sich genauso wenig eine Gesundheitsgefaehrdung ergeben.

4.4.Weiters muß diese drohende Gefahr gemaeß FMG 1993 durch eine Außerachtlassung der Vorschriften des Futtermittelgesetzes, einer auf ihm basierenden Verordnung oder von behoerdlichen Verfuegungen verursacht worden sein. Auch dies ist im vorliegenden Fall nicht der Fall. Ganz im Gegenteil, nach Bekanntwerden der belgischen Dioxinaffaere hat A noch vor jeglichem Einschreiten einer Behoerde von sich aus am 09.06.1999 zwei Futterproben zur Dioxinuntersuchung an das Umweltbundesamt weitergeleitet. Dessen ungeachtet ist aber festzuhalten, daß weder das Futtermittelgesetz, noch eine auf ihm basierende Verordnung eine Hoechstgrenze fuer Dioxin in Mischfuttermitteln vorschreibt.

Dies ist auch nachvollziehbar, da weder

a) in der Wissenschaft und Praxis allgemein anerkannte Grenzwerte, ab denen jedenfalls vom Vorliegen einer nachteiligen Beeinflussung der Qualitaet der von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse bestehen, noch

b) in der Wissenschaft und Praxis allgemein anerkannte Methoden zur Feststellung und zum Nachweis des Einflusses von Inhaltsstoffen des Futtermittels - hier Dioxin - auf die Qualitaet der

von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse bestehen.

Vielmehr ist in Praxis und Lehre aeußerst umstritten, ab welchem Dioxin-Inhaltsgehalt die von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse gesundheitsgefaehrdend anzusehen sind und auch hinsichtlich der Frage der insoweit zur Anwendung zu bringenden Methoden herrscht keine Einhelligkeit in Praxis und Lehre.

Daher gibt es in OEsterreich, sowie in ganz Europa und in den Vereinigten Staaten keinen offiziellen Dioxingrenzwert fuer Mischfuttermittel. Es gibt nur einen Dioxingrenzwert fuer ein Einzelfuttermittel, naemlich Zitrustrester. Es kann also nicht die Rede davon sein, daß A die Vorschriften des Futtermittelgesetzes oder einer auf ihm basierenden Verordnung außer Acht gelassen hat. A hat sich auch stets im Einklang mit dem Gesetz und auch mit allen Vorgaben des zur Vollziehung betrauten Bundesministeriums fuer Land- und Forstwirtschaft verhalten, weswegen auch keine behoerdliche Verfuegung mißachtet wurde. Vor allem wird darauf hingewiesen, daß es bis zum Tag der Betriebssperre nicht einmal ein BMLF-internen Grenzwert fuer den hoechstzulaessigen Dioxingehalt in Futtermitteln gab. Als Zeuge fuer die obige Ausfuehrung wird die Einvernahme von Dipl.-Ing. Dr. A Z,

Leiter der Futtermittelforschung der A,

G

beantragt.

4.5.Gemaeß Paragraph 16 Abs. 2 FMG 1993 ist dem Ausmaß der Gefaehrdung entsprechend das Inverkehrbringen hindernde Maßnahmen, die Stillegung von Anlagen oder die gaenzliche oder teilweise Schließung des Betriebes durch Bescheid des Landeshauptmannes anzuordnen.

Nur wenn Grund zur Annahme besteht, daß zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, koennen solche Maßnahmen, unter gewissen Voraussetzungen, auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle getroffen werden. Im gegenstaendlichen Fall ist die Schließung des Betriebes ohne vorangegangenes Verfahren bzw. ohne Bescheid des Landeshauptmannes erfolgt. Voraussetzung fuer die Schließung des Betriebes ohne vorheriges Verfahren und ohne Bescheiderlassung waere gewesen, daß Grund zur Annahme bestanden haette, daß zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind. Da, wie oben ausgefuehrt, keine Faelle drohender Gefahr fuer die Gesundheit von Menschen und Tieren vorgelegen sind, war die Schließung des Betriebes als Sofortmaßnahme nicht gerechtfertigt.

Wenn jedoch Grund zur Annahme besteht, daß zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind (was jedoch ausdruecklich verneint wird), ist auf jeden Fall zu pruefen, welche der in Paragraph 16 Abs. 2 angefuehrten Maßnahmen die geeignetste ist und - im gegenstaendlichen Fall - vor allem, ob die gaenzliche Schließung des Betriebes nicht unverhaeltnismaeßig ist und daher im Gegensatz zum Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art. 5 StGG) steht.

Art. 5 StGG lautet:

'Artikel 5. Das Eigentum ist unverletztlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentuemers kann nur in den Faellen und in der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmt.'

Das Eigentumsrecht und somit den Schutz des Art. 5 StGG genießt jedes vermoegenswerte Privatrecht. Der erste Satz des Art. 5 StGG gilt auch fuer Eigentumsbeschraenkungen, auf die sich allerdings auch der im zweiten Satz des zitierten Artikels festgelegte Gesetzesvorbehalt erstreckt (VfSIg. 9189/1981, 9989/1984, 10.981/986, 12.100/1989; 12.227/1989 u.v.a.). Der Gesetzgeber kann daher verfassungsrechtlich einwandfreie Eigentumsbeschraenkungen nur verfuegen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unverletzlichkeit des Eigentums beruehrt oder in anderer Weise gegen einen ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstoeßt, und soweit die Eigentumsbeschraenkung im oeffentlichen Interesse liegt und nicht unverhaeltnismaeßig ist. Voraussetzung fuer die Eigentumsbeschraenkung ist somit, daß diese im oeffentlichen Interesse liegt und kumulativ nicht unverhaeltnismaeßig ist (VfSlg 13.587/1993, 13.659/1993, 13.964/1994).

Gesetzliche Eigentumsbeschraenkungen sind im Lichte dieses Grundsatzes auszulegen und darauf gestuetzte Anordnungen nur zulaessig, soweit sie den Eigentuemer mit Ruecksicht auf ihr Schwere einerseits und den aus dem Eigentum gezogenen Nutzen andererseits nicht unverhaeltnismaeßig treffen und sie daher wirtschaftlich nicht unzumutbar sind (VfGH 14.10.1993, B 1633/92). Der EGMR prueft Eigentumseingriffe auf eine 'vernuenftige Verhaeltnismaeßigkeitsbeziehung zwischen den eingesetzten Mitteln und dem angestrebten Ziel' (EGMR, Fall Jacobsson, OEJZ, 1990, 246; Fall Fredin, OEJZ, 1991, 415). Es stellt sich daher die Frage, ob im gegenstaendlichen Fall das angewandte Mittel zur Verfolgung des Zieles tauglich war, weiters ob es unter allen geeigneten Mitteln, die von der Behoerde haetten ergriffen werden koennen, das 'mildeste' war, das heißt jenes, das die Grundrechtsposition am wenigsten einschraenkt. Außerdem ist zu fragen, ob eine Gueterabwaegung zwischen den oeffentlichen Interesse und dem Verfassungsrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums stattgefunden hat.

Im gegenstaendlichen Fall war das angewendete Mittel die gaenzliche Schließung des Betriebes. Die gaenzliche Schließung des Betriebes war zur Verfolgung des angestrebten Zieles, naemlich des Schutzes der Gesundheit von Menschen und Tieren vor drohender Gefahr (die in diesem Fall nicht vorgelegen ist) zwar abstrakt geeignet, das gewaehlte Mittel war jedoch nicht jenes, das die Grundrechtsposition am wenigsten eingeschraenkt hat, somit das 'mildeste'. Saemtliche anderen in Paragraph 16 Abs. 2 FMG 1993 angefuehrten Maßnahmen haetten ebenfalls zur Gefahrenabwehr gereicht. Um einen ausreichenden Schutz fuer die Gesundheit von Menschen und Tieren vor der drohenden Gefahr zu gewaehrleisten, waere es im gegenstaendlichen Fall in jeder Hinsicht ausreichend gewesen, zum Beispiel nur jene Futtermittel aus dem Verkehr zu ziehen, die eine solche Gesundheitsgefaehrdung bewirkt haetten. Die gaenzliche Schließung eines ganzen Betriebes steht zum oeffentlichen Interesse in keiner akzeptablen Relation. Die verhaengte 'Sperre' war daher ueberschießend. Die wirtschaftlichen Folgeschaeden bedingt durch die im Sachverhalt angefuehrten Ablaeufe sind nicht absehbar.

Durch die rechtswidrige Amtshandlung wurde in das verfassungsgesetzlich gewaehrleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums eingegriffen. Außerdem wurde die A durch die Amtshandlung in ihrem Recht, nicht entgegen den Bestimmungen des Paragraphen 16 Abs. 2 FMG 1993 in ihrem Betrieb eingeschraenkt zu werden, verletzt."

Die in der Beschwerde angefuehrten "Anlagen" wurden vorgelegt. Die Beschwerdefuehrerin beantragte "die am 15.6.1999 im Werk G, (wohl gemeint G,) der A und Muehlen Aktiengesellschaft gemaeß Paragraph 16 Abs 2 FMG 1993 verhaengten Maßnahmen fuer rechtswidrig zu erklaeren" und ihr die entsprechenden Kosten in der Hoehe von S zuzusprechen.

2. Der Bundesminister fuer Land- und Forstwirtschaft gab am 23. August 1999 nachfolgende Stellungnahme ab:

1. Ausgangslage:

Mit RL 98/60/EG vom 24.07.1998 zur AEnderung der RL 74/63/EWG des Rates ueber die Festlegung von Hoechstgehalten an unerwuenschten Stoffen und Erzeugnissen in Futtermitteln hat die Kommission (erstmals) einen Grenzwert fuer Dioxin - und zwar bei Zitruspellets - festgelegt (500 pg I-TEQ/kg).

Bei Zitruspellets mit Ursprung in oder Herkunft aus Brasilien waren naemlich stark ueberhoehte Dioxingehalte festgestellt worden, bei denen eine Gefahr fuer die menschliche Gesundheit nicht auszuschließen war.

Am 27. Mai 1999 unterrichteten die belgischen Behoerden die Europaeische Kommission ueber einen Fall schwerer

Kontamination von Mischfuttermitteln mit Dioxinen (Ursache dafuer waren hohe Dioxingehalte in Futterfetten). Bereits am 3. Juni 1999 erging die Entscheidung der Kommission

(1999/363/EG), mit welcher Belgien das Inverkehrbringen und die Ausfuhr von Gefluegel, Gefluegelfleisch, Eiern, Fetten und Rohstoffen fuer die Herstellung von Futtermitteln untersagt wurde. In den folgenden Tagen wurden die Maßnahmen durch weitere Entscheidungen der Kommission auf Rinder und Schweine und daraus hergestellte Erzeugnisse ausgedehnt. Die Mitgliedstaaten wurden u.a. verpflichtet, Futtermittel belgischen Ursprungs rueckzuverfolgen und diese im Falle einer Kontamination unschaedlich zu beseitigen. Insgesamt setzte die Europaeische Kommission im Juni 1999 durch 5 Entscheidungen (1999/363/EG; 1999/368/EG; 1999/389/EG; 1999/390/EG; 1999/419/EG) Schutzmaßnahmen fuer Lebens- und Futtermittel, was die Dringlichkeit der zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher getroffenen Maßnahmen belegt.

Aufgrund dieser Vorfaelle wurden in OEsterreich durch die Futtermittelkontrolle verstaerkt Untersuchungen auf Dioxine in Futtermitteln vorgenommen.

Die Kommission hat im Zuge dieser Vorfaelle einen Vorschlag fuer eine AEnderung der RL ueber unerwuenschte Stoffe und Erzeugnisse vorgelegt, in dem ein allgemeiner Grenzwert fuer Dioxin in Mischfuttermitteln von 1000 pg/kg (im Hinblick auf die Ereignisse in Belgien derzeit allerdings nur fuer fetthaltige Erzeugnisse) bzw. 2000 pg/kg fuer Fischerzeugnisse vorgeschlagen wird. Wie von der Kommission informell bekanntgegeben wurde, sollte dieser Vorschlag auf Futtermittel allgemein ausgedehnt (mit einem moeglicherweise vorgeschlagenen Grenzwert von 500 pg/kg) und im September vorgelegt werden.

Unerwuenschte Stoffe sind nach der Diktion der futtermittelrechtlichen Bestimmungen solche, die in Futtermittel zwar enthalten sein koennen, sich auf die tierische oder menschliche Gesundheit jedoch nachteilig auswirken koennen. Nach dem System der RL 74/63/EWG sind

-

in Anhang I jene Grenzwerte festgelegt, die in Futtermitteln keineswegs ueberschritten werden duerfen,

-

in Anhang II jene Grenzwerte festgelegt, bis zu denen unter bestimmten, kontrollierten Voraussetzungen eine 'Verduennung' moeglich sein sollte, um die in Anhang I angefuehrten Grenzwerte zu erreichen.

Aufgrund der Gefaehrlichkeit von Dioxin wurde bei Zitruspellets in beiden Anhaengen der gleiche Grenzwert (500 pg/kg) festgelegt, was letztendlich bedeutet, daß eine Verduennung von Futtermittel-Ausgangserzeugnissen, die mit Dioxin kontaminiert sind, nicht moeglich sein sollte.

Zum Fehlen eines allgemeinen Grenzwertes fuehrt die Kommission in ihrer Entscheidung vom 3. Juni 1999

(1999/363/EG) folgendes aus:

'In Anbetracht der bislang vorliegenden toxikologischen und epidemiologischen Erkenntnisse hat die Internationale Agentur fuer die Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) TCDD als Karzinogen der Klasse 1 (hoechste Stufe der IARC-Klassifikation) eingestuft. Die WHO empfiehlt, daß bei Dioxinen eine Tageshoechstdosis von 1-4 pg/kg Koerpergewicht/Tag nicht ueberschritten werden sollte. Fuer einzelne Grundnahrungsmittel und Lebensmittel wurden keine Hoechstwerte fuer Dioxinkontamination festgesetzt. Es liegen Angaben ueber Hintergrundwerte der Kontamination vor. Da es auf internationaler, gemeinschaftlicher oder einzelstaatlicher Ebene keine Hoechstwerte fuer Dioxine gibt, sollten die Behoerden sich auf die Angaben ueber Hintergrundwerte stuetzen.'

Nach Auffassung der Europaeischen Kommission sind daher Maßnahmen wie Ausfuhrverbote, Beschlagnahmen und

unschaedliche Beseitigungen trotz Fehlen allgemeiner Grenzwerte aufgrund der krebserregenden Eigenschaften von Dioxin gerechtfertigt.

 2. Untersuchungen in OEsterreich:

Aufgrund der Vorkommnisse in Belgien wurden in OEsterreich durch die Futtermittelkontrolle verstaerkt Untersuchungen auf Dioxin in Futtermitteln vorgenommen.

Erste Untersuchungsergebnisse (21 Proben, davon 4 von Produkten der Firmengruppe A), die am 14.06.1999 vom Bundesamt und Forschungszentrum fuer Landwirtschaft bzw. vom Bundesamt fuer Agrarbiologie vorgelegt wurden, wiesen signifikant auf die Firmengruppe A hin, wobei alle untersuchten Proben dieser Firmengruppe wesentlich erhoehte Werte aufwiesen (siehe dazu Aufstellung unter Pkt. 7):

T 4112 Alleinfutter-Masthuehner 4800 pg/kg

T 4330 Alleinfutter-Legehennen 2250 pg/kg (Marchtrenk/OOE)

T 5253 Alleinfutter-Ferkel 5900 pg/kg

T 5220 Alleinfutter-Ferkel 1720 pg/kg (Konrad/Burgenland)

Die Ergebnisse der anderen Untersuchungen haben - mit einer Ausnahme (Alleinfutter-Forellen) - ergeben, daß die Dioxinwerte im allgemeinen im Bereich der ueblichen Hintergrundkonzentrationen liegen (d.h. im allgemeinen unter dem von der Kommission festgelegten Hoechstwert von 500 pg/kg). Da bereits im November 1998 anlaeßlich von routinemaeßigen Untersuchungen nur bei einer einzigen Firma - naemlich A - in einem Futtermittel erhoehte Dioxinwerte vorgefunden wurden (Ergaenzungsfutter-Milchkuehe mit einem Dioxingehalt von ca. 1600 pg/kg) - damals noch als Einzelfall behandelt (ein vom Bundesamt und Forschungszentrum fuer Landwirtschaft eingeleitetes Strafverfahren war von der Bezirksverwaltungsbehoerde aus formalen Gruenden eingestellt worden; die Firma A wurde dennoch aufgefordert, eine intensive Ursachenforschung zu betreiben) -, bestanden nunmehr konkrete Anhaltspunkte, daß erhoehte Dioxingehalte ein spezifisches Problem der Firmengruppe A darstellten (was sich - wie den weiteren Ausfuehrungen zu entnehmen ist - auch bestaetigte). Wie sich spaeter im Zuge von weiteren Ermittlungen (Analysen der von der Firmengruppe A in Mischfuttermitteln verwendeten Bestandteile bzw. Vergleich der Rezepturen) herausstellte, ist das Problem durch Verwendung eines bestimmten Zusatzstoffs (Kaolinit-Ton), der praktisch in allen Produkten (als Traegerstoff fuer Vormischungen) in Anteilen von 0,1 bis ueber 1 % eingesetzt wurde, verursacht worden.

Nach erster Ruecksprache mit dem Bundeskanzleramt (Sektion VI/Verbraucherschutz) wurden die Bundesaemter noch am gleichen Tag (14.06.1999) angewiesen, die betroffenen Futtermittel zu beschlagnahmen und die Lieferkanaele zu verfolgen, und zwar 'prioritaer bei Futtermitteln mit deutlich ueberhoehten Werten ab ca. 1000 pg/kg'. Diese Weisung wurde am naechsten Tag dahingehend praezisiert, daß u.a. die betroffenen Futtermittel-Chargen mit ueberhoehten Dioxinwerten ab ca. 1000 pg/kg und jene Produkte mit derselben oder aehnlicher Rezeptur zu beschlagnahmen sind.

Nachdem weiters davon auszugehen war, daß es sich um ein betriebsspezifisches Problem der Firmengruppe A handelt und bisher alle untersuchten Proben dieser Firmengruppe einen ueberhoehten Dioxinwert aufwiesen, wurde der Geschaeftsleiter der Firma A im Werk G am 15.06.1999 telefonisch von der Situation unterrichtet und ersucht, die Auslieferung aller Futtermittel bis auf weiteres zu einzustellen, weil keine abschließende Beurteilung vorlag und auch noch der EG-Hoechstwert von 500 pg/kg zur Diskussion stand. Diesem Ersuchen - bis auf weiteres die Auslieferung einzustellen - duerfte die Firma A auch nachgekommen sein, sodaß spaetere

Handlungen der Veterinaerdirektion letztendlich nichts weiter als eine Fortschreibung der faktisch bestehenden Situation darstellten.

Zu diesem Zeitpunkt war seitens des BMLF beabsichtigt, ein Kontrollorgan des Bundesamtes und Forschungszentrums fuer Landwirtschaft (BFL), das gerade in H kontrollierte, zur Firma A nach G zu schicken und alle Futtermittel zu beschlagnahmen. Das Kontrollorgan war jedoch kurzfristig telefonisch nicht erreichbar. Es wurde daher die Veterinaerdirektion ersucht, bis zum Eintreffen des Kontrollorgans des BFL einen Amtstierarzt in das Werk G zu schicken. Das Kontrollorgan des Bundesamtes und Forschungszentrums fuer Landwirtschaft traf um ca. 14.15 Uhr im Werk G ein.

Mittlerweile wurde vom Bundeskanzleramt bekanntgegeben, daß die vorgefundenen Werte - umgerechnet auf die taegliche Aufnahme von Erzeugnissen von Tieren, die mit derartig kontaminierten Futtermitteln gefuettert worden sind, und die tolerierbare Gesamtaufnahme nach WHO - eine unmittelbare Gefahr fuer die menschliche Gesundheit zwar nicht erwarten lassen, aber weiterhin von einer Qualitaetsbeeintraechtigung bei den von Nutztieren gewonnenen Erzeugnissen auszugehen war. Das Kontrollorgan wurde nach dessen Eintreffen um 14.15 Uhr daher angewiesen, bis auf weiteres zunaechst aufgrund der Vordringlichkeit die beiden im Werk befindlichen Produkte T 5253 und T 4112 zu beschlagnahmen, und zwar im Hinblick auf den Vorsorgewert von 1000 pg/kg (begruendeter Verdacht einer Beeintraechtigung der Qualitaet der von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse im Sinne des Paragraphen 3 des Futtermittelgesetzes 1993).

Der Firma A wurde auf ihren Wunsch daraufhin noch am gleichen Tag bestaetigt, daß die Futterproduktion und die Futterauslieferung nicht generell gesperrt sind, allfaellige anderslautende Verfuegungen - naemlich die o.a. Beschlagnahmen - durch amtliche Organe der Futtermittelkontrollbehoerden hievon jedoch unberuehrt bleiben. Nicht zuletzt deshalb, weil von der Firma A sofortige Produktionsumstellungen (Nichtverwendung von Aspirationsstaeuben als moegliche Ursache der Dioxinkontamination) zugesagt wurden und von der Kontrollbehoerde eine laufende UEberpruefung (Anordnung und Durchfuehrung weiterer Kontrollen) vorgesehen war, konnte an diesem Tag von weitergehenden Maßnahmen abgesehen werden.

 3. Weitere Maßnahmen:

Am 16.06.1999 wurde vom Bundeskanzleramt aufgrund aktuellster Berechnungen bekanntgegeben, daß ein Vorsorgewert von 2000 pg/kg im Hinblick auf eine moegliche Qualitaetsminderung anzusetzen sei. Der Wert von 2000 pg/kg wurde im Rahmen einer Expertenrunde hochrangiger Wissenschaftler, die vom Bundeskanzleramt in Abstimmung mit dem BMLF einberufen wurde, als Vorsorgeaktionswert am 18.06.1999 bestaetigt. Fuer Fischfutter wurde anlaeßlich dieser Expertenrunde ein Vorsorgeaktionswert von 4000 pg/kg festgelegt. Fuer alle Werte sollte zusaetzlich noch eine Beruecksichtigung der Analysenstreuung in der Hoehe von 20 % gelten (d.h. eine UEberschreitung ist erst dann gegeben, wenn der gefundene Wert 20 % ueber dem Vorsorgeaktionswert liegt).

In weiterer Folge wurden die Bundesaemter angewiesen, daß Produkte ab einem Wert von 2000 pg/kg (ab 18.06.1999 4000 pg/kg bei Fischfutter, und allgemeine Toleranz von 20 %) zu beschlagnahmen sind. Im einzelnen wurden von der o.a. Expertengruppe - ausgehend von der Risikobewertung von Dioxinen durch die WHO - die folgenden Vorsorgeaktionswerte fuer Futtermittel vorgeschlagen:

Alleinfutter fuer Schweine, Gefluegel 2000 pg 1-TEQ/kg

Ergaenzungsfutter fuer Rinder 2000 pg 1-TEQ/kg

Alleinfutter fuer Fische 4000 pg 1-TEQ/kg

Fuer Lebensmittel wurden folgende Eingriffswerte vorgeschlagen:

Schweinefleisch 2 pg TEQ (WHO)/g Fett

Gefluegelfleisch 5 pg TEQ (WHO)/g Fett

Rindfleisch 6 pg TEQ (WHO)/g Fett

Milch 3 pg TEQ (WHO)/g Fett

Eier 5 pg TEO (WHO)/g Fett

Unterhalb dieser Werte ist, nach dem derzeitigen Stand des Wissens, keine Beeintraechtigung der menschlichen Gesundheit anzunehmen.

Bei UEberschreitung der vorgeschlagenen Eingriffswerte ist das Lebensmittel nach Kapitel A 3 Abs. 28 des oesterreichischen Lebensmittelbuches als verdorben zu beurteilen.

 4. Zur Sachverhaltsdarstellung der Firma A:

Zunaechst kann bestaetigt werden, daß der Bundesminister fuer Land- und Forstwirtschaft mit Fax vom 15.06.1999 (12.42 Uhr) den Landeshauptmann der Steiermark (Veterinaerdirektion) davon in Kenntnis gesetzt hat, daß das Bundesministerium fuer Land- und Forstwirtschaft beabsichtigte, die Firma A (voruebergehend) zu sperren, weil in einigen Proben ueberhoehte Dioxinwerte gefunden wurden und - da das Amtsorgan des Bundesamtes zu der Zeit in H kontrollierte - die Veterinaerdirektion ersucht werde, sofort einen Amtstierarzt zur Firma A zu schicken.

Dieses Faxschreiben erfolgte unter Bestaetigung des Telefonats mit der Veterinaerdirektion. Wie bereits dargestellt, war zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt, die Auslieferung der Firma A durch Beschlagnahme saemtlicher Produkte zu sperren, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht davon auszugehen war, daß trotz der ueberhoehten Werte keine Gesundheitsgefaehrdung gegeben sei. Aufgrund der zwischenzeitlich eingelangten Stellungnahme des Bundeskanzleramtes wurde das mittlerweile beim Werk G eingelangte Kontrollorgan des Bundesamts und Forschungszentrums fuer Landwirtschaft (vorlaeufig) angewiesen, bis auf weiteres zunaechst aufgrund der Vordringlichkeit die beiden angesprochenen Produkte (und nicht die gesamte Produktpalette, was einer Auslieferungssperre gleichgekommen waere) zu beschlagnahmen.

In diesem Zusammenhang informierte das Bundesministerium fuer Land- und Forstwirtschaft und das Bundeskanzleramt in einer Pressemitteilung ueber die vorliegenden Analyseergebnisse und die zu treffenden Maßnahmen wie z.B. daß 'ein Futtermittelhersteller gesperrt wird' (gemeint war die Sperre der 'Auslieferung' durch Beschlagnahme von Produkten) und Betriebe, an die diese Futtermittel gegangen sind, ebenfalls gesperrt werden. In dieser Presseaussendung wurde keine der betroffenen Firmen namentlich genannt.

Weder in der 'Zeit im Bild' um 22.00 Uhr am selben Tag noch in einem sonstigen Statement hat Herr Bundesminister fuer Land- und Forstwirtschaft, Mag. Molterer, von einer Sperre des Betriebs gesprochen.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß die erste offizielle Bestaetigung zu Vermutungen der Medien ueber den 'betroffenen Betrieb' durch die Firma A selbst erfolgte.

5.1. 'Betriebssperre':

Paragraph 16 Abs. 2 des Futtermittelgesetzes 1993, BGBl. Nr. 905, legt fest, unter welchen Voraussetzungen ein Betrieb (gaenzlich oder teilweise) zu sperren ist.

Demgemaeß hat in Faellen drohender Gefahr fuer die Gesundheit von Menschen und Tieren, die durch Außerachtlassung von Vorschriften dieses Bundesgesetzes, einer auf ihm basierenden Verordnung oder von behoerdlichen Verfuegungen verursacht worden ist, der Landeshauptmann dem Ausmaß der Gefaehrdung entsprechend durch Bescheid die gaenzliche oder teilweise Schließung eines Betriebs, die Stillegung von Anlagen oder sonstige das Inverkehrbringen von Futtermitteln, Zusatzstoffen und Vormischungen hindernde Maßnahmen anzuordnen. Besteht Grund zur Annahme, daß zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so duerfen nach Verstaendigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentuemers der Anlage oder, wenn eine Verstaendigung dieser Person nicht moeglich ist, einer Person, die tatsaechlich die Betriebsfuehrung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgehendes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheids an Ort und Stelle getroffen werden;

Zum damaligen Zeitpunkt war tatsaechlich nicht abzusehen, ob durch die ueberhoehten Dioxinwerte eine Gefaehrdung fuer die Gesundheit von Menschen und Tieren gegeben ist (die Tatbestandsvoraussetzung des Paragraphen 16 Abs. 2 des Futtermittelgesetzes 'drohende Gefahr fuer die Gesundheit von Menschen und Tieren' kann im uebrigen nicht ausschließlich kumulativ zu verstehen sein, da ansonsten keine Maßnahmen zulaessig waeren, wenn 'lediglich' eine 'drohende Gefahr fuer die Gesundheit von Menschen' gegeben ist).

Wie sich jedoch aus den Ausfuehrungen unter Pkt. 2 ergibt, war jedoch nicht beabsichtigt, den Betrieb selbst, sondern die Auslieferung der Produkte (durch Beschlagnahme seitens des Kontrollorgans des BFL) zu sperren (eine Betriebssperre durch ein Kontrollorgan des Bundesamts und Forschungszentrums fuer Landwirtschaft waere nach den futtermittelrechtlichen Bestimmungen nicht moeglich und somit dessen Anreise aus H auch nicht notwendig gewesen).

Bei dem EG-weit bisher einzigen festgelegten Hoechstwert von 500 pg/kg fuer Zitruspellets handelte es sich um einen Grenzwert, bei dessen Unterschreiten eine moegliche Gesundheitsgefaehrdung weitgehend auszuschließen sein sollte. Er orientiert sich am ueblichen, auch unter den Bedingungen einer 'Guten Herstellungspraxis' kaum zu vermeidenden Hintergrundkontaminationsniveau. UEber darueberliegende Grenzwerte und die Frage, ab welchem Wert tatsaechlich eine moegliche Gesundheitsgefaehrdung nicht mehr auszuschließen ist, ist bis dato in Bruessel noch nicht entschieden worden. Das Gefaehrdungspotential von Dioxin laeßt sich nicht nur daraus erahnen, daß von der Kommission ein Hoechstwert von 500 pg/kg festgelegt wurde (anlaßbezogen damals jedoch nur fuer Zitruspellets), sondern daß ein neuer Kommissionsvorschlag (anlaßbezogen fuer fetthaltige Futtermittel aufgrund der Vorkommnisse in Belgien) einen Hoechstwert 1000 pg/kg fuer Mischfuttermittel (2000 pg/kg fuer Fischerzeugnisse) vorsieht. Voraussichtlich wird jedoch von der Kommission - wie bereits ausgefuehrt - ein allgemeiner Grenzwert fuer Futtermittel festgelegt werden, wobei von der Kommission dem Vernehmen nach ein analoger Wert wie fuer Zitruspellets (500 pg/kg) vorgeschlagen werden wird (unter der gleichen Praemisse wie fuer diese: daß ein insgesamt wegen seiner gravierendsten Wirkungen unerwuenschter Stoff infolge seiner derzeitigen Unvermeidbarkeit zumindestens nicht ueber einem allen Vorsichtsmaßnahmen gehorchenden Hintergrundniveau vorhanden sein sollte). Zum damaligen Zeitpunkt war jedenfalls nicht davon auszugehen, daß aufgrund der Dioxinwerte, die bei Produkten der Firmengruppe A gefunden wurden, eine Gesundheitsgefaehrdung - unabhaengig ob fuer Mensch oder Tier - auszuschließen sei. Nach Eintreffen der Stellungnahme des Bundeskanzleramtes, daß eine unmittelbare Gesundheitsgefahr nicht anzunehmen ist, wurde das Kontrollorgan angewiesen, bis auf weiteres nicht die gesamte Produktpalette, sondern nur die beiden Produkte mit ueberhoehten Dioxinwerten (Beeintraechtigung der Qualitaet) zu beschlagnahmen.

Die Dimension des Problems ist u.a. auch dadurch dokumentiert, daß die beiden zustaendigen Mitglieder der Bundesregierung im Plenum des Nationalrates zu dieser Frage Rede und Antwort stehen mußten.

Der Umstand, daß eine Gesundheitsgefaehrdung nicht

anzunehmen ist, hatte auch die 'Gemeinsame Erklaerung der Bundesministerin fuer Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und des Bundesministers fuer Land- und Forstwirtschaft' vom 16.06.1999 (also zu einem Zeitpunkt, als sich die Sachlage fuer ganz OEsterreich einschaetzen ließ) zur Folge, wo u.a. folgendes festgehalten wurde:

die Ergebnisse bisheriger Untersuchungen haben ergeben, daß die Dioxinwerte im allgemeinen im Bereich der ueblichen Hintergrundkonzentration liegen und lediglich in einigen Ausnahmefaellen (Anmerkung: Firmengruppe A und ein Fischfutter) erhoehte Konzentrationen vorgefunden wurden; die festgestellten Gehalte bewegen sich jedoch jedenfalls - umgerechnet auf das tierische Erzeugnis - unter Zugrundelegung der Empfehlungen der WHO (240 pg I-TEQ/Erwachsene) unter jenem Wert, ab dem eine Gesundheitsgefaehrdung angenommen werden kann;

aufgrund der getroffenen Maßnahmen und der bisher vorliegenden Ergebnisse ist davon auszugehen, daß oesterreichische Waren keine ueberhoehten Dioxinkontaminationen aufweisen. Die Abgabe dieser 'Gemeinsamen Erklaerung' war deshalb notwendig und gerechtfertigt, weil

es sich - abgesehen vom Sonderfall Fischfutter - um ein spezifisches Problem der Firmengruppe A handelte, durch die Medienberichte jedoch in der OEffentlichkeit der Eindruck eines allgemeinen Problems mit ueberhoehten Dioxinwerten bei oesterreichischen Futter- und Lebensmitteln entstanden ist; es durch die beschriebene Situation betreffend ueberhoehte Dioxinwerte in oesterreichischen Futtermitteln zu Vermarktungsschwierigkeiten - nicht nur bei Futtermitteln, sondern auch bei Lebensmitteln - im In- und Ausland (Importverbote bzw. Maßnahmen gleicher Wirkung) gekommen ist;

durch die getroffenen Maßnahmen (u.a. Beschlagnahme der Produkte mit ueberhoehten Dioxinwerten) tatsaechlich davon auszugehen war, daß oesterreichische Waren, die sich noch im Verkehr befinden, keine ueberhoehten Dioxinkontaminationen aufwiesen.

Jedenfalls sollten weder die 'Gemeinsame Erklaerung' noch die Pressemitteilung vom 15.06.1999, wonach laut 'anerkannten Toxikologen bei diesen Werten bei mit diesen Futtermitteln produzierten Lebensmitteln keine Gesundheitsgefaehrdung vorliegt', eine Freistellung fuer die Firmengruppe A bedeuten, sondern eine Klarstellung und UEbersicht ueber die tatsaechliche Situation in der Futter- und Lebensmittelwirtschaft. Tatsaechlich war es vielen Exporteuren nur aufgrund dieser 'Gemeinsamen Erklaerung' moeglich, oesterreichische Futtermittel bzw. Lebensmittel weiterhin zu exportieren. Die Notwendigkeit der getroffenen Maßnahmen wurde nicht zuletzt durch die Reaktion der Europaeischen Kommission bestaetigt; demnach wurden alle Mitgliedstaaten aufgefordert, aehnliche Maßnahmen, wie sie in OEsterreich bereits durchgefuehrt wurden, zu treffen (siehe spaetere Ausfuehrungen zu Pkt. 5.3.).

5.2. Dioxingrenzwerte:

Der Beschwerdefuehrerin ist beizupflichten, wenn sie davon ausgeht, daß es in OEsterreich bzw. EG-weit keinen offiziellen Dioxingrenzwert fuer Mischfuttermittel gibt. Tatsaechlich existiert aber ein Dioxingrenzwert fuer ein Futtermittel-Ausgangserzeugnis, naemlich Zitruspellets.

Die Beschwerdefuehrerin geht jedoch fehl in der Annahme, wenn sie vermeint, daß damit ihre Produkte, und zwar auch jene, die erhoehte Dioxinbelastungen aufweisen, generell mit den futtermittelrechtlichen Vorschriften in Einklang zu bringen sind. Nach Artikel 3 Abs. 1 der RL 1999/29/EG (konsolidierte Fassung der RL ueber unerwuenschte Stoffe und Erzeugnisse in der Tierernaehrung) haben die Mitgliedstaaten vorzuschreiben, daß die Futtermittel-Ausgangserzeugnisse nur dann in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden duerfen, wenn sie von einwandfreier und handelsueblicher Qualitaet sind.

Nach Artikel 3 Abs. 2 dieser RL koennen - vorbehaltlich der Bestimmungen des Anhangs II Teil A (Verduennungsmoeglichkeit vor Erreichung der im Anhang I festgelegten Grenzkonzentration, jedoch nicht (!) fuer Dioxin) - Futtermittel-Ausgangserzeugnisse, deren Gehalt an unerwuenschten Stoffen oder Erzeugnissen so hoch ist, daß es dadurch unmoeglich wird, die in Anhang I festgelegten Hoechstwerte fuer Mischfuttermittel einzuhalten, nicht als von einwandfreier und handelsueblicher Qualitaet angesehen werden.

Die Aufzaehlung von unerwuenschten Stoffen in der genannten RL ist daher nur eine beispielhafte; jedenfalls kann nicht daraus gefolgert werden, daß andere, nicht aufgezaehlte Stoffe nicht moeglicherweise ebenfalls zu einer Qualitaetsminderung bei Futtermittel fuehren, wenn sie in Futtermitteln tatsaechlich vorhanden sind.

Dies ergibt sich auch aus den Erwaegungsgruenden zur Entscheidung der Kommission vom 3. Juni 1999 (siehe dazu die Ausfuehrungen unter Pkt. 1), wonach 'sich die Behoerden auf die Angaben ueber Hintergrundwerte stuetzen sollten'. Die Kommission kam darin zu der Schlußfolgerung, daß nur Futtermittel, die nicht dioxinkontaminiert sind, eine 'einwandfreie und handelsuebliche Qualitaet' im Sinne der Richtlinie 1999/29/EWG des Rates ueber unerwuenschte Stoffe und Erzeugnisse in der Tierernaehrung aufweisen.

Eine aehnliche Bestimmung enthaelt Artikel 3 der RL 96/25/EG des Rates ueber den Verkehr mit Futtermittel-Ausgangserzeugnissen, wonach die Mitgliedstaaten

vorzuschreiben haben, daß Futtermittel-Ausgangserzeugnisse in der Gemeinschaft nur in den Verkehr gebracht werden duerfen, wenn sie unverdorben, unverfaelscht und von handelsueblicher Beschaffenheit sind. Die Mitgliedstaaten haben weiters vorzuschreiben, daß Futtermittel-Ausgangserzeugnisse keine Gefahr fuer die tierische oder menschliche Gesundheit darstellen und nicht in irrefuehrender Weise in den Verkehr gebracht werden duerfen.

Demgemaeß enthaelt auch Paragraph 3 des Futtermittelgesetzes 1993 eine Reihe von Verboten, u.a. Futtermittel derart herzustellen, daß sie bei bestimmungsgemaeßer und sachgerechter Verwendung geeignet sind,

1. die Qualitaet der von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse, insbesondere im Hinblick auf ihre Unbedenklichkeit fuer die menschliche Gesundheit nachteilig zu beeinflussen oder

2. die Gesundheit von Tieren zu schaedigen (Paragraph 3 Abs. 1);

ein gleichartiges Verbot in Paragraph 3 Abs. 2, bezogen jedoch auf das Inverkehrbringen von Futtermitteln bzw. auf die Verfuetterung an Nutztiere;

Verbot, Futtermittel zu behandeln, in Verkehr zu bringen oder an Nutztiere zu verfuettern, die

1.

nicht zugelassene Zusatzstoffe,

2.

den Zulassungsbedingungen nicht entsprechende Zusatzstoff e oder

 3. unerwuenschte Stoffe in einem die Hoechstwerte gemaeß einer Verordnung nach Paragraph 4 uebersteigendem Ausmaß

enthalten oder sonst den Bestimmungen einer Verordnung nicht entsprechen, (Paragraph 3 Abs. 3).

Weiters enthaelt Paragraph 6 des Futtermittelgesetzes verschiedene Verbote, die Zusatzstoffe bzw. Vormischungen betreffen. Demgemaeß ist es verboten,

1.

Zusatzstoffe, die nicht zugelassen sind, oder

2.

Zusatzstoff e oder Vormischungen, die nicht den in einer Verordnung gemaeß Paragraph 7 Z 2 gesetzten Anforderungen entsprechen

in Verkehr zu bringen.

Paragraph 7 Z 2 legt Anforderungen fest u.a. fuer die Reinheit, Zusammensetzung, technologische Beschaffenheit und Sicherstellung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Rueckstaenden in tierischen Lebensmitteln fuer den Menschen. Die allgemeinen Verbote (Paragraph 3 Abs. 1 und 2 des Futtermittelgesetzes 1993) sind also konkretisiert durch eine Reihe von speziellen Anforderungen, die in der Futtermittelverordnung festgelegt werden und laufend dem Stand der wissenschaftlichen Erfahrungen angepaßt werden. Nichtsdestotrotz ist sowohl im Hinblick auf die futtermittelrechtlichen Vorschriften der EG als auch auf die Regelungen des Futtermittelgesetzes davon auszugehen, daß die Liste der unerwuenschten Stoffe nicht abschließend ist (und zwangslaeufig nicht sein kann) und von einem Verbot des Inverkehrbringens von Produkten auszugehen ist, deren Beschaffenheit nicht von handelsueblicher Qualitaet ist. Das oesterreichische Futtermittelgesetz sieht daher nicht erst Maßnahmen ab einer tatsaechlichen Gesundheitsgefaehrdung, sondern bereits dann vor, wenn die Moeglichkeit besteht, daß die Qualitaet der von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse nachteilig beeinflußt werden koennte (Vorsorgeprinzip).

5.3. Kaolinit:

Zu Kaolinit ist festzuhalten, daß dieser Zusatzstoff gemaeß Anlage 3 Kapitel 4 ('Bindemittel, Fließhilfsstoffe und Gerinnungshilfsstoffe') der Futtermittelverordnung, BGBl. Nr. 273/1994, als Zusatzstoff zugelassen ist, und zwar unter folgenden Bedingungen:

'E 559 Kaolinit-Tone, asbestfrei (natuerliche Mischungen von tonartigen Mineralien mit einem Gehalt von mindestens 65 % komplexen wasserhaltigen Aluminiumsilikaten, deren Hauptbestandteil Kaolinit ist); fuer alle Tierarten oder Tierkategorien bzw. alle Futtermittel.'

Die Frage allfaelliger Dioxin-Kontaminationen wurde bei Kaolinit, ebenso wie bei allen anderen Zusatzstoffen, im Rahmen der Zulassungsverfahren - mangels (damals) konkreter Anhaltspunkte - nicht ueberprueft. Darueberhinaus ist festzuhalten, daß die Zulassung - wie sich auch aus der o.a. Definition ergibt - typen - und nicht produktbezogen erfolgt und in jedem Fall bei jedem einzelnen Produkt hinsichtlich der konkreten Beschaffenheit sichergestellt sein muß, daß es die handelsuebliche Qualitaet aufweist (und keinesfalls mit krebserzeugenden Giften kontaminiert ist).

Ein Zusatzstoff mit gesundheitsschaedlichen Dioxin-Kontaminationen bzw. ein Zusatzstoff, 'der fuer den Verbraucher Nachteile durch Veraenderung der Beschaffenheit der tierischen Erzeugnisse mit sich bringt', kann daher nicht von vornherein als zugelassen gelten (wieso koennte umgekehrt ein Zusatzstoff ansonsten die Qualitaet der von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse nachteilig beeinflussen).

Waere eine UEberpruefung im Zulassungsverfahren erfolgt, haette eine Zulassung in dieser Form nach den Voraussetzungen des Paragraphen 7 Z 2 des Futtermittelgesetzes 1993 bzw. den einschlaegigen Rechtsvorschriften der EG nicht erfolgen duerfen. Nach der einschlaegigen RL ueber Zusatzstoffe in der Tierernaehrung (RL 70/524/EWG) ist ein Zusatzstoff nur dann zuzulassen, wenn er u.a. aufgrund der Bedingungen, unter denen er verwendet wird, keine Beeintraechtigung der menschlichen oder tierischen Gesundheit oder Belastung der Umwelt zur Folge hat und fuer den Verbraucher keine Nachteile durch Veraenderung der Beschaffenheit der tierischen Erzeugnisse mit sich bringt. Die Dioxinproblematik ist in der EG erstmals - wie bereits ausgefuehrt - im Jahre 1998 anhand von kontaminierten Zitruspellets aus Brasilien aufgetaucht. Die Werte waren extrem ueberhoeht und haben zur Festlegung eines Grenzwerts (speziell fuer Zitruspellets) von 500 pg/kg gefuehrt (RL 98/60/EG zur AEnderung der RL 74/63/EWG ueber die Festlegung von Hoechstgehalten an unerwuenschten Stoffen und Erzeugnissen in Futtermitteln).

Die Kommission fuehrte dabei in den Erwaegungsgruenden u.a. aus, daß

Dioxingehalte festgestellt wurden, die so hoch sind, daß sie eine Gefahr fuer die menschliche Gesundheit darstellen;

Zitruspellets als Futtermittel eingesetzt werden, sodaß deren Verunreinigung mit Dioxin zu einer Dioxinkontamination von Lebensmitteln tierischen Ursprungs fuehren kann;

Dioxine von den anerkannten Organisationen als krebserzeugend fuer den Menschen eingestuft werden;

die internationalen Organisationen empfehlen, die Dioxinaufnahme durch Nahrung so weit wie moeglich zu reduzieren;

es daher angezeigt ist, die Verwendung von mit unakzeptablen Mengen an mit Dioxin kontaminierten Zitruspellets als Futtermittel und bei der Herstellung von Mischfuttermitteln zu verbieten. Dabei ist nochmals festzuhalten, daß der Grenzwert fuer Zitruspellets von 500 pg/kg unabhaengig davon gilt, ob es sich um ein Futtermittel-Ausgangserzeugnis oder ein Mischfuttermittel handelt. Dioxin ist daher als so problematisch anzusehen, daß allfaellige Verduennungen durch die niedrige Beimischrate (bei Zitruspellets im allgemeinen ca. 5 %) unberuecksichtigt zu bleiben haben.

In eine aehnliche Richtung geht auch der von der Kommission vorgelegte Vorschlag vom 24.06.1999 fuer eine AEnderung der RL ueber unerwuenschte Stoffe und Erzeugnisse, wo ein allgemeiner Grenzwert fuer Dioxin in Mischfuttermitteln von 1000 pg/kg (allerdings derzeit nur fuer fetthaltige Erzeugnisse im Hinblick auf die belgische Situation) bzw. 2000 pg/kg fuer Fischerzeugnisse vorgeschlagen wird (wo an eine entsprechende Erweiterung jedoch dem Vernehmen nach - wie bereits ausgefuehrt - mit einem Grenzwert von moeglicherweise 500 pg/kg gedacht ist). Es ist also jedenfalls davon auszugehen, daß bei (nicht bekannten bzw. ueberprueften) Schadstoffen nur die allgemeine Hintergrundkonzentration - und zwar sowohl nach den Rechtsvorschriften der EG als auch nach den oesterreichischen Rechtsvorschriften - heranzuziehen ist.

Es waren daher bei dem von der Firmengruppe A verwendeten Kaolinit, wo Dioxinwerte zwischen 174 000 pg/kg und 341 000 pg/kg festgestellt wurden, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Hiezu wurde OEsterreich - wie auch alle anderen Mitgliedstaaten, in denen der dioxinkontaminierte Kaolinit verwendet wurde - von der Kommission auch ausdruecklich aufgefordert (siehe unten).

Tatsaechlich wurden bei dem (auch) von der Firma A verwendeten Kaolinit deutscher Herkunft teilweise noch hoehere Werte (bis 441 720 pg/kg) festgestellt.

Nachdem OEsterreich das deutsche Landwirtschaftsministerium und die Europaeische Kommission von den ueberhoehten Dioxinwerten im Kaolinit informiert hatte, forderte die Europaeische Kommission (GD VI) am 16.07.1999 die Mitgliedstaaten auf, die Vermarktung von Kaolinit zu untersagen und die Verwendung in Futtermitteln zu verbieten, sofern nicht durch Analyseergebnisse die 'Dioxinfreiheit' bestimmter Chargen bestaetigt wurde und die Produktion eines Herstellers von Kaolinit-Ton generell nicht 'kontaminiert ist'. Weiters wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Analysen von Vormischungen durchzufuehren, sofern diese mehr als 1 % Kaolinit enthalten. Kontaminierte Chargen duerfen weder in die Lebensmittel- noch in die Futtermittelkette gelangen und muessen vernichtet werden. Die hohen Kaolinit-Dioxin-Werte und die Reaktion der Kommission, weiche die oesterreichische Vorgangsweise als zielfuehrend und notwendig erachtet, zeigen jedenfalls, daß die ergriffenen Maßnahmen absolut notwendig waren.

Wie auch die nunmehr vorliegenden Analyseergebnisse zeigen (in OEsterr

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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