TE UVS Steiermark 2000/12/18 30.9-17/2000

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Veröffentlicht am 18.12.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung des Herrn R G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 26.1.2000, GZ.: 15.1 1999/5081, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung hinsichtlich der Punkte 1.), 2.) und 4.) des angefochtenen Straferkenntnisses abgewiesen.

Die verletzte Verwaltungsvorschrift hinsichtlich Punkt 2.) wird wie

folgt ergänzt:

§ 3b Abs 3 KDV sowie § 3b Abs 5 KDV.

Im übrigen bleibt der Spruch unberührt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 300,-- (EUR 21,80) binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung hinsichtlich Punkt 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 26.1.2000, GZ.:

15.1 1999/5081, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher im Sinne des § 9 Abs 1 VStG der Fa. G und A GesmbH, diese sei Zulassungsbesitzerin des Lastkraftwagens, Kennzeichen, nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand bzw die Ladung des genannten Kraftfahrzeuges den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen habe. Das Fahrzeug sei am 15.7.1999 um 10.40 Uhr auf der B 70, in Richtung Voitsberg, von H S gelenkt worden, wobei festgestellt worden sei, dass

Punkt 2)

bei der Betriebsbremse bei der 2. Achse das Ansprechverhalten

stark ungleich, sowie bei der Feststellbremse die Wirkung

ungleich gewesen sei,

Punkt 3)

die Umrissleuchte vorne links ohne Funktion gewesen sei,

Punkt 4)

der rechte hintere Rückstrahler gefehlt habe.

Wegen dieser Übertretung wurde über den Berufungswerber hinsichtlich Punkt 2.) eine Geldstrafe von S 1.000,-- (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe), hinsichtlich der Punkte 3.) und 4.) jeweils eine Geldstrafe von S 500,-- (jeweils 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 134 Abs 1 KFG verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und darin angeführt, dass er sich nicht schuldig und nicht verantwortlich für die vorgeworfenen Delikte fühle. Das Fahrzeug werde jährlich gemäß § 55 KFG überprüft und in der Werkstätte des Berufungswerbers gewartet. Die ungleiche Bremswirkung trete aus irgendwelchen Gründen während des Betriebes auf. Es sei ihm nicht möglich, dies zu verhindern, weil er Hunderte Kilometer vom Fahrzeug entfernt sei und auch sonst das Auftreten von Fehlern nicht zu verhindern sei. Bei auftretenden Defekten, die vom Fahrer bemerkt werden, werde dieser angehalten, bei der nächsten Werkstätte die Behebung zu veranlassen. Es sei auch Aufgabe des Fahrers, zu achten, die Beleuchtung in Funktion zu halten, dass das Fahrzeug den Vorschriften entspreche. Es sei ihm nicht möglich, ständig zu prüfen, ob die Beleuchtung in Ordnung sei oder ob die Bremse funktioniere. Die Fahrer würden laufend angewiesen, das Fahrzeug den Vorschriften nach in Betrieb zu nehmen. Er ersuche daher aus den genannten Gründen die Strafe aufzuheben.

Da in der Berufung einerseits nur eine unrichtige, rechtliche Beurteilung behauptet wird, andererseits im angefochtenen Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, konnte gemäß § 51e Abs 3 VStG von der Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen werden.

Die Berufungsbehörde hat in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 103 Abs 1 Z 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

Zu den Punkten 2.) und 4.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Gemäß § 6 KFG müssen Kraftfahrzeuge, außer den im Absatz 2 angeführten, zwei Bremsanlagen aufweisen, von denen jede aus einer Betätigungseinrichtung, einer Übertragungseinrichtung und den auf Räder wirkenden Bremsen besteht. Jede Bremsanlage muss vom Lenkerplatz aus betätigt werden können. Die Bremsanlagen müssen so beschaffen und eingebaut sein, dass mit ihnen bei betriebsüblicher Beanspruchung und ordnungsgemäßer Wartung trotz Erschütterung, Alterung, Abnützung und Korrosion die vorgeschriebene Wirksamkeit erreicht wird.

Gemäß § 14 Abs 5 KFG müssen Kraftwagen hinten mit einer geraden Anzahl von Rückstrahlern ausgerüstet sein, mit denen im Licht eines Scheinwerfers rotes Licht zurückgestrahlt und anderen Straßenbenützern das Fahrzeug erkennbar gemacht und das richtige Abschätzen seiner Breite ermöglicht werden kann (rote Rückstrahler). Diese Rückstrahler dürfen nicht die Form eines Dreieckes haben.

Die dem Berufungswerber als verantwortlichen, handelsrechtlichen Geschäftsführer der G und A GesmbH angelasteten Übertretungen wurden, wie der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für die Steiermark vom 2.8.1999 zu entnehmen ist, im Zuge einer Überprüfung von Beamten des Landesgendarmeriekommandos bzw der Fachabteilung 5 des Amtes der Stmk. Landesregierung festgestellt. Der Berufungswerber hat diese Übertretungen dem Grunde nach auch nicht bestritten, sondern lediglich angeführt, dass er sich nicht schuldig fühle und auch es ihm nicht möglich sei, allfällige Defekte zu verhindern, zumal unter anderem auch die Fahrer angewiesen seien, Defekte sofort beheben zu lassen, sofern diese auftreten.

Dem ist entgegenzuhalten, dass gerade deshalb, weil in der Regel eine unmittelbare Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften des Kraftfahrgesetzes durch Lenker seitens des Arbeitgebers nicht zumutbar ist, der Verpflichtung des Arbeitgebers, ein den konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung dieser Vorschriften sicher zu stellen, besondere Bedeutung zukommt. Nur wenn der Arbeitgeber, bzw wie in concreto, der zur Verantwortung zu ziehende handelsrechtliche Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin G und A GesmbH, in diesem Sinn glaubhaft macht, dass ein Verstoß gegen Vorschriften durch einen Lenker trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im Einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden. Die bloße Belehrung der Arbeitnehmer, die Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes einzuhalten, wenn dies auch in Form einer Dienstanweisung erfolgte, sowie die stichprobenartige Überwachung reichen jedoch nicht aus (vgl. sinngemäß VwGH 27.9.1989, 87/08/0026). Eine Abwälzung der Verantwortlichkeit durch Dienstanweisungen, seien diese nun mündlich oder schriftlich ausgegeben, an den Lenker wird für nicht statthaft und auch nicht zweckmäßig empfunden.

Es kann somit das vom Berufungswerber angewendete Kontrollsystem nicht als entsprechend nachdrücklich und wirksam im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen gewertet werden, weshalb er die angelastete Übertretung hinsichtlich der angeführten Deliktspunkte auch zu verantworten hat. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die Übertretene Norm zielt, wie nahezu alle Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes darauf ab, die mit dem Straßenverkehr naturgemäß verbundenen Gefahren und Gefährdungsmomente auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Wer gegen diese Vorschriften verstößt, trägt zur Erhöhung der Gefahren des Straßenverkehrs bei und gefährdet die Verkehrssicherheit.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Demnach war bei der getroffenen Entscheidung als erschwerend nichts, als mildernd ebenfalls nichts zu werten. Die ausgesprochenen Strafen entsprechen bei einem jeweiligen möglichen Strafhöchstrahmen von bis zu S 30.000,-- durchaus dem Unrechtsgehalt der Übertretung sowie dem gesetzten Verschulden und wurden im untersten Bereich für derartige Delikte bemessen.

Selbst unter Annahme dürftigster Einkommensverhältnisse wäre eine Strafreduzierung nicht in Betracht gekommen, da dies einerseits dem ausgesprochenen, zumindest in der Form der Fahrlässigkeit vorliegenden Verschulden, andererseits den ausgesprochenen Schutzzweckinteressen widersprochen hätte. Im Übrigen sind die Aspekte der Gewährleistung der Sicherheit im Straßenverkehr als vorrangig zu betrachten.

In Anbetracht sämtlicher objektiver und subjektiver Strafbemessungsgründe war somit auf Basis der zitierten gesetzlichen Bestimmungen aus den angeführten Erwägungen, wie aus dem Spruch ersichtlich, zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 64 Abs 1 und 2 VStG, wonach als Beitrag für das Verfahren erster Instanz 10 % der verhängten Strafe und für das Berufungsverfahren weitere 20 % der verhängten Strafe zu bemessen sind.

Zu Punkt 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Gemäß § 14 Abs 6a KFG müssen Kraftwagen der Klassen M und N mit einer Breite von mehr als 2100 mm mit je zwei von vorne und von hinten sichtbaren, Umrissleuchten ausgestattet sein, die nach vorne weißes und nach hinten rotes Licht ausstrahlen. Die Anbringung von Umrissleuchten an Kraftwagen mit einer Breite zwischen 1800 mm und 2100 mm ist zulässig.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich.

Der Vorschrift des õ 44a Z 1 VStG wird somit dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg NF 11894/A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung ist das vom Tatbestand erfasste, äußere menschliche Verhalten. Dieses Verhalten kann in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen.

Im Hinblick auf die von der belangte Behörde vorgenommenen, spruchgemäßen Tatanlastungen ist zu erläutern, dass als unabdingbares Tatbestandserfordernis des § 14 Abs 6a KFG anzusehen ist, ob es sich beim gegenständlichen Kraftfahrzeug um ein solches der Klasse M oder N handelt, für welches die in der zitierten Norm angeführten Umrissleuchten erforderlich sind. Hinsichtlich der Definition dieser Fahrzeugklassen wird auf § 3 Abs 1 Z 2.1.3 und 2.2 KFG verwiesen.

Da die belangte Behörde verkannte, dies in einem tauglichen Verfolgungsschritt innerhalb der zur Verfolgungsverjährung zur Verfügung stehenden Zeit dem Berufungswerber vorzuwerfen, hat sie ihren Bescheid mit nicht mehr sanierbarer inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb diesbezüglich, wie im Spruch ersichtlich, zu entscheiden war.

Schlagworte
Kraftwagen Umrissleuchten Klassen Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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