TE UVS Steiermark 2000/10/11 30.16-31/2000

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Veröffentlicht am 11.10.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn G P, vertreten durch Herrn Mag. G M, Rechtsanwalt, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 10.02.2000, GZ.: 15.1 1999/1691, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 31.03.1999 um 14.40 Uhr in St. Ruprecht, auf der B 97, auf Höhe Straßenkilometer 11,000, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen (PKW)

1.) ein Fahrzeug überholt, wodurch andere Straßenbenützer behindert/gefährdet worden seien,

2.) ein Fahrzeug überholt, obwohl nicht einwandfrei erkennbar gewesen sei, ob das Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr eingeordnet werden könne, ohne andere

Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung

zu Punkt 1.) nach § 16 Abs 1 lit a StVO und

zu Punkt 2.) nach § 16 Abs 1 lit c StVO

begangen.

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO wurden über den Berufungswerber daher zu Punkt 1.) und 2.) Geldstrafen in der Höhe von je S 2.500,--, für den Fall deren Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je 2 Tagen, verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und in verfahrensrelevanter Hinsicht ausgeführt, dass der Berufungswerber lediglich kurz mit seinem PKW nach links ausgeschert sei, um sich davon zu überzeugen, ob Gegenverkehr bestünde oder nicht. Da Gegenverkehr vorhanden war, habe er ein Überholmanöver überhaupt nicht durchgeführt. Es lägen auch angesichts des Umstandes, dass die Meldungsleger selbst in ihrer Anzeige vom 12.05.1999 angegeben hätten, dass der Berufungswerber "versuchte", einen LKW zu überholen, keinerlei Beweisergebnisse dahingehend vor, ob der Überholvorgang, nämlich ein auf gleiche Höhe Kommen der beiden Fahrzeuge, vorliege oder nicht.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Zufolge des Berufungsvorbringens fand am 22.05.2000 eine mündliche Berufungsverhandlung statt, in deren Rahmen neben dem Berufungswerber als Partei auch die Zeugen GI M und GI M gehört wurden.

Aufgrund der Aktenlage, vor allem aber aufgrund der Ergebnisse der öffentlichen, mündlichen Verhandlung, gewonnen aus der Befragung des Berufungswerbers und der Vernehmung der Zeugen, wird nachstehender Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Berufungswerber befuhr am 31.03.1999 als Lenker des PKW mit dem behördlichen Kennzeichen die B 97 in Fahrtrichtung Stadl/Mur. Vor ihm war ein LKW des österreichischen Bundesheeres, hinter ihm ein weiterer PKW sowie hinter diesem das Dienstfahrzeug der beiden Zeugen (Meldungsleger) in derselben Fahrtrichtung unterwegs. Im Gemeindegebiet von St. Ruprecht/Murau beabsichtigte der Berufungswerber gegen 14.40 Uhr, kurz vor dem Straßenkilometer 11,000 unmittelbar nach der sogenannten "Wandritschkurve", den erwähnten Bundesheer-LKW zu überholen.

Er scherte deshalb mit seinem Fahrzeug kurz nach links auf die Gegenfahrbahn aus und als er feststellen musste, dass ihm aus der Gegenrichtung ein PKW entgegenkam, lenkte er sein Fahrzeug sofort, allerdings nach Durchführung eines Bremsvorgangs, wieder auf seinen Fahrstreifen zurück. Auch das entgegenkommende Fahrzeug war gezwungen abzubremsen und wurde teilweise in den Bereich einer Bushaltestelle ausgelenkt. Diese Feststellungen stützen sich auf das Ergebnis des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesonders auf die Aussagen der beiden einvernommenen Zeugen in der Berufungsverhandlung vom 22.05.2000. Beweisbildend waren ferner auch die vom Berufungswerber im Rahmen der Verhandlung vorgelegten Lichtbilder die Tatörtlichkeit betreffend.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Voraussetzung für einen Verstoß gegen die beiden im § 16 StVO 1960 normierten und dem nunmehrigen Berufungswerber im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelasteten Überholverbote ist, dass im rechtlichen Sinn überhaupt von einem Überholen gesprochen werden kann.

Unter Überholen im Sinne des § 2 Z 29 StVO ist das Vorbeibewegen eines Fahrzeuges an einem auf derselben Fahrbahn in der gleichen Richtung fahrenden Fahrzeug zu verstehen.

Während der Tatbestand eines allenfalls rechtswidrigen Überholens bereits dann erfolgt ist, wenn der Fahrzeuglenker mit dem anderen Fahrzeug auf gleiche Höhe gekommen ist (VwGH 27.01.1966, 674/65) - wobei auch schon ein teilweises auf gleicher Höhe Befinden ausreicht -, können hingegen die Phasen Ansetzen zum Überholen

Fahrzeug" nicht dem Begriff "Überholen" zugerechnet werden; sie unterliegen gegebenenfalls vielmehr den Vorschriften des § 11 StVO über den Wechsel des Fahrstreifens (vgl. VwGH 23.03.1965, 1925/64).

Im konkreten Fall ist zufolge der übereinstimmenden Aussagen der beiden einvernommenen Zeugen zwar als erwiesen anzunehmen, dass der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug in voller Fahrzeugbreite auf der Gegenfahrbahn war, als er des entgegenkommenden PKWs ansichtig wurde. Während der Zeuge GI M als Beifahrer des von seinem Kollegen gelenkten Dienstkraftwagens sich nur mehr daran zu erinnern glaubte, dass es dem Berufungswerber gerade noch gelang, wieder auf seinen Fahrstreifen zurückzufahren, er jedoch nicht in der Lage war anzugeben, wie weit das Fahrzeug des Berufungswerbers im Zuge des angezeigten Überholmanövers an den LKW des Bundesheeres herangekommen war, sagte der Zeuge GI M ausdrücklich aus, dass das Fahrzeug des Berufungswerbers in allen Phasen des beobachteten "Überholmanövers", wenngleich auch nur knapp, immer hinter dem Bundesheer-LKW gefahren ist. Aus diesem Grund nimmt die erkennende Behörde als erwiesen an, dass der Berufungswerber daher im Sinne der obigen Ausführungen den ihm vorgeworfenen "Überholvorgang" nicht durchgeführt hat und war somit spruchgemäß zu entscheiden. Der Ordnung halber ist ergänzend auszuführen, dass im Sinne des § 99 Abs 5 StVO bei Verwaltungsübertretungen dieses Gesetzes grundsätzlich auch der Versuch strafbar ist. Voraussetzung hiefür ist jedoch im Sinne des § 8 VStG, dass Vorsatz vorliegt. Ein entsprechender Vorwurf an den Berufungswerber in diese Richtung erfolgte jedoch nicht und hätte im Übrigen auch zur Voraussetzung gehabt, dass sich der Berufungswerber einer allfälligen Gefährdung anderer Straßenverkehrsteilnehmer, insbesonders entgegenkommender, bereits bei Beginn des Versuchs zu überholen bewusst gewesen sein müsste. Dass diesbezügliche Umstände durchaus vorgelegen sein könnten, kann nach dem Ergebnis des durchgeführten Beweisverfahrens nicht ausgeschlossen werden, doch war es der Berufungsbehörde verwehrt, mangels eines diesbezüglichen, zeitgerecht erfolgten Tatvorwurfs den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zutreffendenfalls entsprechend abzuändern.

Schlagworte
überholen Versuch
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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