TE UVS Wien 2000/03/28 07/A/03/750/98

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Veröffentlicht am 28.03.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch die Mitglieder Mag Engelhart als Vorsitzende, Dr Wilfert als Berichter und Dr Helm als Beisitzer über die Berufung des Herrn Dipl-Ing Paul M, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 13./14. Bezirk, vom 25.9.1998, Zl MBA 13/14 - S 4518/98, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

1. Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der T-Gesellschaft mbH mit Betriebssitz in Wien, welche auf Grund eines Vertrages mit der Baustellenbetreiberin ARGE H Arbeiten auf der Baustelle in Wien, S-straße, übernommen hat und als Unternehmerin Herrn Mag Thaddäus B mit der Durchführung von Montagen und Materialtransporten beauftragt hat, zu verantworten, dass Herr B als Arbeitgeber auf der oben genannten Baustelle die Ausländer:

1. T Grzegorz, Staatsangehörigkeit: Polen, vom 11.3.1998 bis zum 17.3.1998,

2. C Adam Kazimierz, Staatsangehörigkeit: Polen, vom 11.3.1998 bis zum 17.3.1998 und

3. L Jerzy Jozef, Staatsangehörigkeit: Polen, vom 1.3.1998 bis zum 17.3.1998,

als Monteure mit der Montage einer Decke beschäftigt hat, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde und die Ausländer keine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besessen haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 28 Abs 1 Z 1 lit a in Verbindung mit § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl Nr 218/1975, in der geltenden Fassung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

3 Geldstrafen zu je ATS 30.000,--,  (entspricht  2180,19 EUR)

zusammen ATS 90.000,--,  (entspricht  6540,56 EUR) falls diese

uneinbringlich sind, 3 Ersatzarreststrafen von je 2 Tagen, zusammen 6 Tagen, gemäß § 28 Abs 1 Ziffer 1 lit a erster Strafsatz dieses Gesetzes.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

9.000,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 99.000,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Zur Begründung führt die erstinstanzliche Behörde nach Wiedergabe der Bestimmung des § 28 Abs 6 AuslBG (in der Fassung BGBl I Nr 78/1997) aus, der Berufungswerber habe nicht dargelegt, dass er den Auftragnehmer während der Auftragserfüllung bezüglich der Einhaltung des AuslBG regelmäßig beaufsichtigt habe. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei der objektive Tatbestand somit als erwiesen anzusehen. Der nunmehrige Berufungswerber habe auch weder behauptet noch bewiesen, dass ihm die Einhaltung der übertretenen Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen sei. Es sei daher die Verschuldensfrage im Sinne des § 5 VStG zu bejahen gewesen.

Darüber hinaus enthält die Bescheidbegründung Ausführungen zur Strafbemessung.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung vom 20.10.1998, in welcher der Berufungswerber die Begehung der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung bestreitet und, unter Anbot von Beweismitteln, ausführt, der Subunternehmer habe sich gegenüber der vom Berufungswerber als Geschäftsführer vertretenen Auftraggeberin ausdrücklich verpflichtet sich "auch in Zukunft betreffend illegaler Beschäftigung gesetzeskonform" zu verhalten. Darüber hinaus habe der Berufungswerber vom Beschäftiger vor Erteilung des Auftrages die Vorlage der Bescheinigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, dass kein wesentlicher Verstoß gegen das AuslBG vorliegt, verlangt. Weiters legt der Berufungswerber dar, in welcher Weise er eine regelmäßige Beaufsichtigung des Auftragnehmers während der Auftragserfüllung durchgeführt habe.

Mit Schriftsatz vom 2.12.1998 erstattete das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten als Partei eine Stellungnahme und führte aus, der Berufungswerber habe die ihm angelastete Verwaltungsübertretung zumindest in der Verschuldensform der Fahrlässigkeit begangen.

2. Die Berufung ist begründet.

Gemäß § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a Ausländerbeschäftigungsgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis zu  S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 20.000,-- bis zu  S 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 40.000,-- bis S 240.000,--. Die erstinstanzliche Behörde hat die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zwar unter die Bestimmung des § 28 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 3 Abs 1 AuslBG subsumiert, doch hat sie nach der Tatumschreibung im Spruch und nach der Begründung des Straferkenntnisses (wie auch bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27.4.1999), den Berufungswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer der T-Gesellschaft mbH nicht als Beschäftiger der verfahrensgegenständlichen Ausländer sondern als Auftraggeber des Beschäftigers dieser Ausländer in Anspruch genommen.

§ 28 Abs 6 in der Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 78/1997 hatte folgenden Wortlaut:

"Gemäß Abs 1 Z 1 ist neben dem Beschäftiger auch sein Auftraggeber (Generalunternehmer) zu bestrafen, sofern der Auftrag im Rahmen der Tätigkeit des Auftraggebers als Unternehmer erfolgt."

Mit Erkenntnis vom 19.6.1998, G 408/97 ua, hat der Verfassungsgerichtshof über die Anträge der unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern Oberösterreich, Niederösterreich, Burgenland und Wien zu Recht erkannt, dass § 28 Abs 6 AuslBG in dieser Fassung verfassungswidrig war. In der Begründung führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, der Begriff der Strafe als ein mit Tadel verbundenes Übel wegen schuldhafter Verletzung von Ver- oder Geboten der Rechtsordnung setze voraus, dass der Täter gegen eine ihn treffende Verhaltensregel verstoßen habe. Der Grundsatz, dass strafrechtliche Verantwortlichkeit nur an eigenes Verhalten geknüpft sein dürfe, sei so selbstverständlich, dass er in den einschlägigen verfassungsrechtlichen Garantien (Art 90ff B-VG, Art 6 und 7 EMRK) unausgesprochen vorausgesetzt werde. Diesem Grundsatz entspreche § 28 Abs 6 AuslBG (alte Fassung) nicht, da die Strafbarkeit des Auftraggebers (Generalunternehmers) offenkundig an die Übertretung von Verboten knüpfe, die einen anderen - den Beschäftiger - treffen.

Art 7 EMRK gebiete eine genaue Umschreibung der Elemente eines strafbaren Tatbestandes. Eine Strafbestimmung, die an das strafbare Verhalten einer anderen Person anknüpfe, ohne auch nur ansatzweise erkennen zu lassen, welche Verhaltensanforderungen sie an den strafrechtlich (zusätzlich, und zwar wegen Verletzung dieser Pflichten) verantwortlichen Stelle, könne dieses Erfordernis von vornherein nicht erfüllen.

Die strafrechtliche Verantwortlichkeit für fremdes Verhalten sei nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ein so schwer wiegender Verstoß gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, dass eine weitere Anwendung der Bestimmung nicht mehr in Betracht komme.

Mit der Novelle BGBl I Nr 78/1997 erhielt § 28 Abs 6 folgende Fassung:

"(6) Gemäß Abs 1 Z 1 ist neben dem Beschäftiger (Auftragnehmer) auch sein Auftraggeber (Generalunternehmer) zu bestrafen, sofern der Auftrag im Rahmen der Tätigkeit des Auftraggebers als Unternehmer erfolgt und der Auftraggeber (Generalunternehmer)

1. im Vertrag mit seinem Auftragnehmer die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht zwingend

vereinbart hat oder

2. die ihm zumutbare regelmäßige Beaufsichtigung des Auftragnehmers während der Auftragserfüllung unterlassen hat oder

3. die Verletzung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durch den Auftragnehmer bei der Vertragserfüllung wissentlich geduldet hat."

Bei verfassungskonformer Interpretation im Lichte der Ausführungen in dem oben genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ergibt sich, dass die Ziffern 1 bis 3 dieser

Bestimmung jene Verhaltensanforderungen umschreiben, deren Verletzung jeweils den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung erfüllt.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines  Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnissen wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass der Spruch eines Straferkenntnisses gemäß § 44a Z 1 VStG die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und zur Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzten Verwaltungsvorschriften erforderlich sind (VwGH 12.9.1986, Zahl 85/18/0107).

Diesem Erfordernis wird die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses gewählte Tatumschreibung nicht gerecht, da daraus (wie auch aus dem gesamten erstinstanzlichen Verfahren) nicht erkennbar ist, welche Verletzung der in § 28 Abs 6 Z 1 bis 3 normierten Verhaltensvorschriften dem Berufungswerber zur Last gelegt wird. Schon dadurch erweist sich das angefochtene Straferkenntnis als rechtswidrig.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien sieht sich darüber hinaus zu folgender Klarstellung veranlasst:

Nach der Aktenlage ging das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse in seiner Anzeige vom 2.4.1998 davon aus, dass der Berufungswerber im Verdacht stehe, er habe als Verantwortlicher der T-GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft die verfahrensgegenständlichen Ausländer, welche ihr von Mag B überlassen worden sind, gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 3 Abs 1 und § 2 Abs 3 lit c AuslBG, ohne Vorliegen entsprechender arbeitsmarktrechtlicher Bewilligungen beschäftigt hat.

Der Bestimmung des § 28 Abs 6 AuslBG kann nun, bei verfassungskonformer Interpretation, nicht der Inhalt beigemessen werden, dass sie der Strafbehörde ein Wahlrecht dahingehend einräumt, den Nachweis einer bewilligungslosen Beschäftigung (überlassener) ausländischer Arbeitnehmer zu führen oder den Beschuldigten (ohne Führung eines derartigen Nachweises) als Auftraggeber im Sinne des § 28 Abs 6 AuslBG zu bestrafen. Die in dieser Bestimmung vorgenommene Umschreibung der Elemente der strafbaren Tatbestände, insbesondere der Ziffer 2, bieten auch keinen Raum für eine - von der erstinstanzlichen Behörde offenkundig in analoger Anwendung des § 5 Abs 1 VStG vorgenommene - Beweislastumkehr. Wenn die erstinstanzliche Behörde ihre Bescheidbegründung somit auf den Umstand stützt, dass der Berufungswerber der erstinstanzlichen Behörde nicht dargelegt habe, dass er den Auftragnehmer während der Auftragserfüllung regelmäßig beaufsichtigt habe, kann diesbezüglich - auch unter Berücksichtigung der einen Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren treffenden Mitwirkungspflicht - dem Berufungswerber vielmehr kein Vorwurf gemacht werden, da ihm die Verletzung dieser gesetzlich normierten Verhaltensanforderung im gesamten Verfahren nie zur Last gelegt wurde.

Das Straferkenntnis war daher spruchgemäß zu beheben und war das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

3. Gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG wurde keine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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