TE UVS Burgenland 2000/12/19 047/02/00003

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2000
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Grauszer über die von Herrn ***(in der Folge kurz ?BF? genannt), wohnhaft in ***, vertreten durch Herrn ***, Rechtsanwalt in ***, eingebrachten Beschwerden vom 29 06 2000  wegen der 1. Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch

die Androhung seiner Festnahme anlässlich der am 20 05 2000 zwischen 03 30 Uhr und 04 00 Uhr in *** beim Gasthaus ***,  stattgefundenen Amtshandlung  durch ein Organ der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf (RI S***) und 2. Verletzung einer gem § 31 SPG festgelegten Richtlinie bei obgenannter Amtshandlung dadurch, dass

a)

er von RI S*** aufgefordert wurde, ?sich jetzt zu schleichen?, b) dieser ihm über sein Verlangen nicht seine Dienstnummer bekannt gab und dadurch, dass c) der diese Vorfälle beobachtende (Dienstvorgesetzte) BI E*** nicht das Verhalten seines Kollegen S*** unterband, zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 67c Abs 3 AVG wird die Beschwerde zu 1. als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 89 Abs 4 SPG wird zu 2.a) festgestellt, dass § 5 Abs 1 RLV verletzt wurde, und zu 2.b) und c) festgestellt, dass keine Richtlinie

verletzt wurde.

 

Gemäß § 79a Abs 1 AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS hat der Beschwerdeführer dem Bund zu 1. Kosten für Verhandlungsaufwand von ATS  875,--  zu ersetzen.

Text

1.1. Mit Schriftsatz vom 29 06 2000 hat der BF unter Punkt I. eine auf

?§ (gemeint wohl: Art) 129a Abs 1 Z 2 B-VG gestützte Beschwerde gegen

die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt eingebracht, worin er zusammengefasst vorbringt, dass ihm

bei einer näher beschriebenen Amtshandlung in ***, beim Gasthaus ***,

am 20 05 2000 durch einen Beamten des Gendarmeriepostens *** (RI S***)

ohne Rechtsgrundlage die Festnahme angedroht worden sei.

Gleichzeitig

wurde unter Punkt II. eine Richtlinienbeschwerde gemäß § 89 SPG erhoben. Der vorgenannte Beamte habe zu ihm während der vorbezeichneten Amtshandlung gesagt ?und sie schleichen sich jetzt?, wodurch dieser entgegen § 5 der gem § 31 SPG erlassenen Richtlinie (gemeint: die Richtlinien-Verordnung ? RLV, BGBl 1993/266) die Menschenwürde nicht beachtet und keinen ?entsprechenden Umgang? mit ihm gewahrt habe. Er habe ihm nicht über Verlangen seine Dienstnummer

heraus gegeben. Obiges Verhalten des RI S*** sei von BI E*** beobachtet worden, der die Vorgangsweise des RI S*** richtlinienwidrig

nicht unterbunden habe. Der Schriftsatz endet mit einem Kostenverzeichnis (nur) für die Maßnahmenbeschwerde.

 

1.2. Die Bezirkshauptmannschaft ***(in der Folge kurz ?BH? genannt) hat als zur Maßnahmenbeschwerde belangte Behörde (nach Punkt 1. des Vorspruchs dieses Bescheides) keine Gegenschrift abgegeben (vgl den damals noch zur Zahl E002/05/2000 116 beim UVS geführten Akt), jedoch

in der mündlichen Verhandlung ihre kostenpflichtige Abweisung begehrt.

 

1.3. Die Richtlinienbeschwerde (Punkt 2. a bis c des Vorspruchs) wurde vom UVS dem zuständigen  Bezirksgendarmeriekommando (BGK) *** (vgl HAUER - KEPLINGER, Sicherheitspolizeigesetz, jetzt Kommentar früher Handbuch genannt, 2.Auflage, Seite 706, B.9.) zugeleitet. Hierauf antwortete jedoch nicht dieses BGK sondern das Landesgendarmeriekommando für Burgenland (LGK) mit Schreiben vom 31 8

2000, GZ 6501/37-20/00. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben, in dem

dem BF mitgeteilt wird, dass die behaupteten Verletzungen der RLV nicht  festgestellt worden seien, beantragte der BF iSd § 89 Abs 4

SPG

die Entscheidung des UVS.

 

1.4. Das BGK erhob ? nach Einladung durch den UVS - mit Schriftsatz vom 20 10 2000  obiges Schreiben des LGK  zu seiner Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

 

2. Hierüber wurde erwogen:

 

2.1. Beide Beschwerden sind rechtzeitig innerhalb der sechswöchigen Frist erhoben worden. Die dem BF angedrohte Festnahme darf mittels Maßnahmenbeschwerde bekämpft werden. Hinsichtlich der Richtlinienbeschwerde nimmt der Verwaltungssenat das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 89 Abs 4 SPG an, mag die Mitteilung, dass die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt worden sei, auch nicht

vom zuständigen BGK stammen. Innerhalb von vierzehn Tagen wurde vom

BF

die Entscheidung des UVS verlangt.

 

2.2. Zur Maßnahmenbeschwerde (Punkt 1.):

2.2.1.  In sachverhaltsmäßiger  Hinsicht:

Unstrittig und erwiesen ist, dass (zuerst) die Lebensgefährtin des BF

und kurz darauf er selbst in  *** am Parkplatz des Gasthauses *** am 20 5 2000 in der Zeit von 03 30 bis 04 00 Uhr einer Verkehrskontrolle

unterzogen wurden. Während Frau P*** in ihrem Auto wartete, bis der Alkomat zur Durchführung des mit ihr beabsichtigten Tests frei war, wurde auch der ihr in seinem Wagen folgende BF beamtshandelt, wobei er

nicht beanstandet wurde. Nachdem ihm seine Fahrzeugpapiere zurückgegeben wurden, teilte ihm RI S*** mit, dass er weiterfahren könne. Nach dem Abschluss seiner vorgenannten Kontrolle bemerkte der BF seine auf den Alkotest wartende Lebensgefährtin. Ab diesem Zeitpunkt liegen widersprechende Angaben über den weiteren Inhalt und

Verlauf der Amtshandlung vor:

Der BF bringt vor, dass er RI S*** gefragt habe, was mit seiner Frau los sei, wonach er von ihm gehört habe: ?Sie fahren jetzt und die bleibt da?. Dann habe er Frau P*** von seinem PKW aus zugerufen, was sie denn hier mache, worauf diese aus ihrem Wagen ausgestiegen und zum

Auto des BF gekommen sei, wonach sie ihm gegenüber gesagt habe, dass sie wegen des Alkotests noch da bleiben solle. Als Frau P*** beim Fahrzeug des BF angelangt sei, habe Herr RI S*** plötzlich ?zu toben?

begonnen und Frau P*** angeschrieen, ?sie müsse im Auto sitzen bleiben? und zum BF gesagt ?und sie schleichen sich jetzt?. Weiters bringt der BF vor, dass er überrascht von einer derartig ?unhöflichen

Behandlungsweise? den Beamten um die gebotene Freundlichkeit und den Respekt ersucht habe und dass er bei seiner Frau bleibe, bis deren Amtshandlung beendet sei. Dann habe es mehrere Wortwechsel gegeben. Als der BF  dem Beamten zu erkennen gegeben habe, dass er nichts anderes wolle, als zu warten, bis  die mit seiner Frau geführte Amtshandlung fertig sei, habe Herr RI S*** plötzlich gesagt:

?schleichen sie sich jetzt oder ich nehme sie fest.? Er sei dann mit seiner Lebensgefährtin zu ihrem PKW gegangen, um diesen abzusperren, ?weil die Losung drinnen ist?, was seine Frau gegenüber RI S*** erwähnt habe. Beim PKW angekommen, habe RI S*** Frau P*** urplötzlich und vollkommen unerwartet gewaltsam zurückgerissen und am

Oberarm festgehalten, während dessen er zum BF gesagt habe, ?sie schleichen sich jetzt, habe ich gesagt, sonst nehme ich sie fest?.

Zu

Frau P***  habe er gesagt: ?und mit Ihnen mache ich jetzt was ich will?.  Der BF habe RI S*** in keiner Weise in der Ausübung seiner Tätigkeit be- oder gehindert.  Von dieser Vorgangsweise des RI S*** seien er und Frau P***  vollkommen überrascht und eingeschüchtert gewesen. In der Verhandlung sagte der BF, dass ihm RI S*** nie mitgeteilt habe, dass er sich in die Amtshandlung einmenge, ungestüm oder aggressiv sei, er sei auch nie abgemahnt worden  oder ihm seine Festnahme angedroht worden.

Der vorgenannte Teil der Amtshandlung stellt sich nach der Zeugenaussage des Herrn RI Josef S*** anlässlich seiner Einvernahme in

der mündlichen Verhandlung am 15 11 2000 wie folgt dar:

?................Dann bemerkte er offenbar seine von uns zuvor

angehaltene Lebensgefährtin, die auf den Alkotest

wartete................ Herr K***  fragte sie, was sie hier mache,

worauf sie von  ihrem Fahrzeug zum Wagen des Herrn K***  herüberkam.

Sie antwortete  ihm, dass sie einen Alkotest durchführen solle. Er geriet darüber in Aufregung und fing mit mir zu schreien an. Zusammengefasst regte er sich über die mit seiner Lebensgefährtin beabsichtigten Amtshandlung, die er als gegen sie gerichtete ??Verfolgung?? aufgrund einer anonymen Anzeige betrachtete, energisch

auf und erklärte, sie solle nach Hause fahren, er werde das weitere regeln. Herr K***  regte sich so lautstark auf und behinderte mit seinen Ausführungen, wonach die Amtshandlung ungerechtfertigt und seine Lebensgefährtin wegfahren solle, die Amtshandlung und wertete ich dies als Übertretung des § 82 SPG, weshalb ich ihn abmahnte, um ihn von einer Fortsetzung des störenden Verhaltens abzuhalten und mir

die Durchführung meiner Amtshandlung zu ermöglichen. Da er in seinem mir aggressiv scheinenden Verhalten fortfuhr, mahnte ich ihn nochmals

ab und drohte ihm für den Fall der Fortsetzung die Festnahme an. Er bezweifelte offenbar mein diesbezügliches Recht indem er mir die vorstreckten Hände mit gekreuzten Handgelenken entgegenhielt um mich offenbar dazu aufzufordern, ihn mit Handfesseln zu schließen......?. Der ebenfalls als Zeuge einvernommene BI E*** sagte aus, dass der BF ??erregt und laut?? gesagt habe, dass er genau wisse, dass heute kein

Planquadrat sei, weshalb Frau P***  keinen Alkomattest zu machen habe.

Er (E***) sei zwar auf seine eigene Amtshandlung mit Herrn B*** konzentriert gewesen, habe jedoch die Kontrolle des Herrn K*** durch

RI S*** im Blickwinkel gehabt, allerdings nicht wörtlich mitbekommen,

was genau gesprochen wurde. Mitbekommen habe er, dass Herr K*** abgemahnt wurde und dass er sich nicht weiter einmischen solle. Herr K***  habe mit den Händen gestikuliert und laut geschrieen. Der Zeuge

hatte den Eindruck, dass sein Kollege versucht habe,  die Amtshandlung

zu beruhigen.

 

Der UVS folgt der obigen Darstellung des RI S***, der unter Wahrheitspflicht aussagte und mit den Folgen einer Falschaussage rechnen muss, während es dem BF frei steht, den Sachverhalt so darzustellen, wie es für ihn, seine Interessen oder die seiner Lebensgefährtin günstig erscheint. Der BF hat zwar zum Ausdruck gebracht, dass er vom Verhalten des RI S*** überrascht und eingeschüchtert gewesen wäre, ist jedoch den  Angaben des Gendarmeriebeamten, wonach er, nachdem er erfahren habe, dass seine Lebensgefährtin einem Alkomattest unterzogen werden solle, sich hierüber lautstark aufgeregt und geschrieen habe (was auch BI E*** wahrnahm), dass diese Amtshandlung ungerechtfertigt sei, nicht entgegen getreten. Er hat auch nicht in Abrede gestellt, dass er gesagt habe, dass er die Amtshandlung  als gegen seine Lebensgefährtin

gerichtete Verfolgung auf Grund einer anonymen Anzeige betrachte, dass

sie  nach Hause fahren solle, dass er genau wisse und, dass heute kein

Planquadrat stattfinde (siehe Angaben E*** in der Verhandlung), weshalb sie keinen Alkomattest machen müsse. Diese unwidersprochen gebliebenen Angaben des BF zeigen, dass er offenbar der falschen Rechtsansicht war, dass seine Frau keinem Alkomattest hätte unterzogen

werden dürfen, weil kein Planquadrat stattgefunden habe, weshalb er die gegen seine Frau geführte und auf ihre Ablegung eines solchen Tests geführte Amtshandlung für nicht gerechtfertigt hielt. Da ihm jedoch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Gendarmerie davon nicht Abstand nehmen wollte, ist es insoweit verständlich, dass er sich hierüber aufregte, schrie, gestikulierte und die Amtshandlung störte und behinderte. Insoweit ist die Darstellung der Gendarmerie auch lebensnah und stimmig.  Ein objektiver Anhaltspunkt dafür, dass die Darstellung des aggressiven Verhaltens des BF durch RI S*** nicht der Wahrheit entspricht, ist nicht hervor gekommen. Dass dieses Verhalten des BF weder im Dienstbericht der Gendarmerie aufscheint noch als Verwaltungsübertretung angezeigt wurde, bewirkt nicht, dass die Schilderung der Gendarmeriebeamten  als unglaubwürdig beurteilt wird,

zudem Herr BI E*** in der Verhandlung glaubwürdig darlegte, warum

dies

unterblieb.

 

Da der UVS den Angaben des RI S*** folgt, nimmt er auch als erwiesen an, dass der BF von ihm iSd § 82 SPG abgemahnt wurde, sein störendes Verhalten einzustellen, dass der BF sein aggressives Verhalten fortsetzte, er nochmals abgemahnt und ihm die Festnahme angedroht wurde. Erwiesen ist deshalb auch, dass der BF dem Beamten seine Hände

entgegenstreckte, offenbar um ihn aufzufordern, ihn mit Handfesseln zu

schließen, was auch als aggressives Verhalten zu werten ist, weil ein

Anlegen von Handfesseln situationsbedingt nicht bevorstand.

 

2.2.2.  In rechtlicher Hinsicht :

Nach § 82  Abs 1 SPG ist  strafbar, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben

wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert.

 

RI S*** führt mit Frau P***  eine verkehrspolizeiliche Amtshandlung durch, wobei er die Vornahme eines Alkomattests verlangte, wozu er als

Straßenaufsichtsorgan im Anlassfall auch berechtigt war, weil der Alkomat mitgeführt wurde und am gegenständlichen Parkplatz im Gendarmeriefahrzeug vorhanden war. Frau P***  musste noch warten, bis

der Alkomat für sie bereit war, so dass die Amtshandlung noch nicht beendet war. Diese Amtshandlung störte der BF in aggressiver Weise (lautes Schreien mit dem Beamten, heftige Gestik insbesondere das Hinstrecken der Hände zum Fesseln), wodurch sie behindert wurde, mag Frau P***  auch auf ihren Test gewartet haben. Davon konnte der Beamte

nach dem von ihm selbst wahrgenommenen und hier als erwiesen festgestellten Sachverhalt mit Grund und damit in vertretbarer Weise ausgehen. Für ihn war im Zeitpunkt der Amtshandlung deshalb die Annahme der Verwirklichung obgenannten Tatbestandes gerechtfertigt.

Da

der BF auch nach  Abmahnungen  nicht von seinem aggressiven

Verhalten

Abstand nahm, konnte der Beamte weiters mit Grund davon ausgehen, dass

der auf frischer Tat betretene BF in seiner strafbaren Handlung nach § 82 SPG verharrte. Diese Annahme hätte nach § 35 Z 3 VStG  die Festnahme gerechtfertigt, weshalb ihre Androhung als Vorstufe bzw zur

Abmahnung nicht rechtswidrig ist.

 

2.3. Zur Richtlinienbeschwerde (Punkt 2.):

 

2.3.1.  In sachverhaltsmäßiger Hinsicht:

Der BF behauptet, im Zuge der vorbeschriebenen Amtshandlung von RI S*** aufgefordert worden zu sein, ?sich zu schleichen?, was dieser Beamte bei seiner Einvernahme am 15 11 2000 auch nicht in Abrede stellte. So hin ist dieser hier zu prüfende, von RI S*** gegen den BF

gerichtete  Ausspruch als erwiesen anzunehmen. Diese Prüfung hat die konkrete Situation und den Verlauf der Amtshandlung zu umfassen. Dem erkennenden Mitglied des UVS ist in seiner über zwanzigjährigen Berufserfahrung bekannt geworden, dass sich Gendarmeriebeamte aus verschiedenen Gründen bemühen, unbeteiligte Personen von Amtshandlungen fern zu halten, insbesondere auch, um ein Verhalten dritter Personen, das als unerwünschte ?Einmischung? in Amtshandlungen

betrachtet wird, zu verhindern. Dies deshalb, weil die Beamten die Amtshandlung vorzugsweise ohne störende Beiträge unbeteiligter Dritter

in Ruhe durchführen wollen, was verständlich ist, und nach solchen Beiträgen erfahrungsgemäß die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Amtshandlung ?eskaliert? bzw weitere Amtshandlungen (auch wegen ?Folgedelikten?) erforderlich werden, was in keinem Interesse liegt. Dies ist auch im Anlassfall  passiert, was insbesondere erklärt, warum

der ?störende? BF aufgefordert wurde, sich doch endlich ?zu schleichen? iSv ? gehen sie weg? oder ?verschwinden sie?. Dadurch sollte er ? worauf auch der Gebrauch dieser Worte im Zusammenhang mit

seiner Abmahnung nach § 82 SPG und der Festnahmedrohung hindeutet - offenbar veranlasst werden, sich - nach Abschluss der gegen ihn gerichteten Verkehrskontrolle -  von ihrem Ort und dem Ort der übrigen

Verkehrskontrollen, dem Parkplatz, zu entfernen. Dies erkennbar deshalb, um nicht weiter die Amtshandlung betreffend seine Lebensgefährtin zu beeinträchtigen oder  zu stören bzw diese zum Wegfahren vom Parkplatz und damit zum Unterlassen des Alkomattests, auf dessen Durchführung  RI S*** jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Festhaltens der Frau P***  und der Festnahmedrohung gegen Herrn K*** offensichtlich noch fixiert war,  zu veranlassen.

 

Für den Verwaltungssenat ergibt sich daraus objektiv, dass der BF mit

diesen Worten aufgefordert wurde, sich vom Ort der Amtshandlung, dem Parkplatz  zu entfernen. Diese Äußerung des RI S*** wird nicht bloß als Aufforderung, Ruhe zu geben oder nicht weiter zu stören, verstanden.

 

Der BF behauptet weiters, dass er  - noch bevor er mit seiner Lebensgefährtin den Parkplatz in seinem Wagen zum ersten Mal verlassen

habe -  Herrn RI S*** um die Bekanntgabe seiner Dienstnummer gebeten habe, was ihm verweigert worden sei. Erst nach seiner Rückkehr zum Parkplatz sei ihm diese Nummer bekannt gegeben worden. RI S*** hingegen gab als Zeuge an, dass er ihm die Dienstnummer schon nach dem

ersten Verlangen gesagt habe. Aus den oben zu 2.2.1. genannten Umständen hinsichtlich der Beweiswürdigung folgt der Senat auch hier den Angaben des RI S*** und nimmt daher als erwiesen an, dass Herr

RI

S*** schon beim ersten Mal die Dienstnummer dem BF mündlich bekannt gab.

 

2.3.2. In rechtlicher Hinsicht:

2.3.2.1. Der BF vermeint, dass durch die in Frage stehende Formulierung ?und Sie schleichen sich jetzt? die im § 5 RLV genannte Menschenwürde nicht beachtet und der dort geregelte ?entsprechende Umgang? mit der beamtshandelten  Person nicht gewahrt worden sei.

Der

gewählte ?Umgangston? widerspreche der Richtlinie. Dem vermag der Verwaltungssenat zwar nicht zu folgen, im Ergebnis führt jedoch der Hinweis auf vorgenannte Bestimmung die Beschwerde hinsichtlich 2.a) zum Erfolg.

 

Der § 5 RLV ist mit ?Achtung der Menschenwürde? übertitelt. Was darunter zu verstehen ist, ist den folgenden Vorschriften zu entnehmen. Nach § 5 Abs 1 RLV haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Erfüllung ihrer Aufgaben alles zu unterlassen, das geeignet ist, den Eindruck von Voreingenommenheit zu

erwecken oder als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse

oder Hautfarbe, der nationalen oder ethnischen Herkunft, des religiösen Bekenntnisses, der politischen Auffassung oder sexuellen Orientierung empfunden zu werden. Die übrigen beiden Absätze des § 5 RLV  oder sonstige Regelungen iSd § 31 SPG scheiden hier sachverhaltsmäßig aus. Da auch eine Diskriminierung im vorgenannten Sinne nicht in Betracht kommt, verbleibt, weil die Frage einer allfälligen Verletzung von Richtlinien ausschließlich anhand der konkreten Einzel-Anordnungen der Richtlinienverordnung zu beantworten

ist (VwGH vom 07.09.2000, Zl.99/01/0429), die Prüfung, ob  die vorgenannte Aufforderung des RI S*** objektiv geeignet ist, den ?Eindruck von Voreingenommenheit? zu erwecken.

 

Der § 5 Abs 1 RLV geht davon aus, dass Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Unvoreingenommenheit nicht eigens angeordnet werden muss, weil sich das Sachlichkeitsgebot bereits aus ihrer Stellung als öffentlich Bedienstete ergibt. Es kommt aber darauf an, dass der Beamt nicht bloß unvoreingenommen ist, sondern auch den Schein der Voreingenommenheit vermeidet. Ob er letztlich mit seinem Bemühen beim Betroffenen Erfolg hat, liegt nur insoweit in seiner Verantwortung, als er eine Handlung gesetzt hat, die objektiv auf Voreingenommenheit hinweist; ob der Beamte tatsächlich voreingenommen

war, ist nicht maßgeblich (VwGH vom 29 06 2000, Zl 96/01/0233). In seinem Erk vom 24 06 1998, Zl 98/01/0084 hat der VwGH ausgeführt, dass

eine Verletzung des § 5 Abs 1 RLV dann in Frage käme, wenn  eine (Grenz-)Kontrolle nicht zügig und ökonomisch sondern in einer schikanös umständlichen Weise ? so hin in unsachlicher Weise ? durchgeführt wird.

 

Eine solche unsachliche Vorgangsweise liegt hier  vor. Der Beamte hat

zwar durch seine Wortwahl die von ihm zu erwartende Umgangssprache mit

beamtshandelten Bürgern  missachtet. Der BF hat dies selbst als ?unhöflich? bezeichnet. Eine solche ?Unhöflichkeit? wird durch § 5 Abs 1 RLV aber nicht erfasst. Der BF wurde auch per ?Sie? angesprochen. Die gegenständliche Aufforderung des RI S*** war aber zweifelsfrei darauf gerichtet (siehe oben 2.3.1.), dass sich der BF  vom Ort der Amtshandlung (Verkehrskontrolle am Parkplatz) entfernt. Dies war sachlich nicht gerechtfertigt. Dem Verwaltungssenat ist keine Vorschrift bekannt, wonach es dem BF nicht erlaubt gewesen wäre, sich

auch nach der Beendigung seiner Verkehrskontrolle auf dem Parkplatz aufzuhalten, dort mit Frau P***  zu sprechen und auf sie zu warten, bis sie den Alkomattest beendet hätte. Er durfte Frau P***  dort auch

auffordern, wegzufahren und keinen Test abzulegen oder seine Meinung über die angenommene Unzulässigkeit des Tests äußern. Auch zur Abmahnung zwecks Beendigung seines aggressiven Verhaltens war es nicht

sachlich iSv geboten oder erforderlich, ihn vom Parkplatz zu verweisen. Dazu hätte es genügt, ihn aufzufordern sich zu beherrschen,

nicht mehr zu schreien und zu gestikulieren. Dies wäre auch verhältnismäßig gewesen. Auch reichte schließlich die Festnahmedrohung

offenbar aus, um den BF zu beruhigen. Deshalb war der Gebrauch dieser

Wörter durch Herrn RI S*** in der konkreten Situation unsachlich, wodurch der oben dargelegte Eindruck der Voreingenommenheit entstand,

der dazu führt, dass hier eine Richtlinienverletzung vorliegt.

 

2.3.2.2. Zur unterlassenen Bekanntgabe der Dienstnummer wird der BF auf § 9 RLV verwiesen, wonach es genügt, dass die Dienstnummer bekannt

gegeben wird, was nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens (siehe 2.3.1.) geschehen ist. Diese Bekanntgabe kann auch mündlich erfolgen.

Die Ausfolgung der zur Bekanntgabe vorgesehenen Karte ist nach der RLV

nur regelmäßig jedoch nicht immer geboten. Da die Nummer dem BF unmittelbar nach dem entsprechenden (ersten) Ersuchen von RI S*** noch

auf dem Parkplatz mündlich  mitgeteilt wurde, war auch gewährleistet,

dass sie dem BF unverzüglich iSd § 9 Abs 1 RLV zur Kenntnis gelangte,

weshalb es unerheblich ist, dass die Karte nicht ausgefolgt wurde. Auch insoweit liegt keine Richtlinienverletzung vor.

 

2.3.2.3. Nach § 2 RLV sind Vorgesetzte  zwar gehalten, darauf zu achten, dass ihre Mitarbeiter diese Richtlinien bei der Erfüllung ihrer Aufgaben einhalten, doch ist dies nur insoweit erforderlich, als

sie Amtshandlungen unmittelbar wahrnehmen. Hier fehlt letztgenannte Voraussetzung, wie der protokollierten Einvernahme des Zeugen BI E***

in der mündlichen Verhandlung zu entnehmen ist, war dieser doch mit einer anderen Amtshandlung beschäftigt und hat er die Amtshandlung des

Kollegen S*** nicht  vollständig und wörtlich wahrgenommen. Der Gebrauch der zu 2.a) geprüften Wörter durch Herrn RI S*** wurde von ihm nicht wahrgenommen. Es ist auch nicht erkennbar, was er dagegen hätte unternehmen sollen, nachdem diese ausgesprochen waren.

Insoweit

wäre ihm nicht ?anzulasten?, dass er nicht auf die Einhaltung des § 5 Abs 1 RLV geachtet hätte.

 

Soweit Herr RI S*** keine Richtlinie verletzt hat, kommt auch eine solche Verletzung durch seinen Vorgesetzten BI E*** dadurch, dass er Nichts gegen die Vorgangsweise des RI S*** unternommen habe, nicht in

Betracht.

 

3. Bei diesem Verfahrensergebnis wären dem zu 2. teilweise obsiegenden

BF zwar Kosten zuzusprechen gewesen, was jedoch mangels eines diesbezüglichen Antrags unterbleiben musste. Der von der BH geltend gemachte Verhandlungsaufwand ist nicht in voller Höhe zu ersetzen, weil in einer gemeinsamen Verhandlung über beide Beschwerden des BF und außerdem auch über zwei von seiner Lebensgefährtin, Frau P*** , eingebrachte Beschwerden (ebenfalls eine Maßnahmen- und eine Richtlinienbeschwerde betreffend eine im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende, wenn auch gegen sie gerichtete Amtshandlung) Beweis aufgenommen wurde. Die Kosten für den Verhandlungsaufwand waren

daher zu vierteln (VwGH vom 31 03 1976, Zl 295/74 und vom 03 05 1978, Zl 145/77) und hier ein Viertel des Pauschbetrages zuzusprechen. Hinsichtlich des so ?verbleibenden? Verhandlungsaufwandes von einem Viertel betreffend die Richtlinienbeschwerde der Frau P***  wird von dem hiefür zuständigen Mitglied des Verwaltungssenates in der Enderledigung der diesbezüglichen Richtlinienbeschwerde noch entschieden werden. Hinsichtlich des Viertels betreffend die Maßnahmenbeschwerde der Frau P***  wird auf die Entscheidung des UVS zur Zl E 002/06/2000 115/008, verwiesen.

Schlagworte
Richtlinienverletzung; Eindruck der Voreingenommenheit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten