TE UVS Tirol 2000/10/23 2000/20/151-1

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Veröffentlicht am 23.10.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung der Frau A. D., 6300 Wörgl, vertreten durch Herrn, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 29.08.2000, Zl. 4a-St- 7025/00, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die über die Berufungswerberin verhängte Geldstrafe unter Anwendung des § 20 VStG von S 5.000,-- auf S 4.000,-- (EUR 290,69), Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen, herabgesetzt wird.

 

Gemäß § 64 Abs2 VStG beträgt dementsprechend der Beitrag zu den Verfahrenskosten erster Instanz S 400,-- (EUR 29,07).

 

Die Strafnormen lauten richtigerweise:

?§ 37 Abs1 iVm § 37 Abs3 Ziff1 FSG iVm § 20 VStG?

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin vorgeworfen, sie habe am 14.04.2000 um 01.50 Uhr in Wörgl auf der B171 auf Höhe der Kreuzung B171 - Ladestraße (Kaffee X) einen näher bezeichneten Pkw gelenkt, obwohl sie nicht in Besitz einer hiefür erforderlichen Lenkerberechtigung gewesen sei. Dadurch habe sie gegen § 1 Abs3 FSG verstoßen und wurde über sie gemäß § 37 Abs3 Ziff1 FSG eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- verhängt.

 

Dagegen wurde seitens des Vaters der Berufungswerberin in Vertretung Berufung erhoben. Dabei verwies er darauf, dass seine Tochter Angelika derzeit im Krankenhaus Kufstein aufhältig sei.

 

Seine Tochter habe ihm erzählt, dass der Vorfall daraus resultiert sei, da die Freundin der Berufungswerberin, die Fahrzeughalterin, stark alkoholisiert gewesen sei und seine Tochter das Fahrzeug an einen Platz habe fahren wollen, wo dieses ungefährdet und ohne irgendwo im Wege zu stehen, abgestellt werden hätte können. Beide hätten mit dem Taxi nach Hause fahren wollen, was sie auch dann getan hätten.

 

Seiner Tochter sei durchaus bewusst gewesen, dass sie eine strafbare Tat begehe, habe darin aber das geringere Übel gesehen, als eine Betrunkene ans Steuer zu lassen. Es sage auch die StVO aus, dass das Lenken eines Fahrzeugs durch einen alkoholisierten Lenker mit aller Kraft verhindert werden müsse. Seine Tochter habe sich in einer Notlage befunden, da sie einerseits ihrer Freundin habe helfen wollen, andererseits aber keine Gewalt anwenden hätte wollen. Aus diesem Zwiespalt heraus habe sie ihre Freundin vom Fahrersitz geschubst und habe das Fahrzeug zum Parkplatz bei der Diskothek J. lenken wollen, wo genügend Parkmöglichkeiten vorhanden seien, und das Fahrzeug auch längere Zeit dort hätte stehen können.

 

Die Tochter bedaure, dass sie den Termin auf der Bezirkshauptmannschaft krankheitshalber versäumt habe. Seine Tochter wohne mit ihrer Mutter im am weitesten entfernten Haus des Bezirkes Kitzbühel und es sei sehr schwer für sie, da hin zu kommen. Noch dazu habe sie seit dem Abgang von der Hauptschule keinen Verdienst und koste eine Fahrt nach Kitzbühel nicht nur sehr viel Zeit, sondern übersteige dies auch die finanziellen Möglichkeiten.

 

Es werde daher ersucht, diese Umstände zu berücksichtigen und eventuell die Strafhöhe zu überdenken und eine Ratenzahlung zu ermöglichen.

 

Mit diesen Einwendungen wird lediglich die Strafhöhe bekämpft. Der Schuldspruch ist bereits in Rechtskraft erwachsen.

 

In Bezug auf die Strafhöhe ist auszuführen, dass § 37 Abs3 Ziff1 im Falle von Übertretungen nach § 1 Abs3 FSG eine Mindeststrafe von S 5.000,-- vorsieht.

 

§ 20 VStG bestimmt, dass die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden kann, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist. Nach der Rechtsprechung räumt jedoch § 20 VStG ungeachtet der Verwendung des Wortes ?kann? kein Ermessen ein, sondern besteht diesfalls ein Rechtsanspruch auf die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes.

 

Im gegenständlichen Fall war die Berufungswerberin zum Tatzeitpunkt noch keine 19 Jahre alt und ist sie damit als Jugendliche anzusehen. Der Strafrahmen war daher nach unten hin zu erweitern.

 

Nach § 19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die von der Berufungswerberin missachtete Bestimmung dient im hohen Ausmaß der Verkehrssicherheit und bedarf es keiner näheren Erläuterung, dass von einer Person, welche die entsprechende Lenkberechtigung noch nicht erworben hat, im Falle des Lenkens eines Kraftfahrzeuges ein hohes Gefahrenpotenzial ausgeht. Dies gilt auch dann, wenn die Fahrtstrecke nur kurz sein sollte und das Fahrzeug, wie im gegenständlichen Fall behauptet, nur auf einem Parkplatz abgestellt werden sollte, zumal in diesem Fall insbesondere die Gefahr des Parkschadens besteht.

 

Im Bezug auf die Ausführungen in der Berufung, dass sich die Berufungswerberin in einer Notlage befunden hätte, ist festzuhalten, dass ein Notstand im rechtlichen Sinne jedenfalls nicht bestanden hat. Ein Notstand im Sinn des § 6 VStG verlangt nämlich, dass jemand eine strafbare Handlung  begeht, wobei die begangene Tat das einzige Mittel sein muss, um einer schweren unmittelbaren Gefahr zu begegnen. Dass das Lenken des Fahrzeuges durch die Berufungswerberin die einzige Möglichkeit gewesen ist, um die Fahrzeughalterin vom Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand abzuhalten, vermag die Berufungsbehörde nicht nachzuvollziehen. Auch kann nicht gesagt werden, dass das Lenken der Berufungswerberin, die eben keine Lenkberechtigung besessen hat, das wesentlich geringere Übel darstellt gegenüber dem Lenken durch die durch Alkohol beeinträchtigte Fahrzeuglenkerin.

 

Mildernd ist der Berufungswerberin der Umstand der Unbescholtenheit zugute zu halten sowie die Tatsache, dass sie zum Tatzeitpunkt noch Jugendliche war. Erschwerend war nichts.

 

Im Hinblick auf den nach unten hin erweiterten Strafrahmen konnte die Strafe auf das im Spruch angeführt Ausmaß herabgesetzt werden. Eine weitere Herabsetzung kam im Hinblick auf das hohe Gefährdungsausmaß nicht in Betracht und vermochten diesbezüglich auch die angegebenen ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse keine Änderung herbei zu führen.

 

Im Bezug auf die Möglichkeit zur Gewährung einer Ratenzahlung sei darauf verwiesen, dass diesbezüglich die Erstbehörde zuständig ist.

 

Es war daher wir im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Jugendlicher, Notstand
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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