TE UVS Salzburg 2000/09/19 3/11762/2-2000vh

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.2000
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Senatsmitglied Ing. Mag. Dionysius Viehhauser über die Berufung von Herrn Erich S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christian A in S gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 30.6.2000, Zahl S-8293/2000, folgendes Erkenntnis:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als in der Tatumschreibung nach den Worten ?... mit dem Kennzeichen S-615 T? die Worte ? in zweiter Spur und damit? eingefügt werden.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Beschuldigte außer dem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von S 120,-- (? 8,72) zu leisten.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 20.3.2000 um 10:30 Uhr in Salzburg, Sgasse nächst Haus Nr. 4 das Kraftfahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen S-615T außerhalb eines Parkplatzes nicht am Rande der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand abgestellt.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs 2 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) begangen und wurde über ihn eine Geldstrafe nach § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 in der Höhe von S 600,--, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 18 Stunden, verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Vertreter die folgende Berufung eingebrachte:

 

In der umseits rubrizierten Verwaltungsstrafsache hat die Behörde den Beschuldigten mit Straferkenntnis vom 30.06.2000, zugestellt am 17.07.2000, schuldig erkannt, eine Verwaltungsübertretung nach § 23 (2) i.V.m. § 99 (3) lit. a StVO 1960 begangen zu haben. Innerhalb offener Frist erhebt der Beschuldigte wider die bezeichnete Entscheidung das Rechtsmittel der

 

BERUFUNG

 

an die Behörde II. Instanz. Das bezeichnete Straferkenntnis wird in seinem gesamten Umfang angefochten. Im Einzelnen ist auszuführen wie folgt:

 

Die Behörde 1. Instanz hat offensichtlich den Inhalt der Stellungnahme vom 21.06.2000 verkannt, wodurch sie im Ergebnis zu einem - nach Meinung des Beschuldigten nicht gerechtfertigten - Schuldspruch gekommen ist.

 

Gemäß § 3 (1) Zif,3 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes (i.d.F. Wiederverlautbarung BGBL. 112/1996) ist von einer Taxikonzession auch die alleinige Beförderung von Sachen, welche von einer Person ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel getragen werden können, umfaßt. Diese Ausweitung des Umfanges der vom Taxigewerbe umfaßten Tätigkeiten ist erst durch die Novelle des Gelegenheitsverkehrsgesetzes, BGBL. 223/1994, erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt stand § 23 (3) lit. a StVO in der heute noch gültigen Form bereits in Geltung. Wenn dann geregelt ist, daß das Anhalten "in zweiter Spur" nur zum Aus- oder Einsteigen lassen gestattet ist, entsprach dies vollinhaltlich dem seinerzeitigen Umfang des Taxigewerbes, nämlich allein der Beförderung von Personen.

 

Durch die bezeichnete Umfangserweiterung ist auch die Bestimmung des § 23 (3) lit. a StVO teleologisch um den erweiterten Umfang des Taxigewerbes zu erweitern, zumal nicht ersichtlich ist, daß der Gesetzgeber die Tätigkeit im Taxigewerbe straßenverkehrsmäßig beschränken oder Regeln je nach Auftragsart aufstellen wollte. Wäre dies der Fall, so hätte er im Anschluß an die bezeichnete Novelle des GelVkG § 23 (3) lit. a StVO novellieren müssen. Der Gesetzgeber der StVO hat jedoch auf die Novelle des GelVkG nicht reagiert. Die - wie gegenständlich - Sachbeförderung ist somit der Personenbeförderung gleichzustellen, so daß auch das Anhalten zum Zwecke der Abgabe bzw. des Abholens von Fahrnissen von der Ausnahmebestimmung des § 23 (3) lit. a StVO umfaßt ist. Schließlich stellt die Norm hinsichtlich Ein- und Aussteigenlassen nicht einmal implizit auf dritte Personen ab, sodaß unter diese Formulierung jedenfalls auch das Ein- und Aussteigen des Taxilenkers subsumierbar ist. Dies rechtfertigt sich auch darin, daß neben den Fahrgästen auch der Taxilenker aussteigen muß, sei es, um das im Kofferraum befindliche Gepäck auszuladen, sei es, den Fahrgästen die einem Dienstleistungsgewerbe immanente Höflichkeit durch Öffnen der Türe und Behilflichsein beim Aussteigen zukommen zu lassen, oder sei es, um allfällige Gefahrenquellen im Straßenverkehr von vornherein zu minimieren. Wenn die Behörde vermeint, daß allfälliger Verkehr die Sperrlinie, welche die Fahrspur von der Busspur trennt, überfahren hätten müssen, so ist ihr zu entgegnen, daß herannahende Fahrzeuge eine "Behinderung" sehr wohl erkennen und somit rechtzeitig , also noch vor Beginn der durchgehenden Sperrlinie, durch Benützung des rechten Fahrstreifens reagieren hätten können.

Nachdem die Bestimmung des § 23 (3) lit. a StVO weiters auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs abstellt und damit eine Behinderung desselben verpönt, so ist für die Strafbarkeit von einer konkreten Behinderung auszugehen. Daß jedoch eine konkrete Behinderung gegeben gewesen sei, haben die anzeigenden Polizeibeamten nicht nachgewiesen. Das gegenständliche Anhalten in einer Dauer von ein bis maximal zwei Minuten ist jedenfalls vom Terminus "kurz anhalten" -im Vergleich z.B. zur Zehn-Minuten-Grenze des § 2 (1) Zif 27 StVO - jedenfalls umfaßt, sodaß sich auch hieraus nichts für eine Strafbarkeit ableiten läßt.

Hätte der Gesetzgeber bereits eine "potentielle Behinderung" unter Strafe stellen wollen, wie er dies z.B. in § 23 (4) StVO getan hat. so hätte er dies ausformulieren müssen. Dadurch, daß dies nicht geschehen ist, stellt eben der Gesetzgeber auf eine konkrete Behinderung ab, welche nicht gegeben war. Daran ändert auch nichts die zu allgemein gehaltene Formulierung in der Anzeige, diese allein ist jedenfalls als Grundlage einer Bestrafung nicht ausreichend. Vielmehr wären die Anzeiger gehalten gewesen, exakte Angaben zu machen, wieviele und welche (z. B. durch Angabe des amtlichen Kennzeichens identifizierbare) Fahrzeuge konkret behindert wurden. Diese Unterlassung kann jedenfalls nicht zu Lasten des Beschuldigten gehen.

Abschließend ist zur Abrundung und hinsichtlich des Eventualbegehrens noch festzuhalten, daß das kurze Anhalten nicht dem persönlichen Interesse oder Vorteil des Beschuldigten dienlich war, sondern dieses vielmehr seiner gewerblichen Tätigkeit - und damit der Kostenminimierung des Fahrtauftraggebers - zu unterstellen ist.

Die Behörde 1. Instanz hat somit die Sache nicht der erforderlichen, umfassenden rechtlichen Beurteilung unterzogen, wodurch sie letztlich zu einem unrichtigen Ergebnis in Form eines Schuldspruches gekommen ist. Aus all den genannten Gründen wird daher

beantragt,

der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG unter Verständigung des Beschuldigteil zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters zur Einstellung zu bringen. Hilfsweise wird infolge Vorliegens der Voraussetzungen eine Vorgangsweise nach § 21 (1) VStG beantragt.

 

Hiezu stellt der Unabhängige Verwaltungssenat in einer gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied zu treffenden Berufungsentscheidung fest:

 

Gemäß 23 Absatz 2 StVO ist außerhalb von Parkplätzen ein Fahrzeug, sofern sich aus Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt, zum Halten oder Parken am Rand der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand aufzustellen.

 

Im vorliegenden Fall steht seitens des Beschuldigten unbestrittenermaßen fest, dass er seinerzeit sein Fahrzeug in zweiter Spur abgestellt hatte. Er vermeint in seiner Berufung diese Art der Fahrzeugabstellung unter Verweis auf die Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrsgesetzes in Verbindung mit § 23 Abs 3a StVO rechtfertigen zu können. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Dies vor allem deshalb, da die vom Beschuldigten in diesem Zusammenhang erwähnte Ausnahmebestimmungen des § 23 Absatz 3a StVO ausdrücklich nur das kurze Anhalten von Personen- und Kombinationskraftwagen des Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Gewerbes zum Aus- und Einsteigen lassen in zweiter Spur gestattet. Im vorliegenden Fall steht vom Beschuldigten zugestandenermaßen fest, daß er seinerzeit sein Fahrzeug nicht zum Ein - oder Aussteigenlassen von Personen gehalten hat, sondern um ein Paket aus einem nahegelegenen Objekt abzuholen. Diese Paketabholung mag wohl nach den Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrsgesetzes vom Umfang des Taxigewerbes umfasst sein, hat jedoch nichts mit der ausdrücklichen Ausnahmebestimmung des § 23 Abs. 3a StVO zu tun. Das übrige Berufungsvorbringen des Beschuldigtenvertreters in bezug auf eine allfällige Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer ist für die vorliegende Entscheidung nicht weiter von Relevanz. Eine entsprechende Behinderung oder Gefährdung anderer Fahrzeuge ist für die vorliegende Übertretung kein Tatbestandselement und ist daher im Sinne des Berufungsvorbringens ein weiteres ermitteln in bezug auf amtlichen Kennzeichen von behinderten Fahrzeugen oder dergleichen nicht erforderlich.

Schon gar nicht ausschlaggebend kann der Umstand sein, wem das kurze Anhalten interessensmäßig gedient hat. Diesbezüglich ist grundsätzlich darauf zu verweisen, dass die Einhaltung der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung von der generellen Interessenslage unabhängig ist.

 

Der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses war somit mit der vorgenommenen Ergänzung der Tatumschreibung, die in Ansehung der Konkretisierungserfordernisse gem. § 44a VStG einerseits erforderlich und im Hinblick auf die innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erfolgten Akteneinsicht des Vertreters des Beschuldigten mit den in der Anzeige enthaltenen genauen Tatumstände als zulässig zu betrachten ist, zu bestätigen.

 

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und ist auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. In Bezug auf die Strafbemessung vermag zum vorliegenden Fall keine Unangemessenheit erkannt werden. Der erstinstanzliche Strafbetrag in Höhe von S 600,-- befindet sich noch im aller untersten Bereich des hiefür vorgesehenen Strafrahmens von bis zu S 10.000,--. Dabei ist zu berücksichtigen, dass allein in Ansehung der vorliegenden Übertretung (Parken in zweiter Spur) von einer solchen mit nicht zu vernachlässigendem Unrechtsgehalt auszugehen ist. Dies vor allem unter Berücksichtigung der zumindest abstrakten Möglichkeit der Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer. Somit ist allein daraus keine Unangemessenheit im Sinne von § 19 Abs 1 VStG zu erkennen.

Bei der Berücksichtigung der subjektiven Strafbemessungskriterien im Sinne von § 19 Abs 2 VStG sind keine besonderen Erschwerungs- oder Milderungsgründe  bekannt geworden (der seitens der Erstinstanz berücksichtigte Milderungsgrund der Unbescholtenheit ist angesichts der über den Beschuldigten bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vorliegenden verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen auch nicht zutreffend). Als Verschulden ist dem Beschuldigten zumindest die fahrlässige Begehung dieser Übertretung vorzuwerfen.

Die Erhebung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten konnte unterbleiben, da selbst unter Berücksichtigung unterdurchschnittlicher oder bescheidenster diesbezüglicher Verhältnisse eine weitere Herabsetzung des erstinstanzlich ohnehin im aller untersten Bereich des Strafrahmens und im verwaltunsstrafsanktionellen Bagatellbereich festgesetzten Strafbetrages nicht in Betracht kommt. Auch eine Anwendung von § 21 VStG ist in Ansehung der vorliegenden Übertretung nicht weiter ins Auge zu fassen, da nach der eindeutigen Aktenlage im konkreten eine Situation vorgelegen hat, die ein Ausweichen der am abgestellten Fahrzeug vorbeifahrenden Fahrzeuge auf die Busspur (in diesem Zusammenhang wird es als sekundär betrachtet, ob dabei eine Sperrlinie zu überfahren war oder nicht) notwendig machte und somit jedenfalls nicht von unbedeutenden Folgen der Übertretung gesprochen werden kann.

Schlagworte
§ 23 Abs 2 StVO; Die Paketabholung ist nicht von der Ausnahmebestimmung des § 23 Abs 3a StVO für das Anhalten in zweiter Spur umfasst
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten